Schlagwort-Archive: Wein

Abruzzen: Gitarrennudeln, Wein und eingelegte Köstlichkeiten

Die Landschaft am Fuße des Gran Sasso hält für Genießer so manche Überraschung bereit

Der Blick ist eine wahre Pracht: sanfte Weinfelder wohin man schaut, in der Ferne die Silhouette des Adriatischen Meeres, nach Süden hin durchsetzen Getreide- und Gemüsefelder die fruchtbare Weinlandschaft. Von der Montagna di Maiella her weht eine frische Brise, der majestätische Gran Sasso, mit 2912 Metern höchstes Massiv der Abruzzen, liegt vis à vis. „Kleines Tibet nennen wir den Garten“, sagt Marina Cvetic, „wegen der Stille“, fügt die gebürtige Kroatin und Witwe des im Jahr 2008 verstorbenen Winzers Gianni Masciarelli hinzu. Sie leitet seither mit Tochter Miriam die Geschicke des Weingutes. Es ist der Garten des mittelalterlichen Castello, das der Winzer und Gründer des Weingutes 2005 erworben hat, unweit von San Martino sulla Marrucina gelegen, einem kleinen 800-Seelen Dorf in der Provinz Chieti und zugleich Sitz des Weinguts Masciarelli.

DSC_0119

Der Garten des mittelalterlichen Castello

Wo einst die sizilianische Baronenfamilie Semivicoli die Räumlichkeiten des Schlosses bewohnte, entstand ein exklusives Hotel. Während im unteren Geschoss die Räume der Adelsfamilie unverändert sind und den Besucher in eine vergangene Epoche entführen, sind im übrigen Anwesen die Zimmer üppig restauriert. Es war das Herzensprojekt des Bauherrn Masciarelli, der schon während der Bauphase die Vorzüge und Details des Anwesens hervorhob. Vom Original-Holz aus dem 16. und 17. Jahrhundert, dem klassischen Kamin, den Steinen aus der Region, der in die Wand integrierten Heizung und natürlich dem Yacuzzi – ein idealer Ort, um sich von der umliegenden Landschaft berauschen zu lassen. Das sanierte Schlosses trägt die Handschrift von Masciarellis Vision. Eine Vision, in deren Mittelpunkt die Liebe zu den Abruzzen, die Leidenschaft für gute Weine, eine vorzügliche Küche sowie eine Art gediegener Luxus standen. „Alles Negative sollte vom Gast fern gehalten werden“, so lautete das Credo des Unternehmers. Auch geparkte Autos gehören dazu – sie gehören in die Tiefgarage verbannt.

Ebenso engagiert wie sein touristisches Konzept hat der Abruzzer die Pflege und Erweiterung seines Weingutes seinerzeit vorangetrieben. Mit gerade mal zwei Hektar begann der self-made-man im Jahr 1981 seine Winzer-Laufbahn. Er borgte sich dazu Anteile von seinem Großvater – einem ebenso enthusiastischen Winzer – die er sodann erfolgreich bewirtschaftete. Dabei verließ er sich nicht auf staatliche Fördertöpfe oder EU-Zuwendungen. Zu tief war sein Misstrauen gegen die Politiker.

Gründer Gianni Masciarelli verstarb im Jahr 2008

Gründer Gianni Masciarelli verstarb im Jahr 2008

Mit dem Bus geht es vom mittelalterlichen Städtchen Guardigrele in die nördlich gelegene Provinz Teramo. In allen vier Provinzen der Abruzzen liegen Masciarellis Weinfelder verteilt, der Großteil befindet sich in Teramo und Chieti – zu 70 Prozent Vini Rosso, der Rest Weißwein. Die Produktlinien Masciarelli Classico d’Abruzzo, Villa Gemma und Marina Cvetic sind die bekanntesten und sie bestehen jeden Vergleich: Der reinsortige Montepulciano d’Aruzzo Villa Gemma erhielt bereits die begehrte Auszeichnung „Tre Bichieri“ und wurde im Jahr 2000 schon zum besten Rotwein Italiens gekürt. Ebenso mit „drei Gläsern“ ausgezeichnet wurde der nach seiner Ehefrau benannte rubinrote Montepulciano d’Abruzzo Marina Cvetic, der in 200 bis 400 Meter Höhe angebaut und Mitte Oktober geerntet wird.

DSC_0064

Der Wein begleitet die Natur

Die Reben auf den ausgedehnten Weinfeldern sind meist zwischen zehn und 40 Jahre alt und allesamt in höchst gepflegtem Zustand. Es ist die Mischung aus Leidenschaft und fundierter Sachkenntnis, die Masciarellis Weine auszeichnen und heute von Ehefrau und Tochter in seinem Sinne weitergeführt werden. Apropos Qualität: Sein Qualitätsbewußtsein hat Masciarelli in Frankreich entwickelt – allein sieben Jahre lang lebte er bei Winzern in der französischen Bourgogne. Seither gilt die Devise: „Was ist Wein, wenn nicht die Kunst, die Natur zu begleiten?“ So hat das Weingut Masciarelli damals wie heute höchst aufmerksam den genauen Zeitpunkt für die manuelle Lese und gewählt die zu verarbeitenden Trauben exakt ausgesucht.

SchlossAbendessen

Bei einem Abendessen im Castello lassen sich auch die kulinarischen Vorzüge der Region genießen

Zum Wein gesellt sich die erlesene Küche mit Produkten aus der hiesigen Landwirtschaft. Im Ristorio di Campagna in Colonnella in der Provinz Teramo wird die regionale Kochkunst zelebriert. Den Auftakt machen vier verschiedene Sorten Olivenöl, ebenfalls aus der Produktion des Weingutes – gereicht mit frischem Brot wecken sie den Appetit. Ganz zu schweigen von den Ravioli mit Ricotta und Zimt gefüllt den hausgemachten „chitarrina abruzese“, Gitarrennudeln und dem delikaten Safraneis zum Dessert. Dazu ein Blick auf die sanften Weinberge – und das Glück scheint perfekt.

Mehr Information
Azienda Agricola Masciarelli,
San Martina sulla Marrucina,
I-66100 Chieti,
Tel. 0039/0871/85241/82333,
www.masciarelli.it

Portugal: Wo die Kraniche nisten

Das Hinterland des Alentejo, der größten Provinz Portugals, hat nicht nur exzellente Weine, knorrige Olivenbäume sowie Orangen- und Zitrusplantagen zu bieten: Auf dem Landgut „Dos Grous“ sind auch Kraniche zuhause.

Als Kind ist sie häufig mit ihren Freunden aus dem nahe gelegenen Dorf auf das Landgut gekommen – zum Schwimmen im nahen Stausee. „Es war ein Abenteuer bis wir endlich dort waren“, er­innert sich Mariana Bexiga an die 1960/70er Jah­re. „Das Gut war komplett verwildert und ver­wahr­lost“, weiß die Verwalterin von Herdade dos Grous. Jenem 730 Hektar großen „Landgut der Kraniche“ inmitten einer hügeligen  Landschaft unweit der Ortschaft Beja gelegen – rund 80 Kilometer nördlich von Portimao entfernt.

Mariana Bexiga ist das Herz von dos Grous - sie kümmert sich auch um den Weinshop

Mariana Bexiga ist das Herz von dos Grous – sie kümmert sich auch um den Weinshop

Die Region des Alentejo ist zwar mit einem Drittel der Fläche des Landes die größte aber zugleich auch einer der ärmsten Regionen Portugals. „Seit 2005 bauen wir auf unseren mineralreichen Böden erlesene Weinsorten an“, erklärt die Mitt-Vierzigerin in akzentfreiem Deutsch. Der Rotwein sei 2011 gar zum besten Wein Portugals gekürt worden, berichtet Bexiga stolz über ihre kleine Oase des Wohlstands. Immerhin: Der gute Tropfen wird in 24 Länder exportiert. Bei 600.000 Liter produziertem Wein pro Jahr ein hartes Stück Arbeit, „besonders bei der glühenden Hitze von bis zu 45 Grad im Sommer“, beteuert Bexiga.

„Eine Hochzeit zwischen Natur und Tourismus“

Die quirlige Verwalterin ist eng mit dem Gut verwoben, auch wenn sie erst vor neun Jahren wieder in ihre Heimat zurückkehrte. „Nach über 30 Jahren Schleswig-Holstein“, sagt Bexiga scheinbar beiläufig mit einem wehmütigen Unterton. Sie setzt sich mit Leib und Seele dafür ein, aus dos Grous ein Schmuckstück zu machen.

So kümmert sie sich auch um das Haupthaus, das auf einem sanften Hügel thront und wie ein prächtiges Herrenhaus erstrahlt. Von hier ist der Blick frei über die weiten Ländereien des Gutes. Die deutsche Eignerfamilie Pohl ersteigerte das Anwesen im Jahr 1996: „Eigentlich nur“, erinnert sich die Verwalterin „um so die Wasserversorgung der familieneigenen Hotelanlage an der Küste mittels eines Staudamms sichern zu können.“ Schon damals erkannten die Pohls das Potenzial des Gutes. „Heute ist es ein Paradies“, schwärmt die Rückkehrerin – „eine Hochzeit zwischen Natur und Tourismus“, nennt sie es.

Und sie hat Recht. Denn in dem umliegenden Moorland, das zum Naturschutzgebiet Campo Branco bei Castro Verde gehört, haben sowohl endemische Vogelarten wie auch Zugvögel ihr zuhause. Besonders Kraniche – Namenspatron des Gutes – mögen das Moorland und nisten auf Häusern, Türmen und Masten. „Ein typisches Bild für die Gegend“, unterstreicht Bexiga. Von der nahen Küste her kommen die Touristen teils nur für einen Tag und lassen sich von der Ruhe und Stille der Umgebung verführen. Zu Fuß, per Rad oder mit dem Pferd erkunden sie das Gut, verfolgen amüsiert das Getümmel der rund 200 iberischen Schweine, und genießen die Tierwelt mit ihren vielen Schafen und Rindern. Oder sie streifen durch die Olivenhaine, an Orangen- und Zitrusplantangen vorbei und lassen sich vom Winzer Luis Duarte von alten Rebsorten wie Trincadeira und Aragonez berichten.

Kraniche fühlen sich rund um das Gut heimisch

Kraniche fühlen sich rund um das Gut heimisch

Wieder andere bevorzugen die Sonnenterrasse, lassen sich von der regionalen Küche verwöhnen und können den Blick von den kleinen weiß getünchten Häusern in ihrem traditionellen Baustil nicht abwenden. Mariana Bexiga hat keine Sekunde bereut in ihre Heimat zurückgekehrt zu sein, wie sie bekennt. Sie gehört jetzt zu den tragenden Säulen des Alentejo – einer Region mit besonderem Charme.

Mehr Information
Herdade dos Grous, 7800-601 Beja
Tel.: +351/284/96 00 00

Ab 125 Euro pro Nacht für zwei Personen mit Frühstück

herdadedosgrous@villavitaparc.com

www.villavitahotels.com