Kilometerweite menschenleere Strände, tausende weidender Schafen auf sattgrünen Wiesen und dichter Regenwald charakterisieren die Catlins. Ein letztes Naturparadies im Deep South Neuseelands, das zu schützen sich die Sutherlands zu ihrer Lebensaufgabe gemacht haben.
Langsam tastet sich der Kombi über die Schotterpiste durch den dicht gewachsenen Regenwald auf Tawanui zu. Ungeduldig wartet Fergus Sutherland bereits vor dem Cottage, sieht abwechselnd auf die Uhr, dann wieder hoch in die riesigen Baumkronen vor dem Haus. Auf der Suche nach seinen Freunden, den Vögeln. Der hochgewachsene Herr liebt den dichten Regenwald der Catlins, jener wilde und nur spärlich von Farmern bewohnte Landstrich von rund 1900 Quadratkilometern hinter der zerklüfteten Pazifikküste im Südosten der Südinsel. Benannt nach Kapitän Edward Catlin, einem Walfänger im 19. Jahrhundert. Der hatte einst versucht, große Teile des Landes von den Maori, den Ureinwohnern, zu kaufen. Ein Unterfangen, das er aber nicht schaffte.
Eine herzliche Begrüßung, ein paar einleitende Worte, und schon geht es tief hinein in den bis zu 900 Jahre alten Regenwald mit seinen Baumriesen, deren Kronen bis zu 50 Meter hoch in den Himmel ragen. „Der hiesige Regenwald besteht vor allem aus Podocarpaceae“, erklärt Fergus und zeigt die verschiedenen Exemplare dieser Steineibengewächse, jene immergrünen Bäume, die schon allein rund 600 Quadratkilometer der Catlins bedecken. Besonders schützenswert sind aber die unberührten Reste von Rimu- und Totarawald in Richtung der Hügel jenseits des Catlins-River. Deren Lage war für den Holzeinschlag der frühen Siedler zu steil gewesen. Ein Glück für diese Art von Wald, denn so konnte sein Holz nicht für den Kanubau gefällt werden.
Pfeifen nach den Vögeln
Über Hängebrücken, die Flusstäler überqueren, über kaum erkennbare Pfade, die dicke Baumwurzeln kreuzen, geleitet der 65-Jährige die kleine Besuchergruppe zu einer Lichtung, von der man die hügelige Wald- und Wiesenlandschaft überblicken kann. Stille, nichts als Stille, nur der Gesang der Vögel ist hörbar. Nach einer längeren Pause neigt sich Fergus´ Haupt nach oben, er starrt wie gebannt in die Baumkronen am Rande der Lichtung. Konzentriert und wie abwesend ist sein Blick. Fast automatisch formen sich seine Lippen spitz zusammen bis ein flötender Pfeifton entweicht, den er ein ums andere Mal wiederholt.
Es dauert nicht lange, und prompt kommt aus dem Wirrwarr der Baumkronen des Regenwalds eine Antwort zurück. In abgewandelter Tonart setzt der 1,90-Meter-Mann den Dialog mit den Piepmätzen fort. So geht es eine Weile hin und her. Fergus Sutherland versteht seine Vögel, er spricht mit ihnen, weiß ihre Geschichte und sorgt sich um ihren Fortbestand. „Jahrelang habe ich ihnen zugehört“, berichtet er, jetzt könne er ihren Ton treffen. Er will die Mohuas, Kakarikis, Parakeets und Keas vor dem Aussterben bewahren. Allein die Population der Keas, jener klugen Bergpapageien sei seit den 90er-Jahren um mehr als zwei Drittel geschrumpft, erzählt der Vogelflüsterer. Schuld sei in den meisten Fällen das gegen die Possums eingesetzte Gift, das auch die Keas tötet.
Im Einklang mit der Natur
Auch Mary, die Frau von Fergus, hat sich den Catlins mit seinen 1200 Einwohnern, seinen Vögeln und dem Regenwald verschrieben. „Wir sind seit der Kindheit mit dieser Region eng verbunden“, erzählt sie. Schon immer sei es ihr Traum gewesen, „in der Natur und für die Natur zu arbeiten“. Seit 1990 bieten beide zusammen die Ecotours an – „den sanften Tourismus“, wie Mary ihr Projekt nennt. Vier Tage lang erforscht man in kleinen Gruppen unter der leidenschaftlichen Führung von Fergus die Flora und Fauna, Geologie und Geschichte der Catlins. Die Besucher übernachten in vier komfortablen solarbetriebenen Cottages, den Mohua Park Cottages mitten im Urwald. Riroriro, Korimako, Karearea und Kahu heißen die kleinen Luxusbungalows nach einheimischen Vogelarten, von deren Veranda man im Morgenlicht einen verlockenden Blick auf das weitgestreckte Tal des Catlins River genießt. Wie kleine Oasen fügen sich die Gästehütten passend in die Umgebung ein.
„Mit den Einnahmen fördern wir den Erhalt dieses einzigartigen Naturparadieses“, erläutert die quirlige Mary, die am Abend ihre Gäste aus aller Welt ins 40 Kilometer entfernte Papatowai einlädt. „Wo der Regenwald das Meer trifft“, wie Fergus sein Zuhause beschreibt. Als „echtes Highlight“ bezeichnet Mary den Moment, „wenn wir und die Besucher wie eine Familie beieinandersitzen und erzählen.“ Das ist dann die ideale Gelegenheit für die beiden, ein bisschen vom Enthusiasmus für die Natur weiterzugeben. Bei hausgemachten Speisen, den Blick auf den weiten Strand und die kräftige Meeresbrandung gerichtet, werden Fragen diskutiert und Eindrücke vertieft. So steigt schon die Vorfreude auf den kommenden Tag – wenn es zu den Seelöwen der Surat Bay, den Purakaunui- und Matai-Wasserfällen oder nach Slope Point geht, dem südlichsten Punkt der Südinsel mit seinen dramatischen windzerzausten Bäumen.
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Catlins Wildlife Trackers, 5 Mirren Street, Papatowai RD 2, Owaka, South Otago, New Zealand
Tel. und Fax: + 64 3 4158613