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Ferne Kulturen zieren heimische Türen

In 6. Generation stellt die Kunsttischlerei Roloff die berühmten Darßer Türen her – ganz nach alter Überlieferung. Doch auch moderne Einflüsse prägen die Kunst der Türmanufaktur. Ein Werkstattbesuch.

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Tür aus dem Jahr 1931, als die Darßer Türenmanufaktur wieder belebt wurde

Es riecht nach Holz, nach antiken Schränken, Holzspänen, Farbe und viel Handarbeit. Etwas verstohlen empfängt René Roloff seine Gäste, sein jüngerer Bruder Dirk bleibt am Eingang stehen. Dann legt der gelernte Tischlermeister, Holzbildhauer und Restaurator los. Er spricht von der Darßer Kultur und davon, dass sie unbedingt erhalten bleiben muss. Ein Gebilde für sich, etwas ganz eigenes, so nennt er seine kleine Halbinsel – den Darß. Das wohl bekannteste Symbol jenes Gebildes sind seine Türen, die man vornehmlich in der Ortschaft Prerow antrifft.

Darßer Tür 03

Der Darß – jene kleine Halbinsel an der Ostseeküste im Verbund mit Fischland und Zingst – über lange Zeit ließ seine geographische Lage wenig Austausch zu. Doch seit die Darßer im 18. Jahrhundert in ferne Meere aufbrachen, ja bis nach China und Japan segelten, wurden sie welterfahrener und wussten, dass es jenseits ihres Horizontes noch jede Menge weiterer kultureller Schätze zu entdecken gibt. Auch wenn die Zeit ihres Aufbruchs zu anderen Kulturen nur rund zehn Jahre andauerte, sind heute die Türen ein Zeugnis jener Zeit. Sie spiegeln die Eindrücke ihrer Reisen wider: „Man war stolz darauf erfolgreich zur See gefahren zu sein”, sagt René Roloff. „Dies hat man auch zeigen wollen.” Zugleich dokumentieren die Türen auch die tiefe Verwurzelung mit der Heimat. Die Landschaft, das bäuerliche Leben und die maritimen Symbole – auch sie prägen die Motive ihrer Haustüren.

Eigentlich wurde die Kunst der Türmanufaktur erst 1931 wiederbelebt. Es war der damalige Bürgermeister, der die alte Darßer Tradition wieder zum Leben erweckte, erzählt Roloff. Er setzte durch, dass ein Haus mit Rohrdach erbaut und mit einer typischen Darßer Tür geziert wird. Damals war es das Gemeindeamt, die heutige Kurverwaltung. Es war die erste Tür im 20. Jahrhundert und gleichzeitig der Anfang vieler weiterer. Denn: „Wenn der Bürgermister das gut findet, kann es nicht so schlecht sein“, dachten wohl die Darßer.

Inzwischen sind es über 150 solcher Türen, die überwiegend aus der Manufaktur der Roloffs stammen. Und sie sind keineswegs nur als dekorativer Schmuck gedacht, wie Tischlermeister Roloff erklärt. „Ein gewisser Aberglaube schwingt immer mit.“ Zunächst einmal soll die Tür einladend und freundlich wirken, die Sonne ist daher als Motiv oft mit dabei. Häufig ist auch ein Kreuz als Motiv in der Tür vertreten.

Roloff bei der Arbeit
Roloff bei der Arbeit

„Es schützt die Kühe davor, behext zu werden“, erklärt der Werkstattchef. Schutz gegen alles mögliche sei ein durchgängiges Motiv, weiß Roloff. So bedeutet ein Sockel mit einem Schuppenmuster und nach oben zeigenden Spitzen die Abwehr gegen Blitzeinschlag. Auch sind Lebensbaummotive aus Tulpen ein gerne verwendetes Symbol.

Und wie muss das Haus beschaffen sein, damit das Design der Tür auch richtig komponiert wird? Die Beschaffenheit der Fassade, die Himmelsrichtung der Tür, Wetter oder Meeresseite – all das gilt es zu beachten, damit der hohe Anspruch auch erfüllt werden kann: „100 Jahr soll die Tür halten“, erklärt Roloff.

Und das nicht nur auf dem Darß. Die Hälfte seiner Kunden stammen mittlerweile aus ganz Deutschland und Österreich, erzählt der Meister. Natürlich muss hier etwas passendes angefertigt werden. „Wir verpflanzen nicht einfach eine Darßer Tür nach Baden-Württemberg“, sagt Roloff. Andere Lösungen, bei denen die Hausherren oft ihre eigenen Vorschläge mit einbringen, gebe es immer, versichert der Fachmann. So liegt es auch am Export, dass man nicht bei den alten Motiven verharrt und immer wieder neue Ideen einfließen und verarbeitet werden. Motive aus der Jetztzeit: So tauchenetwa Kraniche auf, auch Fische sind heute wieder salonfähig, früher passten sie nicht zum sozialen Status. Selbst humorvolle Varianten prägen die Motivwelt, wenn etwa die Biene auf der Blüte sitzt.

Der Katalog führt alle möglichen Designvarianten auf
Der Katalog führt alle möglichen Designvarianten auf

Der sympathische Restaurator ist nach den vielen Erzählungen rund um sein Gewerbe ganz in seinem Element. Er spürt mit jeder Frage seiner Besucher, wie außergewöhnlich sein Handwerk ist. Dabei war es gar nicht sein erster Berufswunsch, gesteht Roloff ein. Eigentlich wollte er Architektur und Kunst studieren, ging dann aber drei Jahr zur Armee und am Ende hat es sich einfach so ergeben, sagt Roloff mit einem Lächeln in die Runde. Viele Möglichkeiten gibt es auf dem Darß ja sonst auch nicht.

Mehr Information

Dauer der Anfertigung: 12 bis 16 Wochen von Auftragserteilung bis zur Fertigstellung
Preis: Je nach Aufwand: von 3.500 bis 10.000 Euro
Ein gibt einen Motivkatalog, aus dem man wählen kann

Kontakt
Kunsttischlerei Roloff GbR:
Lange Str. 30
18375 Ostseebad Prerow
Telefon: 038233 465
E-Mail: kontakt@kunsttischlerei-roloff.de
kunsttischlerei-roloff.de