Nach der Wende erwarben die Maltzahns den alten Adelssitz der Familie zurück und bauten ihn in zwei Etappen wieder auf. Entstanden ist ein Schlosshotel in malerischer Landschaft. Dort schlägt zugleich das musikalische Herz der Festspiele Mecklenburg Vorpommern.
Selbst Yehudi Menuhin schwärmte in hohen Tönen. Die Akustik in der ehemaligen Feldsteinscheune, dem heutigen Konzertsaal, hatte es ihm angetan. Deswegen kam er nach seinem ersten Konzert im Jahr 1995 auch jedes Jahr wieder nach Schloss Ulrichshusen bis zu seinem Tod 1999. Doch der berühmte Dirigent reiste nicht nur der Musik wegen hierher. Alla von Maltzahn, die – ganz Gutsherrin – ihre Besucher auf der Terrasse des Restaurants „Am Burggraben“ empfängt, weiß: Der Musiker liebte die mecklenburgische Landschaft mit ihren Seen und Schlössern, und ihrer Abgeschiedenheit.
Knapp über 30 Einwohner zählt Ulrichshusen, benannt nach Ulrich von Maltzahn, der hier im Jahr 1562 für sich und seine zwölf Kinder das Wasserschloss bauen ließ – das „Hus von Ulrich“. Heute ist der Familiensitz von einst ein begehrter Festspielort, den jährlich 50.000 Besucher aus nah und fern besuchen. Dazwischen liegen über 400 Jahre bewegter Geschichte. Und fast zwanzig davon hat Alla von Maltzahn, eine Nachfahrin von Ulrich, miterlebt.
Bis auf die Grundmauern abgebrannt
Zur Wendezeit war sie mit ihrer Familie von ihrem damaligen Wohnort Frankfurt am Main in die Mecklenburgische Schweiz gereist um auf den Spuren ihrer Vorfahren zu wandeln. „Als wir ankamen, fanden wir vor, was wir hier sehen können“, und die Hausherrin zeigt auf eine Historientafel, die ein bis auf die Grundmauern niedergebranntes Schloss zeigt. Geschehen im Februar 1987, Ursache ungeklärt. Doch davon ließ sich die Familie nicht abschrecken. 1993 erwarb sie das Anwesen inklusive der Wirtschaftsgebäude von der Gemeinde.
Weil es für das abgebrannte Gebäude keine Denkmalschutzauflagen gab, hatten die Bauherren dann auch weitestgehend freie Hand. Es entstand ein Festsaal, der heute 400 Besuchern Platz bietet. Sichtbares Highlight des Renaissance-Schlosses ist die Glaskuppel im Turmhaus – hier frühstücken heute die Gäste. Und blicken von dort auf die „Konzertscheune“, wo sie am Abend zuvor vielleicht noch den Berliner Philharmonikern gelauscht haben. Bis zu 24 klassische Konzerte mit namhaften Orchestern und Solisten locken im Sommer und zur Adventszeit in das ehemalige Wirtschaftsgebäude. Die Entwicklung der Festspiele bezeichnet die gelernte Gymnasiallehrerin als Beginn einer “glücklichen Ehe“ und als „Glücksfall für Ulrichshusen“.
So ganz zufällig kamen die Festspiele natürlich nicht nach Ulrichshusen. Helmuth von Maltzahn kannte die Entscheider in der Festspielleitung, Matthias von Hülsen und Justus Frantz. „Wir wollten Aufmerksamkeit für den Ort Ulrichshusen herstellen, Künstler sollten den Ort attraktiv machen“, erzählt er, „und die Festspielleitung suchte einen Ort, der kulturhistorisch wertvoll ist, etwas abgelegen ist, durch die Lokalitäten genügend Möglichkeiten bietet und dessen Besitzer sowie das Dorf engagiert sind.“
Und wie engagiert sie waren, die Dorfbewohner. „Jeder, der keine Arbeit hatte, machte mit. Einige bauten Ferienwohnungen, andere engagierten sich beim Aufbau des Gutes“, Alla von Maltzahn gerät regelrecht ins Schwärmen wenn sie an die Aufbruchsstimmung jener Jahre denkt. Die Kultur habe in diesem Fall mal die Wirtschaft beflügelt, meist ist es ja umgekehrt.
Als der Saal noch eine Baustelle war, füllten bereits Geige, Oboe, Pauke und Posaune die Akustik der Scheune. „Damals noch mit Löchern im Dach“, erinnert sich von Maltzahn. Bei Regenneigung blickte man immer ängstlich zum Himmel. Doch wenn ein Star-Dirigent wie Menuhin den Taktstock schwang, nahm man die paar Tropfen natürlich gern in Kauf.
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Schloss Ulrichshusen
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