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Verhüllt wie ein Kunstwerk

Wer sich intensiv mit der Winteraufbewahrung seines Segelbootes beschäftigt, wird schon mal ungewollt zum Verhüllungskünstler. Kommt es doch auf jedes Detail an, damit Wind und Wetter keine Chance haben. Und ganz dicht machen geht auch nicht, sonst wird’s modrig und schimmelig – Hauptfeinde des Bootes.

Gerade mal eine Woche ist vergangen seit die Flensburger Förde ein Rekord-Hochwasser erlebte. Zum Glück blieb die Polaris von Schäden verschont, andere Boote dagegen traf es heftig, selbst ganze Stege in den Häfen brachen weg. Doch das ist vorbei. Jetzt wird gekrant und verhüllt. Eine zwar notwendige Arbeit, doch es fehlt dafür manchmal der Elan. Alles, was man im Frühjahr für sein Boot tut, hat den Geschmack von Aufbruch und Vorfreude auf die neue Segelsaison, da ist kein Handschlag zu viel. Doch jetzt im Hebst an den kurzen kalten Tagen fällt alles umso schwerer, die unmittelbare Nähe auf den baldigen Segeltörn, für den man alles tut ,der fehlt. Und doch macht auch irgendwann diese Arbeit Spaß. Weil es das Boot schützt und pflegt und der erste Schritt getan ist, damit es im April und Mai losgehen kann und es wieder heißt: Kurs nehmen auf fremde Häfen.

Nachdem die Wassertanks entleert, die Schabs und Schränke ausgeräumt, Motor und Batterie winterfest versorgt sind, tritt die Polaris ihre letzte Fahrt des Jahres an, hinüber in den Schwesterhafen, in die Marina Toft, wo es gekrant wird. Dazu müssen wir die Brücke von Egernsund pünktlich um Viertel nach Voll erreichen. Der Motor startet ein letztes Mal und bei frischem bis eisigem Wind gelingt fast eine Punktlandung: Das Signal der Brücke blinkt grün, so dass wir nahezu ungebremst mit zwei weiteren Booten die Klappbrücke passieren können. Schnell ist ein freier Anlegeplatz gesichtet, das Anlegemanöver beginnt. Nicht so geschmeidig wie erhofft, aber mit einige Korrekturen liegen wir sicher und fest im Hafen. Ein heißer Tee an Bord wärmt uns auf und stimmt zugleich ein auf den morgigen Tag, wenn es um 9 Uhr heißt: Kranen.

Die Klappbrücke just in time passiert.

Etwas flau ist mir als es losgeht. Viele Fragen gehen mir durch den Kopf: klappt das Anlegen an der Kaimauer, haben wir alles gut vorbereitet, so dass nicht Unvorhergesehenes den gesamten Betrieb aufhält, wie sieht das Unterschiff der Polaris nach zwei Jahren im Wasser eigentlich aus und wie kriegen wir das Schiff so eingepackt, dass es die kalten Monaten im Freigelände gut übersteht? Doch das beste Mittel gegen zu viel Grübelei ist ganz simpel das eigene Tun. Also nähern wir uns tuckernd bei böigem Westwind der Mole. Ich schippere langsam auf die Hafenwand zu und kann wunderbar längsseitig anlegen. Der erste Part ist überstanden, jetzt arbeiten wir Hand in Hand in enger Absprache mit den Jungs, die den Kran bewegen. Ohne viele Worte laufen die Handlungen einfach und unkompliziert ab und schon hängt die Polaris über mir an den Haltegurten und blickt auf mich herab – eine ganz neue Perspektive.

Vor allem eine, die mir ein Lächeln entlockt, denn das Unterschiff sieht bestens aus. Der letzte Antifoulinganstrich hat sich offenbar gelohnt, auch hält sich die Anzahl an Muscheln und Pocken sehr in Grenzen, selbst die Schiffsschraube ist kaum befallen. Nach intensivem Kärchern ist der Eindruck noch besser – die Seglerseele wird geradezu euphorisch, und die Lust das Schiff rundherum perfekt zu verhüllen wächst.

Praktische Ideen im Minutentakt

Endlich am Parkplatz auf dem Freigelände angekommen, beginnen die Arbeiten an Deck. Frank hat eine geniale Idee: Eine Giebelkonstruktion, durch die sichergestellt ist, dass das Wasser an der Plane gut abperlt und sich keine Lachen bilden. Wir messen, hämmern, sägen und schrauben, bis das Gerüst stabil ist und die schwere Plane darüber gezogen und festgezurrt werden kann. Irgendwann haben wir es geschafft und immer wieder sind es die spontanen Einfälle, die praktischen Ideen, die am Ende das Verhüllungsprojekt voranbringen. Penibel achten wir darauf, dass wir bei aller Verhüllungslust für ausreichend Luftzirkulation an Deck sorgen. Wir öffnen alle Luken und Fächer, und lassen bug- und heckseitig jeweils eine Öffnung, um so die Bildung von Kondenswasser zu verhindern – so bleibt die Polaris frisch. Ich steige ein letztes mal hinauf aufs Deck, checke auch die improvisierten Polsterungen, die wir auf der Reling angebracht haben, damit diese nicht durch die Plane scheuern kann. Alles passt. Wir können dem Winter beruhigt ins Auge blicken und hoffen, dass er schnell vergeht. Denn die nächsten Ziele fürs Ansegeln sind schon ausgemacht.

Ein letztes Mal die „Leinen los“

Wenn sich die Saison dem Ende naht, zieht es die Segler nochmal hinaus in ihr Revier um die Segel zu hissen und volle Fahrt aufzunehmen, einen Hafen anzusteuern und dabei in jeder Sekunde die Natur in sich aufzusaugen. Und einen Hauch Freiheit mit in die lange Winterperiode zu nehmen. Absegeln in der dänischen Südsee im Oktober.

Noch in der Nacht fegte ein heftiger Sturm über die Förde. Bei jedem Windstoß pfiffen und heulten die Masten, ein regelrechtes Konzert, das zwar laut war, aber zugleich auch eine beruhigende Wirkung hatte. Und dann hörte der Sturm schlagartig auf, Ruhe kehrte ein, das Wasser plätscherte gegen den Bug des Schiffes, vereinzelt hörte man die Möwen kreischen. Am frühen Morgen zeigte sich die See friedlich, keine Wellen und Gichtkämme mehr, eine ruhige See. „Hoffentlich bleibt es nicht so“, dachte ich, denn ohne Wind macht ein Törn keinen Sinn, schon gar nicht, wenn es der letzte der Saison sein soll. Da will man bei ordentlichem Wind nochmal alle Manöver segeln und ein attraktives Ziel ansteuern. Mit der Polaris, jenem Segelboot der Modellreihe Bianca27, das in den 1970er Jahren in einer dänischen Werft gebaut wurde und seit einem Jahr meinen Namen als Besitzer führt.

Frank war die Freude sofort anzumerken, schon beim ersten Anblick, seine Augen strahlten und drückten die unbändige Lust aufs gemeinsame Segeln aus. Eigentlich kennt Frank die Polaris besser als ich – er war der Vorbesitzer und hat sie lange gehegt und gepflegt und zu dem gemacht, was sie heute ist: ein zuverlässiges, gut ausgerüstetes Schiff, das so manchen Festlieger im Hafen immer wieder ein anerkennendes Stauen abringt. „Es ist unsinkbar“, betont Frank immer wieder. Er muss es wissen, hat er doch die Polaris bei diversen Törns mit Sturm und starkem Seegang erlebt und ihr Segelverhalten schätzen gelernt.

Die letzten Vorbereitungen werden getroffen, eine kurze Manöverbesprechung, dann wird der Yanmar-Motor angelassen und das vertraute Tuckern lässt das Herz höher schlagen. Warm eingepackt mit Segeljacke und -hose plus Mütze und Rettungsweste fahren wir aus der Box. Sofort nach Verlassen des Hafens hissen wir Groß- und Vorsegel und erleben verzückt den Moment, indem wir den Motor ausschalten und mit der Kraft des Windes auf Kurs gehen. Fantastisch, wunderbar, göttlich – ach es gibt kein Wort dies zu beschreiben. Frank blickt gen Horizont und lässt den Augenblick auf sich wirken.

Volle Fahrt voraus

Schon hat uns der stramme Südwest-Wind mit Stärken vier bis fünf fest im Griff, die Polaris krängt, die Schaumkronen am Bug spritzen nach achtern, auf der Pinne ist ordentlich Druck. Segeln, wie es schöner kaum sein kann. Der Blick auf die Instrumententafel bestätigt: zwischen 5 und 6 Knoten macht das Schiff. Bei dem Tempo sind wir schneller in Sonderburg als geplant. Doch bis dahin genießen wir jede Böe, jede Seemeile und lassen uns von der Segelleidenschaft treiben. Bei der Einfahrt in den Hafen von Sonderburg sehen wir bereits die wartenden Schiffe, die hoffen, dass die Brücke pünktlich öffnet und ihnen den Weg frei macht in den Kleinen Belt. Wir haben ein anderes Ziel. Erstmal anlegen an der Kaimauer, vis á vis der berühmten Eismanufaktur, auf die Frank bereits ein Auge geworfen hat. Und wirklich: Wer dieses Eis nicht probiert, hat etwas verpasst, ein wahrer Genuss für den Gaumen.

Damit es nicht zu spät wird mit der Ankunft im Hafen von Høruphav, legen wir nach gut eineinhalb Stunden Aufenthalt wieder ab und erleben eine wundervolle Fahrt mit genau passendem Wind, der uns im „Butterfly -Stil“ (sieht Bild unten) ans Ziel bringen wird. Es dämmert bereits als wir den Hafen erreichen. Vom Wasser aus macht der Ort einen einladenden Eindruck, etwas verträumt und abgeschieden, aber nichts ist verbaut, überall sind die Fassaden gut restaurierter alter Villen zu sehen. Das Anlegemanöver ist etwas holprig, weil wir die falsche Box gewählt haben, aber nach etwas Arbeit liegen wir endlich fest und haben uns ein Feierabendbier verdient.

Auch wenn die Temperaturen in der Nacht auf drei Grad sinken, bleibt es an Bord doch warm genug, so dass wir entspannt und müde einschlafen. Beim ersten Morgengrauen setzen wir uns in die Plicht und können es kaum erwarten, das fantastische Schauspiel des Sonnenaufgangs mitzuverfolgen. In der Ferne türmen sich die Wolken, die jetzt mehr und mehr von der aufgehenden Sonne angestrahlt und in ein einzigartiges Rosarot verwandelt werden. Zugleich ziehen Schwärme von Seevögeln auf und begrüßen mit Kreischen und Geschnatter den neuen Tag. Mehr und mehr wird die Kraft der Sonne spürbar, Zeit fürs Frühstück, das an Bord bei dem Anblick des Wassers und der einzigartigen Naturszenerie ganz besonders schmeckt.

Angelegt im Hafen von Sonderburg, im HIntergrund das königliche Schloss

Nach der rasanten Fahrt am Vortag gleiten wir heute bei wolkenlosem Himmel eher gemächlich über die Ostsee. Aber doch mit so viel Wind, um mit drei bis vier Knoten langsam zurück zum Heimathafen zu segeln. Irgendwann greift Frank ins Fall und ändert den Kurs. „Schweinswale“, sagt er und zeigt Richtung Norden. Die Zeit haben wir noch und bei dem schwachen Wind überhaupt kein Problem diesen Schwenker zu machen – da sind wir uns sofort einig. Und es dauert gar nicht lange, bis der erste zu sehen ist und sich gleich zwei bis drei Mal zeigt um dann wieder abzutauchen. Das geht eine Weile so und es macht große Freude zuzusehen, wie die Meeressäuger auf Beutefang sind. Als wir wieder auf Kurs gehen, genießt jeder für sich die letzten Seemeilen bis zur Einfahrt in den Hafen von Marina Minde. Denn nach dem Anlegen wird es mindestens ein halbes Jahr dauern, bis es wieder heißt „Leinen los“.

Segeln im Butterfly-Stil
Barock-Tanzgruppe

Gesang, Spiel und Tanz liegt in der Luft

An zwei Tagen wurde in der Marktgemeinde Altomünster, rund 35 Kilometer vor den Toren Münchens, die Zeit zurückgedreht. Ein Wochenende ganz im Zeichen des Barock: Die vielen Besucher aus nah und fern sorgten allein mit ihren einfallsreichen Kostümen dafür, dass ein Hauch barockes Lebensgefühl durch die Gassen und Plätze der Altstadt zog. Aber auch das üppige Bühnenprogramm und die vielen Attraktionen versetzten die Besucher bei Prachtwetter in eine andere Epoche.

Fantasievoll und „zeitgemäß“ – die Altomünsteraner verstehen sich auf Barock

Nur noch wenige Minuten bis zum Auftritt. Die Sonne brennt vom makellos blauben Himmel, in den aufwändigen Barockkostumen schwitzen die Tänzerinnen und Tänzer der Barocktanzgruppe Barroco schon, ohne auch nur ein Tanzbein geschwungen zu haben. Endlich erfüllen barocke Musikklänge den Marktplatz und die Gruppe stellt sich auf zum ersten Tanz. Schnell ist man wie verzaubert von Klang, Tanz und den altertümlich erscheinenden Bewegungen der Tanzenden. Gute 20 Minuten dauert der Einblick in die Szenerie eines Tanzballs aus dem 17. Jahrhundert. Den Zuschauern, ob jung oder alt, gefällt’s. Staunende Augen, interessiert verfolgen die Besucher jede Formation als wären sie geladene Gäste eines Balls aus einer fernen Epoche.

Genau dieses Gefühl vermittelt das Fest auf Schritt und Tritt. Sei es die historische Zauberkunst, die das junge Publikum magisch anzieht, sei es der Einblick in die historische Holzbearbeitung, ins Töpfern, Messerschleifen, Seildrehen oder Steinschleuderschießen – lauter Attraktionen, die ein Bild von damals zeichnen. Und natürlich ist es vor allem die Kulisse aus Drehorgelspiel, barockem Gesang, Gauklerei und Märchenerzählungen, die genau zum 650. Todestag der heiligen Birgitta, der Klostergründerin von Altomünster sowie dem 250. Weihetag der Pfarrkirche St. Alto, passen. Jenem markanten Gotteshaus, das jeder Besucher bereits aus allen Himmelrichtungen von weiten erkennen kann.

Beeindruckend ist vor allem das große Engagement, das von den Vereinen und Organisationen aus und um Altomünster zu diesem Fest geleistet wurde. Ohne all die ehrenamtliche Arbeit wäre ein solch riesiges und bis ins kleinste sehr gut organisiertes Fest nicht zustande gekommen. So auch der traditionsreiche Ortsverschönerungsverein, der im Altohof, direkt zwischen Rathaus und Pfarrkirche gelegen, einen Stand mit umzähligen Kuchen-, Gebäck-, und Marmaledensorten präsentierte. Alles selbst gemacht von den Mitgliedern des Vereins. Das freut die Vorsitzende, die sichtlich ergriffen und berührt ist von der Hilfsbereitschaft der Mitglieder.

Wer das Barockfest erlebt hat, wird noch eine Weile davon zehren und sich sicher freuen, wenn die heilige Birgitta wieder geehrt wird. Denn ewig lang wird der Birgittenkuchen, der an der Klostermauer entlang aufgereiht und zu kaufen war, nicht vorhalten …

Beaufort oder das Warten auf den Wind

Absegeln steht für das Ende einer Segelsaison, doch meist ist es auch verknüpft mit der Hoffnung auf ein besonderes Segelerlebnis vor der langen Winterpause.

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Was wiird der Tag bringen, zwischen Hoffen und Bangen beim Frühstück
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Die Rapannte im Heimatfafen von Missunde

Noch einmal aufs Wasser, hinaus auf die Ostsee, vielleicht bis in die dänische Südsee, bevor die Rapannte an Land geht. Das war unser Wunsch. Es kam anders. Als wir in Missunde an unserem Liegeplatz  in der Schlei ankamen, herrschte Flaute. An Segeln auf der Ostsee war nicht zu denken. Wäre da nicht diese unverbrüchliche Hoffnung, die in jedem Segler schlummert. Die Hoffnung, dass der Wind doch noch auffrischt und wenn es auch nur für kurze Zeit ist. Wir hofften. Auf den nächsten Tag. Auf ein paar Beaufort.

 Der letzte Törn

Und tatsächlich: Als wir nach dem Frühstück Kurs nahmen gen Osten Richtung Schleimünde, kräuselte erst sanft die Wasseroberfläche, dann huschten nach und nach Böen über die Schlei. Zeit zum Hissen des Großsegels und der Fock. Dann war er da, dieser einmalige Moment, für den jeder Segler so manches auf sich nimmt: Der Motor verstummt, Stille, nur das Geräusch des Bugs, wie er durch das Wasser treibt, das Schiff kränkt leicht und der halbe Wind aus Nordwest lässt die Rapannte zweieinhalb Knoten machen.

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Es tut sich was, der Motor ist aus, der Wind übernimmt …

Immerhin kamen wir so bis kurz vor Kappeln und waren glücklich. Auch wenn am nächsten Tag nur noch wenig Wind die Segel straffen konnte, hatte es sich gelohnt. Jetzt konnten wir die Rapannte klar machen fürs Winterlager. Bei strömendem Regen hing unser Segelschiff am Kran und zeigte sein Unterschiff, uberwuchert von Muscheln und Algen.

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Nach sechs Monaten im Wasser hängt sie am Kran, die Rapannte

Das verhieß jede Menge Arbeit. Abgekärchert und auf Böcken am Winterplatz stationiert machten wir uns ans Werk. Jede einzelne Muschel schabten wir ab, schliffen nochmal fein darüber hinweg und erledigten alle notwendigen weiteren Arbeiten an Bord bis wir die Rapannte mit einer riesigen Plane verhüllen konnten.

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Viel zu tun bis alles gesäubert ist ….

Kärchern und Schaben

Ein bisschen wie ein Kunstwerk, Christo lässt grüßen. Fest verzurrt und alle Seile stramm verknotet war  unsere Segelyacht nun bereit für den Winterschlaf. Mindestens 6 Monate, eine Ewigkeit für uns Segler. Nur zu überstehen in dem Gedanken an das einzigartige Gefühl, wenn im Frühling das Boot wieder Kurs nehmen kann, am liebsten Richtung Dänemark. Dann wird das Zauberwort Ansegeln lauten

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Die letzten Verfeinerungen beim Vertäuen, jetzt ist die Rapannte ein kleines Kunstwerk

Rund um Rügen in sechs Tagen

Ein altes Holzboot, genug Seglerlatein und hilfsbereite Menschen – viel mehr braucht es nicht um in sechs Tagen Deutschlands größte Insel zu umsegeln.

Die Pomeranus II liegt gleichauf mit dem Leuchtturm von Cap Arkona, dem nördlichsten Zipfel Rügens. Glücksgefühle machen sich breit. Nur noch zwei Stunden über den Tromper Wiek, dann haben wir das Etappenziel – den Hafen von Glowe – erreicht. Plötzlich reißt mir eine heftige Windböe die Schot des Großsegels aus der Hand. Der Baum mit dem gesetzten Segel schlägt bedrohlich hin und her, die Wucht ist gewaltig. Es gilt kühlen Kopf zu bewahren. Sonst droht der Baum samt Segel aus der Mastnut zu brechen.

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Bootswerft Freest

Bootswerft Freest – mein Heimathafen an der Peenemündung. Ein altes Fischerdorf, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Unbedingt hinfahren und den besten Backfisch aller Zeiten probieren

Skipper

Der Skipper ist bereit für eine segelintensive Saison – doch leider spielte das Wetter erst im Spätsommer richtig mit. Dann war’s allerdings besonders schön

Romantisch

Die Sonnenuntergänge im Hafen waren immer wieder ein Erlebnis

Im Schilf

Die Pomeranus liegt im Schilfgras – im Sommer wuchert das Gras so sehr, dass die Pomeranus kaum noch zu sehen ist

Rasur an Bord

Rasieren an Bord – kein Problem, denn ein Top-Spiegel ziert die Innentür des Kleiderschranks der Kajüte

 

Segel klar machen

Bei herrlich blauem Himmel und guter Windstärke nehmen wir Kurs auf Rügen

Auf Kurs

Die Tour läuft ganz nach Plan, die Seekarte und der Kompass weisen den Weg

Pomeranus 1

Auf See mit leichter Krängung und 3,6 Knoten Fahrt

Der Trompeter

Das Highlight der Tour: Mathis packt seine Trompete aus und spielt ….

Matthis Trompete

Das klappt schon richtig gut und üben auf See ist allemal schöner als im Wohnzimmer daheim

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Die Crew von manchem vorbei fahrenden Schiff war tief beeindruckt – Applaus, Applaus

Matthis am Ruder

Aber Mathis hat auch Talent fürs Segeln, seinen Job am Ruder erledigte er sehr zuverlässig

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Im Hafen von Gager gönnen wir uns einen Landspaziergang

Frühstück in Thissow

Am Morgen in Thissow stärken wir uns beim Frühstück für die gut 6-stündige Rückfahrt nach Freest

Ferne Kulturen zieren heimische Türen

In 6. Generation stellt die Kunsttischlerei Roloff die berühmten Darßer Türen her – ganz nach alter Überlieferung. Doch auch moderne Einflüsse prägen die Kunst der Türmanufaktur. Ein Werkstattbesuch.

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Tür aus dem Jahr 1931, als die Darßer Türenmanufaktur wieder belebt wurde

Es riecht nach Holz, nach antiken Schränken, Holzspänen, Farbe und viel Handarbeit. Etwas verstohlen empfängt René Roloff seine Gäste, sein jüngerer Bruder Dirk bleibt am Eingang stehen. Dann legt der gelernte Tischlermeister, Holzbildhauer und Restaurator los. Er spricht von der Darßer Kultur und davon, dass sie unbedingt erhalten bleiben muss. Ein Gebilde für sich, etwas ganz eigenes, so nennt er seine kleine Halbinsel – den Darß. Das wohl bekannteste Symbol jenes Gebildes sind seine Türen, die man vornehmlich in der Ortschaft Prerow antrifft.

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Der Darß – jene kleine Halbinsel an der Ostseeküste im Verbund mit Fischland und Zingst – über lange Zeit ließ seine geographische Lage wenig Austausch zu. Doch seit die Darßer im 18. Jahrhundert in ferne Meere aufbrachen, ja bis nach China und Japan segelten, wurden sie welterfahrener und wussten, dass es jenseits ihres Horizontes noch jede Menge weiterer kultureller Schätze zu entdecken gibt. Auch wenn die Zeit ihres Aufbruchs zu anderen Kulturen nur rund zehn Jahre andauerte, sind heute die Türen ein Zeugnis jener Zeit. Sie spiegeln die Eindrücke ihrer Reisen wider: „Man war stolz darauf erfolgreich zur See gefahren zu sein”, sagt René Roloff. „Dies hat man auch zeigen wollen.” Zugleich dokumentieren die Türen auch die tiefe Verwurzelung mit der Heimat. Die Landschaft, das bäuerliche Leben und die maritimen Symbole – auch sie prägen die Motive ihrer Haustüren.

Eigentlich wurde die Kunst der Türmanufaktur erst 1931 wiederbelebt. Es war der damalige Bürgermeister, der die alte Darßer Tradition wieder zum Leben erweckte, erzählt Roloff. Er setzte durch, dass ein Haus mit Rohrdach erbaut und mit einer typischen Darßer Tür geziert wird. Damals war es das Gemeindeamt, die heutige Kurverwaltung. Es war die erste Tür im 20. Jahrhundert und gleichzeitig der Anfang vieler weiterer. Denn: „Wenn der Bürgermister das gut findet, kann es nicht so schlecht sein“, dachten wohl die Darßer.

Inzwischen sind es über 150 solcher Türen, die überwiegend aus der Manufaktur der Roloffs stammen. Und sie sind keineswegs nur als dekorativer Schmuck gedacht, wie Tischlermeister Roloff erklärt. „Ein gewisser Aberglaube schwingt immer mit.“ Zunächst einmal soll die Tür einladend und freundlich wirken, die Sonne ist daher als Motiv oft mit dabei. Häufig ist auch ein Kreuz als Motiv in der Tür vertreten.

Roloff bei der Arbeit
Roloff bei der Arbeit

„Es schützt die Kühe davor, behext zu werden“, erklärt der Werkstattchef. Schutz gegen alles mögliche sei ein durchgängiges Motiv, weiß Roloff. So bedeutet ein Sockel mit einem Schuppenmuster und nach oben zeigenden Spitzen die Abwehr gegen Blitzeinschlag. Auch sind Lebensbaummotive aus Tulpen ein gerne verwendetes Symbol.

Und wie muss das Haus beschaffen sein, damit das Design der Tür auch richtig komponiert wird? Die Beschaffenheit der Fassade, die Himmelsrichtung der Tür, Wetter oder Meeresseite – all das gilt es zu beachten, damit der hohe Anspruch auch erfüllt werden kann: „100 Jahr soll die Tür halten“, erklärt Roloff.

Und das nicht nur auf dem Darß. Die Hälfte seiner Kunden stammen mittlerweile aus ganz Deutschland und Österreich, erzählt der Meister. Natürlich muss hier etwas passendes angefertigt werden. „Wir verpflanzen nicht einfach eine Darßer Tür nach Baden-Württemberg“, sagt Roloff. Andere Lösungen, bei denen die Hausherren oft ihre eigenen Vorschläge mit einbringen, gebe es immer, versichert der Fachmann. So liegt es auch am Export, dass man nicht bei den alten Motiven verharrt und immer wieder neue Ideen einfließen und verarbeitet werden. Motive aus der Jetztzeit: So tauchenetwa Kraniche auf, auch Fische sind heute wieder salonfähig, früher passten sie nicht zum sozialen Status. Selbst humorvolle Varianten prägen die Motivwelt, wenn etwa die Biene auf der Blüte sitzt.

Der Katalog führt alle möglichen Designvarianten auf
Der Katalog führt alle möglichen Designvarianten auf

Der sympathische Restaurator ist nach den vielen Erzählungen rund um sein Gewerbe ganz in seinem Element. Er spürt mit jeder Frage seiner Besucher, wie außergewöhnlich sein Handwerk ist. Dabei war es gar nicht sein erster Berufswunsch, gesteht Roloff ein. Eigentlich wollte er Architektur und Kunst studieren, ging dann aber drei Jahr zur Armee und am Ende hat es sich einfach so ergeben, sagt Roloff mit einem Lächeln in die Runde. Viele Möglichkeiten gibt es auf dem Darß ja sonst auch nicht.

Mehr Information

Dauer der Anfertigung: 12 bis 16 Wochen von Auftragserteilung bis zur Fertigstellung
Preis: Je nach Aufwand: von 3.500 bis 10.000 Euro
Ein gibt einen Motivkatalog, aus dem man wählen kann

Kontakt
Kunsttischlerei Roloff GbR:
Lange Str. 30
18375 Ostseebad Prerow
Telefon: 038233 465
E-Mail: kontakt@kunsttischlerei-roloff.de
kunsttischlerei-roloff.de

Museum mal anders: In Dublin erzählen die Bewohner ihre Stadtgeschichte selbst

Adam
Adam bereitet die Gruppe vor – auf seine Art …

Besucher aus sechs Nationen und zwei Dubliner sind schon gespannt auf die Führung durch den ersten Stock des „Little Museum of Dublin„. Gerade erst hat Guide Adam die rund 30 Teilnehmer ganz unkonventionell gefragt, woher sie denn eigentlich stammen – USA, Taiwan, China, Italien, England und Deutschland sind heute mit dabei.

„There is no room for politeness“, ruft er den Zuhörern entgegen und spätestens jetzt ist klar, dass diese Führung tatsächlich etwas anderes ist als Touristen dies sonst von Museen her kennen. Lebendig, schrill, auffordernd und hochgradig interaktiv – so versteht der ehemalige Theatermanager seinen Job als Guide. Und er rüttelt jeden wach, eben auch die vielen aus Übersee, die bisher eher wenig von der Geschichte Dublins und Irlands wissen.

Denn das erklärte Ziel des Museums vis-á-vis des St. Stephens Green Park ist: Die Geschichte der irischen Hauptstadt im 20. Jahrhundert zu erzählen. Nicht einfach so, sondern mit Hilfe von Exponaten der Dubliner Bevölkerung selbst. Sie liefern die Geschichten für die Geschichte der Stadt. Und Adam geleitet durch die Dekaden und ihre Ereignisse.

Eingang
Eingangsportal des Museums gegenüber von St. Stephens Green

Von der ersten englischen Ausgabe von James Joyce’s Ulysees aus dem Jahr 1904, über ein Foto von Kindern der Henrietta Street aus dem jahr 1911, das die beengten Lebensverhältnisse der 835 Menschen in 15 Häusern zeigt, bis hin zur Kunst des Dubliners Jim Fitzpatrick, der das legendäre Che Guevara Porträt erschuf.

Besucher
Auch Dubliner lieben die Führungen …

Der 20-minütige Rundgang durch die beiden erhabenen Kaminräume hat es in sich. Vermittelt werden nicht nur historische Ereignisse und Anlässe, sondern all die Kuriosiäten und skurillen Nebengeschichten öffnen den Blick für die besondere Mentalität der Dubliner.
Rührendes gibt es zu sehen und zu hören, wie die Postkarte von Samuel Beckett an einen kleinen Jungen, der in demselben Haus lebt, in dem der Autor seine Kindheit verbrachte. „Wenn Du meinen Geist in dem Haus antreffen solltest, bestell ihm einen Gruß von mir“, schrieb er dem Jungen.

Verrücktes findet natürlich zuhauf statt – wie das Wappen der 1000-Jahr Feier Dublins im Jahr 1988. Jenes Milennium, das von den Bewohnern der irischen Hauptstadt viel zu spät erkannt und organisiert wurde, getreu ihrer Haltung, Zeit ist ohnehin dehnbar und der Schöpfer hat genug davon gemacht. Auch der Celtic Tiger findet im Little Museum seinen Platz. Es ist die Zeit in den 1990er Jahren als die Stadt am Liffey einen ungeheuren Aufschwung erfuhr und das Stadtbild veränderte.

Stephens Green
Der Park St. Stephens Green im Herbstlicht

Nach der Führung will man mehr, und kriegt es auch. Denn auch im zweiten Stock des gregorianischen Hauses ist Kultur made of Dublin zu sehen – hier sieht man die Geschichte der Pop-Band U2 in beeindruckenden Bildern und die legendäre Irish Times gibt Einblicke in ihre Sicht der Stadt. Beim Café im Basement fragt sich der Besucher allerdings, wie sich all das erhellende und faszinierende nun finanzieren lässt.

Es sind Geschenke, Spenden und Sponsoring, die das Museium seit der Gründung vor vier Jahren über Wasser halten. Getragen von dem Engagement seiner Bürger, die allzu gern dazu beitragen, ein authentisches Bild ihrer Hauptstadt zu vermitteln. Wichtig ist Kurator Simon O’Connor, dass sein Museum weiter wächst. Hierzu lädt er alle Freunde seines Projekts dazu ein, ihre Eindrücke auf TripAdvisor, Facebook etc. zu teilen.

Bootswerft Freest: Von Schwalben, Schiffsbau und Jane Bond

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Frisches Holz für die Bootswerft

Ganz im Nordosten, wo die Ortsnamen immer unbekannter werden und das ganz große Touristengetümmel weit weg ist – dort liegt das Hafenstädtchen Freest am Greifswalder Bodden. Hier kann man sie noch erleben, jene Geschäftigkeit eines Hafens, in dem die Fischerboote und Krabbenbkutter dicht an dicht liegen. Fischer reparieren die Netze, gestikulieren, lachen und verkaufen ihre Waren. Ansonsten hat der Ort ein paar Restaurants, ein Hotel, einen Lebensmittelladen, die Dorfstraße natürlich und jede Menge Fischbuden. Vor allem aber gibt es eine Werft – eine ganz besondere.

In der großen Werfthalle flitzen die Schwalben kreischend kreuz und quer durch die Lüfte, haben unter dem Dach ihre Nester gebaut, sind Teil der Werft geworden. Damit es nicht noch mehr werden hat die Werftcrew ein Tonband aufgenommen mit Stimmen von Kauzen und anderen Vögelarten. „Das soll die Schwalben ein wenig abschrecken“, erklärt Kirsten Dubs, Besitzerin von Bootsbau Freest die eingeleitene Maßnahme. Jetzt wird das Band alle paar Minuten abgespielt, fast fühlt man sich wie im Urwald.

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Ein paar Segelyachten haben in der Werft ihren Heimathafen

Doch es ist die ehemalige Traditonswerft mit über 100-jähriger Geschichte. Die Bremerin Kirsten Dubs hat das Gelände und die dazugehörigen Geböude im Jahr 2007 komplett übernommen und der Bootswerft Freest seither neues Leben eingehaucht. Wer ein paar Tage in der Halle und auf dem Areal der Werft am eigenen Boot arbeitet, kann sich ein Bild von dem neuen Leben machen. Festangestellte wie Azubis aus der Region erlernen hier ein traditionelles Handwerk in all seinen Facetten: Sie erneuern Spanten und Planken, bauen verschiedene Rundholzer für Masten, dichten die Außenhaut alter Fischkutter, um nur einige der Tätigkeiten zu nennen. Doch das kreative Aushängeschild der Werftcrew ist ihr Projekt Y-DS 650 „Day- Weekendsailer“, ein Segelboot, das von der Auswahl und Bearbeitung des Holzes bis zur Endfertigung von der Mannschaft in Eigenarbeit neu konstruiert wird.

Die Zeit scheint stehen geblieben
Die Werft, direkt an der Dorfstraße und vis-á-vis des Hafens gelegen ist eine Welt für sich. Überall in der Halle sind die Zeugnisse langer Geschiche gegenwärtig. Alte Maschinen und Werktische, Mechanik, die sich über viele Dekaden bewährt hat. Die Crew weiß damit umzugehen und sie für moderne Restaurations- und Reparaturanspüche einzusetzen.

Charaktervolle Boote in der Werft
Charaktervolle Boote in der Werft

Etwas verloren fühle ich mich anfangs in dieser mir fremden Welt. Also starte ich mit meiner Arbeit, alles weitere wird sich ergeben, sage ich mir. Mundschutz besorgt, passendes Schleifpapier und einen Schleiklotz organisiert – schon beginne ich mit den Arbeiten am Schiffsrumpf meines über 50 Jahre alten Volksbootes, das Anfang der 1960er Jahre in der ehemaligen DDR gebaut wurde. Das Unterschiff muss komplett abgeschliffen werden, bevor ich eine neue Antifouling-Schicht darübersteiche. Der Scheiß tropft mir von der Stirn, der Mundschutz macht mir das Atmen schwer und viel Ausdauer habe ich als gelernter Schreibtischarbeiter auch nicht gerade. Doch mit jedem Meter bearbeiteter Fläche werde ich sicherer und zuversichtlicher. Crewmitglieder kommen vorbei, fragen nach, bestärken mich in meiner Arbeit. Auch zwei weibliche Azubis passieren freundlich grinsend mein Boot. Dazwischen in regelmäßigen Abständen die Aufnahmen von Kauzen & Co. .

"Jane Bond" kriegt den letzten Schliff ....
„Jane Bond“ kriegt den letzten Schliff ….

Ab und an gehe ich hinaus ans Wasser, sehe mir die Segelyachten und Schiffe an und entdecke in jedem einzelnen einen besonderen Charakter. Ob die Pomeranus das stolze Folkeboot oder Lili, der in die Jahre gekommene Kutter oder Jane Bond, die im neuen Gewand erstrahlt. Mein Blick schweift auf die Peenemündung, wo ein Ausflugsschiff Kurs Richtung Peenemünde nimmt. Frische Luft getankt, mache ich wieder an die Arbeit. Mit jeder Stunde macht es mehr Freude, wird der Stolz eigens das Boot für die Saison zu richten immer größer.


Nach intensiver Schleifarbeit ist der Rumpf endlich bereit für den Anstrich. Eine Nacht getrocknet und am nächsten Tag ins Wasser gekrant, so der Plan. Doch es kommt anders. Das Wetter spielt nicht mit – immer wieder prasseln kräftige Regenschauer über die Werft und machen das Kranen unmöglich. Als sich das Wetter endlich beruhigt und kein Schauer mehr in Sicht ist, hebt der „17.Oktober“, der alte DDR-Kran, meine SeeQ über die umstehenden Boote hinweg. Danach wird der Mast gerichtet, die Wanten eingestellt und alles notwendige eingeräumt.

Wenn Untiefen lauern
Nun muss nur noch der Motor anspringen. Tut er aber nicht. Etwas orgeln ja, doch der entscheidende Funke will nicht überspringen. Und ausgerechnet jetzt brauen sich am Horizont die nächsten Wolkenungetüme zusammen. Jeder aus der Crew versucht sein Glück, alles wird ausprobiert und tatsächlich – irgendwann stottert sich der Motor in einem rythmische Umdrehung. Erleichtert winke ich der Crew, die aufgereiht an der Kaimauer steht, zum Abschied und mache mich auf den Weg in den Heimathafen, in gut 35 Minuten müsste ich es schaffen, rechne ich mir aus. Sonst wird es dunkel.


Die Rechnung geht natürlich nicht auf. In der Aufregung des Abschieds habe ich die Worte der Crew überhört: „Pass auf die Untiefen auf, bleibe nah am Schilf“, so ihre eindringliche Mahnung. Doch ein fuliminanter Sonnenuntergang lenkt mein Interesse in eine andere Richtung – ein Handyfoto muss her. Und schon macht es rums und die SeeQ läuft auf eine Sandbank. Ich sitze fest, alle Versuche mich selbst zu befreien sind vergeblich.

Zum Glück erreiche ich die Freester Mannschaft noch, die sofort ein Boot klar macht und mich zu viert von der Sandbank zieht. Am Hafenkai verfolgt bereits eine Handvoll Schaulustiger ein Spektaktel, das man hier eher selten zu sehen bekommt.
„Bleib immer hart steuerbord“, geben mir meine „Retter“ mit auf den Weg. Ahoi, alles klar.

Mehr Information
Übernachtung und gutes Essen:
Hotel und Fischrestaurant Leuchtfeuer

Hotel und Gaststätte
An der Waterkant

Wallis: Den Kräutern auf der Spur

Dem Matterhorn ganz nah, vom Rhone-Tal geprägt und reichlich sonnenverwöhnt präsentiert sich der Schweizer Kanton Wallis. Dass er zugleich auch eine wichtige Kräuterkammer ist und Basis für ein berühmtes Schweizer Bonbon, ist weniger bekannt. Ein Besuch bei den Kräuterbauern im südlichen Schweizer Bundesland.

Von Sion aus führt die Straße durch ein lang gestrecktes Tal Richtung Verbier, steil erheben sich die mächtigen Hänge zu beiden Seiten hin. Verschwindend klein wirken die winzigen Dörfer, selbst die Kirchen erscheinen im Miniaturformat. „Das Wallis hat ein eigenes Mikroklima mit geringen Niederschlägen im Sommer“, sagt Fabien Fournier, Betriebsleiter der Genossenschaft Valplantes, einem Zusammenschluss von walliser Gewürz- und Heilkräuterbauern. „Beste Voraussetzungen für den Kräuteranbau.“

Thomas  Aeschlimann bei der Kräuterernte

Thomas Aeschlimann bei der Kräuterernte

Bis in 1.500 Meter Höhe können die verschiedenen Kulturen angebaut werden, allen voran Spitzwegerich, Minze, Zitronenmelisse, Thymian und Salbei. Seit 30 Jahren bauen die 60 Betriebe seiner Genossenschaft auf jährlich 40 Hektar über 50 Pflanzensorten an und beliefern mit ihren Produkten zu 65 Prozent Ricola, das Schweizer Familienunternehmen aus Laufen bei Basel. Seit 1940 produziert das Unternehmen sein viereckiges geriffeltes Kräuterbonbon auf der Basis von 13 Kräuterarten nach einer wohl gehüteten Rezeptur. „Jedes Kraut existiert in unzähligen Varianten“, erklärt Thomas Aeschlimann, Leiter des Kräuteranbaus beim Laufener Produzenten. Nach langjährigen Erfahrungen wisse man, welche die Beste ist.
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„Mir war einfach nach Horizont“

Eigentlich kann ich ja von überall aus arbeiten, sagte ich mir und zog für fünf Tage in ein Schwimmendes Haus an die Ostseeküste nach Rügen, genauer gesagt nach Lauterbach bei Putbus. Mir war einfach nach Horizont zumute. Haus Nr. 4 „Hornfisch“, an Steg 1, 49 Quadratmeter mit Küche und kleinem Schlafzimmer. Eine kuschelig-wohnliche Atmosphäre mit dezenter Weihnachtsdeko empfing mich, der angenehme Geruch der Bodendielen aus Ahornholz ließen mich gleich zuhause fühlen, während draußen der eisig-kalte Ostwind über das Meer strich und das Bodden-Wasser zu kleinen Wellen kräuselte.

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An Steg 1 liegen sie – Wassermann, Nixe, Hornfisch etc. ….

Ich sah die Hafenarbeiter die letzten Segelyachten aus dem Wasser kranen, das Unterschiff kärchern um es von Algen zu befreien und sah, wie sie dem immer eisigeren Wind trotzten. Ich hingegen recherchierte nach Inhalten für meine Berichte, telefonierte, solange es das schwache Netz auf dem Wasser zuließ – und versuchte der ständigen Mailflut dank funktionierendem Wlan Herr zu werden.

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Die meisten der Segelyachten stehen in Reih und Glied an Land

Schnell ist der Vormittag verflogen, es folgt ein kurzer Spaziergang zum Hafen, hin zur Fischerei-Genossenschaft. Brathering mit Zwiebeln lautet das heutige Angebot. Zu wenig, ein Mattjes-Brötchen kommt noch hinzu. Während ich den frischen Fisch genieße, fegt eine Handvoll Gelegenheitsarbeiter das restliche Herbstlaub zusammen und häuft kleine Hügel an, die sogleich vom Wind zerstoben werden. Der Weihnachtsbaum inmitten den gepflasterten Hafenplatzes wirkt deplaziert, bei jeder Böe schwankt er hin und her. Nach der Mahlzeit zieht es mich schnell wieder zurück an den Schreibtisch.

Eine Entenfamlie zieht an meinem Fenster vorbei auf der Suche nach einem sicheren Plätzchen. Eisschollen bilden sich rund um das auf einem Photon liegenden Haus. Ein Baggerschiff vertieft die Fahrrinne im Hafen. Der Wind pfeift unablässig und laut. Schon bald ist es kurz nach vier und um halb fünf ist es dunkel. In der Ferne tuckert der Motor des Schiffes, das wie jeden Tag pünktlich loslegt und Kurs nimmt auf die gegenüberliegende Insel Vilm, um die Klimawissenschaftler der Internationalen Naturschutzakademie abzuholen.

Zeit für mich, durch etwas Bewegung neue Inspiration zu tanken. Eingepackt in die warme Daunenjacke laufe ich über den Steg zur Rezeption, richte ein paar grüßende Worte an Robby, den Segellehrer, der gerade eine neue Kabelwinde in die Lenkung eines Bootes schraubt. Am anderen Ende der Bucht erstrahlt das Badehaus Goor in vorweihnachtlichem Glanz, bis zur Bäckerei im Hafen ist es noch ein gutes Stück zu laufen.

Vorbei an dem Mastenwald der aufgebockten Segelyachten, die im Wind einen heulend-kreischenden Ton von sich geben. Peter Pan, Eisbär, Marmalade – sie alle können es wohl kaum erwarten bis sie wieder hinaus aufs Meer und ihre Segel in den Wind stellen können.

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In der Bäckerei scheint die Zeit stehen geblieben zu sein

In der Bäckerei ist die Zeit stehen geblieben. Die frischen knusprigen Brötchen gibt es aus einem Wäschekorb aus Plastik, den Gewürzkuchen vom Blech. Gesprochen wird kaum, keine Schnörkel, kein Getue. Ich muss an mein Thema denken: Personalisierung im Onlinehandel – warum der Service im E-Commerce so wichtig ist.

Der Service in Lauterbach ist jedenfalls anders, und wird es vorerst wohl auch bleiben, so viel steht fest. Nach Kuchen und Kaffee fühle ich mich gestärkt für weitere zwei bis drei Stunden Schreibtischarbeit. Im Hafen bei dem großen Kran ist es jetzt still geworden, überhaupt schlummert die Bucht nun einsam und winterverschlafen vor sich hin. Nur wenige Gäste bewohnen die übrigen Häuser.

Wie gut, dass ich hier auf meiner schwimmenden Insel arbeiten kann, sonst schlüge mir vielleicht irgendwann das unablässige Pfeifen des Windes aufs Gemüt. Morgen soll der Wind ohnehin abflauen, sagt der Wetterbericht. Oder fehlt er mir dann etwa?
Wie auch immer, es war eine willkommene Abwechslung vom immer gleichen Büroblick in München. Sicher komme ich bald wieder, doch dann dürfen die Tage ruhig etwas länger sein und die Natur etwas erwachter.

Eine kleine Segelgeschichte

Abfahrt

Die erste Probefahrt mit der SeeQ

Angefangen hat alles im Kormoran. Jenem kleinen Fisch-Restaurant in Lauterbach auf Rügen, nahe den Schwimmenden Häusern. Wir saßen direkt unterhalb eines großen Bildes, das ein Segelschiff in stürmischer See zeigt. Passender Anlass für ein paar Worte über die Faszination des Segelns und darüber, dass in Lauterbach regelmäßige Kurse stattfinden, die das Segel-ABC innerhalb einer Woche vermitteln.
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Vietnam: Cu Chi – vom Leben unter der Erde

Ende der 1960er Jahre spielten sich hier die entscheidenden Kämpfe im Vietnamkrieg ab. Heute pilgern Tausende von Besuchern aus aller Welt zu den Tunneln von Cu Chi.

„Die Amerikaner verzweifelten daran, dass der Gegner für sie unsichtbar war“, sagt Dung Cheng. „Da halfen auch die modernsten Waffensysteme nicht“, bemerkt er stolz. Und er weiß wovon er spricht. Als knapp 20-jähriger kämpfte Dung auf Seiten der Vietcong gegen die US-Streitkräfte. Wenn er heute deutsche Touristen über das Terrain führt, wird die Erinnerung immer ein Stück lebendig. Dungs Stimme verändert sich, sein Blick verrät Trauer. Nach einer kurzen Pause erzählt er weiter. Davon, wie er und seine Mitkämpfer damals überlebten.

200 Kilometer umfassendes Tunnelsystem

„Wir lebten unter der Erde“, sagt Dung, „teils monatelang.“ In den Tunneln rund 40 Kilometer nordwestlich von Saigon, dem heutigen Ho Chi Minh City gelegen, entstand ein gigantischer unterirdischer Lebensraum. Hier wurde geschlafen, gekocht, gearbeitet, versammelt und operiert. Dank des lehmigen festen Bodens sei das weit verzweigte Netz von Wegen immer weiter ausgebaut werden – bis zu 200 Kilometer erstreckte sich das System aus 80 Zentimeter hohen und 60 Zentimeter breiten Röhren. „Und wir haben an alles gedacht“, bemerkt der heute 61-Jährige Dung. An den Rauch in den Küchen, der zerstäuben sollte, damit er die Stellungen nicht verrät. An die Eingänge, die mit Falltüren verschlossen und getarnt waren. Hinter Attrappen verbargen sich dort angespitzte Bambusrohre, die Eindringlinge aufspießen konnten. An die Wasserversorgung, die durch alle zwei Kilometer errichtete Brunnen organisiert war. „Durch Klapptüren, die mit Laub und Gras bewachsen waren, gelangten wir nach draußen.“

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So eng ist der Einstieg in die Tunnel von Cuchi

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Der Strandkorb: Vom Waschkorb zum High Tech Cockpit

Er gehört zu Deutschland wie das Auto, das Bier und das dunkle Brot. Aber ein Exportschlager ist er deshalb nicht. Im Gegenteil: er wird heute zu großen Teilen aus Vietnam und Indonesien importiert. Und trotzdem bleibt er des Deutschen liebstes Stück.

Besonders in einem Sommer wie diesem ist er Gold wert. Egal ob bei böigem Wind, gelegentlichen Schauern oder plötzlichen Gewittern – der Strandkorb bietet Schutz. Mehr noch: Er ist eine kleine Oase der Ruhe und Abgeschiedenheit. Jeder kennt die Bilder vom deutschen Nord- und Ostseestrand: wenn die Sonne vom blauen Himmel scheint, lümmelt der deutsche Urlauber sorgfältig eingeölt umgeben von einem Meer aus Zeitungen und Zeitschriften, ausgestreckt und selbstzufrieden in seinem kleinen Rückzugswunder. Er genießt den eigenen Schatten und die Windstille, hört in der Ferne das Meer rauschen. Und nimmt wie aus einer anderen Galaxy das Geschrei der Kinder beim Burgen- und Deichbau wahr. Bei durchwachsener Witterung klammert er sich an sein Buch oder sucht von seinem Korb aus den Horizont nach Schiffen ab und überlässt sich seinen Träumen.

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Soweit das gewohnte Bild. Doch es gibt immer weniger Strände, wo man des deutschen „liebtes Kind“ mit dem Stempel „Made in Germany“ bewundern kann. „Bei dem Geschäft lohnt es sich kaum noch“, klagt Andreas F. vom Strandkorb-Verleih auf der Insel Usedom. Die Gewinnmarge werde immer kleiner, vor allem wenn der Sommer seine Kapriolen schlägt, gesteht der Usedomer. Auf der Ostseeinsel stehen sie aber noch, mal kreuz und quer, mal in Reih und Glied – die Körbe der Strandkorbmanufaktur Heringsdorf, jener ältesten Strandkorbwerkstatt, die 2007 auch durch den G8-Strandkorb in Heiligendamm auf sich aufmerksam machte. Weiterlesen