Archiv der Kategorie: Menschen & Regionen

Chioggia – Juwel vor den Toren Venedigs

Nur 25 Seekilometer von Venedig entfernt liegt eine kleine Hafenstadt, die gerne „klein Venedig“ genannt wird. Dabei ist sie doch so anders als die weltberühmte Schwester. Ein Besuch lohnt sich, besonders im Frühling.

Am frühen Abend füllen sich Tische und Stühle der Bars und Restaurants entlang des Vena-Kanals. Manche stehen im Schutz der Arkaden, andere ganz dicht bei den Bootsanlegern. Ein Aperitif nach dem anderen geht über die Theke, genau das richtige Getränk um das nahende Wochenende einzuleiten. Es wird erzählt, gestikuliert und viel gelacht – in Chioggia sind die Kanalufer das Wohnzimmer des Ortes. Hier schlägt das Herz der kleinen Schwester von Venedig. Ein ganz anderer Pulsschlag als er in der berühmten Lagunenstadt herrscht, wo sich täglich Scharen von Touristen durch die Gassen wälzen.

In Chioggia ist die Anzahl der Touristen, die sich hierhin verirren, überschaubar. Eine Handvoll vielleicht und die verhalten sich anders als die Massen. Die lieben diesen beschaulichen und etwas bescheideneren Ort mit seiner vorzüglichen Gastlichkeit. Schon die Unterkunft in einem kleinen inhabergeführten Hotel hat besonderen Charme – hilfsbereit, fast fürsorglich und wohltuend unkommerziell. Das Frühstück ist mit viel Liebe zubereitet und schnell kommt man mit den wenigen Gästen ins Gespräch. Auf diese Weise erfährt man die besten Tipps bei Cappuccino und Croissant. So etwa, in welchen Gassen man die besten einheimischen Restaurants findet oder wo sich nach Mitternacht noch ein Absacker trinken lässt. Wer sich drauf einlässt alles auszuprobieren, braucht sicher mehr als einen Abend – so reichhaltig ist das Angebot.

Ideal ist der Standort auch deshalb, weil sich von hier aus sehr gut die Region erkunden lässt. Morgens nimmt man das Schiff und fährt in gut anderthalb Stunden bis zum Markusdom und erfreut sich auf der Lagunenpassage an der Watt- und Inselwelt. Am späten Nachmittag erholt man sich vom vielseitigen Kulturgenuss Venedigs, verarbeitet die vielen Eindrücke am Oberdeck der Fähre und freut sich auf die Ankunft in Chioggia, das auf Holzpfählen erbaut wurde und mit einer Steinbrücke mit dem Festland verbunden ist.

Will man einen Strandtag einlegen, läuft man die Via Roma in Richtung Sottomarina und genießt den langen Sandstrand mit seinen vielen Cafés und Restaurants. Besonderes Highlight sind die Trabucchi, die am nördlichen Ende des Strandes, beim Hafeneingang auf Felsen errichtet sind. Dabei handelt es sich um Pfahlbauten, die dem Fischfang dienen. Charakteristisch für ein Trabucco ist ein großes rechteckiges Netz, das gleichmäßig horizontal abgesenkt und nach einiger Zeit wieder heraufgezogen wird. Wie auch andernorts dient eines der Trabucchi in Chioggia als Fisch-Restaurant, mit einem grandiosen Ausblick auf die Adria.

Ein Besuch in Chioggia ist wie ein Eintauchen in die Welt der Lagune. Man versteht die geographische Lage und ihre Einzigartigkeit, man ist ganz nah dran am Leben der Menschen und man lässt sich Verwöhnen von der Kochkünsten der Einheimischen, und das zu akzeptablen Preisen.

Grenada: Muskat, Rum und eine Münchnerin

Sie gehört zur südlichen Gruppe der kleine Antillen, liegt nördlich der venezolanischen Küste und so mancher verbindet sie mit der Invasion der US-Marines in der 1980er Jahren. Heute ist die karibische Insel ein Paradies für Touristen, die auf der Suche nach dem ganz besonderen Spirit sind. Auf Grenada werden sie fündig.

An jenem Donnerstag vor 19 Jahren hätte sie am liebsten alles wieder rückgängig gemacht. Doch der Weg zurück war kaum noch möglich. Zuhause hatten Andrea Gerstmann und ihr Mann alle Brücken abgebrochen. Also blieben sie in Grenada, auch wenn 85 Prozent aller Gebäude auf der Insel beschädigt, und die Infrastruktur des Landes verwüstet war. Kurz nach dem Hurrikan Ivan, der am 7. September 2004 über die Antilleninsel hinwegfegte und ein Chaos hinterließ.

„Die Einwanderungsbehörde war zerstört“, erinnert sich Andrea Gerstmann. An eine geregelte Einreise war nicht zu denken. Und trotzdem gab es da etwas in den beiden Auswanderern, das ihnen sagte: „Macht weiter, es kann nur besser werden.“ Und so kam es auch. Heute leben die beiden auf der kleinen Nachbarinsel, Carriacou, in ihrem eigenen Häuschen direkt am Meer, sind bei der heimischen Bevölkerung hoch angesehen und haben den Schritt, in die Karibik auszuwandern keinen Tag bereut. „Ich wollte schon immer am Wasser leben, heute nehme ich jeden Tag ein Bad im Meer“, schwärmt die 65-Jährige und schneidet weiter das Gemüse für die Touristen an Bord des gecharterten Katamaran. Ein Job, für den sie sich gelegentlich als Köchin anheuern lässt. Sie freut sich dann besonders über deutsche Gäste. Ein „Servus“ erinnert sie an ihre Heimat München, dann wird es wach – das Heimweh. „Vor allem nach der Kultur“, sagt sie.

Zwar hat sie auf dem Archipel keine Pinakothek, keinen Opernsaal, kein Kabarett oder Theater in der Nähe, aber sie hat die Natur und die Menschen. Und das spürt der Insel-Besucher auf Schritt und Tritt, wenn er das kleine 33 x 19 km große Eiland erforscht. Ob an den einsam gelegenen Palmen gesäumten Stränden mit feinem weißen Sand, dem Regenwald mit seiner Dichte tropischer Pflanzen oder an den alten Produktionsstätten für Muskat, Kakao oder Rum – überall wird der Gast mit fröhlicher Neugier empfangen.

Der Katamaran ankert in einer kleinen Bucht, Schnorchel, Flossen und Unterwasserkamera werden klar gemacht und schon lässt sich die vierköpfige Gruppe ins warme karibische Meerwasser gleiten. Auf der Suche nach den Unterwasserkunstwerken des Briten Jason deCaires Taylor, die hier in der Moliniere Bay vor der Küste im Nordwesten der Insel zu bewundern sind. Insgesamt 65 Figuren verteilt auf einer Fläche von 800 Quadratmetern. „Man kann sie von der Wasseroberfläche aus gut sehen“, sagt Andrea Gerstmann. „Denkt dran, es sind nicht nur um Kunstobjekte“, hatte Skipper Garnet Williams den Tauchern mit auf den Weg gegeben. Ihm ist es wichtig, das die Underwater Art dazu beiträgt, das marine Ökosystem wieder herzustellen. Meerestiere und -pflanzen können sich auf den Skulpturen absetzen – so soll neues marines Leben entstehen, hofft der Skipper. Nach und nach kehren die Schnorchler zurück. Sie sind sprachlos und glücklich zugleich. Die Eindrücke waren noch überwältigender, als Ihnen Skipper und Köchin im Vorfeld erzählt hatten.

Red Snapper wird an der Straße zubereitet

Jetzt wäre Zeit für frischen Fisch und Salat. Essen und Trinken stehen bei den Einwohnern von Grenada ohnehin ganz oben auf der Liste. Die kreolisch geprägte Küche mit ihren Feinheiten ist in jedem noch so kleinen Restaurant zu genießen. „Einfach, gemüsereich und gesund“ schwärmt Garnet in höchsten Tönen.

Doch bevor eine Mahlzeit winkt, wird die Insel vulkanischen Ursprungs per Bus erkundet. Es geht hinauf ins Innere der Insel, wo unterhalb des 840 Meter hohen Mount Saint Catherine zahlreiche kleine Flüsse entspringen und Wasserfälle sprudeln. Die serpentinenreiche Straße ist gespickt mit arbeitenden Menschen, die die Straßenchaussee säubern und neu bepflanzen. „Ein staatliches Programm um Arbeitslose zu beschäftigen“ sagt Roger, der Busfahrer und Guide in einer Person. Er scheint ohnehin jeden auf der Insel zu kennen. Er wechselt ein paar Worte mit Fischern am Straßenrand, die gerade einen Red Snapper ausnehmen und für den Verkauf an der befahrenen Straße präparieren. Oder bei Charlies Bar, wo ein Besuch Pflicht ist. Denn Charlie führt nicht nur eine Bar, er hat vis-a-vis ein riesiges Kunstwerk aus Reifen entworfen. Gestrichen in den Nationalfarben des Landes und versehen mit Sprüchen, die liebevoll den Inselstaat charakterisieren.

Schokoladenprobe

Nach dem Bezirk Saint Patrick nähern wir uns Saint Andrew, der sogenannten „Foodbasket“ der Insel, wie sie Roger nennt. Die Kornkammer Grenadas, nur, dass das Korn die vielen tropischen Früchte sind, hinzu kommen Zuckerrohr und Muskat, das Hauptexportprodukt Grenadas und Symbol der Landwirtschaft des Archipels. Außerdem gedeihen Zimt, Gewürznelken, Ingwer und nicht zu vergessen – die Kakaobohne. Zu Besuch in einer der ältesten Kakao und Schokoladenfarmen der Landes: In kleinen Schalen kann jeder seinen Gaumen testen, welcher Kakaoanteil der richtige für ihn ist, bis 100 Prozent Kakaoanteil reicht das Angebot. Versetzt mit Ingwer oder Muskat ergibt sich eine ganz eigenwillige Geschmacksrichtung. Es ist eine kleine Fabrik, mit überschaubarem Volumen, aber auch hier wie überall auf dem Eiland: die Menschen wirken glücklich, sind stolz auf ihre Arbeit und freuen sich über das Interesse der europäischen Gäste.

Auf der Weiterfahrt kommen uns Männer mit Macheten entgegen. Sie gehen am Wegesrand entlang, erschöpft von der langen Arbeit auf dem Zuckerrohrfeld. Schon früh in den Morgenstunden hat ihr Job begonnen, jetzt freuen sie sich auf ein Mittagessen. „Mancher Tourist, der unterwegs ist zu den berühmten Wasserfällen im Inselinnern erschrickt, wenn er die Macheten-Männer sieht – sie flößen ihnen Angst ein“, sagt Roger und lenkt schon kurz darauf die Aufmerksamkeit auf einen ganz besonderen Ort. La Sagesse, laut Sunday Times eine der zehn schönsten Strände der Karibik. Und wirklich: Vor uns liegt eine Traumbucht samt Restaurant und 12 Cottages. Mike und Nancy Meranski kamen 1987 auf die Insel und suchten einen Ort, wo sie sich mit ihrer Tochter Julia niederlassen können. Hier fanden sie ihn.

Am Beach La Sagesse

Mike Meranski, der Hochschulprofessor für Kunstgeschichte aus Miami, der auch auf Grenada an der St. George’s University seine Lehrtätigkeit weiter ausübt, hat die Bucht zu einem Urlaubsidyll gemacht – ganz leise, authentisch und ohne Eingriffe in die natürliche Umgebung. Geradezu vorbildlich ist das kleine Paradies, Wer einmal hier war, möchte bleiben. Auch das rosafarbene Herrenhaus, das Lord Brownlow, ein Cousin von Queen Elisabeth in der Mitte der 1960er Jahre erwarb, ist wie ein Versuchung. Nach der US-Intervention von 1983 war es völlig verwahrlost und heruntergekommen. Mike hat es eigens wieder hergerichtet, einst ein altes koloniales Herrenhaus, heute das Domizil von Mike und seiner neuen Lebenspartnerin.

Als wir nach Rum-Destillerie und Muskatnussfabrik den Hafen von St. George erreichen, wollen wir zurück an Bord und bei reichlich Fisch und Rumpunsch alle Erlebnisse loswerden und Andrea sagen, wie richtig es doch war, ausgewandert zu sein. Mancher von uns würde ihr am liebsten nacheifern. Aber nicht jeder hat die Kraft sich in der Fremde durchzubeißen, erst recht nicht, wenn das vermeintliche Paradies vom Hurrikan verwüstet wurde.

Grenada im Überblick

  • Klima: mild tropisch maritim
  • Beste Reisezeit: Beste Zeit für einen Besuch auf Grenada ist während der Trockenzeit, also von Januar bis Mai. Zwar kann es auch dann regnen, insgesamt fällt aber deutlich weniger Niederschlag als während der Regenzeit (Juni bis Dezember).
  • Größe: 344 qkm (davon Hauptinsel 310 qkm)
  • Hauptstadt: St. George’s (etwa 34.000 Einwohner)
  • Landessprache: Englisch
  • Religion(en), Kirchen: überwiegend christlich (64% Katholiken, 22% Anglikaner, daneben Methodisten, Presbyterianer, Baptisten)
  • Staatsform / Regierungsform: Konstitutionelle Commonwealth-Monarchie, parlamentarische Demokratie
  • Unabhängigkeitsdatum: 7. Februar 1974

Einmal Rab, immer Rab – nur ein Spruch von Fans?

Viele Besucher kehren immer wieder. Selbst wenn sie schon mit ihren Eltern Jahr für Jahr auf der Insel waren, setzen sie diese Tradition fort und geben sie an ihre Kinder weiter. Warum ist das so? Was macht Rab so besonders? Versuch einer Annäherung.

Wir reisen erst zum zweiten Mal auf die Insel, mit der Fähre von Stinica nach Misnjak, in knapp 20 Minuten erreichen wir unser Ziel und selbst die Fähre um 22 Uhr ist an diesem lauschigen Juniabend noch sehr gut besetzt. Sobald das Schiff angelegt hat, preschen die Autos, Busse, Wagen mit Bootsanhägern aus dem Bauch des Fährdampfers auf die Insel, hin zu ihren individuellen Zielen. Wir werden von Mirjana erwartet. Eine kleine Ferienwohnung mit Terrasse, Garten und Pool soll die nächsten 10 Tage unser Zuhause sein. Trotz vorgerückter Stunde begrüßt uns Mirjana zusammen mit ihrem Mann liebevoll und herzlich, fragt nach dem Verlauf der Reise und geleitet uns zur Wohnung. „Vorsicht, hier kreuzen unsere Schildkröten den Weg“, sagt Mirjana schmunzelnd in gebrochenem Deutsch und zeigt auf eine kleine Schranke auf dem Weg in den Garten.

Mirjana und ihr Mann Jože an einer ihrer Lieblingsstellen im Garten

Kurz darauf stehen wir auf der Terrasse, die umgeben ist von einem Zitronenbaum und weiteren blühenden Pflanzen, in der Mitte ein Tisch mit zwei Sesseln und einer Bank, von wo der Blick direkt auf Garten und Pool wandert. Wir sind sprachlos. Der Anblick ist überwältigend. „Ein Hibiskustee wäre doch jetzt genau das richtige“, schlägt Mirjana vor und lässt uns erstmal allein mit unserem vorübergehenden Zuhause.

Derweil inspizieren wir Küche, Schlafzimmer, Bad und was sich sonst noch findet in der ca. 55 Quadratmeter großen Wohnung. Jede Menge Details schmücken die Wohnung und zeigen, dass Mirjana ihre Ferienwohnungen (sie hat noch weitere in ihrem großen Haus) mit viel Sinn für Gestaltung und Dekoration ausgestattet hat – wir sind begeistert und entdecken mehr: Eine hervorragende Matratze, ein kuscheliges Bad mit Naturfliesen – rundum eine Atmosphäre zum Wohlfühlen. Keine 10 Minuten später erscheint Mirjana mt einem Tablett, auf dem sie uns Tee mit Honig, Nüsse und Pätzchen anbietet. Ihre warme herzliche Art gibt uns gleich das Gefühl, schon immer hier Zuhause gewesen zu sein. „Morgen um 11 Uhr erzähle ich Euch mehr“, sagt Mirjana, die auf der Insel geboren wurde, und verabschiedet sich mit einem Gute Nacht.

Nach der Einführung durch Mirjana ist die Landkarte der Insel voll mit Hinweiskreutzchen. „Dieser Weg ist wunderschön, dort kann man gut essen, das ist meine Lieblingsbucht“, zählte unsere Gastgeberin all die Highlights ihrer Insel auf, nein, sie legte sie uns ans Herz. Man spürte, wie wichtig es ihr war, dass wir möglichst viele Eindrücke von der Insel sammeln und mitnehmen können. Und vielleicht zu denjenigen gehören werden, die irgendwann sagen werden: Einmal Rab, immer Rab. Dass uns die Insel anzog, hatten wir ja schon bei unserem ersten Besuch vor fünf Jahren erfahren, doch uns fehlte damals die Lust zu entdecken, wir wollten einfach ausspannen. Und: es gab niemanden wie Mirjana, die uns mit wertvollen Tipps versorgte.

Keine Frage, die Insel ist schön und äußerst abwechslungsreich: der morgendliche Gang zum Steg mit dem ersten Bad in der Adria, die Entdeckung traumhafter Buchten mit einladendem türkisblauem Wasser, der Blick zu den Segelbooten auf ihrem Törns durchs Revier der Kvarner Bucht, der Besuch eines verwunschenen kleinen Restaurants mit köstlichen einheimischen Speisen oder die Strandpromenade, die unterhalb der Altstadt von Rab Stadt beginnt und bei der Sandbank beim Kloster der heiligen Euphemia endet. Die Liste all der sehenswerten Orte und Stätten ließe sich unendlich weit fortsetzen, doch dies allein klärt nicht das Geheimnis von Rab und beantwortet vor allem nicht die Frage, warum es viele Besucher jahrein, jahraus auf dieses Eiland zieht.

Am besten erklärt es wohl ein typischer Tagesablauf, wie er sicher von vielen Besuchern so oder ähnlich gelebt wird: Nach Sonnenbaden, Standup Paddling oder der Lektüre eines Buches beim Dauergrillen der Zirpen in einer der unzählig malerisch schönen Buchten, nimmt man das Wassertaxi für 3 Euro pro Person und fährt in die Hauptstadt Rab, flaniert durch die engen Gassen, nimmt einen Eiscafé, beobachtet das rege Treiben und landet irgendwann in einem der vielen Restaurants, wo sich bei frisch zubreitetem Fisch und heimischem Weißwein der Tag beim Sunset ausklingen lässt.

Bei der Rückfahrt starrt man auf die entgegenkommende Fähre und freut sich darauf, bald wiederzukokmmen

Ja, es ist diese Mischung aus beeindruckender Natur mit viel Spaß an Land wie auf dem Wasser, jeder Menge Kultur und historischer Architektur, einem Hauch Stadtleben mit Shopping und Verwöhnprogramm und das alles immer sehr bodenständig, nicht abgehoben, kein Jet Set, eher unaufgeregt und nie in Massen. Und das besondere: man hat das Gefühl, Teil des ganzen zu sein. Nicht nur ein Gast, der bald wieder geht. Oder um es mit Mirjanas Worten zu sagen: „Ich möchte gerne etwas mitbekommen von meinen Gästen, nicht nur deren An- und Abreise“, und dafür tut sie sehr viel und das seit mehr als 50 Jahren. Einmal Rab, immer Rab – daran hat sie großen Anteil.

Einmal Rab, immer Rab – ein Update von Juni 2024

Ja, wir haben es wieder getan. Das Fernweh – oder war es doch Heimweh – hat uns auch in diesem Jahr wieder nach Rab geführt, wieder zu Mirjana in ihr schönes Haus, aber diesmal in eine andere Wohnung. Groß und geräumig, geschmackvoll und mit viel Liebe zum Detail fühlen wir uns auch hier sofort heimisch. Das Highlight: eine große Terrasse mit Blick auf das Meer und in der Ferne sieht man die malerische Altstadt von Rab. Eine Terrasse, bei der die alten Säulen an der Frontseite noch erhalten sind – das macht diesen Ort noch authentischer.

Ruzica Ribaric zeigt im Etno-Museum „Kuća Rabske Torte“, wie die traditionelle Mandeltorte, die anlässlich eines Papstbesuches auf der Insel im 12. Jahrhundert von Benediktiner Nonnen erfunden wurde, gebacken wird.

Das besondere an unserem zweiten Besuch bei Mirjana war, dass wir dieses Mal viel mehr erfahren konnten über die Insel. Bei einer „rabska torta“, der traditionellen Mandeltorte mit türkischem Kaffee und einem einheimischen Likör erfahren wir von den Veränderungen, die sich im Laufe der Zeit ergeben haben. Natürlich seit den politischen Umwälzungen nach dem Jugoslawien-Krieg, als viele Einheimische die Insel verlasen haben, aber auch seit Corona. Viele kaufen Immobilien und leben den größten Teil der Jahres auf Rab, mittlerweile ist Mirjanas Haus umgeben von neuen Nachbarn, wie sie sagt. Neben dieser hohen Attraktivität für ausländische Immobilienbesitzer, gibt es aber auch weitere sichtbare Veränderungen. Wie etwa an unserer Lieblingsbadestelle in Sua Punta, wo ein riesiger neuer Hotelkomplex entsteht, der erwartbar eine andere Form des Tourismus auf die Insel bringen wird. Gut, dass es bei Mirjana und ihrem Mann Jože so bleibt, wie es ist. Das schätzen auch die vielen Gäste aus verschiedensten Ländern. Wir sehen einige wieder, die auch im letzten Jahr dort waren und schon teils seit zwölf und mehr Jahren Stammgäste sind.

Das Wassertaxi erfreut sich großer Beliebtheit.

Wir werden im kommenden Jahr wieder dabei sein, dann probieren wir mal den September aus. Zwar sind die Tage dann kürzer, dafür aber viele Früchte reifer. Der Countdown für die nächste Rab-Visite läuft ….

Kroatien: Die singenden Fischer von Rovinj

Sie pellt sich heraus und will das St. Tropez Kroatiens werden – doch Rovinjs wahrer Flair entstammt ihrer Geschichte – besonders spürbar in der Fischertradition.

Josip und Nikola haben soeben ihre flachen Batana-Boote um die Spitze der Altstadt gelenkt –  jene weltweit einzigartigen hölzernen Fischerboote aus Rovinj. Jetzt versorgen die beiden Fischer ihre Passagiere mit hausgemachtem Rotwein und Gebäck aus der Region. Unweigerlich wandert der Blick der Gäste auf die Silhouette der Altstadt mit ihren eng aneinander liegenden Häusern und den schmalen Gassen, die auf die auf einem Hügel thronende Kirche Sveta Eufemija, St. Euphemia,  Rovinjs Schutzpatronin zulaufen.

In die Stille hinein stimmt Josip eine Bitinade an, eines jener Fischerlieder, die einst die Arbeit auf dem Meer begleiteten – aus einer Zeit, als die Fischer noch allein vom Fang ihre Familien ernährten. Nikola nimmt die Melodie auf, jetzt singen beide von der Liebe und vom Meer, stellenweise melancholisch, dann sehnsuchtsvoll und stets in italienisch. Weil sie beim Fischfang ihre Instrumente nicht nutzen konnten, entdeckten die Fischer die Kraft ihrer Stimme, die wie ein Chor auf See wirkte.

Josip auf seiner Batana
Josip auf seiner Batana

„Die Stadt hat ihre Fischertradition wieder entdeckt“, sagt Angela, die Fremdenführerin. Vor zehn Jahren habe es kaum noch Batanas gegeben, viele seien mit den Jahren in Schuppen und Hinterhöfen verfault. Inzwischen würden Jahr für Jahr immer mehr zu Wasser gelassen. Dank einiger „Enthusiasten“, denen ein Licht aufging, erzählt Angela. Sie machten den Bewohnern von Rovinj klar, wie wichtig die Boote für das Überleben vieler Familien einst waren. Seither tauchen Batanas aus allen erdenklichen Ecken und Winkeln auf, werden restauriert und zu Wasser gelassen. „Einige nehmen sogar an der alljährlichen Regatta in Venedig teil“, sagt Angela begeistert und weist damit auf die jahrhundertlange Verbindung zu den Venezianern hin.

„Ihr Einfluss wird besonders am istro-veneto Dialekt spürbar“, sagt die quirlige Stadtführerin in perfektem Deutsch. Noch heute ein Dialekt, der selbst in den benachbarten Dörfern oft nicht verstanden wird. Italiener hingegen werden sich in der 15.000 Einwohner zählenden Küstenstadt jederzeit heimisch fühlen.  Die Namen von Straßen und Gebäuden sind zweisprachig und selbst die einheimischen Kinder lernen bereits in der Grundschule italienisch. Ganz zu schweigen von St. Euphemia, die nicht nur den italienischen Besucher sofort an den Campanile in Venedig erinnert.

Istrisch pur ist hingegen ein Strich in der Mitte des feinen kopfsteingepflasterten Marmors, der den Weg vom Hauptplatz hinauf zum Kirchenturm weist. „Eine Markierung, die in allen istrischen Altstädten an der Küste üblich ist“, erklärt Angela.  Doch aufgepasst: Der Weg über den edlen Marmor der Region ist durch die vielen Passanten rutschig wie frisch gebohnertes Parkett. „Da hilft auch regelmäßiges Abrauhen mit der Flex kaum etwas“, gibt die gebürtige Slowenin lächelnd zu.

Kurs auf den Campagnile von Rovinj
Kurs auf den Campagnile von Rovinj

Eher geglättet wird hingegen das Image der Stadt. Der Busbahnhof wurde schon an die Peripherie verbannt und alle neuen Hotels müssen fünf Sterne tragen, so das angestrebte Ideal. Denn erklärtes Ziel der Stadtoberen ist es aus Rovinj das „St. Tropez von Kroatien“ zu machen, bestätigt Angela. Schon jetzt zieht die Küstenstadt mit einer Reihe ausgewählter Festivals und Veranstaltungen internationales Publikum an. Berühmt sind die Kunstausstellungen, die sich im Sommer vom Stadttor bis zur Kirche durch die Gassen mäandern, die Foto und Barock Days und das Fest des Heiligen St. Lorenz: „Ganz ohne elektrisches Licht, nur von Fackeln und Kerzen erleuchtet, präsentiert sich dann die Stadt“, strahlt Angela begeistert. Und wer glaubt Rovinj blüht nur im Sommer auf, der irrt, meint die werdende Mutter. Dank der milden Winter spielt sich das leben auch im Winter auf den Plätzen und Gassen ab.

Doch sein wahres Gesicht zeigt Rovinj besonders an den „Abenden der Fischertradition“, wenn die Stadt sich am Hafen versammelt und beim Stapellauf den Bau von Batanas feiert. Wenn Netze, Reusen und Körbe geflickt und geflochten werden und die Menschen ihre Herkunft zelebrieren. Dann wissen sie, was sie den Fischern zu verdanken haben.

Mehr Information

Das Haus der Batana (Museum)
Infotelefon: 805-266; 098/923-4505; 091/505 83 02
E-Mail: batana@rv-batana.htnet.hr

Kroatische Zentrale für Tourismus
Hochstr. 43
60313 Frankfurt am Main
Tel: 069/238 53 50
E-Mail: info@visitkroatien.de

Anreise:
Flug mit TuiFly und Air Berlin von Köln nach Rijeka oder mit Ryan Air ab Frankfurt Hahn bis Pula. Weiter mit dem Mietwagen bis Rovinj.

Übernachtung
Designhotel Lone
Luje Adamovića 31
55210 RovinjKroatien
www.lonehotel.com
www.maistra.com

Münster: Warum der Wochenmarkt das Herz der Stadt ist

Man kennt die „Leetze“ als Aushängeschild für die Fahrradstadt, die Käfige der Wiedertäufer am Lambertikirchturm, den Friedenssaal des Rathauses und sogar die TV-Kommissare der Stadt. Doch eigentlich ist es der Wochenmarkt, der die Westfalenmetropole in besondere Weise prägt. Einmal seinem Flair erlegen, kommt man nicht mehr davon los.

Samstag, 4. Juli 2015. Wenn ich wie heute morgen um halb sieben in aller früh über das Kopfsteinpflaster des Wochenmarktes schreite, überwältigen mich die Erinnerungen an meine Heimatstadt. Schon als Schüler schlug das Herz höher, wenn ich mich dem Platz vorm Dom näherte und bereits aus der Ferne die Rufe der Marktleute hörte, ihre oft witzigen Anpreisungen von Obst, Gemüse, Blumen, Käse oder Kuchen. Immer originell, selten langweilig und die Ware nie zu teuer.

Doch ich verband mit dem Wochenmarkt mehr als nur das reine Marktgeschehen. Das Herz schlug auch höher, weil es ja sein konnte, dass ich sie wieder traf. Meine heimliche Liebe vom Mädchen-Gymnasium. Seit unserem ersten Treffen, rein zufällig entstanden und im benachbarten Cafe Kleimann geendet, hoffte ich sie wiederzusehen. Seither war der Wochenmarkt eine echte Herzensangelegenheit.

Die gute Stube Münsters - der Prinzipalmarkt
Die gute Stube Münsters – der Prinzipalmarkt

Und so war es auch heute, mehr als 30 Jahre später. Immer noch ist es prickelnd – vergangenes vermischt sich mit neuem. Der Wochenmarkt schafft es immer wieder besondere Stimmungen zu erzeugen. Hier entstehen sie, werden gehegt und gepflegt, nehmen ihren Lauf und kehren in irgendeiner Form immer wieder zurück. Ein Magnet, ein wenig Droge. Ein ganz eigener Ort der Begegnung. Man trifft sich, spontan oder verabredet, man redet mit der Marktfrau, mit den Wartenden am Stand, tauscht sich aus, erkennt sich wieder, findet sich neu – damals wie heute.

Eigentlich gehöre ich ja schon lange nicht mehr dazu, und trotzdem bleibe ich immer ein Teil dieses Marktes. Das ist mir heute wieder klar geworden. Vielleicht auch deshalb: Da stand er immer noch – der schon in die Jahre gekommene Käseverkäufer mit seinem verschmitzten Grinsen, der mich einst mit ein paar Scheiben frischem Gouda nach einer Partynacht verköstigte, als wisse er genau, wie es heute um mich bestellt ist. Seine Kinder und Enkelkinder verkaufen jetzt die Käsespezialitäten aus nah und fern. Aber dabei sein wird er weiterhin, weil auch er dazu gehört und stolz darauf ist, Teil dieser einzigartigen allsamstäglichen Szenerie zu sein. Eine Szenerie, die an kaum einem anderen Stand so stimmungsvoll ist wie an diesem. Nirgens ist die Menschentraube so riesig, das Verkaufsgespräch so unkonventionell.

Schon um 6 Uhr öffnet der Münsteraner Wochenmarkt
Schon um 6 Uhr öffnet der Münsteraner Wochenmarkt

Ob beim Reibekuchen-, beim Backfisch-, beim Lakritz- oder beim Kaffeestand – gequatscht wird überall und schnell ist man auf dem neuesten Stand: „Marktschreierei“ sei neuerdings nur noch „in der letzten Stunde“ erlaubt, so wird gemunkelt. Andere schwärmen von den tollen mediterranen Dips, die es natürlich zum Probieren in Hülle und Fülle gleich hinter den Kräuterständen gibt. Und der Capuccino direkt vorm Dom – sein Aroma ist schon ziemlich klasse, da sind sich die meisten einig …

Ich weiß nur eins: Wäre ich bei einem Münster-Besuch nicht dort gewesen, der Besuch wäre nur halb so intensiv. Der Wochenmarkt ist nämlich eine Herzensangelegehenheit.

Das Cafe Kleimann hat nach wie vor Kultstatus...
Das Cafe Kleimann hat nach wie vor Kultstatus…

Hündeleskopfhütte: Vegetarische Berghütte in den allgäuer Alpen eröffnet

Oberhalb des Pfrontener Ortsteiles Kappel liegt die Hündeleskopfhütte, die erste vegetarische Berghütte der Alpen. Die neue Pächterin Silvia Beyer eröffnete Anfang Juni 2015 die Türen zu der neuesten Pfrontener Einkehrmöglichkeit und freut sich auf die erste Sommersaison. Statt Schnitzel, Speck und Wurst kommen hier Spinatnocken, Schlutzkrapfen, Kässpatzn und viele weitere fleischlose Allgäuer Gerichte auf die Teller der Wanderer.

Panoramablick von der Hütte; Foto Pfronten Tourismus

Panoramablick von der Hütte; Foto Pfronten Tourismus


In einer knappen Stunde erreichen Wanderer auf direktem Weg die Hündeleskopfhütte – ein beliebtes Wanderziel, mitten in der Allgäuer Landschaft. „Die besondere Atmosphäre der Hündeleskopfhütte hat mich schon immer angezogen“, schwärmt die neue Pächterin der auf auf 1.180 Meter Höhe gelegenen Hütte. Von allen Seiten ist sie gut zu Fuß zu erreichen und biete ein „phantastisches Bergpanorama von der Voralpenlandschaft bis zu den Allgäuer, Tannheimer und Ammergauer Alpen“ bescheibt die Nesselwangerin Silvia Beyer von ihrer neuen Wirkungsstätte.
Hüttenpächterin Silvia Beyer; Foto: Pfronten Tourismus

Hüttenpächterin Silvia Beyer; Foto: Pfronten Tourismus


„Viele der typischen Allgäuer Gerichte sind traditionell fleischlos, ich biete ganz typische Heimatgerichte aus gesunden Zutaten an.“ Ob die Hütte geöffnet ist, erkennen Besucher an der gehissten Hüttenfahne, die von vielen Punkten im Pfrontener Tal aus gesehen werden kann.

Anlaufstelle für Wanderer, Radfahrer und Rodler
Die Hündeleskopfhütte ist ein Ganzjahresbetrieb, im Sommer legen hier sowohl Wanderer als auch Radfahrer gerne eine Pause ein. Mit dem Drahtesel lässt sich die nur wenige hundert Meter neben einer beliebten MTB-Strecke gelegene Hündeleskopfhütte gut erreichen: Vom Ausgangspunkt in Pfronten-Kappel am Waldseilgarten geht es über knapp zwei Kilometer steil bergauf. Etwa 250 Höhenmeter muss ein Radfahrer bezwingen, bevor die Hütte erreicht ist. Zu Fuß gelangt man nach einer kurzen Wanderung über die gleiche Route zur Hütte.

Eine Spezialität: Der Dinkelzopf; Foto: Pfronten Tourismus

Eine Spezialität: Der Dinkelzopf; Foto: Pfronten Tourismus


Wanderfans finden in der Region zahlreiche Wanderwege. Eine Route führt auf 13 Kilometern vom Pfrontener Ortsteil Kappel über gut 800 Höhenmeter rund um den Edelsberg, hier laden mit der Hündeleskopfhütte nicht nur insgesamt vier Berghütten zur Einkehr ein, vor allem eröffnet sich ein spektakulärer Rundblick auf die Voralpenlandschaft mit den zahlreichen Seen.

Im Winter dient die Hütte zugleich als Ausgangspunkt einer beliebten Rodelstrecke, dann kann der Rückweg der aussichtsreichen Winterwanderroute von Pfronten-Kappel bis zur Hündeleskopfhütte oder noch weiter bis zur Kappeler Alp mit dem Rodel zurückgelegt werden.

Mehr Information
Jan Schubert
Pfronten Tourismus
Vilstalstr. 2, 87459 Pfronten
Tel.: +49 (0)8363-698-38
www.pfronten.de

Frühlingserwachen auf Mallorca ….

Der Frühling ist nach einem langen kalten Winter nun auch auf der Baleareninsel Mallorca ausgebrochen. Emsig arbeiten die Restaurant- und Barbesitzer daran rechtzeitig fertig zu sein, wenn die Saison richtig losgeht. Hier schon mal ein paar Impressionen, die Lust machen auf mehr ….

Die Cala Gat, nahe der Cala Ratjada, benannt nach den vielen Katzen, die rund um die Bucht verstreut sind
Die Cala Gat, nahe der Cala Ratjada, benannt nach den vielen Katzen, die rund um die Bucht verstreut sind
Neuer Anstrich für den Chiringuito in der Cala de Gat ...
Neuer Anstrich für den Chiringuito in der Cala de Gat …
Fischer im Hafen von Cala Ratjada
Fischer im Hafen von Cala Ratjada
Manches Schiff wartet noch auf den Krantermin
Manches Schiff wartet noch auf den Krantermin
Morgenstimmung an der Promenade von Cala Ratjada
Morgenstimmung an der Promenade von Cala Ratjada
Die Cala Agulla ...
Die Cala Agulla …
Die Cafes auf den Plätzen von Pollenca sind vor allem voll mit Radlern, die hiier ihre Pause einlegen
Die Cafes auf den Plätzen von Pollenca sind vor allem voll mit Radlern, die hiier ihre Pause einlegen
Wer die 365 Stufen hoch auf die Spitze des Kalvarienberges in Pollenca steigt, sollte sich eine kleine Stärkung gönnen
Wer die 365 Stufen hoch auf die Spitze des Kalvarienberges in Pollenca steigt, sollte sich eine kleine Stärkung gönnen
Gin Tonic und Eiscafe schmecken in der Hafenbar bereits köstlich
Gin Tonic und Eiscafe schmecken in der Hafenbar bereits köstlich
Die Tapabar im Hafen von Cala Ratjada wartet schon auf erste Gäste
Die Tapabar im Hafen von Cala Ratjada wartet schon auf erste Gäste
Manche Ecken wirken noch etwas verschlafen
Manche Ecken wirken noch etwas verschlafen
Das Meer schafft es fast in die Bar
Das Meer schafft es fast in die Bar
Naturschauspiel ....
Naturschauspiel ….
Die Familie und das Meer
Die Familie und das Meer
Die Bar Sa Cova ist ein Muss - schon wegen der tollen Tapas
Die Bar Sa Cova ist ein Muss – schon wegen der tollen Tapas
Bar Sa Cova mit Tauchschule
Bar Sa Cova mit Tauchschule

Abruzzen: Gitarrennudeln, Wein und eingelegte Köstlichkeiten

Die Landschaft am Fuße des Gran Sasso hält für Genießer so manche Überraschung bereit

Der Blick ist eine wahre Pracht: sanfte Weinfelder wohin man schaut, in der Ferne die Silhouette des Adriatischen Meeres, nach Süden hin durchsetzen Getreide- und Gemüsefelder die fruchtbare Weinlandschaft. Von der Montagna di Maiella her weht eine frische Brise, der majestätische Gran Sasso, mit 2912 Metern höchstes Massiv der Abruzzen, liegt vis à vis. „Kleines Tibet nennen wir den Garten“, sagt Marina Cvetic, „wegen der Stille“, fügt die gebürtige Kroatin und Witwe des im Jahr 2008 verstorbenen Winzers Gianni Masciarelli hinzu. Sie leitet seither mit Tochter Miriam die Geschicke des Weingutes. Es ist der Garten des mittelalterlichen Castello, das der Winzer und Gründer des Weingutes 2005 erworben hat, unweit von San Martino sulla Marrucina gelegen, einem kleinen 800-Seelen Dorf in der Provinz Chieti und zugleich Sitz des Weinguts Masciarelli.

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Der Garten des mittelalterlichen Castello

Wo einst die sizilianische Baronenfamilie Semivicoli die Räumlichkeiten des Schlosses bewohnte, entstand ein exklusives Hotel. Während im unteren Geschoss die Räume der Adelsfamilie unverändert sind und den Besucher in eine vergangene Epoche entführen, sind im übrigen Anwesen die Zimmer üppig restauriert. Es war das Herzensprojekt des Bauherrn Masciarelli, der schon während der Bauphase die Vorzüge und Details des Anwesens hervorhob. Vom Original-Holz aus dem 16. und 17. Jahrhundert, dem klassischen Kamin, den Steinen aus der Region, der in die Wand integrierten Heizung und natürlich dem Yacuzzi – ein idealer Ort, um sich von der umliegenden Landschaft berauschen zu lassen. Das sanierte Schlosses trägt die Handschrift von Masciarellis Vision. Eine Vision, in deren Mittelpunkt die Liebe zu den Abruzzen, die Leidenschaft für gute Weine, eine vorzügliche Küche sowie eine Art gediegener Luxus standen. „Alles Negative sollte vom Gast fern gehalten werden“, so lautete das Credo des Unternehmers. Auch geparkte Autos gehören dazu – sie gehören in die Tiefgarage verbannt.

Ebenso engagiert wie sein touristisches Konzept hat der Abruzzer die Pflege und Erweiterung seines Weingutes seinerzeit vorangetrieben. Mit gerade mal zwei Hektar begann der self-made-man im Jahr 1981 seine Winzer-Laufbahn. Er borgte sich dazu Anteile von seinem Großvater – einem ebenso enthusiastischen Winzer – die er sodann erfolgreich bewirtschaftete. Dabei verließ er sich nicht auf staatliche Fördertöpfe oder EU-Zuwendungen. Zu tief war sein Misstrauen gegen die Politiker.

Gründer Gianni Masciarelli verstarb im Jahr 2008

Gründer Gianni Masciarelli verstarb im Jahr 2008

Mit dem Bus geht es vom mittelalterlichen Städtchen Guardigrele in die nördlich gelegene Provinz Teramo. In allen vier Provinzen der Abruzzen liegen Masciarellis Weinfelder verteilt, der Großteil befindet sich in Teramo und Chieti – zu 70 Prozent Vini Rosso, der Rest Weißwein. Die Produktlinien Masciarelli Classico d’Abruzzo, Villa Gemma und Marina Cvetic sind die bekanntesten und sie bestehen jeden Vergleich: Der reinsortige Montepulciano d’Aruzzo Villa Gemma erhielt bereits die begehrte Auszeichnung „Tre Bichieri“ und wurde im Jahr 2000 schon zum besten Rotwein Italiens gekürt. Ebenso mit „drei Gläsern“ ausgezeichnet wurde der nach seiner Ehefrau benannte rubinrote Montepulciano d’Abruzzo Marina Cvetic, der in 200 bis 400 Meter Höhe angebaut und Mitte Oktober geerntet wird.

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Der Wein begleitet die Natur

Die Reben auf den ausgedehnten Weinfeldern sind meist zwischen zehn und 40 Jahre alt und allesamt in höchst gepflegtem Zustand. Es ist die Mischung aus Leidenschaft und fundierter Sachkenntnis, die Masciarellis Weine auszeichnen und heute von Ehefrau und Tochter in seinem Sinne weitergeführt werden. Apropos Qualität: Sein Qualitätsbewußtsein hat Masciarelli in Frankreich entwickelt – allein sieben Jahre lang lebte er bei Winzern in der französischen Bourgogne. Seither gilt die Devise: „Was ist Wein, wenn nicht die Kunst, die Natur zu begleiten?“ So hat das Weingut Masciarelli damals wie heute höchst aufmerksam den genauen Zeitpunkt für die manuelle Lese und gewählt die zu verarbeitenden Trauben exakt ausgesucht.

SchlossAbendessen

Bei einem Abendessen im Castello lassen sich auch die kulinarischen Vorzüge der Region genießen

Zum Wein gesellt sich die erlesene Küche mit Produkten aus der hiesigen Landwirtschaft. Im Ristorio di Campagna in Colonnella in der Provinz Teramo wird die regionale Kochkunst zelebriert. Den Auftakt machen vier verschiedene Sorten Olivenöl, ebenfalls aus der Produktion des Weingutes – gereicht mit frischem Brot wecken sie den Appetit. Ganz zu schweigen von den Ravioli mit Ricotta und Zimt gefüllt den hausgemachten „chitarrina abruzese“, Gitarrennudeln und dem delikaten Safraneis zum Dessert. Dazu ein Blick auf die sanften Weinberge – und das Glück scheint perfekt.

Mehr Information
Azienda Agricola Masciarelli,
San Martina sulla Marrucina,
I-66100 Chieti,
Tel. 0039/0871/85241/82333,
www.masciarelli.it

Andalusien: Siesta unter Palmen

Maurisches Erbe und christliche Symbole, Fiestas zwischen Feiern und Frömmeln, kilometerlange goldgelbe Strände und Bars mit Wohnzimmercharakter – unterwegs zu den Schätzen Andalusiens.

Warme Luft weht durch die engen, verwinkelten Gassen, Wüstenluft aus der Sahara. Unter den Absätzen klackert der Asphalt, nur noch vereinzelt kommen Passanten entgegen, eine Kirchturmuhr schlägt drei Uhr nachmittags. Aus der Ferne erklingt die schneidende Stimme eines Losverkäufers der staatlichen Blinden¬lotterie. Der süße Duft von Jasmin und Orangenblüten vermischt sich mit dem Geruch von Espresso und hochkonzentriertem Putz¬mittel. Siesta in Ayamonte, einer Kleinstadt direkt an der Grenze zu Portugal und an der Mündung des Flusses Guadiana in den Atlantik gelegen.

Blick auf die Silhouette Cordobas

Blick auf die Silhouette Cordobas

Wie vor zwanzig Jahren hatte ich die Fähre über den Grenzfluss Guadiana genommen, statt, wie neuerdings üblich über die Autobrücke zu fahren. In alten Erinnerungen schwelgend wählte ich die außergewöhnliche Route von Faro an der Algarve, um mit dem Mietwagen in mein geliebtes Andalusien einzureisen. „So erlebe ich am intensivsten den Mentalitätsunterschied“, sagte ich mir. Hier die eher melancholisch und ruhig anmutenden Portugiesen, dort die temperamentvoll-feurigen Andalusier. Der Fluss trennt zwei Welten.

Die Mezquita von Cordoba

Die Mezquita von Cordoba

Der Mittvierziger ist wie immer pünktlich. Um vier vor der Kirche Parroquia del Salvador, so hatte ich es mit Juan Perez Martinez vereinbart, dem waschechten Sevillano und Freund aus gemeinsamen Kölner Tagen. Zusammen wollen wir erkunden, ob die Playa Bolonia, jener Strand an der 250 Kilometer langen Costa de la Luz, der Küste des Lichts, noch immer so goldfarben leuchtet und nahezu unberührt ist wie vor 20 Jahren. Bis zum Küstenstädtchen Isla Christina ist es nicht weit – es ist bekannt für seine hervorragenden Fischspeisen und wie geschaffen für eine erste Rast.

Die Bar gehört zum Alltag der Andalusier

Die Bar gehört zum Alltag der Andalusier

Dass der Fischfang noch heute neben dem Tourismus zu den wichtigsten Einnahmequellen des Pueblos gehört, ist täglich bei der Fischversteigerung in der Fischhalle La Lonja zu bewundern, meint Juan. „Ein besonderes Spektakel“, sagt er begeistert. Doch es sind auch die zwölf Kilometer feiner Sandstrand und das kristallklare Wasser des Atlantiks, die den Ort nahe des Naturparks Marismas de Isla Christina, so attraktiv machen. Vom Chiringuito, der kleinen Strandbar, die es überall an Andalusiens Stränden gibt, wandert der Blick gen Horizont, wo zwei Schiffe Kurs auf die Straße von Gibraltar nehmen.

Die Virgin de .... als Schutzheilige

Die Virgin de …. als Schutzheilige

„Apropos Naturpark“, erinnert sich Juan und verweist auf den nahen Coto Doñana, Spaniens größten Nationalpark und zugleich eines der weltweit wichtigsten Feuchtgebiete. Etwa sechs Millionen Zugvögel legen hier eine Pause ein, wenn sie im Frühjahr und im Herbst ihre Lebensräume in Afrika und Europa wechseln, manche überwintern auch. „Eine einzigartige Landschaft“, schwärmt Juan, der auch zehn Jahre nach seiner Rückkehr in die Heimat nahezu akzentfrei Deutsch spricht. Er erzählt gestenreich, wie alljährlich zu Pfingsten kilometerlange Karawanen aus geschmückten Planwagen, begleitet von stolzen Reitern in andalusischer Tracht, durch Pinienwälder, Korkeichenhäine und Sumpfland bis zu den Wanderdünen ziehen.

Ihr Ziel sei das 500-Seelen-Dorf El Rocío. Zu Ehren der heiligen Jungfrau, die im 7. Jahrhundert in den nahen Sümpfen gefunden worden sein soll, werde dort tagelang gebetet, gefeiert und geflirtet. Zu erleben sind feuriger Flamenco und tief verwurzelter Glaube. „Das alles vor einer Kulisse wie aus einem Western“, ist Juan jetzt ganz in seinem Element.

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Die begehrten Paradores, staatliche Hotelketten, liegen meist im Zentrum vis á vis historischer Bauten

Die Gedanken fließen während wir auf der Autopista del Quinto Centenario, einer Schnellstraße, die 1992 zum Gedenken an den 500. Jahrestag der Entdeckung Amerikas fertig gestellt wurde, in nur einer knappen Stunde bis in die Hauptstadt Andalusiens – nach Sevilla – fahren.

Ich kann es kaum erwarten endlich den Alcázar wieder zu sehen, jenen Königspalast, der auch die kleine Alhambra genannt wird. Auf Schritt und Tritt sind im Palast die Symbole des christlichen Spanien – die Burg und der Löwe – zu sehen, aber ebenso Lobpreisungen Allahs auf kufischen Spruchbändern. Maurische und christliche Symbole vermischen sich, „weil maurische Baumeister aus Granada den Königspalast auf Weisung des christlichen Königs Peter des Grausamen errichtet haben“, weiß Juan, der im Nebenjob als Cityguide deutsche Gruppen durch seine Heimatstadt führt. Für Juan ist es das perfekteste Werk des Mudéjar-Stils, jener Verschmelzung des christlichen Baustils mit der maurischen Baukunst.

Die Alhambra von Granada

Die Alhambra von Granada

Viele der prunkvollen Bauwerke aus der Zeit der maurischen Herrschaft, die im 8. Jahrhundert begann, sind noch heute in ganz Andalusien verstreut, ob ganz berühmt wie die Alhambra von Granada und die Mezquita von Córdoba oder versteckt in Kirchen und Palästen im ganzen Land. Ganz Andalusien ist unter der Herrschaft der Araber kulturell, geistig und wirtschaftlich aufgeblüht. Von allen spanischen Gebieten, welche die Mauren eroberten, blieb Andalusien am längsten in den Händen der Araber. Erst 1492 wurde es im Rahmen der Reconquista von christlichen Herrschern zurückerobert. Für Juan einer der Gründe, warum die Uhren zwischen der Levanteküste im Osten und der Costa de la Luz im Westen anders ticken als im übrigen Spanien.

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Typisch sind die Alcázares, die Prunkgärten

Nicht weit von den Mauern des Alcázar entfernt liegt die Giralda, der 76 Meter hohe Glockenturm der weltweit größten gotischen Kathedrale, dem Wahrzeichen Sevillas und zugleich ein weiteres Beispiel für den Stilmix. Denn das ehemalige Minarett der Hauptmoschee ist bis heute Teil der Kathedrale.

Nach den ersten kultuerellen Leckerbissen ist Zeit für Chocolate con Churros, dem typisch spanischen Gericht zur Kaffeezeit, bestehend aus dickflüssiger Trinkschokolade mit länglichem Krapfen. Die schmecken am besten am Ufer des Rio Guadalquivir vis-á-vis des erhabenen Torre de Oro, dem Goldturm. Und nach einem Gang durch das alte Judenviertel Barrio Santa Cruz und einem Besuch bei den Bauten der Weltausstellung mit dem riesigen Spannarm der Alamillo-Brücke des Stararchitekten Santiago Calatrava, drängt Juan mehr und mehr in sein Wohnzimmer – in die Bar.

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Barmänner sind wahre Künstler hinterm Tresen

Besonders am frühen Abend um acht beginnt die Stunde der Tapas. Das Rinconcillo, die älteste Bar Sevillas aus dem Jahr 1670, nahe der Kirche Santa Catalina gelegen, lädt ein zur ersten Rast. Denn: „Man zieht mindestens in drei bis vier Bars seiner Wahl“, erklärt Juan, „in einer allein bleibt man selten.“ Dicke Schinken hängen von der Decke, rustikale Holzregale mit Whisky, Schnaps und Wein zieren die Wände im Thekenbereich, um die runden Tische aus riesigen Weinfässern stehen jung und alt, Einheimische und Touristen, Handwerker und Juristen. „Una de Espinaca“, ruft einer der vier flinken Barmänner den schwitzenden Kollegen in der Küche zu und schon steht eine kleine Portion, höchstens Untertellergröße – die Spezialität des Hauses, Spinat mit Kichererbsen – bereit.

Bars liegen meist in Sichtweite der Kirchen

„Tapas lenken vom Alkohol ab“, klärt der Camarero, der Barmann auf, „sättigen müssen sie nicht.“ Er addiert flugs die Rechnung mit Kreide auf dem Holztresen und hat stets noch ein offenes Ohr – wahre Artisten in weißem Hemd und schwarzer Hose. Weiter geht’s durch die teils mit Segeltuch überspannten Gassen, die so vor der Hitze schützen, in die nächste Bar – die Bar Eslava nahe der Plaza San Lorenzo. Maite, Juans Frau wartet hier schon mit den beiden Kindern José und Blanca. Die flitzen schon in jungen Jahren zwischen den Gästen hin und her, kennen jeden und fühlen sich hier pudelwohl Küsschen links, rechts und wieder links – das ist so üblich im Süden.„Die Bars gehören zu Sevilla wie die Kaffeehäuser zu Wien und die Kölschkneipe zu Köln“, muss Juan noch los werden. Wenn in der Semana Santa, der Karwoche vor Ostern, Tausende von Menschen Straßenränder und Plätze säumen, erst leidenschaftlich trauern und anschließend wild feiern – dann müsse eine Bar in der Nähe sein. „Ein Grund dafür“, mischt sich Maite ein, „dass die Bars meist in Sichtweite der Kirchen liegen.“

Innerhalb der Alhambra

Innerhalb der Alhambra

Und das ist nicht nur in Sevilla so. Auch in den folgenden malerischen Orten und Städten unserer Reise liegt die Bar vis-á-vis der Gotteshäuser. Den Anfang macht Sanlucar de Barrameda an der Mündung des Rio Guadalquivir in den Atlantik gelegen. Hier wird der Manzanilla, ein trockener mit Alkohol angereichter Weißwein der Region, aus Holzfässern gereicht. Zusammen mit ein paar Gambas al ajillo, Garnelen in Knoblauch, ist der Genuss perfekt. Beim Blick auf die Plaza, wo jung und alt unter Palmen flanieren und jeder mit jedem zu reden scheint, fällt es auch den beiden Entdeckungsreisenden schwer, ihre Tour fortzusetzen.

Doch zu verlockend ist die Aussicht auf die weiteren Juwele Andalusiens. Am nördlichen Zipfel der Bucht von Cádiz liegt Rota, ein verträumtes Fischerdorf, das sich seinen ureigenen Charme erhalten hat. Schon vom Auto aus lockt das tiefe Blau des Ozeans und die Strände halten, was Juan bereits in höchsten Tönen angekündigt hatte. Erstklassige feine Sandstrände, von denen der Playa la Costilla bereits als schönster Strand in Spanien ausgezeichnet wurde.

Die Altstadt von Granada - das Albayzin

Die Altstadt von Granada – das Albayzin

Weniger mit offiziellen Auszeichnungen glänzt Cádiz, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Seine etwa 3000 Jahre alte Geschichte spricht für sich. „Wir nennen es la tacita de plata“, plaudert Juan aus dem Nähkästchen. Das bedeute Silbertässchen und beziehe sich auf seine Lage auf einer Felshalbinsel, die in die Bucht hineinragt um vom Atlantik umgeben ist. Juans kurze Beschreibung muss reichen, die Carretera Nacional verläuft weiter Richtung Süden auf die Ruta de los pueblos blancos, die Route der weißen Dörfer. Für den Andalusier ist es ein Heimspiel. Er hat in Conil de la Frontera eine kleine Wohnung, wo er mit seiner Familie – wie viele Spanier – einen Großteil der Sommermonate verbringt. Bis zu 80.000 Touristen erwecken dann das sonst eher verschlafene 20.000-Seelen Städtchen, das einst vom Thunfischfang lebte.

„Die gekalkten Wände reflektieren die Sonne“

„Überfüllt ist es trotzdem nicht“, erzählt Juan. Wer die kilometerweiten Sandstrände sieht, weiß, dass es stimmt. Mehr noch: Hinter dem kleinen Hafen von Conil liegen die berühmten Felsbuchten von Roche. „Sie wirken verlassen und abgeschieden, sind teils nur über Steintreppen erreichbar, was ihren besonderen Reiz ausmacht“, verweist der kundige Andalusier, den es zum Sonnenuntergang nach Vejer de la Frontera zieht. Wie ein weißer Klecks auf grauem Hintergrund schmiegt sich Vejer an das Felsgestein, neun Kilometer von der Küste entfernt auf einem Hochplateau gelegen. Fast perfekt erscheint das Weiß der Häuser. „Die gekalkten Wände reflektieren die Sonne“, erklärt Juan, „so heizen sich die Wohnräume nicht zu Glutöfen auf.“

In der Markthalle von Malaga

In der Markthalle von Malaga

Die historische Altstadt umgibt eine lange Stadtmauer, unterbrochen von vier Stadttoren und drei Türmen. Ein Bummel durch die engen Gassen führt vorbei an kleinen Läden mit Handwerksarbeiten aus der Region – Leder¬taschen und Schnitzereien in reicher Auswahl. Auf der Plaza de Espana, die früher als Stierkampfarena diente, lockt ein von Palmen umgebener Brunnen zur Rast. Vejer sei nicht nur schön, es heiße auch so, sagt die alte Frau auf der Parkbank mit einem Lächeln: „El pueblo mas bonito“ – das schönste Dorf. Diesen wohlklingenden Titel trage Vejer schon seit 1978, erzählt sie stolz. Zu Recht, denn neben der Schönheit glänzt Vejer auch durch seine lange Geschichte. Einst besiedelten es die Römer, dann kamen die Westgoten bis es über 600 Jahre in maurischer Hand war. Aus dieser Zeit stammt auch das Castillo, die ehemalige maurische Burg aus dem 11. Jahrhundert. Auf dem höchsten Punkt der Altstadt angelegt, bietet sie alle strategischen Vorteile einer Weitsicht auf Küste und Hinterland. Im Jahre 1250 eroberten die Christen Vejer zurück, seither heißt es Frontera, es bezeichnet die damalige Frontlinie gegen die Araber.

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Churros con Chocolate als Spezialiät

Weiter auf den Spuren der maurischen Vergangenheit führt am nächsten Morgen die Straße durch fruchtbares Acker- und Weideland weiter landeinwärts über die ruta de los toros, die Stierroute, nach Medina Sidonia. Entlang der Straße grasen dutzende schwarzer Kampf¬stiere auf sattgrünen Wiesen.

Marktverkäufer in Malaga

Marktverkäufer in Malaga

Wie Vejer wurde die uralte Siedlung Medina Sidonia strategisch auf einem Hügel angelegt, oft war sie umkämpft. Durch das Hufeisentor Arco de la Pastora führt der Weg vorbei an Holz- und Tonwerkstätten zur höchsten Stelle des Ortes: Hier liegen die Reste der einstigen Burg und die Kirche Santa María aus dem 15. Jahrhundert mit ihrem eigenwilligen Stilmix aus Gotik und verspielt wirkender isabellinischer Renaissance. In den Gassen ist es ruhig, kaum ein Tourist scheint Medina auf der Agenda zu haben. Nur aus den vereinzelten Bars dringt das typische Zischen der Kaffeemaschine und die hektischen Stimmen der Gäste. Von den Ruinen der alten Festung schweift der Blick über die ausgedehnten Getreidewiesen – am Horizont flimmert das Wasser des Atlantiks. Wie ein Lockruf für meine Sehnsucht nach Bolonia.

Doch bevor ich den Ozean an meiner Lieblingsstelle wiedersehen werde, verläuft die Tour weiter ins Hinterland der Sierra de Cádiz. Die kurvenreiche Straße windet sich Richtung Ubrique kilometerweit durch Korkeichenwälder – 160.000 Hektar mediterraner Wald erstrecken sich in Richtung Ronda – in die Stadt der Stierkämpfer und Banditen, wie sie genannt wird. Über einer 120 Meter tiefen Schlucht, die der Fluss Guadalévin in die Felsen geschnitten hat, thront sie auf einem Hochplateau. Eine Brücke aus dem 18. Jahrhundert überspannt die tiefe Schlucht. Sie verbindet zugleich die beiden Stadtteile miteinander: Das alte arabische Viertel mit zahlreichen historischen Bauten und dem Königspalast und auf der anderen Seite den Mercadillo, der neuere Stadtteil. Der Blick von der Brücke in die Weite der umliegenden Serrania ist umwerfend, lässt alles andere vergessen. „Schon Hemingway zog es hierher“, unterbricht ein Tourist in breitem US-amerikanisch die meditative Stille, dreht sich um und zeigt auf die Stierkampfarena. „Wohl eine der ältesten Spaniens“, sagt der glühende Corrida-Fan aus den Staaten. und führt die beiden Freunde in die Arena auf den Spuren des alten „Aficionados“ Hemingway.

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„Von der Carretera nach Tarifa geht es irgendwann rechts ab“, so hatte meine Gedächtnis es abgespeichert. Dann führte die Straße durch hügeliges Weideland gen Westen. Hier und da eine kleine Finca, in der Ferne die Ausläufer der Sierra de la Plata und irgendwann folgten die ersten Häuser einer Siedlung – sprudelt es aus meinen Erinnerungen. Juan fährt wie beschreiben – und es ist als wäre die Zeit stehen geblieben: Träge weiden die Rinder auf den flachen, leicht begrünten Dünen. Dahinter türmt sich der Sand zu einem Berg empor, bevor er in einen weiten Pinienwald übergeht. Die Ursprünglichkeit der alten Siedlung nahe den römischen Ruinen von Baelio Claudia, der lang gezogene endlos weite Strand und die Aussicht sind gleich geblieben. Vom Playa aus klettere ich die felsige Landzunge hinauf, und ich bin vom Anblick so ergriffen wie damals: Die nahe Küste Afrikas und die fernen Berge des Atlas senden einen stummen Gruß nach Europa.

Auch das alte Standlokal führt noch immer fangfrisches Thunfischfilet auf der Karte. Selbst Rosa, die Besitzerin kann sich dunkel an damals erinnern. Ein Farbenspiel aus kräftigem Blau des andalusischen Himmels, smaragdgrünem Atlantik und goldgelbem Sand begleitet die Mahlzeit. Rosa spendiert eine Flasche Tinto vom Besten – das hilft der Einnerung auf die Sprünge. Die Schönheit Andalusiens überwältigt – auch nach 20 Jahren.

Mehr Information

Top-Tipp
– Die Mezquita von Córdoba (ca. 120 Kilometer nordöstlich von Sevilla) zählt zu den beeindruckendsten Bauwerken der Welt. Die so genannte Heilige Kathedrale (ehemalige Moschee) ist die bedeutendste Attraktion von Córdoba. Der imposante Bau vereint zahlreiche Stilrichtungen und religiöse Elemente des Islam und der christlichen Kultur.

Restauranttipp
Das „Carmen Mirador de Aixa“ liegt inmitten des historischen Viertels Albayzin von Granada, direkt gegenüber den Nasridischen Palästen der Alhambra. Das Restaurant mit seinem außenliegenden Patio und dem für Granada typischen Ambiente bietet ein anspruchvolles Speisenangebot mit Produkten der mediterranen Küche. So zaubert der Koch etwa Kabeljau vom Holzkohlegrill auf einem Ibérico-Bett oder Entenleberpastete mit Quittengelee. www.miradordeaixa.com

Strände
-„Playa de los Genoveses im Nationalpark Cabo de Gata bei Almeria ist ein 1,2 Kilometer langer Naturstrand
– Playa de Matalascanas nahe des Donana Nationalparks bietet 5 Kilometer langen familienfreundlichen Sandstrand
– Playa de Zahora und el Palmar an der Costa de la Luz. Die kilometerlangen Strände eignen sich hervorragend um die Stille zu genießen, auch ideal zum Kite- und Windsurfen.

Piemont: Auf den Spuren der Savoyer

Im Piemont und seiner Hauptstadt Turin hinterließ die Dynastie der Savoyer vielseitige Zeugnisse ihrer Herrschaft – allein 17 Schlösser gehören zum Unesco Weltkulturerbe.

„Die blauen Trikots der italienischen Fußball-Nationalmannschaft erinnern noch heute an die Savoyer“, stellt Alessandra Palombo klar. Im Zeitraum zwischen 1861 und 1946 waren die Savoyer Italiens Könige – und etablierten königsblau als Farbe ihrer Dynastie stellvertretend für das ganze Land. Daraus sei die weltbekannte „squadra azzurra“, die blaue Mannschaft Italiens entstanden, erklärt die kundige Turinerin.

Doch damit nicht genug. Besonders in der Region Piemont findet man heute Zeugnisse der Savoyer auf Schritt und Tritt. Am auffälligsten ist die markante Achse entlang des Corso Francia in Turin, jener mit 20 Kilometern längsten Prachtallee Europas, die einst von den Römern angelegt und später von den Savoyern weiter ausgebaut wurde. „Sie verbindet das Castello di Rivoli, den Geburtsort der Könige mit dem Palazzo Reale, dem Zentrum der Macht und der Basilica di Superga, wo sie begraben sind“, klärt die Turinerin auf. Ein Aufstieg mit der Zahnradbahn auf den östlich des Stadtzentrums liegenden 700 Meter hohen Hügel hinauf zur Basilica lohnt sich allein schon wegen der fesselnden Aussicht über die Stadt. Hinzu kommt die opulente Ausstattung der Basilica des Architekten Filippo Juvarra. Führungen durch die Grüfte der savoyischen Könige machen die Visite zusätzlich attraktiv.

Arkaden nahe der Piazza San Carlo in Turin

Arkaden nahe der Piazza San Carlo in Turin

Ein Besuch im Palazzo Reale, das vom herzöglichen Architekten Amedeo di Castellamonte erbaut wurde und bis 1865 offizielle Residenz der Savoyer im Herzen der Stadt war, bringt dem Besucher die privaten Gemächer des Königs und der Königin sowie deren Repräsentationssäle näher. Umgeben von prunkvollem Dekor – allen voran der Thronsaal mit seinen königlichen Insignien, den Spiegel- und Gemäldegalerien, den Kristalllüstern, bemalten Kassettendecken und der Sammlung chinesischen Porzellans, fühlt man sich wie in eine andere Welt versetzt. Schließlich durchschreitet man den Salone da Ballo, den Ballsaal mit seinen 20 Säulen, in dem einst bis zu 2000 Personen tanzten. Über die meisterhaft gestaltete Treppe Scala delle Forbici von Filippo Juvarra gelangt man wieder hinaus auf die Piazetta Reale.

Palazzo Reale in Turin

Palazzo Reale in Turin


„Das Castello Rivoli wurde nie ganz vollendet“, sagt Palombo und zeigt dabei auf die Nahtstellen der baulichen Fragmente. Auf einer Moränenanhöhe über dem Suzatal thront das Castello und wirkt wie ein Vorposten der pulsierenden Metropole Turin. Einst bewachte es den Eingang zum strategisch wichtigen Suzatal. „Für die Savoyer war es ein Lebensmittelpunkt“, weiß Palombo, „heute ist es ein Museum.“ Alle drei Monate finden in den Sälen des Schlosses wechselnde Ausstellungen zeitgenössischer Kunst statt. In den mit grotesken Deckenmalereien von Juvarra ausgestatteten hohen Schlossräumen erzielen die neuzeitlichen Exponate ihre besondere Wirkung. Wandteppiche, die einst ein Zeichen von Reichtum darstellten, sowie Vries mit Malereien steigern den Kontrasteffekt noch zusätzlich.

Jedem Besucher wird klar: Die Zeugnisse dieser fast 1000-jährigen Dynastie sind doch weit vielschichtiger als ein blaues Trikot ….

Mehr Information
Piemonte Turismo Srl
Via A. Avogadro, 30
10121 Torino
Tel. +39 011 4326210
www.piemonte-turismo.it

Irland: Ein Abend im Pub

Samstagabend in Lorrha, ein kleiner Ort im County Tipperary. Zeit für den Pubbesuch. The Friars Tavern direkt an der Hauptstraße kommt mit ihren knallroten Türen und den einladenden Bänken vor dem Eingang wie gerufen. Schon beim Eintreten schallt die Musik entgegen. Es klingt wie Country und ist doch irgendwie anders, mit mehr Schwung, ein Hauch von Amy Mc Donald.

Ferienhaus bei Lorrha

Ferienhaus bei Lorrha

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Vom Fischkutter zum Ausflugsboot

Vom Fischfang allein lässt es sich zwar nicht mehr leben aber Eddy Stoll fährt noch immer leidenschaftlich gern hinaus auf die Ostsee. Er ist der letzte Fischer von Bansin.

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Eddy Stoll ist stolz darauf: vor Usedom gibt es Süß- wie Salzwasserfische gleichermaßen

Der Fischkutter liegt auf Holzrollen im Dünensand und steht zum Verkauf. Streichen, schrubben, waten, dann wechselt BAN 7 irgendwann den Besitzer. „Wohl kaum ein Fischer“, meint Eddy Stoll, der als einer der letzten auf Usedom noch regelmäßig hinausfährt aufs Meer. Für die Fischer sei das „nicht mehr finanzierbar“, bringt er die Realität auf den Punkt. „43 Cent pro Kilo Hering reichen einfach nicht aus.“ Die Kapitänsmütze auf dem Kopf, Sonnenbrille und Vollbart, Blaumann und die Stiefel über die Schenkel gezogen, befestigt er ein paar Seile an der Reling und hofft, dass sich ein Liebhaber findet für den edlen Kutter aus Eichenholz, der mit hochwertigen Kupfernieten verarbeitet ist. „Alles Handarbeit“, beteuert Eddy Stoll, „drei Mann haben ein halbes Jahr daran gearbeitet“ Heute sei vielleicht noch ein Viertel des ursprünglichen Kaufpreises herauszuholen, mutmaßt er.

In Bansin liegen die wenigen Fischerboote oben in den Dünen, einen Hafen gibt es nicht. „Es dauert fast einen halben Tag, bis man das Boot im Wasser hat“, sagt der 46-jährige Stoll. Ganze 15 mal müssten die Rollen vorgelegt werden bis man unten ist, dann noch über zwei Sandbänke hinweg bis der Kutter in See stechen kann. „Jeder Handgriff muss sitzen.“ Zu zweit oder zu dritt werde der Kutter bewegt. Allein? Nein, keine Chance. Hier mache man ohnehin alles gemeinsam. Das kennt man nicht anders. Eddy Stoll erinnert sich noch genau, wie zu DDR-Zeiten teils bis zu fünf Tonnen Heringe am Tag in den Netzen hingen. Die Heringe „von den Netzen loszupulen war eine große Nummer. Da hat jeder mitgeholfen“, sagt der Bansiner. Die ganze Familie sei von morgens um vier bis abends um zehn auf den Beinen gewesen.

Eddy Stoll ist Fischer mit Herz und Seele

Eddy Stoll ist Fischer mit Herz und Seele

Heute fischt er ein bis zwei Kisten aus dem Gewässer vor den Kaiserbädern – gerade mal so viel wie die Gaststätten im Ostseeheilbad brauchen, etwa 20 bis 50 Kilogramm. Der Fisch kommt jetzt eher aus Lettland oder aus Weißrussland. „Wo die Preise stimmen“, sagt Eddy Stoll realistisch. „Im Moment fischen wir Flunder und ein bisschen Steinbutt“, erzählt der gutgelaunte Usedomer, der an der Bansiner Strandpromenade ein eigenes Hotel mit Restaurant betreibt. Je nach Wetter fährt er entweder täglich oder alle zwei Tage hinaus. Im Hochsommer, wenn es warm ist, steht Aal auf der Fangliste. Dann geht es nachts um eins raus und um sechs zurück. „Damit der Aal frisch bleibt“, erklärt Eddy Stoll, „Eis gibt’s an Bord nicht.“

Stolz ist der Bansiner Fischer darauf, dass es vor Usedom Süß- wie Salzwasserfische gleichermaßen zu fangen gibt. Die Brackwassereinspeisung der Flüsse Swine und Peene mache hier aus der Ostsee Mischwasser. Das sei zwar nicht so klar, aber dafür sei die Ostsee bei der Oderbank „so türkis wie die Karibik“, weiß der weit gereiste Stoll. Acht Meter tief könne man auf den Grund gucken. „Aber das kennt ja keiner“, fügt er lapidar hinzu. Genauso wenig bekannt ist die „enorme Überpopulation an Kormoranen“, die den heimischen Fischbestand bedroht. Früher habe es vielleicht 20 auf der ganzen Insel gegeben, heute sind es hunderttausende. „Und jeder der Vögel frisst ein Pfund Fisch am Tag.“ Grund seien die milden Winter der letzten 20 Jahre – so konnten die Kormorane überleben. In benachbarten Ländern wie Dänemark habe man Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Kormorane entwickelt. Doch hier hätten die Fischer keine Lobby, merkt Eddy Stoll kritisch an.

Der Kutter steht zum Verkauf

Der Kutter steht zum Verkauf

Das mit den Essgewohnheiten weiß auch kaum einer, spannt Eddy Stoll den Bogen. Jeder glaube, ereifert sich der kräftige Fischer, Italiener und Franzosen seien die Gourmetkönige. „Irrglaube“, hält der Usedomer fest. „Die benachbarten Polen sind es.“ Sie gäben rund 17 Prozent ihres Einkommens für’s Essen aus und seien die wahren Genießer. Die Deutschen hingegen „dümpeln mit gerade mal sieben Prozent dahin.“ Ernsthaft besorgt zeigt sich der Usedomer um die Esskultur seiner Landsleute, bei denen fast food in allen Variationen nach wie vor hoch im Kurs stehe. Fischstäbchen nimmt er dabei ausdrücklich in Schutz. Die würden bereits auf See schockgefrostet, weiß der Experte.
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Sorgen macht sich Eddy Stoll auch um das Aussterben seines Jobs. Das sei für die Urlauber „kein schönes Bild, wenn es keine Boote mehr gibt.“ Fischer zu sein sei eine „Berufung“ und dabei funkelt die Leidenschaft in seinen Augen. Das Gros der Fischer auf Usedom hätte die Kleinkapitänspatente ohnehin an Abendschulen erworben. Jeder habe auch einen handwerklichen Beruf erlernt. Die Eltern hätten dafür gesorgt – sie wussten, was es heißt, wenn die Fischbestände abnehmen. „So kommt ihr trotzdem über die Runden“, war ihre Devise. Eddy Stoll hat Hochbau gelernt.

Jetzt lernt er auch noch Schiffsverkäufer und hofft, dass er einen Liebhaber findet für seinen stolzen Kutter. Vielleicht einer, der ein Ausflugsboot mit Segel draus macht. Die Zeiten ändern sich eben.

Mehr Information
Tourismusverband Mecklenburg Vorpommern e.V.
Platz der Freundschaft 1
18059 Rostock
Tel.: +49 (0)381 40 30-550 Fax -555
www.auf-nach-mv.de

Hotel Dünenschloß, Restaurant Blauer Stein
Eddy Stoll
Strandpromenade 32
17429 Seebad Bansin
Tel./Fax 0049 (0) 38378/30818
eddystoll@aol.com

Myanmar: Fischen wie die Artisten

Das bergige Shan-Plateau im zentralen Hochland von Myanmar ist eine eigene Welt für sich. Rund um den lang gezogenen Inle See lebt das Volk der Inthas – sie bestellen schwimmende Gärten und fischen einbeinig.

Am Steg stehen sie in Reih und Glied und lächeln: Einheimische des Stammes der Pa-O und Palaung mit ihren dunklen Longys und hellen, meist türkisfarbenen Turbanen verabschieden ihre Gäste für den Abend. Die Boote tuckern durch die schwülwarme Luft über den See hin zu einer kleinen Siedlung. Die achtköpfige Gruppe folgt einer Einladung zu einem Fest der einheimischen Bevölkerung. Weiterlesen

Australien: Wenn Süßwasserkrebse ihren Turbo einschalten

In Australiens Outback laufen Krebse für einen guten Zweck um die Wette

In Kürze steht so manches verschlafene Outback-Städtchen von Queensland mal wieder richtig Kopf. Denn einmal im Jahr finden hier eine Reihe skuriller Veranstaltungen statt, die im ganzen Land für Aufmerksamkeit sorgen.

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Der Erlös des Wettrennens geht zum Teil an die Flying Doctors

So gibt der Cherax destructor, ein australischer Süßwasserkrebs, der in down under besser bekannt ist als „Yabby“ und hauptsächlich in Flüssen und Kanälen verbreitet ist, eine Vorstellung der besonderen Art. Am 3. September können Yabbies in einer ungewöhnlichen Umgebung beobachtet werden: auf einem speziell eingerichteten Parcours bei den „Windorah International Yabby Races“ im Outback von Queensland, rund 1.200 Kilometer westlich von Brisbane.

Jeweils zehn Yabbies treten pro Rennen an, von denen jeder einzelne einen Namen bekommt und vor dem Rennen versteigert wird. Die Einnahmen des Abends gehen zu einem Teil an die Gemeinde – ein großer Teil wird an den Royal Flying Doctor Service, einen gemeinnützigen ärztlichen Versorgungsdienst für die Menschen in weniger besiedelten Gebieten Australiens, gespendet. Weiterlesen

Peru: Mit der Delfin II den Amazonas entlang

Links und rechts des Ufers erstreckt sich endlos weit der Regenwald. Dazwischen fließt breit und mächtig der Amazonas. Mit Delfin II auf Luxus-Kreuzfahrt in eine der faszinierendsten Tier- und Pflanzenparadiese der Welt.

Er fühlt sich noch immer als Mann des Dschungels. Stolz zeigt er seine kurze Hose aus Bambus mit Zeichnungen darauf. Seine Hose von damals, bevor er mit 14 Jahren in die USA ging. Er erzählt von den Ritualen seines Heimatstammes, den er bis heute regelmäßig besucht. Doch er begleitet auch Touristen auf der Delfin II, einem Luxusschiff. Er zeigt ihnen die reiche Pflanzen- und Tierwelt links und rechts des Amazonas.

Die Delfin II

Die Delfin II

„Ich liebe den Amazonas“, sagt Jesús Mesia, der Amazonas-Kenner und fügt in perfektem Englisch und Spanisch hinzu: „Ich will die Menschen sensibilisieren für seine Schönheiten.“ Dann wendet sich der Regenwald-Experte wieder der Amazonaskarte auf dem Oberdeck des Schiffes zu, er erklärt die Route des Tages. Sein Zeigefinger wandert von der Hafenstadt Nauta zum Zusammenfluss des Rio Marañon und des Rio Ucayali, dort, wo der Amazonas entspringt und von hier 4.000 Kilometer bis zu seiner Mündung zurücklegt, 700 davon in Peru. Weiterlesen

Lanzarote: Feuerberge im Atlantik

Die östlichste Insel der Kanaren pflegt ihr Image als Kunst- und Kulturinsel. Nicht allein die Kunstwerke Cesar Manriques machen einen Besuch zum Kunstgenuss, auch der Blick auf die Lavafelder in den Montañas de Fuego versetzt den Besucher in eine andere Welt.

„Mensch und Natur in Einklang bringen“, so lautete die Vision von Cesar Manrique. Am besten dokumentiert ist dies am Beispiel der Arbeitsstätte des 1992 verstorbenen Inselkünstlers. In seinem Haus im Lavastrom errichtete Manrique auf mehreren Ebenen eine Wohnwelt inmitten einer durch den Vulkanausbruch geschaffenen Naturlandschaft. Die Architektur des Hauses – sie wirkt endlos, alles scheint im Fluss. Offene Wendeltreppen aus weiß gestrichenem Lava-Gestein verbinden die Etagen. In den so genannten Lava-Blasen schmiegen sich kunstvolle Wohnoasen. Eine rote Sitzgarnitur fügt sich in dunkles Vulkangestein, röhrenförmige Gänge verbinden die einzelnen Räume.

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Vulkanlandschaft im Nationalpark Timanfaya

Manriques Atelier ist heute Sitz der Stiftung Cesar Manrique. Sie soll das Werk Manriques erhalten, erforschen und zugleich verbreiten. Zugleich ist seine ehemalige Arbeitsstätte der Auftakt einer kleinen Kulturreise über die Vulkaninsel. Denn der Einfluss des Künstlers wird überall sichtbar. Gen Norden führt die Route über Teguise, der früheren Inselhauptstadt. Auf jedem kleinen Kreisverkehr thront ein Windspiel. Mal sind es Spiralen mit hütchenförmigen Windblättern, mal rechteckige Windblätter oder runde Metallschaufeln auf einem Turm aus Lavasteinen – je nach wechselnder Stärke und Richtung hält sie der Passatwind in Bewegung. Und irgendwann taucht es auf – das Monumento al Campensino, das Manrique den Bauern der Insel zum Gedenken an ihre harte Arbeit widmete. Weiterlesen

Sierra de Gredos: Unberührtes Kastilien

Abgelegene Dörfer, faszinierende Schluchten und schneebedeckte Gipfel prägen das kastilische Scheidegebirge. Wer die südlichste Alpinlandschaft Europas erkundet begegnet eher Steinböcken als Menschen.

Wie die Kulisse eines Road Movie wirkt die einsame Weite Kastiliens, schnurgerade verläuft die Straße. Mit jedem Kilometer wird das Land schroffer und karger, rötlich schimmert die Erde in der frühen Abendsonne, vereinzelt Gehöfte, ein paar Stallungen, die ersten Ausläufer der 100 Kilometer langen Gebirgskette erheben sich gen Westen. Irgendwann windet sich die Carretera Nacional kurvenreich in Richtung Sierra de Gredos hinauf.

Natur pur und einmalig Stille - das ist die Sierra de Gredos

Natur pur und einmalig Stille – das ist die Sierra de Gredos

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Bergführer Bernd Rost blüht auf

„Früher bin ich mit meiner Frau und den Kindern jedes Wochenende in die Berge gefahren“, sagt Manolo der Taxifahrer. Er kennt sich aus, für ihn ist die Sierra wie ein alter Freund, der einfach da ist. „Die Venta de Rasquilla hat die beste Küche der Region“, verweist Manolo ortskundig und zeigt auf ein Haus am Wegesrand. Bis auf 1600 Meter Höhe steigt die Straße hinauf zum Parador Nacional de Gredos. Rund 60 Kilometer westlich von Avila liegt das älteste Staatshotel Spaniens, eröffnet im Jahr 1928. Meist sind es ehemalige Schlösser, Burgen oder Paläste, gelegen in einer besonders reizvollen Landschaft – inzwischen gibt es mehr als 90 Paradores landesweit. Der mächtige Granitsteinbau im kastilischen Stil ist von Kiefern und Pinien umgeben und gewährt von seiner großzügigen Terrasse einen weiten Blick auf die umliegende Sierra.

Nach einer Nacht in ungewöhnlicher Stille ohne jede zivilisatorische Begleitmusik ist der Wanderer nach einem opulenten Frühstück gerüstet für die erste Bergetappe. Ziel ist der Aussichtsgipfel Torozo auf 2021 Meter Höhe. Die ersten warmen Sonnenstrahlen kitzeln die noch trägen Muskeln, die Luft ist kühl und erfrischend, am Straßenrand ist das gelbe Farbenmeer des blühenden Ginsters ein steter Begleiter.
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Vom Puerto de Serranillos aus beginnen die 450 Höhenmeter des Aufstiegs. Steil fällt das massive Granitgestein der Sierra gen Süden ab. „Ein beliebter Spielplatz für Kletterfans aus Madrid“, erklärt Bernd Rost der Bergführer. Doch jetzt im Frühling verliert sich kaum jemand hierher. Nach gut zwei Stunden Fußmarsch belohnt die einzigartige Aussicht auf die umliegenden Gipfel des Scheidegebirges, besonders auf den schneebedeckten Gipfel des Almanzor auf 2592 Metern gelegen. Zurück führt der Weg hinab zum Puerto del Pico und weiter auf der gut erhaltenen Römerstraße nach Cuevas del Valle. In einer kleinen Bar hinter der Kirche erfrischt ein kühles Bier und lässt den Bergfreund von den Eindrücken des Tages schwärmen.

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Rast in einer Hütte mit traumhafter Aussicht

Am Abend knurrt der Magen bereits um sieben, doch vor neun regt sich auch in Kastiliens Küchen wenig – diesmal macht der Chef eine Ausnahme. Erste Leckereien gibt es für die deutschen Gäste bereits um acht. Die Venta ist schlicht und karg wie die Landschaft. Nach dem Verzehr von jamón iberico und einer reichhaltigen Palette von Käsesorten aus Ziegen-, Schafs- und Kuhmilch steigt die Vorfreude auf den kommenden Gaumenschmaus. „Beim traditionellen Schweineschlachten wird das iberische Schwein mit Eicheln und Kastanien gefüttert“, erklärt der Spanienliebhaber Rost. Es bilde die Grundlage für die typisch regionalen Produkte – etwa Blutwurst aus Burgos, Paprikawurst aus Segovia und nicht zu vergessen die Wildbret-Spezialitäten, schwärmt Rost. Er fühlt sich mittlerweile heimisch in dieser Region, spricht fließend castellano und mag die Art der Menschen. „Am Anfang etwas schroff, aber dann hast Du Freunde fürs Leben“, skizziert Rost.


Das nächstes Ziel ist der Morezón auf 2389 Metern gelegen. Ihm eilt der Titel des schönsten Aussichtsgipfels der Sierra voraus. Der Weg führt zunächst über sanfte grünbedeckte Hügellandschaft mit glasklaren Bächen und kleinen seeähnlichen Tümpeln, Kühe grasen gemächlich und ein sanfter Windhauch umspielt die Nasen der Bergwanderer. Mit jedem Schritt taucht man tiefer ein in die Natur, hört nur noch das Kreischen von Steinadlern und Gänsegeiern, fühlt sich weit entrückt vom Alltag. Über den Puerto de Candelada auf 2009 Metern gelangt man zum verfallenen Refugio El Rey, einer alten Berghütte des Königs Alfonso XIII. Die Brotzeit mit einmaliger Aussicht über die südliche Hochebene beschert überraschende Besucher. Erst zaghaft dann immer mutiger pirschen sich Steinböcke heran und verspeisen Teile der belegten Sandwichs – am Ende fressen sie aus der Hand.

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Eine letzte Stärkung vor dem Aufstieg auf den Galayos-Turm

Hinauf zum Gipfel verläuft der Weg steil und ist mit reichlich Felsgeröll übersät. Umso faszinierender wirkt der einmalige Rundblick vom Morezón auf den Circo de Gredos mit dem thronenden König Almanzor und der unten liegenden grünen Laguna Grande. Umgeben von Granitgestein und den Horizont fest im Blick verlässt man schweren Herzens die erhabene Gipfelromantik.

Am letzten Tag lockt der Aufstieg zu La Mira auf 2341 Metern Höhe. Über verschiedene Vegetationsstufen führt der Weg bei gleichmäßiger Steigung durch die Zyklopenschlucht Los Galayos. Sprudelnde Sturzbäche begleiten den Wanderer. Anders als bei den Etappen zuvor ist von Beginn an der Gipfel im Visier. Im oberen Teil der Schlucht schlängelt sich der Pfad immer steiler empor. Endlich rückt das Felshaus mit seinen grünen Fenstern näher – die letzte Rast direkt unter dem höchsten Galayos-Turm. Eine Brotzeit und der stolze Blick auf die zurückgelegte Wegstrecke präpariert für die kommenden Felsstufen – sie führen zur höchsten Scharte hinauf. Oben angekommen ist die Sicht über die gesamte Kette der Sierra so ergreifend, dass Worte einem nicht mehr in den Sinn kommen.

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Bergreisen mit DAV Summit Club
Tel.: + 49 89 64240 196 (für Europa- und Fernziele), + 49 89 64240 194 (für Reisen in den Alpen)
info@dav-summit-club.de

Beste Reisezeit April bis Juli, September und Oktober

Ostseeförde Schlei: Immer fort entlang am Fjord

Gelbe Rapsfelder, bunte Blumenmeere und sattgrüne Weiden – die Schleilandschaft zwischen Schleswig und Ostsee ist im Frühling ganz besonders schön anzusehen.

Fünfzehn Minuten vor jeder vollen Stunde steht der Verkehr in Lindaunis still. Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer und selbst die Bahn muss warten. Denn dann hebt die Klappbrücke ihr Stahlgerüst und lässt Kutter wie Segelschiffe passieren. Seit 1927 im Einsatz, überbrückt sie hier die Schlei, den flussartigen Schmelzwasserarm, der sich durch eine leicht hügelige Landschaft zwischen Schleswig und der Ostsee schlängelt. Weiterlesen

Wiegenden Schrittes durch die Altstadt

Kurz vor Ostern präsentiert sich der Stiefelabsatz in besonderer Feststimmung. Prozessionen prägen das Bild in den Städten und Dörfern – bis zu 14 Stunden und mehr dauern die Bußmärsche durch die engen Gassen des Centro Storico. Und die Menschen, ob jung oder alt, verfolgen aufmerksam und andächtig jeden Schritt. Weiterlesen

Seebrücke Sellin: „Mich juckt die Linse“

Wenn heute Eis und Schnee die Ostseeküste im Griff haben, droht kaum Gefahr für die berühmte Seebrücke von Sellin. Doch das war vor 90 Jahren ganz anders. Damals bedrohte Packeis die Brücke. Der Rüganer Fotograf Hans Knospe dokumentierte den Einsturz, sein Enkel erinnert sich. Weiterlesen

Fuerteventura: Einsam, endlos, einmalig – die schönsten Strände

Fuerteventura gilt als die Kanaren-Insel mit den schönsten Stränden. Im Norden lang gestreckte Dünen mit hellem, feinen Sand und der Süden mit seinen endlos scheinenden, einsamen Stränden und den verschwiegenen Buchten – für jeden Geschmack ist etwas dabei.

Schon von weitem ist das Tosen und Rauschen der Wellen zu hören. Je näher, umso beeindruckender ist die Kraft der Atlantikwellen mit ihrer weißen Gischt. Selbst Weitgereiste geraten ins Staunen. Die unermessliche Weite und die gigantischen Brecher machen die 15 Kilometer lange Playa de Cofete zu einem der„wildesten Strände des gesamten kanarischen Archipels“, sagt Andreas Caliman.

Brandung Playa Cofete

Brandung Playa Cofete

Braungebrannt, die blonden Haare schulterlang lässt sich seine Leidenschaft fürs Windsurfen leicht erahnen. Der gebürtige Schwabe kennt die Strände der Insel wie kaum ein zweiter. Allein die über 55 Kilometer einsame Westküste ist ihm bestens vertraut. Eine Woche braucht er zu Fuß für die Strecke, auf der man den Kontakt zur Zivilisation verlieren kann. „Stressgeplagte Manager interessieren sich für die Tour“, sagt Caliman grinsend, „endlich mal ohne Handy, nur Wind und Rauschen – Tag und Nacht.“ Er kennt jedes Tal, jeden Berg, jeden Weg. Der Deutsche, der vor 18 Jahren als Tennislehrer auf die Kanaren kam, liebt diese Insel und wird von den Einheimischen als fachkundiger Führer geschätzt. Sich am Playa de Cofete in den ausrollenden Wogen zu erfrischen empfiehlt Caliman, doch vom Schwimmen rät er unbedingt ab. „Die Strömungen sind unberechenbar“, warnt der Inselscout. Zu einem unvergesslichen Erlebnis wird dagegen ein Strandspaziergang durch den feinen Atlantik-Sand.

Weg zum Playa Cofete

Weg zum Playa Cofete

Ebenso unvergesslich ist es, wer sich Cofete über die Berge nähert. Der gut angelegte alte Pilgerweg, auf dem die Majoreros, die Einheimischen Fuerteventuras, alljährlich am 24.Juni zur Fiesta de San Juan, dem Schutzpatron Cofetes pilgern, führt vorbei an Ziegen, Hühnern und Stallungen. Ganze Kolonien der Jandía-Wolfsmilch, cardón de Jandía – das botanische Aushängeschild Fuerteventuras, begleiten den Wanderer hinauf zur Passhöhe. „Bis zum heutigen Tag hat sich in den Bergen von Jandía ein letzter Rest der ursprünglichen Vegetation erhalten“, erklärt Naturfreund Caliman und zeigt nochmals auf die wie ein Kaktus aussehende Wolfsmilch. Nach rund 1,5 Stunden ist die Passhöhe Degollada de Cofete erreicht.

Endlose Weite am Playa Cofete

Endlose Weite am Playa Cofete

Belohnt wird der Wanderer mit einem traumhaften Panorama auf die Weite Cofetes. Nach einer weiteren Stunde Fußmarsch über die stark erodierte Bergflanke der Orejas de Asno gelangt man zum kleinen Ort Cofete – nichts als ein paar Bretterbuden, die heute nur noch während der Wochenenden oder in den Ferien bezogen werden. „Einst war der 1816 gegründete Ort das wichtigste landwirtschaftliche Zentrum im Süden Fuerteventuras“, berichtet Caliman. Noch heute erinnern erodierte Terrassen und Ruinen von Kalköfen an die große Vergangenheit des Ortes.

Ajuy – starke Brandung und etwas Geschichte

Mit dem Auto gelangt man bis hinunter ans Meer. Auch hier brechen sich laut tosend die Atlantikwellen gegen die steilen Klippen der Westküste. Die Gischt spritzt meterhoch. Der tiefschwarze feine Sand und das blaue Wasser bilden einen verlockenden Kontrast. Bunt bemalte Fischerboote, leuchtend weiße, verschachtelte Fischerhäuser und der Fernblick aufs Gebirge: Ajuy ist ein Idyll und kann verzaubern. Aber es ist auch hier eher der Anblick, der fasziniert, Baden im Meer sollte man wegen der starken Brandung vermeiden. Doch eine Rast im Standcafe des Ortes mit seinen landestypischen Speisen versüßt den Aufenthalt allemal.

Playa von Ajuy

Playa von Ajuy

Und ein wenig kann man sich dann vorstellen, wie hier im Jahre 1402 Gadifer de la Salle und Jean den Béthencourt am Lavastrand die Insel betreten haben sollen. Die Eroberer seien den Palmenfluss hinauf marschiert, erzählt Caliman und besiegten Guize und Ayoze, die beiden Könige von Fuerteventura. Danach gründeten sie die Hauptstadt Betancuria mit Puerto de la Peña, dem heutigen Ajuy als Hafen, soweit die geschichtliche Überlieferung. Und wer nach guten Fotomotiven sucht, der klettert rechts vom Strand auf eine Klippe und genießt die Aussicht auf Ajuy und seinen Strand.

Cotillo – touristisches Neuland

Über mehrere Kilometer prägen die weißen Sandstrände und kleinen Buchten südlich des Ortes Cotillo im Norden der Insel das Gesicht der Küste. „Touristisch noch wenig erschlossen“, schwärmt der Strandliebhaber Caliman. Besonders am Abend, wenn die Sonne ins Meer versinkt, entfaltet Cotillo seine ganze Pracht. Die überall verteilten Lavafelsen und Steine wirken bizarr und pittoresk im rötlichen Abendlicht, das Wolkenspiel spiegelt sich im nassen Sand der rückläufigen Brandung. Caliman attestiert Cotillo zudem ausgezeichnete Badequalität. „Die vorgelagerten Felsen schwächen die Brandung ab, so dass keine Gefahr besteht.“ Und Kinder lieben das Gebiet, weil der Strand flach ins Meer abfällt. Auch Anhänger der Freien Körper Kultur kommen hier auf ihre Kosten, eine Strandbar sorgt zudem für das leibliche Wohl.

Strand von Cotillo

Strand von Cotillo

Dünen von Corralejo

Südlich des Ortes Corralejo erstreckt sich das riesige Dünengebiet des Nationalparks Parque Natural de las Dunas de Corralejo auf rund elf Kilometer Länge. Wer sich mit Nordic-Walking-Stöcken auf den Weg macht und durch den hellen, feinen Sand stapft, die Höhen und Senken der Dünen nimmt und sich einen ruhigen Platz für die Rast aussucht, der wird mit einem traumhaften Blick auf die vorgelagerten Inseln Los Lobos und Lanzarote belohnt. Auch für Kinder ist der Strand bestens geeignet. Urlauber, die gern die Sonne gänzlich unbekleidet auf ihrer Haut spüren wollen, haben hier alle Möglichkeiten. „In den kleinen Steinburgen findet man ohne weiteres zu zweit Platz, um sich vor dem Wind zu schützen“, gibt Caliman noch einen nützlichen Tipp mit auf den Weg. Wind- und Kitesurfer üben auf einem abgegrenzten Bereich.

La Pared – Gefühl vom Ende der Welt

Steil fällt die Küste zum Meer hinab.Von hier oben schweift der Blick über den knapp einen Kilometer langen feinsandigen Strand in Richtung Gebirgskette der Halbinsel Jandía. Über Stufen gelangt man hinunter in die Bucht von La Pared an der Westküste der Kanareninsel. „Ein idealer Platz zum entspannen“, bringt Caliman die besondere Qualität dieses Ortes auf den Punkt. Einsam und verlassen strahlt dieser Küstenabschnitt geradezu eine „meditative Kraft“ aus. „Man fühlt sich wie am Ende der Welt“, beschreibt Caliman treffend. Mit Sonnenbaden und dem steten Meeresrauschen im Ohr verliert der Besucher hier jedes Zeitgefühl. Ab und an erfrischt ein Spaziergang durch die Ausläufer der Brandung Körper und Geist. Wegen der gefährlichen Unterströmung ist vom Baden allerdings abzuraten.

Playa La Pared

Playa La Pared

Sotavento Paradies für Surf- und Kiteboarder

An der südlichen Ostküste der Insel verwöhnt der Playa de Sotavento auf fünf Kilometer Länge die Herzen der Windsurfer und Kiteboarder – Anfänger wie Profis. Eine Brise weht daher stets über diesen Strand. International berühmt ist der Playa durch die jährlich hier stattfindenden Windsurfing- und Kiteboarding-Weltmeisterschaften. Wer eine windgeschützes Plätzchen sucht, findet in den kleinen bewachsenen Dünen jede Menge Auswahl. FKK-Freunde flanieren gern über die beiden Strandabschnitte Playa Risco del Paso und Playa Barca und bewundern die Kunst der Surfer und Kiteboarder. Kinder fühlen sich überdies pudelwohl, denn der Strand fällt auch hier sehr flach ins Meer ab.

Playa de Sotavento

Playa de Sotavento

Geheimtipp für beste Erholung

Der Playa Mal Nombre, frei übersetzt „schlechter Name“, glänzt eigentlich mit idealen Eigenschaften. „Wer einfach nur ausspannen und Ruhe genießen will ist hier genau richtig“, sagt Caliman über den immer noch als Geheimtipp gehandelten Strand an der südlichen Ostküste. Wandert man die 21 Kilometer von Costa Calma nach Jandia sieht man überall kleine schwarze Strandburgen, die an den Hang gebaut sind. Gegen den Wind geschützt, finden hier FKK-Anhänger ein ideales Terrain. Die wenigen Strandwanderer sind eine willkommene Unterbrechung der sonst perfekten Abgeschiedenheit.

Mehr Information
Fuertescout
Andreas Caliman
Coronel Gonzalez del Hierro 62C
E -35650 Lajares / Fuerteventura
Telefon 0034 686 088 493
www.fuertescout.com

Fünf Kontinente in zwölf Stunden

Wer Neuseeland mit dem Zug erkundet, begibt sich auf eine nostalgische Reise ohne Laptop und Handy, dafür mit viel Komfort und besonderem Service. Und die atemberaubende Landschaft ist steter Gast im Abteil.

Pünktlich um 7.25 Uhr setzt sich die Lokomotive ruckelnd in Bewegung. Wie jeden Morgen startet der Overlander von Wellington nach Auckland, gut 650 Kilometer in 12 Stunden – through the heart of the country, durch das Herz des Landes, so der Slogan des ausliegenden Werbe-Prospekts. Genauer gesagt durch den Großteil der Nordinsel. Einfach nur Stress? Weit gefehlt, denn hier wird Zugfahren zelebriert – man fühlt sich in eine andere Zeit versetzt, als die Reise noch das Ziel war. Höchst ausführlich beschreibt der Zugbegleiter den Reiseverlauf, flachst herum, kümmert sich um die Gäste. „Es ist wie vor einer großen Premiere im Theater“, kommentiert eine junge Britin treffend. Die Fenster sind ausladend groß, die Sitze gut gepolstert und mit dieser Beinfreiheit konkurrieren sie mit jedem Konzertsaal.

Ausblick von der Viewing Platform

Ausblick von der Viewing Platform

Als Ouvertüre steht heute ein perfekter Sonnenaufgang auf dem Programm. Hinter den Bergen im Osten steigt der große Feuerwall langsam hinter der Bergkette empor und hüllt die Seenlandschaft um Wellington in rötlich warmes Licht. Glücklich räkeln sich die Fahrgäste und schlürfen genüsslich ihren Coffee to go. Abrupt endet die Romantik und der Overlander taucht für 4,5 Kilometer in einen Tunnel, dem fünftgrößten des Landes, wie Zugbegleiter Steve erklärt. Dann aufatmen, endlich präsentiert die sanfte Hügellandschaft dem Auge wieder feinste optische Leckerbissen. Entlang der Tasman See mit Blick auf die Kapiti Inseln, einem Naturresevat, bahnt sich die Diesellok ihren Weg Richtung Norden. Das frühe Sonnenlicht verwandelt die Landschaft in eine zauberhafte Märchenwelt. Kurz vor Paraparaumu, wo die Strände besonders schön sind, pfeift die Lok und kündigt ihre Ankunft an. Eine Hand voll Touristen besteigen den Zug. Langsam setzt die historische Zuglinie ihren Weg fort, entlang des Tararua Forest Parks – sanfte Hügel, Regenwald, Farndickichte und Wiesen mit weidenden Schafen wechseln einander ab. „Manchmal möchte man sie zählen“, meint die kesse Engländerin. „Nicht nötig“, kommt prompt die Antwort eines Mitreisenden. Landesweit sollen es 450 Millionen Schafe sein, so die letzte Zählung aus dem Jahr 2004, weiß er.

„Soeben überqueren wir den Manawatu River“, tönt es aus dem Lautsprecher. „Der Fluss ist unter den Flüssen Neuseelands einzigartig“, heißt es. Er entspringe auf der Ostseite der die Insel teilenden Gebirgszüge und münde auf der Westseite. Bei der Manawatu Gorge habe er das Gebirge durchbrochen. Eilig huschen einige Passagiere durch zwei weitere Abteilwagen, ihr Ziel ist die viewing platform – der beste Platz für Fotofans. Gar nicht so einfach, denn für das Überqueren der Wagonverbindungen braucht es gutes Stehvermögen und auf der platform selbst ist nur für sechs Personen Platz. Spätestens hier macht sich das Wild-West-Gefühl breit – das Rattern der Gleise ist ohrenbetäubend und in der Kurve sieht man von der Reling wie sich die Lok am Fuß der Berge entlang kämpft. In Palmerston North, nach etwa 100 Kilometern hat die Lok ihren Dienst erfüllt und wird gegen eine andere ausgetauscht, Gelegenheit sich auf dem einsamen Bahnhof die Füße zu vertreten.

Die Welt trifft sich im Zug

Kleine Gruppen von Passagieren stehen zusammen, tauschen Reiseerfahrungen aus, geben einander Tipps und Ratschläge. Wie eine globale Reisebörse wirkt die Szenerie. Eine Schweizerin aus Zürich berichtet vom Glacier Express zwischen Davos und dem Zermatt, Sally aus Philadelphia erzählt begeistert von ihrer Nepal-Tour und Susan aus Südafrika empfiehlt den Desert Express in Namibia. „Aber hier ist es etwas ganz besonderes“, resümiert eine Deutsche mit deutlich bayerischem Akzent. „Irgendwie europäisch und doch so anders“, bringt sie ihre Eindrücke auf den Punkt.

Die Lokomotive pfeift, Schaffner Steve wirft einen letzten Blick aufs Gleis und schon sind ist der Overlander mit frischer Lok wieder umgeben von Wiesen, Schluchten und Bergen. Nach Hunterville überquert der Zug den Rangitikei River gleich vier Mal in sieben Minuten. Immer wieder sind es diese gusseisernen Stahl-Brücken, die sich wie gemalt in die Silhouette einer unberührten Landschaft einfügen. Kurz hinter Okakune ist die platform heiß begehrt. Jetzt passiert die Diesellok eine 79 Meter hohe Schlucht über eine 300 Meter lange Brücke. Aufgeregt werden die Kameras in Position gebracht.

Wenige Minuten später ist die Hälfte der gesamten Strecke geschafft, an der National-Park-Station heißt es Time for Lunch. Mit Blick auf den Tongariro National Park und seinen knapp 3000 Meter hohen Gipfeln wird diese Rast bei Sandwich und French Fries zu einem besonderen Erlebnis. „Da genießt man den Anblick der verschneiten Gipfel und fünf Minuten später sind sie in dicke Wolken gehüllt“, beschreibt eine ältere Frau aus Auckland ihre langjährigen Erfahrungen mit den Wetterkapriolen in dieser Region. Heute ist der Panoramablick tadellos.

Zwischen zwei Tunneln schnell ein Foto schießen

Nach mehr als sechs Stunden Gleisgeräusche fallen den Fahrgästen hier und da die Augen zu, nur kurz, denn schon tut sich wieder die nächste spektakuläre Landschaft auf und die Viewing Platform ruft. Nicht immer hat man das richtige timing – manchmal ist der nächste Tunnel schneller und hat den Overlander wieder verschluckt.

In Taumarunui, das wörtlich übersetzt „großer Schirm“ bedeutet und Schutz vor der Sonne gewähren soll, wie die neue Zugbegleiterin Sarah erklärt, erreicht der Zug das Tor zu Neuseelands größtem Skigebiet am Mount Ruapehu – zugleich Ausgangspunkt für zwei Bahnstrecken mit der Dampflok. Nach Süden hin zum Vulkan Plateau am Mount Ruapehu, nach Westen über 86 Kilometer durch 24 Tunnel und weite Täler bis nach Stratford und New Plymouth. Gerade mal 6500 Einwohner zählt das Städtchen und sieht aus, wie die meisten seiner Größe – eine Straße, ein paar einfache Holzbauten, ein Hotel, eine Bank, Pub und Store. Was braucht es mehr?

Der Waggon Nr.7 des Overlander gleicht inzwischen einem riesigen Wohnzimmer, querbeet verteilt parlieren und kichern die Fahrgäste aus aller Welt, das Bistro versorgt sie großzügig mit warmen Speisen und Getränken, Sarah informiert ausführlich über wichtige Details der Reise. Etwa über Tekuiti, dem alten Goldgräberstädtchen und heutigen Zentrum für Schafsscherer und dass die Lok ab Hamilton entlang des mit 425 Kilometer längsten Flusses Neuseelands, dem Waikato River, Kurs nimmt.

Kingston Flyer mit Dampflok

Kingston Flyer mit Dampflok

Hinter Hamilton erstreckt sich flaches Weideland soweit das Auge reicht, Schafsfarmen liegen verstreut entlang der Zugstrecke, grasende Schafe erschrecken und preschen auseinander. Bei Papakura, dem letzten Stop, verabschiedet sich die Sonne als treue Begleiterin und hinterlässt einen roten Horizont, kurze Zeit später blinkt die Spitze des Skytower, Aucklands Wahrzeichen und mit 328 Metern das höchste Gebäude der südlichen Hemisphäre – eine unvergessliche Reise mit garantiert neuen Freundschaften aus aller Welt.

Weitere Zug-Highlights

Der TranzAlpine fährt zwischen Christchurch und Greymouth auf der Südinsel vom Pazifik bis zur Tasmansee an der Westküste. Vom Abteil aus sieht man die Felder der Canterbury Plains, gefolgt von den spektakulären Schluchten und Flusstälern des Waimakariri River. Der Zug fährt anschließend aufwärts durch die Southern Alps um danach den üppigen Regenwald zu durchqueren. Der TranzAlpine braucht für die 224 Kilometer Strecke 4,5 Stunden Fahrzeit. Start ist täglich um 8.15 Uhr, Preis 81 NZ Dollar.
www.tranzscenic.co.nz

Der TranzCoastal fährt täglich einmal in jede Richtung zwischen Christchurch und Picton über Kaikoura. Man sieht die Berge von Kaikoura auf der einen Fensterseite und die rauhe Pazifikküste auf der anderen. Der TranzCoastal verfügt über einen Speisewagen und einen Open Air Wagon. Abfahrt in Christchurch um 7 Uhr, Ankunft um 12.13 Uhr, Kosten für Erwachsene ca. 89 NZ Dollar. www.tranzscenic.co.nz

Der Kingston Flyer ist die einzig regelmäßig verkehrende Dampflok, die auf einer restaurierten 14 Kilometer langen Strecke zwischen den Orten Kingston und Fairlight auf der Südinsel pendelt. Ursprünglich fuhr der Kingston Flyer seit 1878 bis in die 50er Jahre zwischen den Städten Kingston und Gore. Zwischen Oktober und April fährt der Zug zwei Mal täglich. www.kingstonflyer.co.nz

Mehr Information
www.newzealand.com

Anreise
Flug mit Air New Zealand ab Frankfurt über London und Los Angeles nach Auckland

Usedom: Auf den Spuren des Naheliegenden

Er ist ein genauer Beobachter seiner Umgebung. Am liebsten sind ihm Motive aus seiner Heimat Ahlbeck auf der Ostseeinsel Usedom. Ein Treffen mit Volker Köpp in seiner Ahlbecker Galerie.

Etwas versteckt liegt das weiße Haus mit den Sprossenfenstern und dem kleinen Vorgarten im alten Siedlungskern der Ahlbecker Fischer: Talstraße 13, Sitz der Galerie Volker Köpp in einer denkmalgeschützten Fischerkate. Hinterm Ladentisch erwartet der Usedomer Maler seine Besucher – weiße Hose, dunkelblaues kurzärmliges Hemd, frisch gekämmt. Er beobachtet, wartet ab, schweigt. Helle Holzdielen zieren den Boden, an den weißen Wänden hängen Radierungen und Ölgemälde, von klein bis groß, Stilleben, Landschaften, Häuser, Porträts. Einige Werke stehen am Sockel. In der Mitte führt eine Wendeltreppe zum Arbeitsraum.

Volker Köpp in seiner Galerie auf Usedom

Volker Köpp in seiner Galerie auf Usedom

„Ich male ja immer das Naheliegende“, sagt Volker Köpp wie selbstverständlich und langsam zeichnet sich in seinem Gesicht ein freundliches Grinsen ab. „Man kommt einfach nicht drum herum“, fügt er lapidar hinzu. So stammen die meisten seiner Motive aus den drei Seebädern der Insel – Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin. Auch das Hinterland ist vor seinem Pinselstrich nicht sicher. Vieles sei „banal“ meint er, man müsse nur einen Zugang finden und einen bestimmten Blick entwickeln. „Ausprobieren und ausloten“ gehört zu seiner täglichen Arbeit. Wie das Bild mit dem alten Fischerschuppen und den Angelruten davor. Gut 25 Fischer hätten in den Schuppen früher ihre Gerätschaften untergebracht, der Strand war voll davon. Jetzt haben die Schuppen aus den 1920er und 30er Jahren scheinbar keinen Wert mehr. Für Volker Köpp schon, er sucht die „besondere Patina“, das spezifische darin. Er findet es „zu schade“, wenn es verschwindet. „Ich will es festhalten“, betont der freiberufliche Maler, der stets etwas zum Zeichnen dabei hat.

Käufer schätzen ihn für seine Geradlinigkeit

„Man muss gucken und aufgeregt sein“, so seine Devise. Auch wenn ihm das, was er seit der Wende auf Usedom sieht, oft viel zu bunt erscheint. Für ihn ist die Ostseeinsel cremesandig, blaugrau und vor allem klassisch weiß. „Knalliges Gelb mit rosa funktioniert einfach nicht“, zeigt Maler Köpp seine ästhetischen Schmerzgrenzen auf. Ändern und arrangieren ja, aber bei bestimmten Formen und Farben sei Schluss. „Da bin ich einfach nicht mehr aufgeregt.“ Für diese Geradlinigkeit schätzen ihn seine Käufer, die von überall her kommen. Nicht nur aus dem Inland, auch aus der Schweiz oder den USA. Oft sind es Empfehlungen, manche Käufer finden den Weg in die Galerie auch zufällig. Etwa ein Paar mit Tochter, die sich für ein Kinder-Porträt interessierten. „Was lag näher als die leibhaftige Tochter selbst zu malen“, erzählt der 60-jährige.

Ein bisschen wie damals in der DDR. Als Volker Köpp nach seiner Zeit als Requisiteur am Cottbuser Theater und dem folgenden Hochschulstudium für Malerei und Grafik in Dresden mit frischem Diplom in der Tasche wieder zurück in die Heimat kam. Da malte er nachts im örtlichen Restaurant Porträts. Ein Freund spielte dazu auf dem Akkordeon. „So verdienten wir unseren Lebensunterhalt.“, erinnert sich der Ahlbecker. Noch bevor die Mauer fiel, ging der Künstler 1989 über Prag in den Westen. Drei Jahre arbeitete er in einer Werbeagentur in Osnabrück. Dann zog es ihn wieder zurück auf die Insel um seinem Bruder zu helfen, der ein Hotel eröffnete. Die „Möwe“ machte pleite, Volker Köpp fand die Galerie in der Talstraße und blieb.

Wer sich wandelt wächst daran

Und malte Motive, die ihn nicht mehr loslassen. Solche, die lange zurückliegen und die er sich wieder vor Augen führt. So entstanden aus aufbewahrten Skizzen neue Porträts.
Bei seiner Arbeit orientiert sich der eigenwillige Insulaner nicht an berühmten Vorbildern. Beeindruckt von Modigliani oder Gauguin, ja, aber einem Vorbild nachzueifern, ist nicht seine Art. Er glaubt, dass sich der Stil bei der Arbeit verändert, vorausgesetzt man ist bereit sich selbst zu wandeln. Manchmal ist er auch von sich selbst beeindruckt. Etwa wenn er bei einem Käufer zu Besuch ist und eines seiner Bilder in einem großen Raum an passender Stelle hängen sieht. Dann weiß er, dass er seine „Anlagen ausgeschöpft“ hat und es richtig ist, „sich stets zu verbessern“.

Auch in der Galerie in der Talstraße fallen dem Besucher bestimmte Motive sofort ins Auge. Wer ist etwa die ältere Dame mit dem Stock auf dem Stuhl? „Meine Großmutter vor 23 Jahren“, sagt der Künstler und fügt schmunzelnd hinzu: „Ist doch nahe liegend.“

Mehr Information
Tourismusverband Mecklenburg Vorpommern e.V.
Platz der Freundschaft 1
18059 Rostock
Tel.: +49 (0)381 40 30/550 Fax -555
www.auf-nach-mv.de

Galerie Volker Köpp
Talstrasse 13
17419 Seebad Ahlbeck
Tel. +49 (0)3 83 78/3 23 82
www.galerie-koepp.de

Asturien: Die grüne Wiege Spaniens

Die Costa Verde ist eines der bestgehüteten Geheimnisse Spaniens.

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Rauhe Küste und sattgrüne Wiesen prallen aufeinander

Sattgrüne Wiesen fallen steil zum Meer hinab, gewaltig kracht die Brandung gegen die Felsen, weiße Gischtkämme kontrastieren mit dem tiefen Blau des Atlantiks. In der Ferne schmiegt sich eine kleine Stadt in die Felsküste ein. Dahinter thront majestätisch eine schneebedeckte Gebirgskette. „Die Picos de Europa, die Spitzen Europas haben eine besondere Bedeutung für Asturien“, sagt Tanja, die Reiseleiterin. Seit acht Jahren lebt die Mainzerin nun schon im hohen Norden Spaniens und sie hat die autonome Provinz lieben gelernt. „Die Picos schützten seinerzeit Asturien vor den eindringenden Mauren“, erklärt Tanja. Bei Covadonga besiegten die Christen im Jahr 722 eine muslimische Streitmacht – Startschuss für die Rückeroberung der iberischen Halbinsel, die erst 1492 mit dem Fall Granadas endete.

Ein Grund, weshalb sich das spanische Königshaus noch heute eng mit Asturien verbunden fühlt und der Thronfolger seit 1388 den Titel Principe de Asturias, Fürst von Asturien trägt. „Geschichte begegnet man auf einer Reise durch Asturien auf Schritt und Tritt“, meint die junge Deutsche. So auch im Küstenort Llanes, der bereits bei der Ankunft mit seinen herrschaftlichen casas indianos auf jene Epoche verweist, als die nach Kuba und Mexiko emigrierten Auswanderer zurückkehrten und im 19. sowie Anfang des 20. Jahrhunderts durch den Bau kleiner Paläste ihren erworbenen Wohlstand ausdrückten. Sichtbares Zeichen ihres Architekturstils seien die „gepflanzten Palmen im Vorgarten als dekoratives Element“.

Vom Paseo de San Pedro, einem sechs Meter breiten und ein Kilometer langen Wanderweg über den Klippen, blickt man auf die Reste der alten Stadtmauer aus dem Jahr 1206 und der dahinter liegenden Altstadt mit ihrer fast reingotischen Basilika Santa María. Die Silhouette der Stadt vor Augen fügt sich langsam das Puzzle von Llanes zusammen: Seine jahrhunderte alte Tradition als einziger Walfanghafen außerhalb des Baskenlandes und Skandinaviens und sein bis heute existierender Fischereihafen zeigen die enge Verbindung der Stadt zum Meer. Dass Llanes umgeben ist von drei feinen Sandstränden, macht den Ort für Touristen zusätzlich attraktiv. Am Ende der Promenade gelangt man zum kleinen Strand Puerto Chico und wundert sich über ein zusammen gewürfeltes Meer vielfarbiger Betonquader, die sich längs der Hafenmole auftürmen. Die „Cubos de la Memoria“, die Gedächtniskuben, haben hier eine „neue Landschaft“ entstehen lassen, erfährt der Besucher. Für den baskischen Künstler Agustín Ibarrola seien es vor allem der „Farbreichtum sowie die optischen Effekte durch den Wellengang und die Fluten“, die den besonderen Reiz des Werkes ausmachen.

Weiter geht’s entlang der Steilküste vorbei an einladenden Sandbuchten wie der Playa Celorio, durch typische Dörfer mit ihren Holzveranden und den hórreos, den quadratischen Getreidespeichern aus Holz, die auf vier Standbeinen thronend Nagetiere fernhalten sollen. „Zu einem Drittel besteht Asturien aus geschützten Naturgebieten“, erklärt die Wahlasturierin. Zudem sei es das Land des Sidre, des Apfelweins – bei einer Cena-Espicha, einem Abendessen mit fabada, dem deftig-herzhaften Eintopfgericht, Apfelwein und traditioneller Folklore mit Dudelsack, vergisst man leicht, dass dies Spanien ist. „Eher wie in Irland“, bringt es Tanja auf den Punkt und spielt damit auf die keltischen Wurzeln an.

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Bauten der asturischen Präromanik bei Oviedo

Die reichen bis in die Hauptstadt Oviedo. Gegründet im Jahr 761, demselben Jahrhundert des erfolgreichen Widerstandes gegen die maurische Invasion, genießt die Stadt mit ihren Holzerkerhäusern, Palästen und Herrenhäusern sowie den einladenden Plätzen und Gassen der Altstadt den Ruf „sauberste Stadt Spaniens“ zu sein. Von der grünen Lunge der Stadt, dem Campo de San Francisco, ist es nicht weit bis zur Plaza Porlier, wo die Altstadt beginnt. Am Ende des Platzes ragt schon der mit romanischen Elementen versehene Turm der ansonsten gotische Kathedrale San Salvador empor – eine perfekte Kulisse für die markante Skulptur am Eingang des Kathedralenplatzes. Hier posiert lebensgroß La Regenta, die Präsidentin – Protagonistin eines Gesellschaftsromans von Clarín aus dem 19. Jahrhundert. Nach diesem Vorbild findet man weitere Skulpturenmotive beim Rundgang durch die Altstadt – „meist prägende Figuren der Stadtgeschichte“, klärt Tanja auf.

Woody Allen ist ein Fan von Oviedo

Durch die Calle Gascona, dem Apfelwein-Boulevard, vorbei an Weinschänken und Läden mit Kunsthandwerk erreicht man das Teatro Campoamor. „Hier verleiht seit 1981 Thronfolger Felipe jährlich den Preis Principe de Asturias für besondere kulturelle, humanistische oder wissenschaftliche Verdienste“, verrät Tanja und fügt hinzu: „Woody Allen ist einer der Preisträger und seither ein großer Fan der Stadt.“ Zu deren Ausstrahlung auch die Bauten der asturischen Präromanik gehören. Etwas außerhalb des Zentrums auf einer Anhöhe, liegt Santa María del Naranco, das einzig noch erhaltene zivile Palastgebäude der Westgoten aus dem 9. Jahrhundert. Es ist nicht allein das Bauwerk mit seiner Aura jahrhunderte währender Geschichte, die diesen Ort zu einer meditativen Stätte machen. Der Blick wandert langsam über die in einem weiten Tal liegende Stadt, dahinter die Gebirgskette und spätestens hier wird dem Besucher klar: Asturien ist die Wiege Spaniens.

Mehr Information
Turespaña-München
Spanisches Fremdenverkehrsamt
Tel.: 0049/(0)89 530746-13
Fax: 0049/(0)89 530746-20
www.spain.info

Essen
Restaurante San Pelayo
33595 Niembro
Llanes
Tel.: 0034 985 40 73 76
www.restaurantesanpelayo.com

Cena-Espicha (traditionelles Abendessen mit Apfelwein und Tanz)
Restaurante El Llagar de Cabueñes
Ctra. Villaviciosa
Cabueñes (Gijón)
Tel.: 0034 985 13 36 31

Übernachten
Hotel El Balcón de la Cuesta
Camino de la Cuesta
Andrin – Llanes
Tel.: 0034 985 41 74 29
www.balcondelacuesta.es

Hotel Barceló Cervantes
Cervantes 13
33004 Oviedo
Tel.: 0034 985 25 50 00
www.barcelooviedocervantes.com

Sehenswert
Laboral Ciudad de la Cultura
Riesiger Gebäudekomplex aus der Franco-Zeit, der seit 2007 als Kulturtempel genutzt wird, in dem moderne Theater-, Tanz-, Musik- und Kunstperformances stattfinden.
C/ Luis Moya Blanco, 261
33203 – Gijón (Asturias)
Tel.: 0034 985 185 581
www.laboralciudaddelacultura.com

La Gomera: Wo Pfeifen zum guten Ton gehört

Auf dem Satellitenbild wirkt sie wie ein runder grüner Tupfer im blauen Meer. Wer La Gomera bereist wird von pfeifenden Menschen begrüßt, wandert durch Lorbeerwälder und versteht, warum die Insel auch La Isla Colombina genannt wird.

Iballa pfeift El Silbo

Iballo empfängt die Gäste mit El Silbo

Im Handumdrehen führt sie Zeige- und Mittelfinger ihrer linken Hand zum Mund, ihre Rechte formt sich zum Schalltrichter. Beherzt bläst sie durch die gespitzten Lippen, bis ein schriller Pfeifton entweicht. Und so geht es weiter: Ton für Ton, in unterschiedlicher Höhe und Länge. „Herzlichen Willkommen auf La Gomera“, pfeift Iballa den Besuchern entgegen. Genauso wie es ihre Vorfahren, die Guanchen, über Jahrhunderte machten.

Schon vor 600 Jahren sprachen französische Missionare von Bewohnern, die nur „mit den Lippen sprechen“. Und das half. So verständigten sie sich über die insgesamt 57 barrancos, jenen tiefen und weiten Schluchten, die vom Gipfel zum Meer hinabführen. Bis zu drei Kilometer weit hallen die Töne. Heute diene El Silbo, die Pfeifsprache, vor allem der „Traditionspflege“, erklärt Petra Schramm, die Reiseleiterin mit deutschen Wurzeln. In der Grundschule werden die mehr als 3000 Silben gelehrt, um sie als Kulturgut zu erhalten. Zu hören ist El Silbo meist auf den verschiedenen Fiestas der Insel.

Wein, Orangen, Mangos und Avocados wachsen auf den Hängen

Die meisten Besucher, die in der Hauptstadt San Sebastian die Insel betreten, reisen weiter ins Valle Gran Rey, dem großen Königstal oder zur Playa Santiago. Aber auch der weniger erschlossene Norden hat seine Reize. Serpentinenreich führt der Weg von San Sebastian über die Nordstraße, der ältesten Route La Gomeras, via Hermigua nach Agulo. Auf den terrassenförmig angelegten Hängen gedeihen Wein, Orangen, Mangos und Avocados. „Ein Erbe der Spanier“, verweist Schramm. Sie hätten damals Wald und Vegetation abgerodet um auf den Terrassen Zuckerohr und Getreide anzubauen. Heute überzieht ein Meer aus Dattelpalmen zudem die Landschaft. „Rund 165.000 sind es und damit mehr als auf allen anderen Kanarischen Inseln zusammen“, weiß die Wahlinsulanerin. Sie sind nicht nur schön anzusehen, es ist vor allem der guarapo, der sie so unentbehrlich macht. Jener Palmensaft, aus dem der berühmte miel de palma, der Palmenhonig hergestellt wird. Etwa drei Monate lang kann die edle Flüssigkeit Nacht für Nacht aus den Bäumen gezapft werden, „bis zu zehn Liter pro Nacht“, bekräftigt die deutsche Einwanderin. Danach regeneriere die Pflanze bis zu fünf Jahre lang – bis zur nächsten Ernte.

Nach Hermigua werden die Bananenplantagen immer dichter. „50 Prozent aller plátanos der Insel stammen von hier“, sagt die temperamentvolle Reiseleiterin „in der nahen Playa de Hermigua wurden sie früher verladen.“ Bananen? Ja, viel kleiner seien sie als die aus Südamerika, dafür süßer und schmackhafter. Kaum zu finden in deutschen Supermärkten und seit die EU die Einfuhrzölle für lateinamerikanische Bananen gesenkt haben, „sind die kanarischen Bananen nicht mehr konkurrenzfähig“, bedauert Schramm.

Konkurrenzlos hingegen ist der kleine Küstenort Agulo im Nordosten der Insel. Zum Landesinnern hin ragt das Gebirge des Garajonay wie eine massive Wand gen Himmel, zur Küste hin fasziniert der Blick auf die Nachbarinsel Teneriffa und dem mit 3718 Metern höchsten Berg Spaniens, den Teide. Bei einem Rundgang durch die engen kopfsteingepflasterten Gassen und kleinen Plätze scheint die Zeit für einen Augenblick still zu stehen. Man stellt sich vor, wie zur alljährlichen Fiesta Los Piques die Pfeiftöne hin und her durch den Ort schallen – dann lassen die Gomeros für ein paar Tage wieder ihre Lippen sprechen.

Wie El Silbo gehört auch der weltweit größte zusammenhängende Lorbeerwald im Nationalpark Garajonay zur Visitenkarte der Insel. Teils bis zu 30 Meter hoch sind die Bäume mit ihren langen Flechtenbärten inmitten imposanter Farngewächse. Mystisch wirken sie besonders dann, wenn sich der Vulkankegel des Garajonay – wie so oft – in Wolken hüllt. Jedes Knacken, jedes Kreischen, jedes Geräusch wird zu einem Hexentanz. Schier unverwechselbar bleibt der Rundgang über einen der markierten Wege. Fast federnd läuft man über den feuchten Boden und mit jedem Atemzug spürt man die reiche Auswahl verschiedenster Kräuter, begleitet vom Gezwitscher der einheimischen Vogelwelt.

Bar Maria in La Chipude

Bar Maria in La Chipude

Zurück nach San Sebastian lohnt ein Abstecher ins Töpferdorf La Chipude, am besten in die Bar Maria auf ein Glas des heimischen Weißweins. Umgeben von üppigem Sammelsurium aus Pokalen, Medaillen, Urkunden und kleinen Andenken fühlt man sich in diesem kleinen „Museum“ der Insel gleich ein Stück näher. Maria und ihre Gäste betrachten den Besucher mit viel Herz und Charme und plaudern gern über ihre Isla Colombina. Kolumbusinsel? Ja, erzählen sie von allen Seiten rege drauf los. Am 12. August 1492 hätte die Flotte von Cristobal Colon vor seiner Atlantiküberquerung ein letztes Mal an der Küste Gomeras angelegt, um Proviant und Wasser zu laden. „Und mit diesem Wasser wurde Amerika getauft“, ist jeder in der Bar überzeugt. Im alten Zollhaus von San Sebastian erinnert eine Tafel am Brunnen La Aguada „Con este agua se bautizó America.“ – mit diesem Wasser wurde Amerika getauft.

Mehr Information
Spanisches Fremdenverkehrsamt
Turespaña-München
Postfach 151940
80051 München
0049/(0)89/530746-14
http://www.e-spain.info/index.cfm?cid=14425

Übernachtung
Hotel Gran Rey, La Puntilla, s/n 38870 Valle Gran Rey, La Gomera
Tel. 0034 922 80 58 59
www.hotelgranrey.com

Hotel Jardin Tecina, Playa Santiago, La Gomera
Tel: 0034 902 222 140
www.jardin-tecina.com

Ritten: Wo die Lust zum Nichtstun unerschöpflich ist

Auf dem Hochplateau oberhalb von Bozen ist man umgeben von den Gipfeln der Dolomiten, genießt die klare Luft auf über 1000 Meter Höhe und überlässt sich dem Müßiggang. Ein Advents-Wochenende auf dem Ritten.

Wer sich am Sonntag nach dem Frühstück in die Poststube von Klobenstein oder italienisch – Collalbo – begibt, wird eine Weile brauchen, bis er seinen Cappuccino bekommt. Nach dem Gottesdienst halten Männer wie Frauen ihren sonntäglichen Frühshoppen – am Tresen wie an den Tischen. Bis der Cappucco kommt lässt man die Blicke schweifen und wird schnell entdecken, was über dem Eingang zum Stübele geschrieben steht. „Hier auf dem Ritten ist es so göttlich schön und behaglich. Ich habe eine unerschöpfliche Lust zum Nichtstun.“ Was Sigmund Freud vor mehr als 100 Jahren so empfand, ist heute nicht anders. Als stecke eine Kraft der Verwandlung in dem Fleckchen Erde oberhalb von Südtirols Landeshauptstadt. Ist es der ständige Panoramablick, die reine Luft, die Stille oder steckt noch mehr dahinter?

Wer ein Wochenende auf dem Ritten verbringt, kennt die Antwort, vor allem wenn er im richtigen Hotel logiert. Eigentlich startet die Wintersaison für die Pechlaners erst kurz vor Weihnachten, doch in diesem Jahr haben sie ihr Hotel Dolomiten vis á vis der Kirche von Klobenstein schon an den Adventswochenenden geöffnet. Und die sind „sehr gut besucht“, wie Hotel-Inhaberin Katia Pechlaner bestätigt. Gäste aus dem nicht so fernen Innsbruck, aus Luxemburg und sogar aus dem weiten Münsterland freuen sich bereits nach der Anreise auf das Abendessen.

Schnell kommt man ins Gespräch. Die vielen Wanderwege, die berühmten Erdpyramiden und vor allem die Weihnachtsmärkte. Wie bitte? „Die Italiener sind ganz verrückt nach den Weihnachtsmärkten in Bozen und Umgebung“, meint die Hausherrin. Und sie hat recht. Wer mit der Seilbahn von Soprabolzano hinunter nach Bolzano fährt, wird über die liebevoll geschmückten Gassen und Plätze geschoben. Ganze Familien pilgern an den Ständen und Buden vorbei, halten an den Buden mit Kunsthandwerk, Strick- und Textilwaren, Puppen, Figuren und jede Menge Weihnachts-Klimbin inne. Sie trinken, kaufen, reden laut und lachen viel.

Doch nicht nur dort, auch zurück in Oberbozen erwartet den Besucher gleich vor dem Eingang der Seilbahn ein kleiner Markt mit einem offenen Feuer, um das sich die Menschen scharen und wärmen. Spontan beginnt eine Gruppe Männer und Frauen zu singen, ein einheimisches Lied im Kanon, das unter die Haut geht. Zugleich versinkt die Sonne und wirft ihr rötlich-schimmerndes Abendlicht auf die gegenüber liegende Santnerspitze. Unvergesslich schön, so dass man weiter verharren möchte am Feuer bei den eindringlichen Stimmen.

Doch die nostalgisiche Rittner-Bahn mit dem Triebwagen von 1907 bläst ihr Horn und ruft zur Heimfahrt über die einzige Schmalspurbahn Südtirols. Zurück im Hotel, sind inzwischen auch die italienischen Gäste gut vertreten. Die Pechlaners zeigen, wie herzlich-familiäre Gastlichkeit aussehen kann: Die Küche kredenzt bodenständige traditionelle Speisen aus der Region garniert mit einer Prise mediterraner Leichtigkeit – den Gaumen der Gäste gefällt’s. Zum Abschluss kommt die Krönung: Ein Buffet erlesener Desserts, bei denen man einfach kein Ende findet.

Beim abschließenden Schoppen des hiesigen Lagrein kommen die Tipps für den nächsten Tag auf den Tisch. Es dauert nicht lange und die Agenda steht fest: Erst zum Bauernadventsmarkt mit seinen lokalen Spezialitäten, dann über die Freudpromenade nach Oberbozen. Auf der 80-minütigen Wanderung gilt es jeden Meter zu genießen, denn spätestens hier muss es ja liegen – jenes Geheimnis Rittens, das Sigmund Freud zum unerschöpflichen Nichtstun animierte.

Mehr Information
Tourismusverein Ritten
www.ritten.com

Essen & Übernachtung
Hotel Dolomiten
Familie Pechlaner
Strickerboden 4
I-39054 Klobenstein (BZ)
Ritten – Südtirol – Italien
Tel. 0039 0471 356 134
info@hoteldolomiten.com
www.hoteldolomiten.com

Gargano: Fischen auf Pfählen

Auf dem Gargano, dem Sporn des italienischen Stiefels, sorgen spezielle Konstruktionen aus Pfählen und Masten für einen Fischfang ohne Boot. Die so genannten Trabucchi säumen vereinzelt die Küste zwischen Vieste und Peschici, manche werden sogar zum beliebten Fischrestaurant.

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Die langen Masten des trabucchi garantieren die Eigenversorgung des Fischrestaurants

Den Horizont fest im Visier, über den Köpfen ragen lange Masten und Leinen mehrere Meter weit ins Meer hinaus. Ein Dreimaster unterwegs auf hoher See, könnte man denken. Und doch ist es ein trabucco, das auf einer karstigen Felsklippe befestigt ist. „Mit dieser Fischfang-Konstruktion decken wir unseren gesamten Bedarf“, sagt Mario vom Fischrestaurant „Il Trabucco di Montepucci“, das mit der Fangbasis verbunden ist.

Es sind die fischreichen Strömungen nahe der Küste, die diese Art der Fischerei begünstigen. An den ins Meer hinaus ragenden Masten hängen große Senknetze, mit denen sich die reichen Fischgründe auch ohne Boot und trockenen Fußes ernten lassen. „Je größer die Senknetze, desto höher die Chance, vorbei schwimmende Fische zu fangen“, so die Grundregel dieser Methode. Gebaut sind die trabucchi aus Edelkastanien und widerstandsfähigen Robinien. Die Befestigungen mittels Schnüren und Seilen macht die Konstruktion beweglich und haltbar.

Viele dieser historischen Anlagen seien entlang der Küste zwischen Peschici und Vieste aufgegeben worden, berichtet Mario, „eine authentische Restaurierung ist meist zu kostspielig.“ Doch das Beispiel unterhalb des Sarazenenturms Torre Montepucci zeigt, dass es auch anders geht. Besonders am Wochenende ist das trabucco gut besucht. Aus Foggia und Manfredonia kommen die Ausflügler und genießen Essen und Aussicht auf der Plattform unter den Masten. Versüßt wird ihr Panorama zusätzlich mit der Sicht auf die Altstadt des nahe gelegenen Peschici. Etwa 90 Meter hoch liegt der Ort auf einem ins Meer ragenden Felsrücken.

Von der lebendigen Piazzetta mit ihren Eiscafés und Bars führt der Weg hinauf zur Felsspitze mit den Überresten des alten mittelalterlichen Kastells. Man schlendert durch enge Gassen mit weiß gekalkten Häusern, üppig mit Blumen geschmückten Balkonen, an denen die frisch gewachsene Wäsche im mediterranen Wind trocknet. An jeder Ecke laden stilvolle Läden mit Kunsthandwerk, Olivenöl- und Pasta-Spezialitäten zur Rast – stets begleitet vom freundlichen Lächeln der Bewohner. Am Ende der Via Castello ist die Sicht frei – man schaut über die Silhouette des 4000 Seelen Ortes mit seinen teils kuppelartigen Dächern, die einen Hauch orientalischen Flair vermitteln. Unweigerlich schweift der Blick hinüber zum langen Sandstrand, der sich bis zum nächsten Felsvorsprung gen Norden erstreckt. Genau dort, wo die langen Masten des Trabucchi di Montepucci auf Fischfang gehen.

Eine Renaissance erfahre der traditionelle Fischfang jedes Jahr Ende Juni, fällt Mario noch ein. Beim Festival der trabucchi in Vieste lebe die Geschichte dieser einzigartigen Fangart wieder auf. In der Nähe des Hafens, dort, wo die alten trabucchi des Küstenstädtchens liegen, erinnert das Festival an jenes Zeitalter, als die Gemeinschaft der Fischer von Vieste hier ihre Seefischerei und damit ihre Familien ernährten. Ein Blick zurück in diese Epoche lohnt sich – das weiß man spätestens, wenn man die geschmackvoll zubereiteten Fischspezialitäten mit Aussicht auf den Horizont genießt.

Mehr Information
www.enit-italia.de

Essen
Al Trabucco da Mimi
Localitá Punta San Nicola
71010 Peschici (Gargano)
Tel. +39 0884 962556
www.altrabucco.it

Peru: Mit dem Paso Peruano auf Pyramidentour

Inkas, Azteken, Mayas und die alten Ägypter prägen unser Bild vergangener Zivilisationen – doch wer kennt schon Caral? Auf einem Ritt durch die nordperuanische Wüste zur ältesten Zivilisation Amerikas und UNESCO Weltkulturerbe taucht man tief ein in die Geschichte der Menschheit.

Alfredo Anduaga wartet schon ungeduldig auf seiner Hacienda Fundo El Olivar. Ein Ritt durch die Wüste steht auf dem Programm – hin zu den Ruinen der ältesten Zivilisation des amerikanischen Kontinents, nach Caral. Er ist stolz auf seine Caballos a Paso Peruano, jene peruanischen Pferde, die tölten. „Sie laufen mit den Vorderbeinen eher seitlich“, erklärt der 63-jährige Fincabesitzer das Phänomen des Töltens. „Eine Art nach außen schwingende Bewegung.“ Er besitzt 45 dieser stolzen Vierbeiner, deren Gang so einzigartig sanft und weich ist, dass sie sich bestens für entspannte Ausritte eignen.

Alfredo Anduago liebt seine Pasos Peruanos

Alfredo Anduago liebt seine Pasos Peruanos

Die temperamentvollen Pferde stehen bereit für den Ritt durch die gleißende Sonne, über den milenario „camino a caral“, einem 5000 Jahre alten Pfad, den „ältesten der Welt“ wie Alfredo ankündigt. Früher wie heute führt der camino zehn Kilometer lang durch eine wüstenähnliche karge Sand- und Dünenlandschaft. Archäologe Iván Ghezzi vom Instituto de Investigaciones Arqueológicas in Lima reitet voraus. Mal im Gang, mal im Trab führt der Ritt über Hügel, Dünen und Täler. Nichts als Sand, wohin man blickt. Am Wegesrand gedeihen achupallas. Sie leben ausschließlich vom Morgenthau, erklärt Alfredo Anduaga und wiegt das zähe Gewächs in seinen Händen.

Nach gut drei Stunden im Sattel führt ein schmaler Pfad eine Anhöhe hinauf. Auf dem Gipfel angekommen breitet sich das fruchtbare Tal des Rio Supe wie eine Oase aus. Der Blick sucht nach Pyramiden, doch von hier sind es noch einige Kilometer bis zu den archäologischen Stätten einer der frühesten Zivilisationen der Welt. Steil mühen sich die Pasos die Anhöhe hinab, ihre Hufen finden auf dem steinigen Geröll nur schwer festen Halt. „Amerikanische Archäologen fanden in diesem Tal im Jahr 2001 Knochen, Trompeten aus Muscheln und Flöten aus Pelikanknochen“, erzählt Iván auf dem Ritt entlang des Flusses, 182 Kilometer nördlich der Hauptstadt Lima gelegen.

Die Radiokarbon-Methode habe eine exakte Altersbestimmung der organischen Materialien ermöglicht. „Am Ende musste die Geschichte neu geschrieben werden.“ Bis dato habe das 3.000 Jahre alte Chavon de Huántar nahe der Stadt Húaraz in den nördlichen Anden Perus als älteste Zivilisation Amerikas gegolten. Seither sei klar: Vor ca. 4.600 Jahren bauten Menschen auf einer Fläche von etwa 66 Hektar, umrahmt von den Ausläufern der südlichen Cordillera Negra, eine Hauptstadt als Zentrum von 20 umliegenden Städten und Siedlungen.

Das Tal des Rio Supe geht in ein weites Plateau über. Überall sind frei gelegte Bauwerke erkennbar – Stufenpyramiden, Grundmauern von Tempeln und Palästen sowie ein Amphitheater. Sofort fällt die so genannte Große Pyramide mit 160 Meter Länge, 150 Meter Breite und 18 Meter Höhe ins Auge. „Sie ist das Zentrum vergangener Macht“, bestätigt Archäologe Iván. „Die Gebäude dienten zeremoniellen Zwecken und repräsentierten die Herrschaftsklasse“, gibt der Fachmann weitere Einblicke. Man staunt, ist überwältigt und kann es kaum glauben. Unaufhörlich arbeitet die Phantasie – still, einsam und entrückt wirkt die Szenerie. Haben hier die Menschen bei religiösen Anlässen vor den riesigen Tempeln gestanden und ehrfürchtig einem Herrscher gehuldigt? Wie waren sie organisiert? Trieben sie Handel?

„Das Amphitheater zeugt vom kulturell hohen Entwicklungsstand der Menschen von Caral“, klärt Iván auf. Ihre kulturelle Entwicklungsstufe sei denen anderer Kulturen auf dem amerikanischen Kontinent um 1500 Jahre voraus gewesen. Sie hätten damit ein ähnliches Niveau wie die damaligen Gesellschaften in Mesopotamien, Ägypten, Indien und China erreicht. Doch im Unterschied zu diesen sei kein Kontakt zu anderen Hochzivilisationen nachgewiesen. Die Bauwerke und ihre präzise Planung sowie das Netz von Bewässerungskanälen, betont Archäologe Iván, zeugten „von einer gut organisierten Gesellschaft, die von zielstrebigen Regenten geleitet wurde.“

Am Eingang zu den Stätten empfängt eine großes Plakat den Besucher mit den Worten „Bienvenido a la Ciudad Sagrada de Caral“, Willkommen in der heiligen Stadt Caral, darauf zwei Figuren, die den Menschen jener Zeit ins Bild bringen. Ein Weg verbindet alle bisher freigelegten Monumente und erklärt auf Tafeln deren Bedeutung. Für jeden Touristen eine Führung durch die Geschichte der Menschheit. Noch kommen die Besucher vorwiegend aus Peru, weiß der leidenschaftliche Archäologe – die internationale Touristenresonanz sei bisher noch zurückhaltend.

Teil des frei gelegten Caral

Teil des frei gelegten Caral

Dass sich dies bald ändern wird, davon ist Alfredo Anduaga überzeugt. Immerhin ist Caral seit Juli 2009 UNESCO-Weltkulturerbe. Und es ist eines der ersten Projekte in Peru, bei dem die archäologische Forschung mit der einheimischen Bevölkerung und dem Tourismus zusammen gearbeitet hat. „Die Archäologen stellen die Bauern der Region nicht nur als Hilfskräfte zum Ausbuddeln ein“, freut sich Pferdenarr Anduaga. „Sie schaffen langfristige Arbeitsplätze als Touristenführer, Aufsichtspersonal, Handwerker oder Verkäufer.“ Und davon profitiert auch Alfredo Anduaga mit seinen Ausritten auf Pasos Peruanos zu den Pyramiden.

Mehr Information

Ausritte mit Alfredo Anduaga:
www.acaralacaballo.com
www.peru.info

Anreise
Mit KLM von München über Amsterdam nach Lima

Kapverden: Vom Leben im Vulkankrater

Allen Gefahren zum Trotz kann das Leben im Vulkankrater auch seine Reize haben. Der Deutsch-Türke Mustafa fand unterhalb des Pico do Fogo gar seine neue Heimat.

Wie durch einen fruchtbaren Garten schlendert er von Baum zu Strauch. Hier ein Apfel dort eine Quitte, eine Papaya, Kongobohne oder Tomate. Selbst beste Weinreben gedeihen hier prächtig – in der Chã das Caldeiras, einem riesigen halbkreisförmigen Felskessel in 1600 Metern Höhe gelegen und mit einem Durchmesser von neun Kilometern. Der Krater unterhalb des Pico do Fogo auf den Kapverdischen Inseln ist die neue Heimat von Mustafa, dem Deutsch-Türken aus Aachen, der seit acht Jahren mit seiner Frau Marisa und Sohn Sam im gleichnamigen Dorf Chã das Caldeiras lebt.

Mustafa pflückt Äpfel im Krater

Mustafa pflückt Äpfel im Krater

Stolz zeigt Mustafa, der ehemalige Europameister im Speed-Klettern auf sein Dorf, in das er sich „bestens integriert“ hat, wie er immer wieder bestätigt. Kein Wunder, denn er ist ein wahrer Spezialist im Integrieren: Mustafa spricht acht Sprachen fließend. In einem ostanatolischen Dorf geboren und aufgewachsen kam der Kletterprofi nach Deutschland um Bauingenieur zu werden. Nach dem Studium spezialisierte er sich auf Sicherungsbefestigungen. Sein Wissen führte ihn auf die Kapverden, wo er im Auftrag der Deutschen Entwicklungshilfe die Via Ferrata, den Kammweg oberhalb der Bordeira, jener steilen Felswand, die den Felskessel von Süden nach Westen hin begrenzt, ausbaute und sicherte. Ein Einsatz, der sein Leben veränderte. Während der Arbeiten lernte er Marisa kennen.

Mustafa zog drei Jahre lang mit dem „around-the-world-ticket“ durch die Welt

„Ich fühle mich hier zuhause“, bekräftigt Mustafa. „Der Krater vermittelt Geborgenheit und Freiheit zugleich.“ Das sagt einer, der drei Jahre lang Besitzer eines around-the-world-tickets war und gratis durch die Welt jettete um neue Klettersteige auszukundschaften. Doch man glaubt es ihm, wie er leicht und beschwingt über das Lapillifeld, jenen kieselgroßen runden Lavabrocken läuft, immer wieder einen neuen Apfel vom Baum pflückt und über das Leben in seinem Krater erzählt. Am Pico Pequeño hält Mustafa inne. Jener kleine Vulkan, der 1995 bei seinem Ausbruch erst entstand. Von seinem Gipfel aus sieht man tief in den Schlund hinein, aus dem die Lava sprühte.

Im Umfeld ist das Lavagestein noch heute so warm, dass ein Knäuel Reisig sofort Feuer fängt. Und der Blick wandert hinüber zum Dorf unterhalb der mächtigen Bordeira, vor der die Lavamassen zum Stillstand kamen. Mustafa kennt die Geschichte des letzten Ausbruchs aus den Berichten seiner Frau. Nachts um zwei sei starker Wind aufgezogen und die Erde begann zu beben. Fluchtartig seien die Bewohner von Chã hinaus auf die Felsvorsprünge der Bordeira geeilt. Alle 1300 Einwohner wurden evakuiert, erst sechs Monate später seien die ersten wieder ins Dorf zurück gekehrt. Verletzte waren nicht zu beklagen, doch die Lava zerstörte einen Großteil der umliegenden Anbauflächen. Für die meisten der Rückkehrer bedeutete dies einen Neuanfang.

Wie für Marisa. Sie erfüllte mit dem Aufbau der Poseida Marisa, einer eigenen Pension im Ort einen lang gehegten Traum. Die zehn Zimmer und das Restaurant bestellt sie zusammen mit ihrer Schwester und den beiden Cousinen. Damit zeigt sie den anderen Frau im Dorf, wie es gehen kann, auf eigenen Beinen zu stehen.

Auch Mustafa ist zum Hoffnungsträger für viele junge Männer in Chã geworden. Er übt mit ihnen das Bouldern, das Klettern ohne Seil und Gurt, lehrt sie als Führer auf Tour zu gehen und die Geschichte ihres Pico zu erzählen. Mustafa spricht wie ein Vater über seine „Jungs“. Abends, wenn die Sonne hinter der Bordeira versinkt und nur noch der nahe Stromgenerator brummt, steht er mit ihnen vor der Poseida seiner Frau und verteilt Tipps für den nächsten Morgen, wenn sie bei Sonnenaufgang mit Touristen zur Besteigung des Pico aufbrechen, dem mit 2829 Metern zweit höchsten Berg im Nordatlantik. So schön der Aufstieg auch ist, Mustafa liebt vor allem den Abstieg, der bei ihm zur Abfahrt gerät. Mit seinem Snowboard schweift er elegant die 1000 Höhenmeter über das Aschefeld hinab – ein regelrechter Pistenspaß. Andere hüpfen oder rutschen herunter und lassen sich vom Staub einlullen.

Der Weg ins Dorf führt vorbei an bizarren Stricklava-Formationen. Im Hintergrund türmen sich die Lavafelder der letzten Ausbrüche aus den Jahren 1951und 1995 – die älteren Felder dunkler, die jüngeren heller. Im Ort grüßen die Bewohner scheu bis freundlich. Die niedrigen Häuser aus Naturstein sind einfach gebaut, selten verputzt. „So gelten sie als nicht fertig und sind steuerfrei“, erklärt der Kraterbewohner. Auf den Dächern befinden sich kleine Sammelflächen, in denen das wenige Regenwasser gesammelt wird. „Im September hat es den ganzen Monat geregnet“, sagt Mustafa, „das muss für ein ganzes Jahr reichen.“

Marisas Pousada mit Blick auf den Fogo

Marisas Pousada mit Blick auf den Fogo

Zuhause in der Poseida Marisa herrscht rege Betriebsamkeit, das letzte Licht vor Sonnenuntengang wird genutzt. Gemüse von den Feldern der fruchtbaren Vulkanerde ist bereits geerntet und eine besondere Speise zubereitet, dazu einen fruchtigen Cha do Fogo von der benachbarten Weinkooperative. Und während Mustafa mit Sohn Sam auf die Veranda zu seinen Jungs verschwindet, erzählt Marisa mit eigenen Worten, wie es war damals in der Nacht vom 2. auf den 3. April 1995 als erst die Erde bebte und dann sechs Wochen lang die Lava strömte …

Übernachtung und Führung

Casa Marisa
Chã das Caldeiras
Fogo, Cabo Verde
Tel:+ 238 2821662
amarisa.lopez@gmail.com
www.fogomarisa.com

Anreise:

Mit TAP Portugal von München oder Frankfurt nach Lissabon, weiter nach Praia auf Santiago ab 640 Euro pro Person hin und zurück incl. Steuern und Gebühren. Weiter mit Cabo Verde Airlines (TACV) oder per Schiff nach Fogo.

Infos über Sao Felipe, Hauptstadt von Fogo, auf der deutschen website: www.sao-filipe.com

Aluguer, Sammeltaxi, von São Filipe nach Chã das Caldeiras: morgens ab Mercado Municipal (500 Escudos)

Stewart Island: Autodidaktin im Regenwald

Neuseeland gilt als Ende der Welt, doch wer kennt schon Stewart Island. Der letzte Vorposten der Antarktis ist ein einzigartiges Tier- und Pflanzenparadies. Wer herkommt möchte bleiben, wie Furhana Ahmad, die bezaubert war und sich jetzt ein Kiwi nennt.

Furhana auf Ulva Island

Furhana auf „ihrem Archipel“

Leicht schwankend setzt die kleine Propellermaschine auf. Sofort pirscht der wartende Kleinbus auf die Landebahn und nimmt die neuen Gäste an Bord. Neun Besucher plus Gepäck. Hochkonjunktur auf Stewart Island im März. Kaum zehn Minuten braucht man bis zum Fischerdorf Oban in der Half Moon Bay, der einzigen urbanen Siedlung der Insel bestehend aus Hotel, Imbissstand, mehreren Pensionen, einem Restaurant, vereinzelten Häusern – und dem Strand und Hafen, in dem die Boote ruhen.

Erfolgreiches Kiwi Spotting

Dort sind wir verabredet. Leicht verspätet und verschwitzt eilt sie gestikulierend herbei, „hatte letzte Nacht noch eine Gruppe aus England“, sagt Furhana, die Wildnisexpertin, hechelnd und spricht vom erfolgreichen Kiwi Spotting. Nirgends sei die Chance größer den Nationalvogel in freier Wildbahn zu sehen als auf Neuseelands „dritter Insel“, besonders nachts. Denn überall sonst werden die flugunfähigen Tiere mit dem langen Schnabel von Ratten, Katzen oder Possum bedroht. „Nicht auf Stewart Island“, sagt Furhana energisch, zu unberührt sei die Region und so ursprünglich wie vor Jahrtausenden.

Gut gelaunt ist sie und voller Tatendrang. Sie hat ihren Traumjob gefunden, dafür nimmt sie einiges in kauf. Sie führt Vogel- und Naturbegeisterte über verschiedene Tracks durch diese Wildnis, die zu 87 Prozent den Schutz als Nationalpark genießt. Schnell das Gepäck aufs Boot verlagert, mit roten Wangen und voller Temperament reicht sie das Tour-Care Package mit Sandwich und Früchten hinüber, während das Wasser Taxi Ulva Island ansteuert – dem Paradies aus Vögeln und Pflanzen.

Vor sieben Jahren habe es sie erwischt, erzählt die gebürtige Britin indischer Abstammung, auf einer Reise durch Neuseeland. Mehrere Monate sei sie damals unterwegs gewesen und später zurück in London konnte sie an nichts anderes mehr denken. Stewart Island, von den Ureinwohnern der Maori auch Rakiura oder Land der glühenden Himmel genannt – hierhin musste sie zurück kehren, in diese Welt aus 300 Menschen, exotischen Regenwäldern und einer Vogelwelt, wie es sie nirgendwo sonst auf der Welt gibt. „Magisch anziehend“ fand sie diese letzte Landmasse vor der Antarktis – die diplomierte Geografin mit gut dotiertem Job im Zentrum der westlichen Welt.

„Ich bin einfach ins kalte Wasser gesprungen“, berichtet sie Sandwich kauend am Strand von Sydney Cove auf Ulva Island, immer mit dem Blick aufs Meer und einem Ohr im Regenwald. „Am Anfang war ich einfach nur begeistert“, bekennt die quirlige kleine Frau mit den entschlossenen warmen Augen, das habe ihr die Kraft gegeben, hier einzutauchen. Buch für Buch hat sie sich die Charakteristiken über Flora und Fauna angeeignet, immer mit dem Wunsch es so gut zu verstehen, dass sie ihr Wissen an andere weiter geben kann. Heute kennt sie jedes Tier, jede Pflanze mit lateinischem Namen.

„Da vorn“, ruft sie und ermahnt mit dem Zeigefinger zur Ruhe „das ist der Stewart Island Robin, mein Lieblingsvogel“. Kaum hat sie ihn entdeckt beginnt sie ein leises Zwiegespräch, wie zwei alte Bekannte, die sich viel zu sagen haben. Irgendwann schaltet sie um und erzählt weiter über die „Bewohner“ dieses 250 ha großen Paradieses, einer von mehreren kleinen Inseln in der lang gestreckten Paterson-Bucht von Stewart Island. Von überall her tönen die Rufe der Tui und Makomakos, man sieht Kaka, Weka, Kakariki und Kereru. Immer wieder schleicht sie wie ein Jäger ins Farngestrüpp, hält inne und zeigt den nächsten Piepmatz in Reichweite. „Hier gibt es keine natürlichen Feinde“, erklärt Furhana diesen bunten Tummelplatz unterschiedlichster Vogelarten. Durch massiven Einsatz von Fallen und Gift sei das Eiland jetzt frei von Raubtieren wie Ratte und Possum. Sie hätten sonst die Pflanzen als Lebensgrundlage der Vögel zu Tode genagt.

„Der Regenwald ist ein endloses Kapitel“

Zielstrebig schreitet sie voran über knorrige Wurzeln, üppige Farne und bemooste Stämme durch den „forest on top of the forest“, so nennt sie jenes Dickicht aus undurchdringlichem Urwald mit hochgewachsenen jahrhundertealten Bäumen umzingelt von einer wuchernden Pflanzenlandschaft. Immer wieder hält sie inne, lauscht, verweist, ist verwundert und verzückt – man könnte meinen, sie ist hier zum ersten Mal, so euphorisch ist sie. Aber sie macht die Tour im Sommer fast täglich, doch von Routine keine Spur. Im Winter geht sie selbst auf Entdeckungstour. „Der Regenwald ist ein endloses Kapitel“, sagt sie und man glaubt es ihr sofort. Ihre Begeisterung steckt an, ist mitreißend und nach vier Stunden Trekking hat man sich an die Klangwelten des Regenwaldes gewöhnt.

Aus der Ferne gesellt sich bald ein gleichmäßiges Rauschen dazu – das Meer kündigt sich an und irgendwann tut sich einer dieser Strände auf mit jenem feinen weißen Sand und einem wie gemalten meeresblau – natürlich ganz ohne Menschen. Man möchte hinein springen in diesen Ozean, doch ein Blitztest per Hand macht schnell klar: hier kündigen sich bereits polare Vorboten an – Stewart Island bildet die letzte Landmasse vor der Antarktis. Den Blick gen Horizont gerichtet, den Wanderstock in der rechten, bläst Furhana ein eiskalter Wind ins Gesicht. Sie genießt diesen Augenblick und taut mehr und mehr auf. Einfach sei es nicht als Frau hier auf der Insel, bekennt sie, auch wenn sie eigentlich multikulturelles Leben aus London gewohnt sei. „Hier zählt das alles nichts“, sagt sie. „Ein eigener Mikrokosmos mit eigenen Regeln“, erklärt sie und man spürt ihre Skepsis, ob sie jemals Teil dieses Kosmos werden kann. Isoliert in einer Hütte im Wald lebt sie seit sieben Jahren mit Kiwi-Pass zurückgezogen mit ihren besten Freunden– der Natur und den Vögeln.

Zurück ins alte Leben? Nein auf keinen Fall, sie will sich durchbeißen, weiter machen und anderen Menschen ein Stück dieses Paradieses zeigen, das es noch gibt. Darin sieht sie ihren Auftrag. Theater, Konzerte, Cafés und Kneipen – hat sie alles gehabt, vermissen tut sie es nicht, weil sie jetzt viel mehr hat als „Ablenkung und Zerstreuung“, wie sie es nennt. Inzwischen hat sie auch ein eigenes Boot gekauft, acht Personen passen da hinein, das macht sie unabhängiger. Mike, ein Fischer aus der Half Moon Bay macht mit, er watet das Boot, fährt sie auf die vorgelagerten Inseln des Archipels, unterhält die Besucher und teilt Furhanas Philosophie. „Powerful“ nennt er seine Chefin und weiß zugleich, dass sie es nicht leicht hat auf seiner Insel, die er selbst nie verlassen hat.

Mehr Information
www.newzealand.com

Ruggedy Range Wilderness Experience
170 Horseshoe Bay Road, P O Box 188, Stewart Island, New Zealand
Tel.: +64 3 219 1066
Fax + 64 3 219 1078
mail@ruggedyrange.com
www.ruggedyrange.com

Anreise
Flug mit Air New Zealand ab Frankfurt über London und Los Angeles nach Auckland pro Person hin und zurück für 1390,– Euro inkl. Steuern und Gebühren

El Hierro: Am Ende der alten Welt

Lag sie einst vergessen im Atlantik, mutiert die westlichste Kanareninsel immer mehr zum Paradies für Individualtouristen. Auch wenn El Hierro auf den Zug der Zeit aufgesprungen ist, ist ihr charakteristischer Charme ganz unverfälscht geblieben.

Auf der Küstenstraße westwärts Richtung La Dehesa erstrecken sich die Lava-Felder endlos weit. Hier Schlackenlava, die schroff hinunter ans Meer abfällt, dort Stricklava, deren außergewöhnliche Formen an Tauseile erinnern. Am Ende des Lava-Feldes hält der Faro de Ochilla seine Stellung. „Nicht irgendein Leuchtturm“, meint Aminata, die Deutsche Reiseführerin. „Dieser markierte bis Ende des 19. Jahrhunderts den Nullmeridian, das Ende der Alten Welt.“ Weiterlesen

Neuseeland: Der Vogelflüsterer der Catlins

Kilometerweite menschenleere Strände, tausende weidender Schafen auf sattgrünen Wiesen und dichter Regenwald charakterisieren die Catlins. Ein letztes Naturparadies im Deep South Neuseelands, das zu schützen sich die Sutherlands zu ihrer Lebensaufgabe gemacht haben.

Langsam tastet sich der Kombi über die Schotterpiste durch den dicht gewachsenen Regenwald auf Tawanui zu. Ungeduldig wartet Fergus Sutherland bereits vor dem Cottage, sieht abwechselnd auf die Uhr, dann wieder hoch in die riesigen Baumkronen vor dem Haus. Auf der Suche nach seinen Freunden, den Vögeln. Der hochgewachsene Herr liebt den dichten Regenwald der Catlins, jener wilde und nur spärlich von Farmern bewohnte Landstrich von rund 1900 Quadratkilometern hinter der zerklüfteten Pazifikküste im Südosten der Südinsel. Benannt nach Kapitän Edward Catlin, einem Walfänger im 19. Jahrhundert. Der hatte einst versucht, große Teile des Landes von den Maori, den Ureinwohnern, zu kaufen. Ein Unterfangen, das er aber nicht schaffte.

Fergus Sutherland, der Vogelflüsterer

Fergus Sutherland, der Vogelflüsterer

Eine herzliche Begrüßung, ein paar einleitende Worte, und schon geht es tief hinein in den bis zu 900 Jahre alten Regenwald mit seinen Baumriesen, deren Kronen bis zu 50 Meter hoch in den Himmel ragen. „Der hiesige Regenwald besteht vor allem aus Podocarpaceae“, erklärt Fergus und zeigt die verschiedenen Exemplare dieser Steineibengewächse, jene immergrünen Bäume, die schon allein rund 600 Quadratkilometer der Catlins bedecken. Besonders schützenswert sind aber die unberührten Reste von Rimu- und Totarawald in Richtung der Hügel jenseits des Catlins-River. Deren Lage war für den Holzeinschlag der frühen Siedler zu steil gewesen. Ein Glück für diese Art von Wald, denn so konnte sein Holz nicht für den Kanubau gefällt werden.

Pfeifen nach den Vögeln

Über Hängebrücken, die Flusstäler überqueren, über kaum erkennbare Pfade, die dicke Baumwurzeln kreuzen, geleitet der 65-Jährige die kleine Besuchergruppe zu einer Lichtung, von der man die hügelige Wald- und Wiesenlandschaft überblicken kann. Stille, nichts als Stille, nur der Gesang der Vögel ist hörbar. Nach einer längeren Pause neigt sich Fergus´ Haupt nach oben, er starrt wie gebannt in die Baumkronen am Rande der Lichtung. Konzentriert und wie abwesend ist sein Blick. Fast automatisch formen sich seine Lippen spitz zusammen bis ein flötender Pfeifton entweicht, den er ein ums andere Mal wiederholt.

Es dauert nicht lange, und prompt kommt aus dem Wirrwarr der Baumkronen des Regenwalds eine Antwort zurück. In abgewandelter Tonart setzt der 1,90-Meter-Mann den Dialog mit den Piepmätzen fort. So geht es eine Weile hin und her. Fergus Sutherland versteht seine Vögel, er spricht mit ihnen, weiß ihre Geschichte und sorgt sich um ihren Fortbestand. „Jahrelang habe ich ihnen zugehört“, berichtet er, jetzt könne er ihren Ton treffen. Er will die Mohuas, Kakarikis, Parakeets und Keas vor dem Aussterben bewahren. Allein die Population der Keas, jener klugen Bergpapageien sei seit den 90er-Jahren um mehr als zwei Drittel geschrumpft, erzählt der Vogelflüsterer. Schuld sei in den meisten Fällen das gegen die Possums eingesetzte Gift, das auch die Keas tötet.

Im Einklang mit der Natur

Auch Mary, die Frau von Fergus, hat sich den Catlins mit seinen 1200 Einwohnern, seinen Vögeln und dem Regenwald verschrieben. „Wir sind seit der Kindheit mit dieser Region eng verbunden“, erzählt sie. Schon immer sei es ihr Traum gewesen, „in der Natur und für die Natur zu arbeiten“. Seit 1990 bieten beide zusammen die Ecotours an – „den sanften Tourismus“, wie Mary ihr Projekt nennt. Vier Tage lang erforscht man in kleinen Gruppen unter der leidenschaftlichen Führung von Fergus die Flora und Fauna, Geologie und Geschichte der Catlins. Die Besucher übernachten in vier komfortablen solarbetriebenen Cottages, den Mohua Park Cottages mitten im Urwald. Riroriro, Korimako, Karearea und Kahu heißen die kleinen Luxusbungalows nach einheimischen Vogelarten, von deren Veranda man im Morgenlicht einen verlockenden Blick auf das weitgestreckte Tal des Catlins River genießt. Wie kleine Oasen fügen sich die Gästehütten passend in die Umgebung ein.

„Mit den Einnahmen fördern wir den Erhalt dieses einzigartigen Naturparadieses“, erläutert die quirlige Mary, die am Abend ihre Gäste aus aller Welt ins 40 Kilometer entfernte Papatowai einlädt. „Wo der Regenwald das Meer trifft“, wie Fergus sein Zuhause beschreibt. Als „echtes Highlight“ bezeichnet Mary den Moment, „wenn wir und die Besucher wie eine Familie beieinandersitzen und erzählen.“ Das ist dann die ideale Gelegenheit für die beiden, ein bisschen vom Enthusiasmus für die Natur weiterzugeben. Bei hausgemachten Speisen, den Blick auf den weiten Strand und die kräftige Meeresbrandung gerichtet, werden Fragen diskutiert und Eindrücke vertieft. So steigt schon die Vorfreude auf den kommenden Tag – wenn es zu den Seelöwen der Surat Bay, den Purakaunui- und Matai-Wasserfällen oder nach Slope Point geht, dem südlichsten Punkt der Südinsel mit seinen dramatischen windzerzausten Bäumen.

Mehr Information
Catlins Wildlife Trackers, 5 Mirren Street, Papatowai RD 2, Owaka, South Otago, New Zealand
Tel. und Fax: + 64 3 4158613

info@catlins-ecotours.co.nz
www.catlins-ecotours.co.nz

Rajasthan: Ein Herz für Havelis

Rajasthan ist berühmt für seine prächtigen Paläste und Wehranlagen der Maharadschas. Weniger bekannt sind die Havelis. Manche der schmuckvollen Kaufmannshäuser gleichen Ruinen, andere erstrahlen im frisch restaurierten Glanz.

Von links rattert ein Tuc Tuc, von rechts ächzt ein Rikschafahrer, von vorne knattert ein LKW und dröhnt sein schrilles Horn. In der Mitte der holprigen Straße sitzt eine Kuh und kaut seelenruhig – sie weiß, wie heilig sie ist. Ein Hupkonzert in den unterschiedlichsten Klangfarben begleitet den Besucher auf seinem Weg durch die Stadt. Ein „Angriff auf die Sinne“ nennt Reiseleiter Vipin Agarwal den Spaziergang durch die Straßen von Jodhpur, jener Millionenstadt im Nordwesten Rajastans. „Sie heißt auch die blaue Stadt“, verrät der Maharadscha-Experte. Blau? Damit unterscheide sie sich aufgrund der blau gefärbten Häuser von anderen Städten wie der weißen Stadt Udaipur, der „Pink City“ Jaipur oder dem goldfarbenen Jaisalmer.

Palast- und Havelispezialist Vipin Agarwal lernte Deutsch am Goethe-Institut in Mumbai

Palast- und Havelispezialist Vipin Agarwal lernte Deutsch am Goethe-Institut in Mumbai

Wie sie lebten und welchen Ritualen die Maharadschas huldigten – das demonstrieren die Besuche in den gigantischen Palastanlagen. Doch was den Maharadschas ihre Paläste, war den Kaufleuten ihre Havelis, jene Häuser aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in denen die Kaufleute lebten und ihre Besucher empfingen. Anders als die Paläste verfallen und verrotten die Havelis heute, auch wenn einige wenige ihrer Besitzer sie hingebungsvoll restaurieren und pflegen. „Schon wegen der hohen Kosten bleibt dies aber eher die Ausnahme“, bedauert Vipin, der ein Herz für die Havelis hat.

Kulturschatz von besonderem Wert

Wie es wirklich um die Kulturschätze steht, verdeutlicht die Stadt Navalgarh in der Shekawati-Region. Hier stehen sie: Prachtvolle schöne Bauwerke mit üppigen Innenhöfen und unzähligen Säulen und Fresken mit Tier- und Kolonialmotiven, an denen der Zahn der Zeit seine Spuren hinterlassen hat. „Die Einwohner sind sich des besonderen Kulturschatzes ihres Ortes oft nicht bewußt“, erklärt Vipin. Und tatsächlich liegt eine gewisse Lethargie über dem Ort. Männer sitzen auf den Zufahrtsrampen der Havelis, wo einst die Kamelherden nach langer Reise anheuerten. Sie lesen Zeitung oder beobachten teilnahmslos das Geschehen auf der Straße. Andere sitzen dösend rund um einen Brunnen, der mit seinen vier Türmen inmitten des Ortes emporragt. „Er zeigte den Karawanen, die aus der Wüste kamen, den Weg zur Wasserstelle“, weiß Vipin über das markante Bauwerk zu berichten, das sich wie eine Trutzburg dem Verfall entgegenstellt.

Einst seien die Havelis zu einem niedrigen Preis in die Hände von Käufern gelangt, auf Dauer fehlte ihnen aber das Geld für die aufwändigen Sanierungen, fasst Vipin in perfektem Deutsch das Dilemma zusammen. Auch Denkmalschutzorganisationen hätten bisher wenig erreicht. Einen Lichtblick gibt es aber doch: In dem ehemaligen Haveli und heutigen Museum von Navalgarh sieht der Besucher die typischen Trachten der Kaufleute, macht sich ein Bild vom täglichen Leben in den Havelis, und erfährt wie die Aufgaben zwischen Mann und Frau verteilt waren .

Fassade Haveli in Navalgarh

Einheimische rasten auf der Veranda

Auch in Fathepur, dem nächsten Ort einer Rajasthan-Rundreise, lassen Havelis den Glanz vergangener Tage nur noch erahnen: Bei manchen ragt gerade mal die Fassade mit ihren verblassten Malereien hervor, dahinter nur Geröll und eingestürzte Mauern. Auch hier das gleiche Bild: Die Bewohner leben mit dem Verfall, und wundern sich das Besucher die weite Reise nicht scheuen die verfallenen Häusern zu besichtigen. Immerhin: Ein Haveli ist zum Hindutempel mutiert, Opfergaben der Gläubigen könnten sein Leben verlängern.

Indira Ghandi weckte das Bewusstsein für die Havelis

Überleben können die Havelis am besten in der goldenen Wüstenstadt Jaisalmer, das wegen seiner gold schimmernden Sandsteinbauten so genannt wird. Vielleicht liegt es daran, vermutet Vipin, „dass Indira Gandhi einst per Hubschrauber über der Weltkulturerbestadt kreiste und aus der Luft einen großen fünfteiligen Gebäudekomplex in den Gassen der Stadt entdeckte.“  Selbst aus der Höhe habe sie den maroden Zustand des Havelis erkannt – sie war beeindruckt und besorgt zugleich. Anschließend machte sie die Havelis zur Chefsache: „Sie leitete die Restaurierung ein und sicherte dem indischen Staat Anteile “, berichtet der tiefgläubige Hindu Vipin.

Damit nicht genug. Die Wüstenstadt wartet wohl auch dank der Gandhi-Initiative mit weiteren Glanztaten einzelner auf. Etwa die liebevolle Eigenarbeit von Navneet Vyas: Er verwandelte sein Haveli in das Hotel Suray. Mit zusätzlichen Holzträgern hält er die Statik des Gebäudes aufrecht. Über Spenden finanziert er weitere Maßnahmen. Oder das Beispiel des Diwan Nathmal Ki Haveli, dessen heutiger Besitzer ein Urenkel des einstigen Premiers aus der Kolonialzeit (1885) ist: Nand Kishor Mehta finanziert sein Haveli mit hochwertigen Handarbeiten und Antiquitäten im hauseigenen Shop. „Die Substanz ist gut erhalten“, schwärmt der Besitzer, der mit seiner Familie selbst in dem Haus lebt. Stolz zeigt der geschäftstüchtige Haveli-Liebhaber die Geschenke und Andenken der einstigen Könige und Politiker, die der Urgroßvater in seinem Haus auszustellen pflegte.

Navalgarh: Haveli im Verfallsprozess

Navalgarh: Haveli im Verfallsprozess

Darunter auch ein Porzellanrelief von König Ludwig dem II. aus Bayern. Ihm lag ja ohnehin als leidenschaftlicher Schlossbauherr an gediegenen Bauwerken.  „Sicher hätte er noch eine Idee für die ein oder andere Erweiterung des Havelis gehabt“, meint Vipin schmunzelnd. Nun lebt der Märchenkönig fort in einem Haveli nahe der Wüste, und mit ihm die Granden der damaligen Politik – von King Edward bis Queen Victoria.

Mehr Information
SKR Reisen, Indien /Rajasthan: Auf den Spuren der Maharadschas
Klassische 16-tägige Rundreise durch Rajasthan ab 2.228,– Euro pro Person im DZ inkl. Flug mit Lufthansa ab Frankfurt am Main in kleinen Gruppen bis max. 12 Personen und einheimischem deutschsprachigem Guide. Einige Übernachtungen in Heritage-/Palasthotels. 
http://www.skr.de/laender/indien/indien-rajasthan-2013/

Nützliche Internetadressen
www.indienaktuell.de
www.rajasthantourism.gov.in/Home.aspx
www.auswaertiges-amt.de (Sicherheitshinweise)

Klima
Von Oktober bis April ist die beste Reisezeit. Die Temperaturen übersteigen nur selten 30 Grad, mit Niederschlägen ist kaum bis gar nicht zu rechnen.

Navarra: Der kleine Kontinent

Von riesigen Eichenwäldern im Norden über weite Wüsten im Süden bis hin zu pittoresken mittelalterlichen Dörfern – die nordspanische Region Navarra hat mehr zu bieten als die weltbekannte Fiesta de San Fermin in Pamplona – selbst die begegnet dem Besucher auf Schritt und Tritt.

Ernest Hemingway kam 1923 erstmals nach Pamplona, danach zog es ihn jedes Jahr in die Hauptstadt Navarras, immer zur Fiesta de San Fermin, Anfang Juli. Er quartierte sich im Hotel La Perla ein, Zimmer 217, direkt an der Plaza del Castillo gelegen, dem Hauptplatz mit seinen eigenwilligen Häusern und vis á vis der Bar Iruña, wo der Geist Hemingways noch heute spürbar ist.

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Bronzestatue von Ernest Hemingway in der Bar Iruña


„Hemingway hat sich hier verewigt“, sagt Maite Baines, die Stadtführerin und schreitet an der langen Bar entlang, hält mit José, dem zur Institution gewordenen altgedienten Barmann ein lebendiges Schwätzchen, um dann den mondänen saalähnlichen Raum mit seinen Säulen zu durchqueren. Am Ende rechts durch die Tür, da steht er – der Schriftsteller als Bronzestatue am Tresen in seinem „Rincon de Hemingway“, seiner kleinen Ecke. Weiterlesen

Namibia: Vollklimatisiert durch die Wüste

Auch auf Gleisen lässt sich Namibia in all seinen Facetten erkunden – vom Fish River Canyon über die Namib Wüste bis hin zum Etosha Nationalpark. Die Entdeckung der Langsamkeit im Südwesten Afrikas.

Freudestrahlend schweift ihr Blick über die endlos geraden Schienen gen Horizont, wo sich die Bergkette im afrikanischen Abendrot abzeichnet. Dann blickt sie hinüber nach links – zum Lokführer – lacht, gestikuliert und plaudert aufgeregt. Alice Aademar aus Zürich ist Gast im Desert Express und nicht irgendein Gast; sie ist stolze Gewinnerin des Zug-Quiz und fährt jetzt im Cockpit vorne mit, neben Lokführer und Assistenten. Sie hat errechnet, dass die amerikanische GI Lokomotive in den zehn Tagen ihrer Strecke durch weite Teile Namibias etwa 2200 Kilometer zurücklegt – ganz nach alter Manier mit einem Faden über der Landkarte.

Begrüßungscocktail vor dem Start

Begrüßungscocktail vor dem Start

„Genau die richtige Mischung“, lobt Alice Aademar das abwechslungsreiche Programm zwischen Gleis und Canyon. Nach mehrstündiger Exkursion mit dem Bus zum Fish River Canyon über die Pads, jener naturbelassenen Schotter- und Sandstraßen, freut sie sich auf den vollklimatisierten Zug und seine herzliche Besatzung. Zugmanagerin Angela Doëses sorgt dafür, dass die Crew ihre Aufgaben mit viel Charme bewältigt. Die 38-jährige vom Stamm der Tamara war von Anfang an dabei. Die Wagons Springbok, Oryx, Spitzkoppe, Kokeboom oder Weltwitschia, benannt nach Tieren, Pflanzen und Landschaften Namibias, nahmen am 3. April 1998 nach knapp zweijähriger Bauzeit ihren Dienst auf. Seither befördert der Luxuszug Touristen auf dem 3227 Kilometer langen Schienennetz des Landes.

Bordarzt Bunte kümmert sich um die Wehwehchen

Die Gäste kommen vor allem aus Japan, England, Südafrika und Deutschland. „Deutsche mögen es pünktlich und Südafrikaner feiern gern“, weiß Angela um die Eigenschaften ihrer Passagiere. Und wenn es Probleme gibt, hat die Zugmanagerin gut vorgesorgt. An jedem der Bahnhöfe auf der Strecke stehen Mechaniker in Bereitschaft. „So werden mögliche Defekte an der Klimaanlage oder im Sanitärbereich schnell repariert.“ Auch die medizinische Versorgung kommt nicht zu kurz, dafür ist Bordarzt Horst Bunte zuständig. Der Arzt aus Hannover gehört seit vier Jahren zur Crew des Desert Express und versorgt die Patienten bei Erkältungen, Kreislaufproblemen und Magen-Darm-Krankheiten, den häufigsten Wehwehchen an Bord.

Gelb-braune Gräser zieren den ausgedörrten Boden, ein verlassener Bahnhof mit verwaister Bar zieht am Abteilfenster vorbei, einige 100 Meter weiter spielen Kinder nahe am Gleis – sie starren dem Zug winkend nach. „Im Süden des Landes leben nur sieben Prozent der 1,9 Millionen Namibier“, erklärt Inge Hugo, zuständig für die Landeskunde im Desert Express, die verlassene Gegend südlich der Hauptstadt, „in erster Linie von der Viehzucht.“ Zwei Drittel der Bevölkerung besiedeln den wesentlich fruchtbareren Norden. Und weil die ehemaligen Kolonialmächte die Grenzen willkürlich und quer durch Stammesgebiete gezogen hätten, seien im Land die verschiedensten Ethnien ansässig – „ein Vielvölkerstaat“, sagt die temperamentvolle Südafrikanerin mit österreichischen Vorfahren.

Tote Bäume sind bis zu 800 Jahre alt

Kurz nach Sonnenaufgang, um sechs, erreicht der Sonderzug Mariental, von hier kämpft sich der Bus über die Pads in die älteste Wüste der Welt – die Namibwüste, in der Sprache des Stammes der Nama „große Ebene“. Kurz nach dem Eintritt in den Namib-Naukluft-Nationalpark prägen rote Sanddünen die Landschaft, davor Kameldorn- und Anabäume sowie weitere endemische Sträucherarten, die abgestorben und vertrocknet wirken. „Sie schlagen schon nach geringen Regengüssen wieder aus“, beteuert Inge Hugo. In der Ferne grast eine Herde Oryx-Antilopen, das Wappentier Namibias, vereinzelt sieht man Springböcke, die elegant und grazil das Weite suchen. Nur zu erahnen ist das Flussbett des Tsanchab River, der durch den Sesriem Canyon führt – „im März führte er zuletzt Wasser“, weiß die Reiseleitung.

Nach weiteren Kilometern über die vorübergehend asphaltierte Straße ist die Düne 45 erreicht. Sie gehört zum Sossus Vlei, einer Lehmbodensenke, um die sich die bis zu über 300 Meter hohen Dünen gruppieren. „Numeriert werden sie wegen der besseren Orientierung“, erklärt Wüstenliebhaberin Hugo. Der Anstieg auf die Spitze der Düne lohnt sich: von hier schweift der Blick über die weite Dünenlandschaft bis hinüber zum Dead Vlei. „Eine riesige Mulde mit toten Bäumen, die bis zu 800 Jahre alt sind“, erklärt die engagierte Südafrikanerin. Bizarr und wie gemalt wirken die Baumstämme in der verkrusteten Mulde mit den roten Sanddünen als Kulisse. Ein Bild, das auch beim abendlichen Dinner in der naheliegenden Sossus Vlie Lodge, noch nachwirkt.

In Swakopmund, wegen ihrer kolonialen Architektur die deutscheste Stadt Namibias, steht der Desert Express bereits in den Startlöchern. Mit frischem Brot, Milch, Früchten und Gemüse bestückt, zuckelt der Wüstenzug von hier über die Spitzkoppe, dem Matterhorn Namibias und durch das Otavi-Hochland in Richtung Etoscha-Nationalpark. An Kilometer 74 auf der Bahnstrecke nach Angola verabschiedet der Sonderzug seine 40 Gäste in eine Lodge, diesmal umgeben von Namibias vielseitiger Tierwelt und gelegen an der Pforte zur gigantischen Etosha-Salzpfanne – seit über 100 Jahren ein Wildschutzgebiet mit einer Fläche so groß wie die Schweiz. Auf einer Safari in den frühen Morgenstunden passieren Giraffen den Weg, springen Antilopen über Gräser und Büsche, genießt eine träge Löwenfamilie den Schatten unterm Akazienbaum, badet ein Elefantenpaar im Wasserloch und duzende Zebras weiden in der weiten Savanne.

Vereinzelt ziehen auch auf den letzten gut 15 Stunden Zugfahrt zurück nach Windhoek Antilopen und Strauße am Abteilfenster vorbei – für die meisten eine Entdeckung im Rhythmus der Langsamkeit.

Mehr Infos
Lernidee Reisen: „Sonderzugreise Juwel der Wüste“
Telefon: 030/786 00 00 www.lernidee.de
www.desertexpress.com.na

Etosha Nationalpark
Das bedeutendste Naturschutzgebiet Afrikas mit Hunderten von Tierarten, sehr seltenen Büschen und Bäumen und grandiosen Landschaftsformen. Zentrum des Parks ist die Etosha-Pfanne (129 km lang, bis zu 72 km breit). Insgesamt 114 Säugetier- und 340 Vogelarten sind in Etosha beheimatet. Darunter 3.000 Elefanten, 30.000 Springböcke, 2.000 Giraffen, 2.000 Sträuße, 500 Löwen und 300 Nashörner.

Der Namib-Naukluft-Park:
Das größte Naturschutzgebiet des Landes und das viertgrößte der Welt präsentiert sich mit einer immer wieder wechselnden Landschaft: erhabene Gebirgsmassive, weite Wüstenebenen, hohe Dünen, tiefe Schluchten und eine den Gezeiten ausgesetzte Lagune. Den Höhepunkt bietet die Region im Sossusvlei.

Reisezeit:
Namibia kann aufgrund des angenehmen Klimas das ganze Jahr hindurch bereist werden. Heiß und feucht ist es von Dezember bis Februar.

Geld:
Landeswährung ist der namibische Dollar, der an den südafrikanischen Rand gekoppelt ist: Für 1 Euro erhält man rund 10 namibische Dollar

Italien: Unbekanntes Cilento

Eine Landschaft wie aus einem Guss: mittelalterliche Dörfer, feine Sandstrände und Berge, die bis ans Meer reichen. Und das beste: Unberührt und verlassen ist hier nicht nur ein Wort – im Cilento ticken die Uhren anders.

„Buena giornata“ rufen uns die kartenspielenden Männer vor der Bar La Piazetta freundlich zu und auch der etwas abseits sitzende ältere Herr mit den grauen Haaren und der gegerbten braunen Haut grüßt überschwänglich und sucht gestikulierend das Gespräch. Er spricht von den Karstgrotten in Palinuro, von den vielen Touristen, die im Sommer die Schönheit der Küste zwischen der Punta Licosa und dem Capo Palinuro, der langgestreckten Felszunge, kennen lernen wollen und davon, dass er lange in Deutschland gelebt hat.

Der alte Mann mit dem Stoppelbart hat mehr von der Welt gesehen als Castellabate, das kleine 800-Seelen-Städtchen am Rande des Parco Nazionale del Cilento, Italiens jüngstem Nationalpark und Unesco-Weltkulturerbe. „In den 60ern bin ich mit meiner Familie nach Stuttgart gegangen“, sagt er stolz in gebrochenem Deutsch. So hat es das halbe Dorf gemacht. In den 1990ern seien viele wieder zurück gekehrt. Und seither besinnen sich die Menschen im Süden der Provinz Salerno auf die Schönheit ihres Cilento und setzen ganz auf den Fremdenverkehr – wohlgemerkt in seiner sanften, landschaftsschonenden Form, wie die Gemeindeverwaltung propagiert.

Weltabgeschiedene Ruhe in den Bergdörfern des Cilento

Die Dörfer liefern Idylle auf Schritt und Tritt

Verwinkelte schmale Gassen, die mit Rundbögen überspannt sind, ein tunnelartiges Stadttor, durch das früher das Vieh getrieben wurde, dazu mittelalterliche Fassaden, wohin das Auge blickt – im 1123 gegründeten Castellabate scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Auf steilen Treppenwegen gelangen wir zum Aussichtspunkt Belvedere, der Blick schweift über das Thyrrhenische Meer bis zur Insel Capri, wo abends die Sonne im Meer versinkt. Castellabate thront mit seinen 280 Metern Höhe wie ein Wachtposten über den Küstenstädtchen Santa Maria di Castellabate und den Fischerort San Marco, dabei scheint es förmlich über der Landschaft zu schweben. Eine Lage, die den meisten Orten im Cilento eigen ist. Sie schmiegen sich an einen Berg, hier fühlen sich die Bewohner geschützt vor übermäßiger Hitze und früher vor Raubüberfällen. Die Bewohner sahen von der Ferne den Feind herannahen, der meist über das Meer kam.

Wenn Anfang August vor allem die Italiener aus dem 80 km entfernten Neapel in die Küstenorte strömen, verlieren sie für kurze Zeit ihren weltentrückten Charakter. „Dann verwandeln sie sich über Nacht in geschäftige Touristenzentren“, sagt Claudia Steiner, „nur das Bergdorf lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.“ Die 39-Jährige Münchnerin kam vor zehn Jahren als Kunsthistorikerin in die Region – und blieb. Jetzt lebt sie in Marina di Pisciotta, ein verschlafener Küstenort weiter im Süden, vermietet mit ihrem Mann Roberto Ferienwohnungen und Häuser und organisiert kleine Führungen nach Paestum, den Ruinen einer griechischen Stadt mit drei dorischen Tempeln. „Den besterhaltenen außerhalb Griechenlands“ wie die Cilento-Liebhaberin bemerkt.

Im siebten Jahrhundert vor Christi sei das antike Paestum von griechischen Händlern gegründet worden, um 500 v. Chr. erlebte es seine Blütezeit und 273 v. Chr. wurde es römische Kolonie, klärt die Kunsthistorikerin auf. Und sie hat noch einen Tipp für uns: zwischen den antiken Ausgrabungsstätten von Velia, dem mittelalterlichen Ort Casal Velino und den langen feinen Sandstränden des Golfo di Velia liege das Zio Cristoforo, ein Ferienbauernhof, der durch seine typische Cilento-Küche glänzt.

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In den Morgenstunden hört man nur das Läuten der Glocken

 

Also auf nach Zio Cristoforo. Auf über 70000 Quadratmetern erstreckt sich das idyllisch gelegene Landgut– zwischen Hügeln, Meer und dem Fluß Alento liegen die vier Gebäude der Azienda verteilt. Fruchtbares Land, auf dem die meisten Zutaten der heimischen Küche gedeihen. Familie Crescenzo kocht ganz nach altem Rezept. „Die Küche ist bäuerlich, einfach und sehr gesund“, betont ein Tischnachbar an der langen Tafel auf der Terrasse mit Blick auf’s Meer. „Alles hausgemacht – vom Wein und den Likören über Käse, Wurst und Pasta bis hin zum Olivenöl.“

Wir vertrauen der Empfehlung des Kellners. Als Vorspeise frischgefüllte Auberginenröllchen , als erster Gang Pasta mit Meeressoße aus Tomaten, Muscheln, Garnelen und Tintenfisch und als Hauptgericht gegrillter Fisch mit in Olivenöl gedünstetem Paprika und Auberginen. Den Abschluss bilden Früchte mit einer feinen Ricottacreme. Am liebsten würden wir das Geheimnis der hiesigen Kochkunst selber ausprobieren. „Kein Problem“, sagt Marco, ein langjähriger Gast, „Koch Stefano gibt regelmäßig Kochkurse und führt in die cucina italiana ein.“ Eine gute Idee für’s kommende Jahr.

Am nächsten Tag zieht es uns noch einmal nach Castellabate in die Bar La Piazetta. Kurz nach der Siesta herrscht reges Treiben auf der Piazza. Und der alte Mann sitzt wie immer an gleicher Stelle. Wir erzählen ihm von den Entdeckungen unserer Reise und davon wie schön es in seiner Heimat ist. Diesmal nickt er nur und ist ohne Worte.

Mehr Information:
Reiseveranstalter Italimar, Spezialist für Süditalien und Cilento vermittelt Landgüter, Wohnungen etc. Das komplette Angebot unter www.italimar.com

Weitere Auskünfte: Italienisches Fremdenverkehrsamt, Lenbachplatz 2, 80333 München
Telefon: 0 89/53 45 27

El Rocío: Tanzen bis zum Morgentau

Jedes Jahr feiern die Spanier im kleinen Dorf El Rocío in Andalusien ein buntes Pfingstfest zu Ehren der Heiligen Jungfrau. Fotos von Jörg Wenzel

Stolze Reiter und lachende Frauen auf geschmückten Planwagen: Alljährlich zu Pfingsten ziehen kilometerlange Karawanen durch den Coto Doñana, den größten Nationalpark Spaniens. Ihr Ziel: das 500-Seelen-Dorf El Rocío. Zu Ehren der heiligen Jungfrau wird dort gebetet, gefeiert und geflirtet. Zu erleben sind feuriger Flamenco und tiefe Religiösität – das alles vor einer Kulisse wie aus einem Western.

El Rocio Wallfahrt in Andalusien

El Rocio Wallfahrt in Andalusien

Rötlich schimmert der Horizont. Am Hang unter den riesigen Hochspannungsmasten steht ein alter Holzwagen mit großen weißen Rädern, festlich geschmückt, von Kerzen umrandet, im Zentrum ein Altar mit einer Heiligenfigur. Es ist still, Männer und Frauen jeden Alters bilden einen Halbkreis und starren ergriffen auf die Figur. Über den Gläubigen summt die Stromleitung. Dann ertönt die Stimme einer jungen Frau – ein Klagelied, ein Lobgesang, ein Gebet? Danach wieder Stille. Kurz danach setzt ein Mann mit rauer Stimme zum Gesang an, die Augen geschlossen, mit wogender Brust. Der Reigen abwechselnder Gesänge reißt nicht ab – so geht es bis spät in die Nacht. Weiterlesen

Kuba: Vom Rhythmus gerauchter Zigarren

Kubaner sind Lebenskünstler und die Tabakbauern ganz besonders. In Viñales ticken die Uhren anders – und das steckt an: Eindrücke aus Kubas Westen.

Am Bahnhof von Pinar del Rio herrscht Hochbetrieb – wie jeden Tag, wenn der vollbesetzte Bus die Provinzhauptstadt im Westen Kubas erreicht. Es bleibt kaum Zeit das Gepäck zu suchen, schon umlagert ein Dutzend geschäftiger Männer zwischen 7 und 70 die Reisenden. Sie wollen nur das Beste für ihre Klientel, ein Angebot jagt das nächste. Keine Zeit für lange Entscheidungen. Ein alter Wartburg erhält den Zuschlag. Schnell den Rucksack im Kofferraum verstaut und schon nimmt das betagte Fahrzeug Kurs Richtung Viñales ins Tabakanbaugebiet, Heimat der edlen Havannas. Drei Kubaner eskortieren den Besucher. Sie riskieren Kopf und Kragen bei diesem Transfer: Kubaner dürfen Chauffeurdienste nur mit entsprechender Lizenz ausführen und die ist teuer. Also probieren es die meisten ohne, das Risiko erwischt zu werden ist groß.

Wo der Tabak reift

Casa de tabaco: Wo der Tabak reift

Juan, der ältere, trägt eine Baseballmütze – „das Geschenk eines amerikanischen Touristen“, betont er stolz. Seine raue, sonnengegerbte Haut erzählt von Jahren harter Arbeit auf den Tabakfeldern, die Augen verraten Witz und Charme. Er sprüht vor Neugier, will wissen, wie die Menschen in fernen Ländern leben. Am meisten interessiert ihn das Familienleben. „In Kuba ist die Familie das wichtigste.“ Seine Nichte, erzählt er, habe sich von ihrem Freund getrennt, weil sie sich nicht einigen konnten, wo sie nach der Hochzeit leben werden – bei seinen oder bei ihren Eltern.

Der Wartburg fährt durch eine leicht hügelige Landschaft, sattes grün, wohin das Auge blickt – und immer wieder Königspalmen. Sie ragen majestätisch elegant in den karibischen Himmel hinein und erinnern an die ästhetisch perfekte Haltung der Kubaner, wenn sie Salsa tanzen. Zugleich symbolisieren sie die Kraft und den Stolz der Menschen auf dem Inselstaat.

Autos aus den 50ern prägen das Ortsbild

Autos aus den 1950ern prägen das Straßenbild

Nach wenigen Kilometern stoppt der Viertürer abrupt. Einer der Begleiter will eine Polizeisperre gesichtet haben. Mit den Worten „va andando“, macht Juan dem Fahrgast unmissverständlich klar: Die Reise muss vorerst zu Fuß weitergehen. Nach der Polizeikontrolle nähmen sie ihn wieder auf. Für lange Fragen ist keine Zeit und schon umgibt den Reisenden die Einsamkeit und Stille des kubanischen Westens. Hier entfaltet sich die ganze Schönheit der Landschaft: Tabakfelder und Zuckerrohrplantagen prägen das Bild, vereinzelt sind die kleinen palmgedeckten Holzhütten der Tabakbauern zu sehen. Dazwischen stehen fensterlose Schuppen mit Dächern aus Palmstroh oder aus Blech. Es sind die casas de tabaco, die Trockenschuppen für den Tabak. Hier kochen die Tabakballen tagsüber in ihrem eigenen Hitzedunst und schwitzen ihre Feuchtigkeit aus.

Das Geheimnis der Tabakbauern

In der Ferne werden steil aufragende, schroffe Kegelfelsen sichtbar – die mogotes. Jene älteste geologische Formation Kubas, entstanden vor 150 Millionen Jahren. Auf der kaum befahrenen Straße trifft man immer wieder Menschen: zu Fuß, auf dem Rad oder zu Pferd. Sie grüßen freundlich mit einem Strahlen im Gesicht als wäre man ein alter Bekannter. Sie wirken entspannt, ausgeglichen und viel ruhiger als die Menschen in Havanna. Was ist ihr Geheimnis?

Nach einer scharfen Rechtskurve taucht das Privattaxi wieder auf. Kontrolle überstanden, Glück gehabt. Die Fahrt geht weiter. „Bei Manuel fühlt sich jeder wie zuhause“, verspricht Juan, „gutes Essen, warmes Wasser und nur 15 Dollar die Nacht“. Er erzählt auch, dass die Dorfbewohner fast ausschließlich von den Touristen leben: casas particulares, Privatunterkünfte, paladares, private Restaurants, Chauffeurdienste, Ausflüge und Geschäfte mit Rum und Tabak. „Das funktioniert, weil jeder mitmacht“, sagt er. Das Netzwerk der Leistungen ist lückenlos. Jeder weiß, was der andere zu bieten hat und gegenseitiges Vermitteln und Empfehlen hält alle über Wasser – „so einfach ist das“, sagt Juan.

Auf den Veranden spielt die Musik

Auf den Veranden spielen Salsa und Son

Viñales – kurz vor Sonnenuntergang hebt das gelb-rote Licht die ganze Pracht des kleinen Ortes hervor: Die niedrigen Holzhäuser mit ihren Veranden, die sich entlang der Hauptstraße hinziehen, wirken einladend und lebendig. Selbst die schlichte Dorfkirche aus dem 19. Jahrhundert versprüht Glanz. Chevrolets, Studebaker, alte Chrysler: Oldtimer aus den 1950ern, teils voller Rostflecken, teils aufpoliert rollen gemächlich über die Hauptstraße – Kuba ist ein Museum. Ein paar Musiker packen Bongo, Baß und Gitarre aus und senden die ersten Rhythmen in den jungen Abend, auf den Veranden spielen Männer Domino.

Zigarrenrauchen ist eine Kunst

Was in Viñales wie Feierabendstimmung aussieht, scheint hier den ganzen Tag so zu sein. Zeit für einen mojito – das Nationalgetränk aus frischen Minzblättern, Kokosnusssirup, Eis, Soda und weißem Rum, dazu die verführerischen Klänge von Salsa und Son. Auf der Veranda gegenüber sitzt ein alter Mann in seinem Schaukelstuhl, wippt langsam vor sich hin, genießt das abendliche Treiben, lächelt entspannt und raucht genüsslich. „Zigarrenrauchen ist eine Kunst“, sagt der Barmann, „und in Viñales sind alle Tabakbauern Künstler.“

Manuel ist ein hervorragender Gastgeber, mehr noch: wer bei ihm logiert, wird zum Freund. Er ist Mitte Anfang 50, lächelt warmherzig, und seine ehrlichen braunen Augen enthüllen seinen eigenwilligen Charakter. „Ich bin noch nie aus dem Tal herausgekommen“, bekennt er und doch wirkt er welterfahren und offen. Früher hat er auf den Tabakfeldern gearbeitet, heute lebt er von den Touristen. Er wohnt mit seiner Frau Blanca in einem Haus, das er eigenhändig unter einer Ceiba, auch Kopok- oder Wollbaum genannt, erbaut hat – ein gutes Zeichen, denn dieser Baum galt schon in den indianischen Kulturen als heilig und daran hat sich nichts geändert. „Ein Kubaner würde niemals eine Ceiba fällen“, sagt Manuel, hebt dabei den rechten Zeigefinger und wirft die Stirn in Falten.

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Mogotes, eine über 150 Millionen Jahre alte geologische Formation

 

Am Abend steht die kreolische Küche auf dem Programm: Pollo asado, Brathähnchen, dazu als Beilage Moros y Christianos, das Nationalgericht aus Reis mit Bohnen und plátanos, Kochbananen. „Rindfleisch und Hummer dürfen wir nicht servieren“, klärt Manuel auf. Eine der zahlreichen staatlichen Auflagen für die privaten Restaurants. Gegen einen flan, katalanischer Karamellpudding, hat die Regierung allerdings nichts einzuwenden. Dann die Krönung: Ein Glas vom braunen kubanischen Rum. „Muy rico“, lobt Manuel seinen 15 Jahren alten Tropfen. Dazu darf eine cohiba, Manuels besondere Tabakempfehlung, natürlich nicht fehlen. Irgendwann holt der Gastgeber eine kleine Holzkiste hervor, darin Briefe und Postkarten aus der ganzen Welt. Stolz zeigt er bewegende Zeilen aus Sydney, Tokio, Vancouver, Berlin oder Florenz. Alle wollen nur eines: Bald wieder eine Zeit im Haus von Blanca und Manuel verbringen – und Leben im Rhythmus gerauchter Zigarren, voller Genuss und ganz ohne jeden Plan.

Hiiuma: Die Insel der Frauen

Frauenpower – auf der estnischen Insel spielen Männer keine Rolle

Sie lässt sich Zeit mit der Antwort. Kurz schweift ihr Blick zu der Gruppe Birken am Wegesrand hinüber, die Stirn legt sich langsam in Falten, um den Mund macht sich ein Lächeln breit, ein verschmitztes Lächeln. Und die passenden Worte folgen prompt: „Sagen wir 64 und ein bisschen mehr“, beantwortet sie die Frage nach ihrem Alter mit dieser Mischung aus skurril und lakonisch, die an Filme des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki erinnert. Bis zu den Finnen ist es ja nicht weit – 80 Kilometer über den finnischen Meerbusen. Eng verwandt ist die eigene Sprache mit dem Finnischen ohnehin. Eigentlich ist Anu-Maie Jõgi schon über 70, aber wen interessiert das schon?

Junge Estinnen auf Hiiumaa pflegen die Folklore

Junge Estinnen auf Hiiumaa pflegen die Folklore

Auf Hiiumaa, der zweitgrößten von drei Inseln, etwa 22 Kilometer westlich vor Estlands Küste gelegen, leben 12000 Menschen. Sie nutzen ihre wieder gewonnene Freiheit und sprießen vor Ideen und Tatendrang. Auch Frau Jõgi hat eine Idee gewinnbringend weiterentwickelt. Sie stellt Konfitüre aus Karotten, Orangen, Hagebutten und Waldkräutern her und verkauft sie auf der Insel und in Supermärkten auf dem Festland. Vor 15 Jahren, kurz nach der estnischen Unabhängigkeit, erfand sie ihre spezielle Rezeptur. Wie damals zieht sie auch heute durch die Wälder der Insel und pflückt ihre Zutaten selbst. Pihla Thalu heißt Frau Jõgis alter Bauernhof, der inmitten des Waldes liegt. Vor dem Haus sind die Tische üppig gedeckt. Frühstücksgäste probieren Marmeladen und frischgebackenes Brot, aber auch winzige Schollen, die in ihrer Form der Insel gleichen. „Manche sehen in Hiiumaa die Form eines Kreuzes“, sagt die einstige Top-Langläuferin im Orientierungslauf, andere meinen, sie habe die „Form eines Vogels mit einem langen Hals, der gerade zur Landung ansetzt“. Die Estin lässt offen, wie sie das sieht. Aber an die Legende, dass der Name Hiiumaa vom Wort „hiiud“ – Riesen, Helden – abstammt, daran glaubt sie ganz fest, es ist ihre „Insel der Riesen“.

„Hiiumaa ist auch die Insel der Frauen“, sagt Urve Merendi, die als Reiseleiterin jeden Winkel ihres Eilands kennt. „Die Männer arbeiten auf dem Festland, fahren zur See oder haben neuerdings Jobs in Irland.“ Das habe Tradition, sagt Frau Merendi, deren Urgroßvater mit einer Deutschen verheiratet war. Ein Indiz für die lange Fremdherrschaft – mal wehte über Estland die dänische, schwedische, russische oder eben deutsche Flagge. Die Frauen kamen auf der Insel meist ohne die Männer aus, ob beim Folkloretanz, in den Fischereien, bei der Kindererziehung oder in der Gastronomie: Wie Margit Kääramees, die seit 13 Jahren auf ihrem Bauernhof „Mäeotsa“ in der Nähe des Ortes Orjaku mehrere Zimmer und ein kleines Landhaus anbietet.


In dem großen Garten unter knorrigen alten Laubbäumen steht ein langer Holztisch mit regionalen Köstlichkeiten: Fischsuppe, Brot, Käse, selbst gebackener Kuchen. „Wir lieben unsere Gäste“, sagt die agile Gastgeberin, und wie in Estland üblich spielen Position und Bankkonto der Gäste keine Rolle, alle werden gleich freundlich behandelt, ob Manager oder Arbeiter. Ihre Gäste kommen aus Schweden, Finnland, England, aus Deutschland und vom Festland. Kein Wunder, denn so abgelegen der Ort auch scheint, so modern vernetzt ist Frau Kääramees – dem Internet sei Dank. Wie die meisten ihrer Landsleute: Jedes noch so kleine Unternehmen, jede Unterkunft – alle sind über Google zu finden, bestätigt Urve Estlands Ruf als führendes Hightech-Land.

Von der Halbinsel Kassari aus, das die Insulaner auch „unser Mallorca“ nennen, „weil das Wasser wärmer und der Himmel blauer ist“, erklärt Inselguide Urve, führt die Straße an der mit Schilfgras übersäten und von zahllosen Vogelarten bevölkerten Bucht von Käina entlang nach Süden Richtung Emmaste.

Weiter endlos lang durch dichten Kiefernwald zum westlichen Zipfel der Insel nach Kõpu. 60 Prozent von Hiiumaa sind mit Kiefer-, Laub- und Fichtenwäldern bedeckt – es ist die waldreichste Region Estlands. Kein Wunder, dass sich hier die Tierwelt heimisch fühlt. Einen Bären haben sie zwar nicht mehr, dafür einen Wolf, 250 Elche, 200 Rothirsche, zahlreiche Luchse und Hunderte von Rehen und Wildschweinen. Von Kõpu aus führt kein Weg am 500 Jahre alten Leuchtturm vorbei, dem drittältesten noch betriebenen weltweit und zugleich Symbol der Insel. Wie eine beleibte Dame mit einem roten Zopf und glitzernden Augen sieht der Turm von weitem aus. „Das Meer ist hier sehr niedrig, die Schiffe laufen Gefahr zu stranden“, weiß Urve aus vielen Seemanns-Geschichten, die um den auf einem 68 Meter hohen Hügel thronenden Leuchtturm ranken.


Nahe der Ortschaft Vaemla steht ein langes weißes Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert – Sitz des Familienunternehmens Hiiu Vill. Hier taucht man ein in eine andere Welt, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Über 100 Jahre alte Maschinen, die Wolle in Garn umwandeln, prägen den langen Raum, an dessen Ende ein kleines Podest mit Ehrungen und Insignien aus der Sowjetzeit thront. Seit 1992 betreiben Tiiu und Jüri Valdma ihre Spinnerei, 25 bis 30 Kilogramm Garn stellen sie täglich her. Jüri ist stolz auf die Maschinen. Viel reden tut er nicht, er hat dieses Hiiuma-Lächeln, vieldeutig und anziehend zugleich. So wie seine Frau, die im Laden nebenan Strickjacken, Wollsocken und -handschuhe sowie andere Wollprodukte verkauft. Fast alles selbst entworfen, denn Tiiu ist eine Künstlerin, so wie die meisten Frauen auf Hiiumaa.

 Mehr Information
www.visitestonia.com, www.hiiumaa.ee

Übernachtung:
Pihla Bauernhof, preiswerte Ferienwohnungen mit selbstgebackenem Kuchen und exzellenter Konfitüre
www.pihlatalu.ee,

Mäeotsa Bauernhof bei Frau Kääramees, ein Cottage für fünf Personen und weitere Zimmer, 20 Euro pro Person mit Frühstück
maeotsa.maaturism.ee,

Playa de Bolonia: Afrika in Sicht

Sanft begrünte Dünen, bunte Blumenwiesen und  Gibraltar stets im Blick – im Herbst zeigt sich die Playa Bolonia und Umgebung von ihrer schönsten Seite

Träge weiden die Rinder auf den flachen, leicht begrünten Dünen. Dahinter türmt sich der Sand zu einem Berg empor, bevor er in einen weiten Pinienwald übergeht. Ich sitze auf der Holzterrasse eines „Chiringuito“, einer Strandbar, und genieße fangfrisches Thunfischfilet. Ein Farbenspiel aus kräftigem Blau des andalusischen Himmels, smaragdgrünem Atlantik und goldgelbem Sand begleitet meine Mahlzeit. Zwanzig Jahre sind seit meinem letzten Besuch vergangen. Ob die Playa Bolonia immer noch ein Geheimtipp ist? Weiterlesen

Vietnam: Alles im Fluss

Der Mekong verästelt sich in seinem Delta in ein Meer von Flussarmen und Kanälen – das Boot wird zum wichtigsten Verkehrsmittel und die Märkte beginnen zu schwimmen. Besuch in einem der fruchtbarsten Regionen des Landes.

Endlos lang zieht sich die Ausfallstraße von Ho Chi Minh City nach Südwesten Richtung Mekongdelta. Erst reiht sich Haus an Haus, dann folgen Fabriken, Unternehmenssitze, Lagerhallen – kilometerlang. „Vor zehn Jahren gab es hier nichts als Land“, sagt Nguyen Tien Dung der sympathische Reiseleiter mit DDR-Vergangenheit. Erst nach gut einer Stunde gibt der Ballungsraum Saigon langsam Ruhe, vereinzelt gleiten Schulmädchen in ihren eleganten weißen Seidenuniformen auf Fahrrädern vorbei, Männer transportieren Türen und Glasscheiben auf Mopeds.

Die Landschaft verändert sich, nimmt ihre typischen Züge an: Mango und Guaven, Rosenäpfel, Bananen, Kokospalmen und Reisfelder wechseln einander ab. Immer wieder Reisfelder. Sie breiten sich links und rechts der Nationalstraße 1 wie saftige grüne Wiesen aus. Überall lugen Reishüte aus dem Feld, meist Großfamilien, die vom Reisanbau leben. „Der Reis wächst schnell, bis zu drei Reisernten im Jahr sind möglich und Überschwemmungen begünstigen sein Wachstum“, sagt Dung. Für die Ernte brauche man etwa 100 Tage. Jährlich werden landesweit fünf Millionen Tonnen Reis exportiert, damit rangiere man nach Thailand weltweit an zweiter Stelle.

In der Uferstadt Vinh Long wechseln wir vom Bus aufs Boot und tauchen ein in ein unübersehbares Netz von Flüsschen und Flüssen, die das Mekongdelta durchkreuzen. Nach seiner über 4500 Kilometer langen Reise durch China, Burma, Laos und Kambodscha ist der Mekong die Lebensader der indochinesischen Halbinsel. „Von den Franzosen sind die künstlichen Wasserstraßen eigens für den Transport gebaut worden“, klärt Dung auf. Vorbei an Hütten auf Pfählen und Stelzen, vor denen Frauen kochen und waschen, einer alten Werftanlage, einer katholischen Kirche kommen uns zumeist einmotorige Boote entgegen, in der Regel zu zweit besetzt – vorne die Frau mit Mundschutz und Reishut, hinten der Mann am Ruder.

Manche Orte sind nur mit dem Boot erreichbar

Sie transportieren Säcke mit Reis, Gemüse und Früchten aller Art. Meist kleine Händler, die von den Schwimmenden Märkten kommen, wo sie ihre Ware einkaufen. „Sie versorgen Orte, die man nur per Boot erreichen kann“, sagt der 54-jährige Dung. Und davon gibt es eine ganze Menge, der Verkehr im Delta ist rege. Rund 16 Millionen Menschen leben in der Region auf einer Fläche so groß wie die Niederlande, davon sind etwa 90 Prozent Bauern. Seit dem Einzug der Privatwirtschaft haben sie ein Recht auf Eigenanbau. Der Schlüssel sei die Pro-Kopf-Verteilung, meint Dung. „Je größer die Familie umso mehr Land steht ihnen zu.“

Land, das Herr Tam Ho, der ehemalige Vietcong mit Ho-Chi-Minh-Bärtchen, für den Bau einer Pension für Reisende und einer Baumschule auf der kleinen Insel An Binh genutzt hat. Ein winziger Pfad führt von der Anlegestelle vorbei an blühenden Pflanzen in einen üppigen Garten. Gleich zu Beginn empfangen uns die stark glänzenden gelappten bis zu ein Meter langen Blätter eines Brotfruchtbaums mit ihren mehrere Kilo schweren Früchten, es folgen Manioksträucher und ein Jackfruchtbaum, dessen Frucht zu den größten überhaupt gehört und bis zu 50 Kilogramm schwer werden kann.

Spezialität Elefantenohrfisch

Unter einem mit Palmenzweigen verzierten Dach hat der rüstige 87-jährige einen Früchte-Imbiss vorbereitet, dazu eine Auswahl exzellenter selbstgebrannter Fruchtschnäpse. „Joo, Joo!“ verkündet Tam Ho und kippt das winzige Porzellantässchen mit Hochprozentigem in einem kräftigen Zug hinunter, wir folgen seinem Beispiel. Ein Geschmack aus Zimt und Limonen kitzelt unseren Gaumen. Zusammen mit den Klängen der Folkloregruppe löst der Schub im Blutkreislauf euphorische Stimmung aus.

So euphorisch, dass wir den Weg über die sogenannte Affenbrücke wagen. Eine einfache Konstruktionen aus Holz und Bambus, die einen schnellen Übergang über die Wasseradern ermöglichen. Mit dem Boot tuckern wir weiter in Richtung Can To und gelangen zurück auf einen Hauptarm des Mekong. Auf unserem Weg kosten wir die Küche der Region und kehren ein bei Sau Giao. Auch er bewirtet Touristen – kleine Zimmer im Dschungel mit Frühstück und einer ausgezeichneten Küche. Er serviert Elefantenohrfisch, eine gebratene Delikatesse des Mekongdelta, dazu Reis und Salat. „Viel dran ist nicht, aber er schmeckt hervorragend“, leitet Dung das Menü ein. Als Entree füllen wir hauchdünnes Reispapier mit Salat, Soja und anderen Zutaten, falten es zusammen und genießen die Köstlichkeit.DSC_0362

Das aktuelle Angebot hängt am Bambusmast

In Can To, am Deltaarm Hau Giang gelegen und mit einer halben Million Einwohner die Hauptstadt des Mekongdeltas, passt sich der Rhythmus dem Wasser an – alles ist in ruhigem Fluss. Vereinzelt sitzen Gruppen jeden Alters auf den Bänken am Flussufer und warten auf das kräftige Abendrot nach dem Sonnenuntergang. Gemächlich flaniert ein junges Paar über die Uferpromenade, etwas schüchtern und so unschuldig wie der junge Abend. Eine riesige Statue des Staatsgründers Ho Chi Minh überwacht das Geschehen. Auf der gegenüberliegenden Flussseite flimmern die gewaltigen Reklametafeln multinationaler Konzerne. Ein junger Mann lädt zu einem letzen Flusstörn ein. Am späteren Abend wird die Luft drückend schwül, ein Partydampfer bringt feiernde Gäste an Land.

Am nächsten Morgen schippern wir durch die engen Passagen bei den Schwimmenden Märkten nahe Can To. Es ist Hochbetrieb: Decks werden geschrubbt, Essen zubereitet, Ware sortiert und geladen. Das aktuelle Angebot hängt deutlich sichtbar an einem Bambusmast – Bananen, Kürbisse, Wassermelonen. Die kleinen Händler legen mit ihren Booten vor den großen Kähnen an und laden, was sie später verkaufen können. „Es geht zu wie auf einem Markt in Saigon“, sagt Dung eher beiläufig. Und er hat Recht. Dasselbe Lächeln, dieselbe Leidenschaft schwingen beim Handeln mit – nur: ihre Lebensader ist der Fluss und nicht das Land.

Mehr Information:
TUI Rundreise „Südvietnam Kaleidoskop“, 8 Tage mit Anschlussaufenthalt, ab/bis Frankfurt mit Vietnam Airlines,
Stationen: Saigon, Can Tho, Dalat
http://www.studienreisen.de/studienreise_124426.html
Hotline: 06373-811728

Apulien: Das vergessene Land

Lange Zeit schlummerte Italiens Absatz mit seinem Sporn, dem Gargano, unbeachtet vor sich hin. Langsam entdeckt der Reisende die Fülle seiner Kultur und Geschichte, seine unberührten Sandstrände, und die einzigartige Küche. Eine Entdeckungstour lohnt sich.

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Die Trulli von Alberobello

Männer rufen laut, wiegen Tintenfische, säubern Seeigel, kaufen und verkaufen, verhandeln und lachen. Wie jeden Sonntagmorgen in Bari. „Reine Männersache“ sagt Elke Sciscio, la tedesca, die seit 18 Jahren Touristen ihre Wahlheimat näher bringt. Eine „Hinterlassenschaft der Völker aus dem Orient“, die den Stiefelabsatz lange Zeit prägten.

Die Deutsche mit italienischem Pass liebt dieses Land, das die Römer einst „Finis terrae“, das Ende der Welt, nannten. Nicht allein wegen seiner 820 Kilometer schönster Küstenabschnitte oder seiner reichen Kulturschätze, auch nicht wegen der köstlichen Regionalküche und den guten Weinen. „Die Menschen hier sind so offen und mitfühlend“, sagt Elke Sciscio, „das erlebe ich jeden Tag aufs Neue. Die Apulier lieben ihre Heimat und wer fortzieht kommt bestimmt irgendwann zurück.“

Weisse Stadt Hügel

Die citta bianchi Ostuni

Schon auf der Fahrt entlang der Adriaküste Richtung Süden entdecken wir die ersten Zeugnisse der wechselhaften Geschichte Apuliens. Aus dem rötlich schimmernden Erdreich ragen zeitlose alte casedde, Unterstände und paghiari, Scheunen hervor. Sie gehörten zu den charakteristischen Trulli, jenen runden, weißen Häusern mit schuppenartigen Bruchstein-Schieferdächern, deren Ursprung auf vorgeschichtliche Zeit zurückgeht. In Alberobello, südlich von Bari, gibt es mehr als 1300 dieser zum Unesco-Weltkulturerbe zählenden Rundhäuser.

Region ist reich an hochqualitativem Olivenöl

Im frühen Abendlicht glitzern die endlos scheinenden Olivenhaine silbrig, die rote Erde bildet einen scharfen Kontrast. Manche der knorrigen Bäume sind bis zu 600 und mehr Jahre alt und liefern noch immer eine reiche Ernte. Wie die ganze Region: 40 Prozent des gesamten Olivenöls Italiens stammt aus La Puglia. In der Ferne auf einem Hügel sind die weiß getünchten Häuser eines Dorfes zu erkennen. Aus deren Mitte ragt eine stattliche Kirche empor – eine der vielen „Zeitzeugen“ der unterschiedlichen Einflüsse, die den Stiefelabsatz in seiner langen Geschichte heimgesucht haben. Einst war die Region heiß begehrt: Griechen und Römer, Spanier und Araber kamen, siedelten und wurden wieder vertrieben. Auch Friedrich II, der Stauferkaiser, hat mit zahlreichen Kirchen, Kastellen und Burgen seine Spuren in Apulien hinterlassen.

Spiegelung

Trani mit Hafen und Kirche

Südlich von Leece erstreckt sich die karstige Hügellandschaft des Murge Salentine Wir fahren vorbei an steinigen Feldern, uralten Olivenhainen, niedrigen Weinstöcken, passieren Feigen- und Mandelbäume. Bis dicht an die Küste reichen die Ackerflächen. Noch bis vor zehn Jahren gab es hier nur Fischerorte, heute sind an vielen der mittelalterlichen Torre, den Wachtürmen, die einst zum Schutz gegen Türken und Sarazenen gebaut wurden, Ferienorte entstanden und sie tragen deren Namen. Ferienorte? Auch wenn Apulien als weithin unentdeckt gilt, habe der Tourismus in den vergangenen Jahren in der Region um Gallipoli zugenommen, erzählt uns der nette Herr an der Bar am Corso Roma. „Vor allem Italiener und immer mehr Deutsche entdecken La Puglia“, sagt er lächelnd.

Der belebte Corso führt zur alten Brücke von Gallipoli, welche die Neustadt von der im Meer schwimmenden Altstadt trennt. Auf einer kleinen Insel erhebt sich die „schöne Stadt“, griech.: Kalé-polis, rundherum von einer alten Wehrmauer umgeben. Im Inneren windet sich ein Labyrinth aus eng verschlungenen Gassen, die auf winzige Piazzas münden. Innenhöfe und weiße Häuser erinnern an arabische Architektur. Auch hier thront über allem eine Kathedrale – St. Agatha, ein Meisterwerk des Barock, mit ihrer Fassade aus dem gelblichen Tuffstein der Region.

„Ein Paradies für Vegetarier“

Der gesprächige Verkäufer im Tabacchi-Laden in der Altstadt schwärmt von den traumhaften Sandstränden und dem glasklaren sauberen Wasser seiner Heimat. Und dann erzählt er von seinen Jahren in Mailand und das der Fortschritt früher immer aus dem Norden kam. „Basta“, sagt er abrupt und schlägt mit der rechten Hand auf den Kassentisch, „meine Kinder sollen hier aufwachsen.“ Kurz darauf sitzen wir im Ristorante Il Bastione an der alten Stadtmauer mit Blick auf den Hafen, Fischer flicken ihre Netze, nehmen Kurs aufs Ionische Meer, Möwen begleiten sie kreischend. In ihren geflickten Netzen wird bald La Spigola, Seebarsch, zappeln, denselben lassen wir uns gerade auf der Zunge zergehen – auch das ist Gallipoli. Die Apulier sagen: Es ist der beste Fisch Italiens. Sie sagen auch, dass nirgends im Land so gesund gegessen wird wie in Apulien. „Ein Paradies für Vegetarier“, legt sich Elke fest. Allein bis zu 40 Antipasti gebe es, ganz zu schweigen von den handgeformten orechiette, Öhrchennnudeln mit gekochten Rübensprossen und Sardellen. „Alles basiert auf regionalen Zutaten – Getreide, Gemüse und Olivenöl.“

An der Südspitze der Halbinsel bei Marina di Léuca, wo sich ionisches und adriatisches Meer treffen, beginnt die Küstenstraße nach Otranto. „Atemberaubend, unvergesslich, einzigartig“ sei die rund 40 Kilometer lange Steilküste, so überschlagen sich die Superlative. Und es stimmt. Sie braucht sich vor der Amalfitana nicht zu verstecken. Ihr Vorteil: Kaum einer weiß um ihre Schönheit: Keine Staus, keine Campingplätze, keine überfüllten Buchten. Idylle pur, hier und da der verblichene Glanz herrschaftlicher Adelshäuser. Wie in Santa Cesarea Terme, einem bekannten Badeort mit schwefelhaltigen Thermalquellen: Feudale Villen im muselmanischen Stil säumen auch hier die Küstenstraße. Hinter dem südöstlichsten Punkt Apuliens, am Capo d’Otranto, von wo man an klaren Tagen bis nach Albanien sehen kann, wird die Landschaft karstig und schroff, Kühe weiden auf dem Hochplateau vor dem Horizont des blau schimmernden Meeres.

In Otranto, auch Pforte zum Orient genannt, spüren wir die Geschichte aus Orient und Okzident auf Schritt und Tritt: Hier die romanische Kathedrale mit dem faszinierenden Fußbodenmosaik, dort das Kastell der Aragonesen, das mit seinen Türmen und Mauern die Altstadt umgibt. Und am Hafen eine Gruppe von Männern – redend, gestikulierend, lachend…

Mehr Information
Italienisches Fremdenverkehrsamt ENIT, Kaiserstr. 65, 60329 Frankfurt/Main,
Telefon: 0 69/23 74 34,
www.www.enit.de

Unterkunft
Neben rund 770 Hotels und 150 Ferienhäusern sowie zahlreichen bed&breakfast-Pensionen lässt es sich besonders urig in den historischen Gutshäusern übernachten, den sogenannten Masserien, die in den letzten Jahren in stilvolle Hotels umgebaut wurden.

Myanmar: Beauty aus der Baumrinde

Die zarte Pflanze der Demokratisierung ist in Myanmar überall zu spüren. Das Lächeln der Burmesen steckt an und ihre Lebenskraft ist grenzenlos – Eindrücke aus der ehemaligen Hauptstadt Yangon.

Zwei edel restaurierte Busse aus kolonialer Vorzeit kurven durch Yangon, der ehemaligen Hauptstadt von Myanmar, dem einstigen Burma. Sie bringen Gäste ins Hotel am Inya Lake, dem einzig wirklichen Stadtresort der Metropole. Der Charme sozialistischer Architektur aus den 1960er Jahren empfängt den Besucher – außen wie innen. Die tropische Wärme und der Blick auf den See mit seinen Palmen in Ufernähe verzaubern den Gast. Die untergehende Sonne färbt den Abendhimmel purpurrot. Ein Gefühl wie in einer Oase, jenseits jeglicher großstädtischer Hektik. Und doch ist es nicht weit bis zum Bogyoke Aung San-Market (Scott-Market) oder bis zur über 2000 Jahre alten und 100 Meter hohen Shwegadon Pagode mit ihren tausenden von Edelsteinen.

Mingei rührt Paste an

Mingei rührt die „Beauty“-Paste an

Ob auf den geschäftigen Märkten, den Garküchen, den Hotels, Pagoden oder Tempeln – überall empfängt sie den Besucher: die offenherzige Art der Burmesen und der weiteren 134 Volksgruppen des Landes ist selbst für vielgereiste von beeindruckender Echtheit. Ein Lachen, das nichts erwartet.
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New Orleans: The Big Easy never ends

Straßenleben

Straßenmusik und schrille Typen prägen das Leben rund um die Bourbon Street

Was Hurrikan Katrina alles angerichtet hat, erkennt man nicht auf den ersten Blick. Erst wenn die Bewohner ihre Geschichten erzählen, wird das Ausmaß der Katastrophe greifbarer. Trotz allem huldigt jeder dem alten Lebensgefühl des Big Easy – so als wäre nichts geschehen.

Von den Balkonen aus werfen sie ihre bunten Plastikketten in die Menge. Es ist Freitagabend auf der Bourbon Street, im Herzen des French Quarter, Downtown New Orleans. Eng an eng drängelt sich die feierlustige Schar durch die Amüsiermeile. Aus den Musikkneipen und Clubs dringen Jazz und Blues, Cajun und Zydeco, Soul und Funk in die lauwarme Nacht. Vor den Balkonen bilden sich Trauben von Menschen, sie schreien und kreischen, jeder möchte auserkoren sein, einen Sympathiebeweis erheischen, einen witzigen Dialog führen.

Diese alte Mardi-Gras-Sitte des Anbändelns ist in New Orleans ungebrochen, genauso wie die ganze Stadt feiert als gäbe es etwas nachzuholen. „Immerhin gab es über einen Monat lang keinen Strom, keine Air Condition, nichts dergleichen“, erinnert sich Bonnie Warren, die Chefin vom Brennans, dem traditionellen Frühstücksrestaurant in der Royal Street. „Aber überschwemmt war das French Quarter nicht“, sagt die Mittfünfzigerin und senkt ihren Blick , denn sie hat erlebt, wie es am 19. August 2005 in den stark betroffenen Gebieten zuging, als der Wirbelsturm Katrina über die Stadt fegte. Strommasten knickten um, zerborstene Fensterscheiben auf den Straßen, flüchtende Menschen – „es war wie im Film“, sagt Warren, „einfach unvorstellbar.“

Weit mehr als eine Million ergreifender Geschichten kursieren seit Katrina, bemerkt der Journalist Chris Rose in seinem Tagebuch „One Dead in Attic“, Ein Toter auf dem Dachboden. Und jeder will sie loswerden, wie eine Ware, die es zu verkaufen gilt. „Es hilft den Menschen, nicht an den Bildern zu ersticken“, schätzt Warren die positive Wirkung des Erzählens. Ein Grund, warum jeder der angestellten Kellner im Brennans wieder zurückgekehrt ist. Hier können sie den Gästen von ihren persönlichen Katastrophen berichten. Wie Ron Jader, der Haus und Dach verlor und nach zwei Monaten wieder im Brennans servierte. Er liebt seine Stadt und hofft auf eine bessere Zukunft. Immerhin zählt die Stadt bereits heute knapp 300.000 Einwohner, damit liegt die Quote der Rückkehrer bei über 60 Prozent.

Zurückgekehrt ist auch Christine DeCuir. Nach mehreren Monaten, die sie in Wohnwagen verbrachte, kann sie endlich ihr Haus im Arbeiterviertel Lower Ninth Ward im Südosten der Stadt wieder beziehen – die mit am stärksten verwüstete Gegend. Der Damm eines der Hauptkanäle der Stadt, des Industrial Canal, brach am Rande des Viertels großflächig an zwei Stellen. Die Folge: Das Viertel überflutete vollständig mit Wasserständen von bis zu sechs Metern. „Das Haus war voll mit stinkendem, morastigen Boden, doch dank der vielen Volunteers, den Freiwilligen sowie Nachbarn und Freunden haben wir es wieder bewohnbar gemacht“, berichtet Christine erleichtert.

Brad Pritt Projekt gibt Hoffnung

Anders als viele ihrer afroamerikanischen Nachbarn mit geringem  Einkommen, hatte sie ihr Haus gegen Hurrikan-Schäden versichert. Und die Versicherung zahlte auch. Dagegen warten Zehntausende von Katrina-Opfern weiter in ihren Trailern auf die Zahlungen der Versicherungen oder auf staatliche Leistungen aus dem Hilfsfond. Andere wollen zurück, können aber nicht, weil ihnen die Mittel fehlen. So schlagen sich viele in Houston, Baton Rouge oder Atlanta durch während ihr Viertel weiter verwaist.

Nicht ganz, denn Christine erzählt vom Brad Pitt Projekt gleich in ihrer Nachbarschaft – „Make it Right“ heißt das Wiederaufbauprojekt, bei dem 150 Öko-Häuser für die Opfer von Katrina  errichtet werden sollen. Der Slogan solle alle Mitwirkenden auffordern, die richtigen Schlüsse für die Zukunft des Stadtviertels zu ziehen, erklärt Christine. So werden die Häuser nach ökologischen Kriterien erbaut, resistent gegen Hochwasser und Stürme und vor allem für die Bewohner erschwinglich sein. Je Haus sind 150.000 Dollar zu berappen, Hollywood-Star und bekennender Fan der Südstaatenmetropole Pitt kurbelte das Projekt bereits mit fünf Millionen Dollar an.

Pitt weiß, wie wichtig ein schlüssiges Aufbaukonzept besonders in diesem Viertel ist, betont Christine. Immerhin sei das Lower Ninth Ward seit jeher die Heimat vieler Musiker wie etwa Fats Domino und anderer Vertreter, die die Kultur der Stadt prägten. Bereits Anfang 2006 habe eine Gruppe von Musikern die Initiative ergriffen, einen Teil der Bevölkerung wieder hier anzusiedeln – es entstand das Musicians Village im Upper Ninth Ward. „Nur so können wir unseren unverwechselbaren Charme behalten“,  ist sich die jugendlich wirkende Schwarze sicher.

Kirche am Jackson-Square

Kirche am Jackson-Square

Christine fühlt sich kraftvoll und zuversichtlich, wenn sie über das Engagement des Leinwandhelden spricht, aber sobald sie schweigt, tritt ihre Traurigkeit zutage. „Wir werden die Bilder nicht so einfach los“, bringt Jeff, ein guter Freund, die Situation auf den Punkt. Die Berge von Kühlschränken und elektrischen Geräten, die sich überall zu einem Friedhof häuften, die bis zu 25.000 Menschen im überfüllten Superdome, die auf ihre Evakuierung warteten, die mangelnde Versorgung: „Niemand konnte die Straßen im Bezirk befahren, überall Trümmer, Scherben und Unrat“, manche Gegenden seien schier nicht erreichbar gewesen, erinnert sich Jeff. „Es war wie das Ende der Welt.“

Mardi Grass steht für den multikulturellen Charakter

Umso erstaunlicher wie schnell die Menschen wieder Zuversicht gewonnen haben. „Das ist einzigartig und hat mit der Mentalität der Bewohner zu tun“, weiß Christine. Und mit der Geschichte der Stadt. Nirgends in den Vereinigten Staaten ist der französische, spanische und kreolische Einfluss so stark wie in der Südstaatenmetropole. Straßennamen, Architektur, die kulinarischen Köstlichkeiten und die traditionellen Feste wie Mardi Grass prägen den multikulturellen Charakter der Stadt am Mississippi. Allein im vergangenen Jahr kamen gut 800.000 Menschen und feierten ausgelassen Mardi Grass. In diesem Jahr hat sich wieder ein Ehrengast der Endymion Parade angekündigt – das verspricht noch mehr Andrang. Und anders als sonst in den Vereinigten Staaten darf der Besucher sein Bier auf offener Straße trinken und wer rauchen will, erhält sogar Feuer an der Bar.

Beim Bummel durch das unter Denkmalschutz stehende French Quarter lebt der Charakter der City wieder auf. An den Häuserecken, vor Lokalen auf Plätzen jubiliert die Klarinette, posaunt die Trompete, spielt die E-Gitarre eine Ballade und der Jazz setzt Armstrong ein tägliches Denkmal. Künstler malen ihre Bilder, Kunst- und Designerläden zeigen ihre anspruchvolle Ware, im Café du Monde schlürfen sie auf französische Art Cafe, die New Orleans Saints spielen wieder ihre Football-Games im Superdome, im edlen Commander’s Palace im vornehmen Garden District finden jeden Sonntag wie seit und jeh die Jazzbrunchs statt und auf den schmiedeeisernen Balkonen der meist zweigeschossigen Häuser genießt man das Abendrot – die Leichtigkeit des Seins in ihrer einmaligen Südstaatenmanier.

Mehr Informationen

New Orleans Convention and Visitors Bureau, 2020 St. Charles Avenue, New Orleans, Louisiana 70130
www.neworleanscvb.com

Fremdenverkehrsamt Louisiana/New Orleans 
c/o Wiechmann Tourism Service GmbH, Scheidswaldstr. 73, 60385 Frankfurt,
Tel. 069/25538270, info@neworleans.de
www.neworleans.de

Restaurant
Brennan’s: 417 Royal Street, New Orleans, LA 70130
Telefon: (504) 525-9713
www.brennansneworleans.com

Galatoire’s: 209 Bourbon Street, New Orleans, LA 70130
Telefon: (504) 525 2021
www.galatoires.com

Mardi Gras
Mardi Gras (französisch, wörtlich Fetter Dienstag) ist der Tag vor Aschermittwoch und bezeichnet den Höhepunkt der mehrtägigen Karnevalsveranstaltungen, die mit Umzügen an diesem Tag enden.
www.mardigrasneworleans.com/mardi-gras-2014.html

French Quarter Festival
150 Musik-Veranstaltungen an vier Tagen rund um das French Quarter
Nähere Informationen unter: www.fqfi.com

Australien: Zum Lunch mit Casanova

Im Northern Territory Australiens gehören Krokodile zum täglichen Leben. Für ein Stück rohes Fleisch werden sie sogar zu Artisten.

Sie wuchtet zwei Eimer mit Büffelfleisch auf das Oberdeck. Mit sicherem Griff befestigt sie anschließend ein saftiges Stück Fleisch mit dickem Bindfaden an einer hölzernen Rute. Keine fünf Minuten vergehen und schon pirscht das erste Salzwasserkrokodil heran an das „Jumping Crododile Cruise“-Boot. Zeit für Kimberley Kerghleys Einsatz.  Gekonnt lässt sie die Rute mit dem Büffelfleisch über dem Wasserspiegel des Adelaide Rivers hin und her baumeln. Nur langsam bewegt sich das gut fünf Meter große Reptil auf die Beute zu. Dann verändert Kimberley die Richtung und zwingt das Tier zum Umdrehen. Immer höher hält sie jetzt die Beute. Das sogenannte Saltie zögert, als überlege es, ob das Ganze überhaupt der Mühe Wert ist. Fast unbeweglich verharrt es für den Bruchteil einer Sekunde.

Kimberley hat eine besondere Beziehung zu ihren Salties aufgebaut

Kimberley hat eine besondere Beziehung zu ihren Salties aufgebaut

Urplötzlich und mit einem jähen Ruck reckt das Krokodil seinen gewaltigen Körper mit der breiten Schnauze empor und schnappt nach der Beute – daneben. So einfach macht es ihm Kimberley nicht. Sie will ihn richtig springen sehen. Wieder ändert sie die Richtung des Köders, wieder verharrt der Jäger im Wasser, scheint unentschlossen. Und diesmal schnellt der goldbraun gepanzerte Rücken einige Meter aus dem brauen Fluss, packt die Büffelspezialität und lässt sie in den Tiefen seines Schlundes verschwinden. Kimberley zieht daraufhin die Rute unbeeindruckt zurück, steckt sie in die vorgesehene Halterung und nimmt Kurs auf die Backbord-Seite des Schiffes.

„Jedes einzelne Krokodil hat seine eigene Persönlichkeit“, sagt die 19-jährige Australierin lächelnd und flechtet dabei ihr dunkelbraunes Haar zu einem Knoten bevor sie ihren Köder wieder auswirft. „Ich mag ihre Wildheit“, gesteht sie weiter ein und man merkt ihr an: Der Job ist mehr als nur Arbeit, es ist reine Hingabe. Doch was macht die Furchteinflößenden Riesen so liebenswert? „Dort drüben hinter der Kurve warte schon Casanova“, sagt Kimberley und zeigt auf die Biegung des Flusses. Casanova? „Weil er bei der Fütterung schon mal den Weibchen den Vortritt lässt“, erklärt die Tierliebhaberin und führt dabei das Büffelfleisch langsam wieder gen Wasser.

Salties können ein Jahr lang ohne Nahrung leben

In den sechs Monaten ihres Jobs an Bord von Jumpin Crocodil Cruises hat sie gelernt, jedes einzelne der Krokodile voneinander zu unterscheiden: an ihrer Schnelligkeit, ihrem Reaktionsvermögen, ihrer Größe oder eben ihrem Sozialverhalten. Jetzt ist Stampi dran, er lässt sich Zeit, genießt es scheinbar, hin und her gelockt zu werden – er spielt mit Kimberley und sie mit ihm. „Es gibt jedes Mal etwas Neues zu entdecken“, erzählt die Krokodil-Dompteurin. Wohl der Grund, warum sie täglich hinausfährt zum Lunch mit Casanova.

Wer die springenden Salties sieht, mag kaum glauben, was der Kapitän über die Bordlautsprecher erzählt. „Sie sind vor allem faul“, tönt es. „Essen müssen sie nicht unbedingt, bis zu einem Jahr lang können sie ohne Nahrung bleiben“, verkündet der Kapitän weiter. Sie seien vor allem „Opportunisten“, die durchaus in der Lage sind, sich gegenseitig zu fressen. Bis zu 85.000 Krokodile tümmeln sich vor der Küste des Northern Territory sowie in den Süßwasserflüssen, den Seen und Sümpfen des Inlandes. Nur einer lebe praktisch in einer Loge, im Crocosaurus Cove mitten im Herzen von Darwin. Er heißt Burt, ist stattliche 85 Jahre alt und bekannt als Moviestar aus der legendären Serie Crocodile Dundee. Er wird von Hunderten Schaulustiger täglich bewundert. Manche wollten seine Zähne von ganz nah betrachten, ist aus den Bord-Lautsprechern zu hören. Sie bezahlen 150 Dollar für die „Death Cage“, eine geschützte gläserne Kabine, die von einem Kran gelenkt wird – so sei der Besucher mit Burt auf Augenhöhe.

Weniger bewundert als vielmehr gefürchtet war die Visite eines Saltie nahe der Strandpromenade von Darwin, wo jeden Donnerstag der legendäre Mindel Beach Sunset Market stattfindet. „Der hatte sich wohl verirrt“, flackst der Kapitän. Denn eigentlich kommen sie den Menschen nicht zu nah, solange man ihren Lebensraum respektiert. Dass dies auch überall eingehalten wird, dafür sorgen die vielen Hinweisschilder und Verbotszonen – „Don’t risk your life“. Sie sind überall im Northern Territory aufgestellt – ob auf Highways, Stränden, den weitläufigen Regionen des nahen Kakadu Nationalparks oder im Lichtfield National Park.

Movie Star aus Crocoile Dundee

Burt, der Movie Star aus Crocoile Dundee

Am Abend auf dem Mindel Beach Market erzählt Robert Mills, ein Aborigine vom Larrakia Stamm über die mythologische Bedeutung, welche die Krokodile seit jeher für sein Volk haben. „I am crocodile“, betont er immer wieder und drückt damit seine Bewunderung für die Tiere aus.  Mills zeichnet ihre weiten Wege in den Sand von Mindel Beach. Sie schwimmen durch den Ozean bis hinauf nach Indochina und Malaysia. „Doch sie kommen immer wieder zurück“, bekräftigt Mills und dann glühen seine Augen, und er sagt: „Wenn du Krokodilfleisch isst, dann isst du mich und meine Familie.“ Es ist der Respekt vor den seit über 240 Millionen Jahren überlebenden Tieren, der den Larrakia diesen besonderen Zugang zu den Salties erlaubt. Auch Kimberley hat ihn.

Mehr Information
Tourism NT / Australia: Darwin (Head Office) 
Level 1
Tel.: + 0061 8 8999 3900
Fax: +0061 8 8999 3888
www.tourismnt.com.au
reception.tourismnt@
nt.gov.au

Jumpin Crocodile Cruise
Tel.: + 0061 8 8978 9077
www.jumpincrocodile.com.au

Attraktion
Burt, das Krokodil aus dem Film Crocodile Dundee befindet sich zusammen mit einer der größten Salzwasserkrokodile in
Crocosaurus Cove, 58 Michell Street, Darwin
Tel: + 0061 8 8941 5522
www.crocosauruscove.com.au