Die Metropole am Bosporus verbindet die arabische Welt mit dem Abendland. Und ist damit der Europäischen Union ganz nah. Manche fühlen sich schon als Teil davon und tun etwas für die Verständigung.
Sonntags ist auf der Galata-Brücke Hochbetrieb. Im oberen Teil der zweigeschossigen Brücke stehen die Fischer in Reih und Glied. Alle paar Minuten lassen sie ihre Köder hinunter ins Goldene Horn, jenem Seitenarm des Bosporus, der auf zehn Kilometer Länge den europäischen Teil Istanbuls trennt. Während man in der unteren Etage der Brücke im Restaurant seinen Fisch verspeist, kann es passieren, dass vor dem Fenster ein Fisch an der Angelrute zappelt. Nicht weit entfernt am Fähranleger Eminönü vor der Silhouette der gewaltigen Süleyman-Moschee flanieren Alt und Jung, Moslems und Christen, Touristen und Einheimische am Ufer des Goldenen Horns. Die meisten bestellen an den mächtig schwankenden Restaurantschiffen Balik Ekmek – gegrillter Fisch im Brot mit hohem Kultstatus.
Haldun ist jeden Sonntag hier. Der junge Student aus Ankara, der seit einem Jahr an der Universität Istanbul Deutsch studiert, beobachtet das Treiben der Menschen rund um den Fähranleger mit Blick auf den Galata-Turm, einem genuesischen Wachturm, der seit dem Jahr 1348 über das einstige Händlerviertel thront. Hier lernt er am besten Deutsch. „Meist spreche ich Touristen an, die wie Deutsche aussehen“, meint der 19-jährige, „wenn sie wollen, führe ich sie durch die Altstadt.“ Haldun wünscht sich nichts sehnlicher als ein Teil Europas zu sein. In Deutschland war er noch nie, aber sein Lieblingsverein heißt Hansa Rostock. Für ihn ist die deutsche Sprache ein Türöffner. Genauso wie Istanbul noch immer für viele Zuwanderer aus Anatolien Arbeit und Wohlstand verheißt. Heute leben in der weltweit einzigen Stadt auf zwei Erdteilen rund 12,5 Millionen Menschen. Mehr als eine Viertel Millionen von ihnen sind Studenten.
Nicht erst seit Istanbul im Jahr 2010 den Status als Kulturhauptstadt Europas inne hatte, bietet die größte türkische Stadt eine breit gefächerte Szene von jungen Künstlern in Musik, Theater, Oper und Ballett. Hinzu kommt die agile türkische Modebranche, die in der Stadt zuhause ist. Aber auch ihre Chance als Kulturhauptstadt hat die Metropole genutzt: Neue Bauten entstanden, andere wurden restauriert. Selbst ganze Stadtviertel fielen teils unter den Hammer. Ein so genannter Stadterneuerungsplan sollte ganze Viertel umkrempeln. Sehr zum Missfallen der betroffenen Bevölkerung. Bürgerinitiativen entstanden, Architekten liefen Sturm. „Ohne Chance“, weiß Haldun über den Widerstand zu berichten. So sei etwa Sulukule, das alte Vergnügungsviertel und gleichzeitig das älteste Viertel der Stadt überhaupt im März 2008 komplett abgerissen worden. Moderne Wohnhäuser für Wohlhabende werden hier entstehen.
Ein deutsches Pärchen profitiert heute von Halduns Stadtführer-Qualitäten. Er führt seine Gäste vom ganz im Zeichen des Staatsgründers Atatürk stehenden Taksim Platz hinunter zur Galata-Brücke. Unterwegs zückt er immer wieder sein kleines Wörterbuch und wirft überglücklich die nächste Vokabel ein.
Haldun begleitet sein Pärchen über die Shopping-Meile Istiklal Caddesi, jener Prachtstraße im Jugendstilcharakter mit ihrer Mischung aus europäischem und orientalischem Flair, verweilt am 70 Meter hohen Galataturm und streift durch die engen Gassen von Beyoğlu mit ihren kleinen Kunstgewerbe-Läden, Boutiquen und Schmökerstuben.
Am frühen Abend ist um die Brücke der Trubel groß. Musik und Konzerte locken besonders junge Leute aus allen Stadtteilen. „Eine tolle Stimmung“, gibt sich Haldun begeistert und ist zugleich stolz darauf, seinem deutschen Touristenpaar Highlights einer Stadt zu zeigen, in der er selbst schnell heimisch geworden ist.
Übernachtung
The Marmara Istanbul
Taksim Meydani
34437 Istanbul
Tel. +90 212 251 46 96
www.themarmarahotels.com
Preis & Buchung:
Preise ab 140 Euro pro Doppelzimmer und Nacht.
Öger Tours, www.oeger.de