Mexiko Stadt: Von schiefen Seitenschiffen, Kaugummi als Rohstoff und ungeahnter Kolonialidylle

Sonntagmorgen ist ein guter Zeitpunkt um den Palacio Nacional zu besuchen. Keine Staatsgäste, keine roten Teppiche, nur der Bürger hat Zutritt. Und der ist überwältigt von den monumentalen Fresken, die Diego Rivera – neben Frida Kahlo der wohl bekannteste und bedeutendste Maler Mexikos – im Aufgang und den Rundgangen des großen Patios geschaffen hat. Die Geschichte Mexikos wird in all ihren Epochen und Einzelheiten höchst kritisch dokumentiert.

Lehrerin erklät ihren Schülern Diego Riveras Fresken

Lehrerin erklärt ihren Schülern Diego Riveras Fresken

Von den präkolumbianischen Kulturen über die Eroberung durch die Spanischen Konquistadoren, der Revolution bis zur Rolle der Kirche hat der exzentrische Rivera alles eingefangen, was er für sein Land als prägend empfand. Für jeden Besucher ist es eine Wonne, sich so durch die Geschichte zu arbeiten. Der Maler hätte wohl noch weit mehr geschaffen, wäre ihm noch Zeit dazu vergönnt geblieben.

Selbst Schulklassen finden sich sonntags um 9 Uhr im Nationalpalast ein und erhalten von ihrer Lehrerin einen Schnelldurchgang in mexikannischer Geschichte. Durch die eindringliche Kraft der Bilder scheint dies gut zu gelingen – höchst aufmerksam lauschen die Kinder den Erklärungen über ihre nationale Herkunft.

Das ist noch nicht alles; der Besucher lernt auch so manch Erhellendes über den Reichtum an landwirtschaftlichen Rohstoffen, die in dem zentralamerikanischen Land gedeihen. So wird etwa aus „Chico Zapote“ Kaugummi hergestellt und Agaven dienen zur Konstruktion von Hausdächern. Natürlich ist Mais in allen Varianten zu haben und Kakao, Tabak und Kaffee gibt es reichlich – aber das erstaunt weniger.

Pablo zeigt, was Mexiko der Welt alles zu bieten hat

Pablo zeigt, was Mexiko der Welt alles zu bieten hat

Zur mexikanischen Geschichte gehört auch die Nähe zum „Andreas Graben“, durch den sich die tektonischen Platten auch weiterhin bewegen werden. Zuletzt war dies 1985 der Fall, als ein verheerendes Beben Mexiko ereilte. Noch heute merkt man beim Besuch der majestätischen Kathedrale Metropolitana, dass die Seitenschiffe spürbar Schlagseite haben.


Ein Tunnelnetzwerk versucht den Untergrund seither zu stabilisieren. Was keineswegs einfach ist, denn die Kathedrale wurde auf einem Untergrund errichtet, auf dem sich zur Zeit der Azteken ein riesiger Salzsee befand. Nicht umsonst dauerte die Errichtung 250 Jahre lang. Doch es ist nicht allein das schräge Seitenschiff, das verwundert.

Schwarze Jesusfigur in der Kathedrale

Schwarze Jesusfigur in der Kathedrale

Eine Jesusfigur am Kreuz am Eingang des mit Blattgold vergoldetenen Schreins zeigt eine schwarze Jesusfugur am Kreuz. Der Legende nach geht dies auf einen unbeliebten Bischof zurück, der vergiftet werden sollte. Dazu sei Gift zu Füßen des gekreuzigten Jesus verstreut worden, damit der Bischof dies beim Kuss des Kreuzes zu sich nimmt und daran stirbt. Jesus habe dies bemerkt und sei durch die eigene Aufnahme des Giftes schwarz geworden, erzählt Pablo, der sein Deutsch als Reiseführer im Internet gelernt hat, wie er beteuert.

Wer glaubt, die 23 Millionen Metropole ist laut und dreckig und hektisch und chaotisch, der täuscht sich. Sehr sauber, geradezu geleckt ist das Centro Historico, aber auch die großen Calzadas, jene 5-spurigen Straßen, wirken äußerst mondän und geordnet. Der Verkehr wirkt lautlos, Fußgänger sind hoch respektiert, die Abgasentwicklung ist nicht bedrohlich und alles scheint bestens organisiert. Autos, die zehn Jahre alt sind, müssen ein mal in der Woche pausieren, so lautet eine von vielen Regelungen um das massive Verkehrsaufkommen in den Griff zu bekommen. Ein Vorbild für Deutschland?

Viele Polizeikräfte sind zu sehen, das fällt allerdings sehr ins Auge, überall Mannschaftswagen mit Sicherheitspersonal und Beamten auf Patrouille. Seit die Präsenz in den vergangenen Jahren so massiv zugenommen hat, geht die Kriminalität deutlich zurück, begründet Pablo. In der Mitte der riesigen zentralen Plaza de Armas demonstriert das Militär seinen Bürgern, was es Gutes für die nationale Sicherheit tut – eine dreimonatige Militärshow im Herzen der Stadt. Überhaupt wird das nationale und patriotische sehr groß geschrieben. Überall wehen riesige Fahnen und es stehen verdiente Helden der Geschichte auf ihren Sockeln. Die Mexikaner sind stolz auf ihre Unabhängigkeit und ihre nationale Identität.

Die Fresken von Rivera sind hochpolitisch

Die Fresken von Rivera sind hochpolitisch

Aber Mexiko City ist nicht nur eine gigantische riesige Stadtfläche, die doppelt so groß ist wie Berlin, es hat auch kleine koloniale Kleinode zu bieten. So in Coyoacan, einem Ort, der sich auszeichnet durch kleine hübsche bunte Häuser im Kolonialstil mit vielen gemütlichen Plätzen und Patios, Märkten mit Kunsthandwerk und etlichen Cafes, in denen sich die Künstlerszene trifft. Bei frisch gemahlenen Kaffeebohnen und Churros lässt man es sich gut gehen. Ein kleines Dorf des Müßiggangs unweit der großen Metropole, das gerade am Wochenende viele Nahausflügler anzieht.

Mexico Ciudad ist eine Metropole deren Bewohner hilfsbereit, herzlich und humorvoll sind, wie der erste Eindruck scheint. Es macht Spaß ihnen zuzusehen, wie sie meist in Gruppen, selten allein, durch die Straßen ziehen, fast immer lachend und sehr interessiert an jedem Gringogesicht. Und spricht solch ein Gringo Aleman auch noch ihre Sprache, sind sie ganz begeistert.

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Ein Gedanke zu „Mexiko Stadt: Von schiefen Seitenschiffen, Kaugummi als Rohstoff und ungeahnter Kolonialidylle

  1. Howest Gisela

    Es ist erstaunlich, dass nach wenigen Stunden so ein Eindruck entsteht. Alles klingt sehr positiv. Ich habe auch nicht so ein Bild erwartet. Bis bald, Gruß Gisela

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