Brückenwochenende, vier Tage Zeit am Stück. Ideal für einen Kurztrip nach Italien. Warum nicht mal nach Apulien, das kennt man kaum und soll doch so reizend sein. Mit dem Flieger von München nach Bari überhaupt kein Problem, so denken wir. Reine Flugzeit 1 Stunde und 20 Minuten, heißt es. Geht nur mit Zwischenstopp in Rom? Auch kein Problem, dann dauert es eben eine Stunde länger. Fliegen ist ja heute wirklich ganz einfach.
Einfach? Das gilt für die Strecke von München nach Rom. Doch dann verfinstert sich der Horizont – im wahrsten Sinne des Wortes. Im Bus zur Rollbahn stehend, inmitten heftigst parlierender Römer, Milanesen, Sizilianer und Pugliesen, heißt es plötzlich: „Alle wieder raus“. Auf Nachfrage deutet ein genervtes Crew-Mitglied gen Himmel „Il tempo“ – das Wetter, schmettert der Airline-Angestellte einem entgegen. Tatsächlich leuchten hier und da ein paar Blitze auf, doch als mit solchen Wetterkapriolen gut vertrauter Teutone drängt sich doch die Frage auf: „Na und?“
Irgendwann sitzt die immer müder werdende Schar der Passagiere in den Sitzen der Boeing, wird gar vom Käpt’n persönlich begrüßt, selbst eine Entschuldigung dringt durch die Lautsprecheranlage. „Dann kann’s ja endlich losgehen“, keimt die Hoffnung auf einen schnellen Start. Aber der Flugtower sieht die Sache doch ein bisschen anders. Viertelstunde um Viertelstunde vergeht, Müdigkeit und Wut wechseln in beständigem Rhythmus. Auch die Sorge wächst: „Was ist mit dem Mietwagen, ist der Schalter noch besetzt? Und das Hotelzimmer?“ Fragen über Fragen, doch wir sitzen fest – auf dem Rollfeld der ewigen Stadt. Irgendwann heulen die Turbinen jäh auf, die Maschine rollt zur Startbahn und hebt ab. Weit nach Mitternacht landet sie holpernd und schwankend mit entsetzlich quietschenden Bremsen in Bari. Egal, Hauptsache am Ziel und morgen fängt der Urlaub an ….
Flug AZ 6149 nach Rom delayed
Dass der Rückflug irgendein Problem darstellen könnte, daran denken wir nicht mal im Traum. Schließlich haben wird uns nach den Kapriolen des Hinfluges ja wohl eine Auszeit verdient, suggeriert der innere Gerechtigkeitsindex. Aus den Träumen reißt uns aber der Wecker schon um vier. Wollen wir die Morgenmaschine nach Rom nicht versäumen, müssen wir jetzt flott die Sachen packen. Pünktlich um halb sechs stehen wir am Terminal, sind froh alles geschafft zu haben und freuen uns schon auf ein Frühstück im heimischen München – so gegen zehn dürften wir’s geschafft haben, rechnen wir uns optimistisch aus. Doch ein Blick auf den Monitor mit den aktuellen Abflugzeiten lässt unser Blut in den Adern auf den Gefrierpunkt sinken. Flug AZ 6149 nach Rom delayed: von 6.40 h auf 10.05 h.
„Da kann doch was nicht stimmen“, zischt der nächste Gedanke durch den Kopf. Zwischen Hoffen und Bangen drängen wir zum Check-In-Schalter vor. Die Verspätung stimmt, Umbuchen geht nicht mehr. Damit ist klar: Der Anschluss nach München ist passé. Nächste Möglichkeit von Rom um vier Uhr nachmittags, Ankunft in München gegen Abend. Alle Versuche der Rebellion schlagen fehl. In feinstem Italian-Englisch macht die Alitalia-Frau klar, dass wir unser Frühstück in München vergessen können. Stattdessen reicht sie uns einen Voucher für ein Airport Frühstück a la pugliese – Brioche mit Capuccino. Sonst gerne aber jetzt ist es wie eine Provokation.
Lieber gleich zur Direktion
Abgefertigt und ohne Gepäck schleichen wir zur Airport-Bar. Ein Potpourri von Gedanken schwirrt durch unsere Köpfe. „Irgendwas muss man doch tun“, regt sich wieder der Kampfgeist. Gab’s da nicht neue EU-Regelungen von wegen Entschädigung bei Verspätung? Wer ist hier eigentlich für Beschwerden zuständig? Und warum können die hier nicht mal normales Englisch sprechen? Bevor wir immer nörgelnder werden, sollten wir lieber gleich zur Direktion und auf den Tisch hauen. Gedacht getan.
Mit einem Dokument des bestätigten Delays und der Eintrittskarte zur VIP Lounge schreiten wir im Bewusstsein einer kommenden guten Tat minimal erleichtert übers Airport-Parkett. Wenn da das Grummeln in der Magengegend bloß nicht wäre. Das Grummeln der Vorahnung. Wir spüren, dass diese Episode noch längst nicht zu Ende ist … In der Tat: Jede Beschwerde in feinstem Italian-Englisch abgeschmettert, so viel haben wir immerhin verstanden. Und noch was: Fliegen ist gar nicht so einfach – da kann aus zwei Stunden locker ein ganzer Tag werden, oder auch zwei …
Hi Markus,
schöne Geschichte. Als ob man es nicht aus dem wirklichen Leben kennen würde. Mal ist es die Bahn, mal der Flieger und mal ein Schiff das mit den offiziellen Planungsvorstellungen kollidiert.
Grüße Thomas