Archiv des Autors: Markus Howest

El Hierro: Am Ende der alten Welt

Lag sie einst vergessen im Atlantik, mutiert die westlichste Kanareninsel immer mehr zum Paradies für Individualtouristen. Auch wenn El Hierro auf den Zug der Zeit aufgesprungen ist, ist ihr charakteristischer Charme ganz unverfälscht geblieben.

Auf der Küstenstraße westwärts Richtung La Dehesa erstrecken sich die Lava-Felder endlos weit. Hier Schlackenlava, die schroff hinunter ans Meer abfällt, dort Stricklava, deren außergewöhnliche Formen an Tauseile erinnern. Am Ende des Lava-Feldes hält der Faro de Ochilla seine Stellung. „Nicht irgendein Leuchtturm“, meint Aminata, die Deutsche Reiseführerin. „Dieser markierte bis Ende des 19. Jahrhunderts den Nullmeridian, das Ende der Alten Welt.“ Weiterlesen

Neuseeland: Der Vogelflüsterer der Catlins

Kilometerweite menschenleere Strände, tausende weidender Schafen auf sattgrünen Wiesen und dichter Regenwald charakterisieren die Catlins. Ein letztes Naturparadies im Deep South Neuseelands, das zu schützen sich die Sutherlands zu ihrer Lebensaufgabe gemacht haben.

Langsam tastet sich der Kombi über die Schotterpiste durch den dicht gewachsenen Regenwald auf Tawanui zu. Ungeduldig wartet Fergus Sutherland bereits vor dem Cottage, sieht abwechselnd auf die Uhr, dann wieder hoch in die riesigen Baumkronen vor dem Haus. Auf der Suche nach seinen Freunden, den Vögeln. Der hochgewachsene Herr liebt den dichten Regenwald der Catlins, jener wilde und nur spärlich von Farmern bewohnte Landstrich von rund 1900 Quadratkilometern hinter der zerklüfteten Pazifikküste im Südosten der Südinsel. Benannt nach Kapitän Edward Catlin, einem Walfänger im 19. Jahrhundert. Der hatte einst versucht, große Teile des Landes von den Maori, den Ureinwohnern, zu kaufen. Ein Unterfangen, das er aber nicht schaffte.

Fergus Sutherland, der Vogelflüsterer

Fergus Sutherland, der Vogelflüsterer

Eine herzliche Begrüßung, ein paar einleitende Worte, und schon geht es tief hinein in den bis zu 900 Jahre alten Regenwald mit seinen Baumriesen, deren Kronen bis zu 50 Meter hoch in den Himmel ragen. „Der hiesige Regenwald besteht vor allem aus Podocarpaceae“, erklärt Fergus und zeigt die verschiedenen Exemplare dieser Steineibengewächse, jene immergrünen Bäume, die schon allein rund 600 Quadratkilometer der Catlins bedecken. Besonders schützenswert sind aber die unberührten Reste von Rimu- und Totarawald in Richtung der Hügel jenseits des Catlins-River. Deren Lage war für den Holzeinschlag der frühen Siedler zu steil gewesen. Ein Glück für diese Art von Wald, denn so konnte sein Holz nicht für den Kanubau gefällt werden.

Pfeifen nach den Vögeln

Über Hängebrücken, die Flusstäler überqueren, über kaum erkennbare Pfade, die dicke Baumwurzeln kreuzen, geleitet der 65-Jährige die kleine Besuchergruppe zu einer Lichtung, von der man die hügelige Wald- und Wiesenlandschaft überblicken kann. Stille, nichts als Stille, nur der Gesang der Vögel ist hörbar. Nach einer längeren Pause neigt sich Fergus´ Haupt nach oben, er starrt wie gebannt in die Baumkronen am Rande der Lichtung. Konzentriert und wie abwesend ist sein Blick. Fast automatisch formen sich seine Lippen spitz zusammen bis ein flötender Pfeifton entweicht, den er ein ums andere Mal wiederholt.

Es dauert nicht lange, und prompt kommt aus dem Wirrwarr der Baumkronen des Regenwalds eine Antwort zurück. In abgewandelter Tonart setzt der 1,90-Meter-Mann den Dialog mit den Piepmätzen fort. So geht es eine Weile hin und her. Fergus Sutherland versteht seine Vögel, er spricht mit ihnen, weiß ihre Geschichte und sorgt sich um ihren Fortbestand. „Jahrelang habe ich ihnen zugehört“, berichtet er, jetzt könne er ihren Ton treffen. Er will die Mohuas, Kakarikis, Parakeets und Keas vor dem Aussterben bewahren. Allein die Population der Keas, jener klugen Bergpapageien sei seit den 90er-Jahren um mehr als zwei Drittel geschrumpft, erzählt der Vogelflüsterer. Schuld sei in den meisten Fällen das gegen die Possums eingesetzte Gift, das auch die Keas tötet.

Im Einklang mit der Natur

Auch Mary, die Frau von Fergus, hat sich den Catlins mit seinen 1200 Einwohnern, seinen Vögeln und dem Regenwald verschrieben. „Wir sind seit der Kindheit mit dieser Region eng verbunden“, erzählt sie. Schon immer sei es ihr Traum gewesen, „in der Natur und für die Natur zu arbeiten“. Seit 1990 bieten beide zusammen die Ecotours an – „den sanften Tourismus“, wie Mary ihr Projekt nennt. Vier Tage lang erforscht man in kleinen Gruppen unter der leidenschaftlichen Führung von Fergus die Flora und Fauna, Geologie und Geschichte der Catlins. Die Besucher übernachten in vier komfortablen solarbetriebenen Cottages, den Mohua Park Cottages mitten im Urwald. Riroriro, Korimako, Karearea und Kahu heißen die kleinen Luxusbungalows nach einheimischen Vogelarten, von deren Veranda man im Morgenlicht einen verlockenden Blick auf das weitgestreckte Tal des Catlins River genießt. Wie kleine Oasen fügen sich die Gästehütten passend in die Umgebung ein.

„Mit den Einnahmen fördern wir den Erhalt dieses einzigartigen Naturparadieses“, erläutert die quirlige Mary, die am Abend ihre Gäste aus aller Welt ins 40 Kilometer entfernte Papatowai einlädt. „Wo der Regenwald das Meer trifft“, wie Fergus sein Zuhause beschreibt. Als „echtes Highlight“ bezeichnet Mary den Moment, „wenn wir und die Besucher wie eine Familie beieinandersitzen und erzählen.“ Das ist dann die ideale Gelegenheit für die beiden, ein bisschen vom Enthusiasmus für die Natur weiterzugeben. Bei hausgemachten Speisen, den Blick auf den weiten Strand und die kräftige Meeresbrandung gerichtet, werden Fragen diskutiert und Eindrücke vertieft. So steigt schon die Vorfreude auf den kommenden Tag – wenn es zu den Seelöwen der Surat Bay, den Purakaunui- und Matai-Wasserfällen oder nach Slope Point geht, dem südlichsten Punkt der Südinsel mit seinen dramatischen windzerzausten Bäumen.

Mehr Information
Catlins Wildlife Trackers, 5 Mirren Street, Papatowai RD 2, Owaka, South Otago, New Zealand
Tel. und Fax: + 64 3 4158613

info@catlins-ecotours.co.nz
www.catlins-ecotours.co.nz

Kaimata-Retreat: Paradies für Verliebte

Nicht allein die Naturschönheiten machen Neuseelands Südinsel einzigartig, auch die stilvollen Lodges in abgeschiedener Lage, wie das Kaimata Retreat, können verzaubern.

In der Ferne grollen die Wellen des Pazifik. Doch hier nichts als Stille, nur der Wind streicht über das Gras und kräuselt die landeinwärts vorgedrungenen Ausläufer des Ozeans. Eigentlich nicht der Ort, wo man eine Lodge erwartet und schon gar nicht so eine. Gut eine Stunde braucht man mit dem Auto von der Hafenstadt Dunedin aus auf die Otago Peninsula. Genauer gesagt nach Kaimata, einer Art Außenposten der Halbinsel unweit von Cape Saunders. „Wie geschaffen für uns“, schwärmen Kate und Steve aus London. Das junge Brautpaar suchte diese Form der Abgeschiedenheit ohne dabei auf Stil und Luxus verzichten zu müssen. Über das Internet fanden sie den Ort ihres jungen Glücks. In der nahen Kirche von Portobello gaben sie sich das Ja-Wort. Es folgten Flittertage in atemberaubender Umgebung.

Es hätten auch Wochen und Monate sein können, schnell fühlte sich das Paar heimisch in einem der drei nach hiesigen Vogelarten benannten Zimmer – Kahu, Kotare oder Korimako. Verträumt schweifen ihre Blicke hinaus durch die breite Glasfront auf die einsam ruhende Landschaft im abendlichen Dämmerlicht. Im geschmackvoll eingerichteten Wohnraum mit seinem modernen Interieur wirkt der offene Kamin inmitten dieser elementaren Landschaft vertraut und behaglich. Wie ein Gruß aus der Zivilisation erscheinen die erlesenen Zutaten des Festmahls mit Champagner und erlesenem Wein, den Sam der Catering-Service vorbei bringt. Morgen wollen die frisch Vermählten die luxuriös eingerichtete Designer-Küche mit ihren eigenen Kochkünsten testen.

Gastgeber Rachel und Kyle wuchsen in Otago auf. Im Dezember 2006 begrüßten sie ihre ersten Gäste in Kaimata. Bei ihren Plänen für das „kleine Paradies“ war der Umweltschutz die treibende Kraft. „Alle Baustoffe sind aus näheren Umgebung“, erklärt Rachel. Der Rohbau des Gebäudes ist aus einheimischem Palmholz errichtet ohne jegliche chemische Zutaten wie Holzschutzmittel. Und geheizt wird mit „passiven Solarzellen“, zudem ist die Lodge doppelt verglast und mit Wolle isoliert. Bio-Diesel unterhält die Fußbodenheizung. „Ein rundum gesundes Haus“, meint Rachel, während Kyle frisches Brennholz in den Kamin nachlegt. Von den Haushaltsreinigern auf Pflanzenbasis über die Freilandhühner bis hin zu natürlichen Haut- und Körperpflegemitteln – auch die Details sind Teil des Konzepts. Dazu gehören auch Satelliten-TV, Internet-Anschluss, Tageszeitung und eine Sound-System vom feinsten.

Mit Hund und drei Kindern leben Rachel und Kyle ein paar Meter oberhalb der Lodge und versorgen die Gäste je nach Wunsch. Nicht nur mit Kulinarischem aus dem eigenen Bio-Garten: Sie lieben es Geschichten und Erfahrungen auszutauschen. Oft springen dabei auch nützliche Tipps heraus. Etwa über die nahe gelegene Kolonie der Gelb-Augen-Pinguine oder über das einmalige Albatross Center – oder sie erzählen einfach vom Flair der schottisch anmutenden Stadt Dunedin.

Mehr Information
Kaimata Retreat, 297 Cape Saunders Road, Otago Peninsula, Dunedin New Zealand
Tel.: + 64 3 456 3443

info@kaimataretreat.com
www.kaimatanz.com

Dublin: Neues Leben in der Altstadt

Vor 25 Jahren stand der traditionsreiche Stadtteil Temple Bar noch kurz vor dem Untergang. Dank erfolgreicher Stadtsanierung wurde der Distrikt wieder zum Leben erweckt. Heute kriegt das Auge nicht genug vom bunten Treiben und überall swingt die Musik. Ein Rundgang durch Dublins Old City.

Ex-Journalist Pat Liddy führt durch Temple Bar

Ex-Journalist Pat Liddy führt durch Temple Bar

Laut tönt die Bar-Lounge Musik auf die Straße. Geöffnete Türen und Fenster, überall lachende Menschen mit Cocktailgläsern und Bierflaschen in der Hand. „Offenbar eine Party“, denkt der angereiste Besucher und sucht den richtigen Eingang zum Hotel. Richtig? Die Rezeption ist zugleich der Eingang zur Bar, aus der die Partystimmung dringt. Schnell die Kreditkarte durch den Scanner gezogen und schon ist man drin im Hotel „The Morgan“ in der Fleet Street, im Herzen des heutigen Amüsierviertels Temple Bar.

Doch das war nicht immer so. Heruntergekommen und vergessen sei das Viertel noch Anfang der 90er Jahre gewesen, erzählt Pat Liddy, Ex Kolumnist der Irish Times, Buchautor und Illustrator – seit einigen Jahren führt er Besucher-Gruppen durch sein Viertel. Wohnten Anfang der 90er Jahre gerade mal 200 Menschen hier, seien es jetzt über 3000, Tendenz steigend, weiß Liddy zu berichten. Ein behutsames und weitsichtiges Stadtsanierungs-Projekt rettete in den Jahren von 1991 bis 1999 das verloren geglaubte Stadtviertel aus dem Abseits.

Grundbesitzer Sir William Temple schuf einst einen Wall

„Mit großzügigen Steuervorteilen seien Investoren gefunden worden und in diesem Zeitraum hätten über 30 Millionen Euro öffentliche Gelder die Old City zu dem gemacht, was sie heute ist – ein anziehendes Kultur- und Vergnügungsviertel. „Mehr als 20 Pubs, bis zu 50 Restaurants, 20 Hotels und dutzende Cafés und Läden aller Art haben sich hier angesiedelt“, erklärt Liddy freudestrahlend. Wieso eigentlich Temple Bar? Es sei der Grundbesitzer Sir William Temple gewesen, der im Jahr 1660 einen Wall gegen den steigenden Pegel des Liffey baute, und dieser Wall heiße „Bar“.

Die Wege sind kurz im Temple Bar Quartier und nie langweilig. Vor allem Musik wird zum dauerhaften Erlebnis. Am Temple Bar Square steht ein einzelner Gitarrist und singt mit eindringlicher Stimme seine Oldies, ein paar Ecken weiter wird die Dubliner Wall of Fame zum Monument: Van Morrison, Rory Gallagher, Shinnead O’Connor und natürlich U2 sind hier neben anderen Stars und Bands als riesige Fotos auf die Fassade gebracht. Musik, Film, Photography und Theater sind feste Größen im Viertel, hier das Music Centre mit den Aufnahmestudios, dort die National Photograph Academy, Filmproduzenten und Gallerien besiedeln die Kopfstein gepflasterten Gassen. Ein Grund, weshalb „die Leute vermehrt rechts des Liffey ziehen, statt in die Vororte abzuwandern, “ bestätigt Liddy.

Und viele der neuen Bewohner, so Liddy weiter, wüssten gar nicht, dass „unter den Gassen von Temple Bar ein mittelalterliches Kloster liegt“, über 1000 Jahre alte archäologische Schätzen lägen dort verborgen. Ein Grund dafür, dass sich viele der kleinen Straßen zur Mitte hin wie eine venezianische Brücke wölben. Über diese Straßen vorbei an vereinzelt musizierenden Straßenmusikern geht es zum Food Market am Meeting House Square. Samstags ist der kleine Platz voll mit Ständen aller Art, von heimischen bis exotischen Früchten und Gemüsearten, reichlich Käsesorten, Säfte und Gebäck ist das Angebot üppig. Auffällig, dass sich kaum Touristen entlang der Stände bewegen – der Markt lebt vor allem von den Einheimischen. Anders ein paar Straßen weiter auf dem Designer Mart at Cow’s Lane: In der schmucken Passage gegenüber der Kirche locken Hutmacher, Schneider, Schmuckhändler und Maler auch das touristische Interesse.

Ein besonderes Highlight hätte er noch, kündigt Liddy an – die erweiterte Temple Bar gewissermaßen. Über die Half Penny Bridge führt der Weg auf die andere Seite des Liffey. An der Mary Street steht eine Kirche aus dem 18. Jahrhundert, davor ein in Glas gehüllter Tower. „Die St. Mary’s Church ist seit zwei Jahren Café, Bar, Restaurant und am Wochenende auch ein Nightclub“, sagt Pat Liddy. Schon beim Betreten dringt rhythmischer Chillout-Sound aus dem Kirchenschiff mit der mächtigen Orgel und den mit Glasmalereien bespickten Fenstern – „in Irland nichts ungewöhnliches“, erklärt Liddy schmunzelnd und man glaubt es ihm sofort.

Mehr Information
Irland Information, Gutleutstraße 32, 60329 Frankfurt am Main
Tel.: 069 – 6680 0950
www.ireland.com

Übernachtung
Hotel The Morgan
10 Fleet Street, Temple Bar, Dublin 2
Tel: +353 1 6437000
www.themorgan.com

Pat Liddy’s Walking Tours of Dublin
www.walkingtours.ie

Märkte
– Temple Bar Food Market: Samstags 10.00 h – 16.30 h, Meeting House Square
– Temple Bar Book Market: Samstags und Sonntags 11.00 h – 18 h, Temple Bar Square
– Designer Mart at Cow’s Lane: Samstags 10.00 h – 17.00 h, Cow’s Lane

Österreich: Asien in den Alpen

Wenn andernorts die Gäste auf den Schnee warten und den Pistenspaß ersehnen, sorgt ein China-Turm im Hotel Hochschober an der Landesgrenze zwischen Steiermark und Kärnten für Eindrücke der besonderen Art.

Leise erfüllen die Klänge chinesischer Teehausmusik den Raum. Edles Teegeschirr ziert den Zeremonientisch. Voller Andacht gießt der Zeremonienmeister den feinen Oolong-Tee aus dem Hochland Taiwans in die Trinktasse und verteilt sie anschließend respektvoll an die versammelten Gäste. Eine Zeremonie wie sie seit jahrtausenden in China üblich ist und nun auch im „Teehaus am Berg“ direkt am idyllischen Bergsee auf 1800 Meter Höhe zelebriert wird.

Hotelinhaberin Karin Leeb setzt auf Inhalt statt auf Werbung

Hotelinhaberin Karin Leeb setzt auf Inhalt statt auf reine Werbung

„Der Turm stammt zwar nicht von hier, hat aber seine Berechtigung“, bringt Inhaberin Karin Leeb, die mit ihrem Mann in dritter Generation das Hotel führt, die Existenz des Turms auf den Punkt. „25 Prozent der Gäste nutzen den Turm bereits in irgendeiner Form“, sagt die quirlige Hotelchefin. Denn außer der Teezeremonie bietet der Chinaturm auf vier Etagen weitere Angebote wie Yoga, Meditation und chinesische Massagen und erfüllt damit das Ziel des Hauses: den Gästen „fernöstliche Ideen des Wohlbefindens“ weiterzugeben. Schon die authentische Konstruktion des Turms mit den typischen Fliegenden Dächern und den handgefertigten gelben und grünen Keramik-Dachziegeln, bringt immer wieder die Frage hervor, wo sich der Besucher denn wirklich befindet.

Ein unterirdischer Weg – die Seidenstraße – verbindet das Stammhaus mit dem Turm. Hier wird der Gast langsam in die chinesische Kultur eingeführt. Wertvolle Schnitzereien, antike Kommoden, eine riesige Weltkugel, Segelschiffe in Miniaturformat und typische Gemälde charakterisieren den Übergang in einen anderen Kulturkreis.

Frau Wang bittet zur Tuina Massage

Frau Wang, die aus der Stadt Chengdu im Südwesten Chinas stammt, ist Ärztin für traditionelle chinesische Medizin und Akupunktur. Sie empfängt den Gast zur Tuina Massage im Turm. Chorgesänge buddhistischer Mönche erfüllen den Turmraum. Nach intensiver Behandlung vom Scheitel bis zum Fuß setzt die Klangtherapie einen Schlusspunkt. „Jetzt sind alle Blockaden im Körper beseitigt, die Energie fließt wieder“, verkündet Frau Wang strahlend. Authentischer geht es auch in China kaum.

Die Idee für das Bauwerk, erzählt Karin Leeb, sei auf einer Reise nach China im Jahre 1998 entstanden. Der Besuch eines Teehauses brachte die Leebs auf die Idee ihren eigenen Turm am See zu errichten. Professor Zhang, ein oberster Denkmalschützer aus der Provinz Henan, reiste seither mehrmals in die österreichischen Hochalpen um zusammen mit heimischen Planern das Bauwerk zu verwirklichen. Hochgezogen wurde es in nur drei Wochen aus Tiroler Weißtanne als Rohgerüst. Gut ein Jahr zog ins Land bis der Turm eingeweiht werden konnte.

Während dieser Zeit haben die Inhaber viel über die chinesische Kultur gelernt. Denn mit dem Bau gingen weitere Recherche- Planungs-. und Einkaufsreisen einher, um die Feinheiten des Baus mit Spezialisten abzustimmen. So kauften die Leebs alle Innenaccessoires des Turms auf Märkten in Shanghai und anderen Städten des Landes, die Überführung der hochwertigen Interieurs erfolgte in Containern bis Hamburg und weiter per LKW auf die Turracher Höhe. Anekdoten über Anekdoten könnte Karin Leeb über das nicht immer einfache Prozedere erzählen, schmunzelt die lebensfreudige Hotelwirtin. Sie gab viel von ihren Erfahrungen an die 110 Mitarbeiter des Hauses weiter, die sich teils in Schulungen oder durch Reisen in das Reich der Mitte weiterbildeten.

Jedes Jahr werden neue Ideen umgesetzt

Der Pioniergeist steckt den Leebs ohnehin in den Adern. Schon der Großvater hatte mit der Gründung des Hotels im Jahre 1929 einen mutigen Schritt in schwierigen Zeiten gewagt. Später betrat die Hotelfamilie mit dem damals noch nicht als solchen bezeichneten Wellnessbereich in den 1980er Jahren ebenso neues Terrain wie mit dem Bau eines türkischen Hamam, der 1998 eingeweiht wurde. Somit ist das kleine aber feine Skigebiet rund um die Turracher Höhe „kein Buchungsgrund“ für die Gäste des Hotels, wie Karin Leeb lächelnd zugibt. Zu vielseitig sei das Angebot im Haus und rundherum, um nur auf den Betrieb der Skilifte zu warten. Ob mit einem Ausflug auf die hauseigene Hochschoberalm oder auf einer Qi Gong Wanderung mit Frau Wang, bei der sich garantiert das Gleichgewicht des Ying und Yang wieder herstellt und die Energie besser fließen wird als zuvor.

Der China-Turm ist fester Bestandteil der Turracher Höhe

Der China-Turm ist fester Bestandteil der Turracher Höhe

Auf der Turracher Höhe erneuert sich das Angebot Jahr für Jahr. Eben erst entstand die hauseigene Bibliothek Wortreich mit über 4000 Büchern aller Gattungen. Teils aus Buchhandlungen, Antiquariaten oder aus Schenkungen bestückt. Lesungen namhafter Autoren finden seither regelmäßig statt, ist Leeb sichtlich stolz. Und tatsächlich: Wer sich dort in ein Buch vertieft, vergisst schnell die Zeit und verpasst seinen Massage-Termin.

Oder die Verabredung im neu eingerichteten Spielraum, wo rund 250 Spiele zu spannenden Partien einladen. Was sich rund um das Hotel tut oder welche Bücher zu empfehlen sind, darüber schreibt Karin Leeb in ihrem eigenen Blog. „Ich will Inhalt und keine Werbung“, schildert Leeb ihr Konzept. Auch die mehr als 1600 Fans auf der Facebook-Webseite erzählen von erlebten persönlichen Eindrücken, ganz im Sinne des Hauses.

Mehr Information
Hotel Hochschober, Familie Leeb und Klein, A-9565 Turracher Höhe 5, Kärnten
Tel: 0043 /0/4275-8213
urlaub@hochschober.com
www.hochschober.com
www.facebook.com/hotel.hochschober

Attraktionen
Qi Gong Wanderung mit Frau Wang
Baden im See bei 30 Grad Wassertemperatur
Wanderungen und Klettern zur Hochschober-Alm
Verschiedene Loipen für Langläufer

Granada: Wo die Häuser Carmen heißen

Es muss nicht immer ein Palastbesuch sein, um eine Stadt näher kennen zu lernen. Manchmal reicht auch eine kleine Werkstatt oder ein Stadtviertel aus.

Der Geruch nach Holzspänen und Leim liegt in der Luft. Im Regal an der Wand stehen fein säuberlich die Gitarren in Reih und Glied. Ein unfertiger Corpus liegt auf dem Arbeitstisch. Im Blaumann und mit Lesebrille auf der Nase bearbeitet José López Bellido die runde Öffnung des Corpus mit einer Spezial-Feile.

José López Bellido  in seiner Gitarrenwerkstatt unterhalb der Alhambra

José López Bellido in seiner Gitarrenwerkstatt unterhalb der Alhambra

Das macht er nun seit 50 Jahren so in der kleinen Gitarrenwerkstatt in der Calle Gomérez unterhalb der berühmten Alhambra, der Palaststadt auf dem Hügel Sabika. „Ich liebe den Gitarrenbau und kann nicht damit aufhören“, bekennt der knapp 70-Jährige Granadiño. Früher hat er acht Gitarren pro Jahr gebaut, heute sind es noch zwei oder drei. Meist auf Bestellung, seine treuesten Kunden sitzen in Deutschland. Am liebsten baut er für klassische Konzertgitarristen. Die sind „seriöser und zuverlässiger“ als die Flamenco-Künstler meint José. Und besser ins Gespräch komme man auch.

Durch das Albayzin weht ein Hauch Kreuzberg

Apropos Flamenco: Den erwartet man in dieser Stadt ohnehin an jeder Ecke, in jeder Bar, in jedem Konzertsaal. „Besonders zum Festival für Musik und Tanz Ende Juni/Anfang Juli“,  sagt Maria de los  Reyes, die Stadtführerin. Wein fließt dann in Strömen und die Tanzschuhe klackern pausenlos übers Parkett. Und was für den Gitarristen seine Gitarre, für die er bei José gut 5.000 Euro ausgibt, ist den Tänzerinnen ihr Kleid. „Jedes Jahr ein neues – das ist Pflicht“, bestätigt Estela, die eigentlich aus Sevilla stammt. „Flamencokleider sind ein Teil meines Lebens“, gesteht die Andalusierin. Auf deutlich über 20 schätzt sie die Anzahl der bunten Kleider in ihrem Schrank. Einige seien noch von ihrer Mutter, die sie ihr einst als Kind nähte.

Auch ohne Flamenco sprüht die Stadt mit ihren 60.000 Studenten nur so vor Kultur. Ob Film- oder Jazzfestival, Theatertage oder die vielen Gesichter des Viertels Albayzín, dem lebendigen Erbe von Al-Andalus, jener Zeit von 711 bis 1492 als Granada und die Region Andalusien unter arabischer Herrschaft standen. „Ein bisschen wie in Berlin-Kreuzberg“, sagt Maria, die ein paar Jahre in den 1980ern in Berlin gelebt hat. Und sie hat recht. Auf dem Basar reihen sich Tee-, Teppich- und Stoffläden eng aneinander, Handel und Geschäfte florieren, Wasserpfeifen machen die Runde.

Häuser blicken hin zur Alhambra

Auch wenn man  von der Plaza Luque durch die schmalen Gassen schreitet, teils umgeben von der alten Stadtmauer und den Stadttoren wie die Puertas de Monayta  und de Elvira aus dem 9. Jahrhundert, spürt man den Flair der einst islamischen Stadt mit jedem Schritt. An jeder Abbiegung des labyrinthartigen Gassen-Wirrwarrs sind sie zu sehen: Die Carmenes, die Vorzeigehäuser des Viertels. Meist sind es kleinere Bauten, die von üppigen Schatten spendenden Wein- und Blumenränken umgeben sind. „Carmen de la Encarnación“ oder „Carmen de la Alcazaba“ prangt in geschwungenen blauen Buchstaben auf Keramiktafeln vor den Hauseingängen. Ihre Front blickt stets auf die andere Seite des Flusses Rio Genil hin, dort, wo die allgegenwärtige Alhambra thront. Diese Ausrichtung sei eine „typische Eigenart dieser Wohnform“, sagt Maria.

Dort die Alhambra und im Albayzin auf der Plaza del Abad steht die ehemalige Hauptmoschee, auf der nach der Rückeroberung durch die Christen die Kirche Salvador errichtet wurde. Geblieben ist der Moscheehof für rituelle Waschungen, die Originalsäulen der Moschee und eine tiefe Zisterne. Unweit davon liegt der kleine Plaza del Aliatar – ein Idyll, das man sofort mit seiner Kamera festhalten möchte. Hier ein Café, dort ein Tante Emma Laden und an der Ecke La Floristeria mit einer bunten Pracht aller erdenklichen Blumen und Pflanzen. Kleine Balkone lugen auf die Plaza hinaus, ältere Herren mit Stock sitzen auf Bänken und halten ein Schwätzchen, Kinder jagen einem abgewetzten Ball hinterher. „Es ist die besondere Mischung, die das Albayzin ausmacht“, sagt Maria. „Alteingesessene Familien, Künstler, Immigranten und Bohemians.“ Manchmal kommen sie am Abend alle zusammen auf dem Mirador de San Nicolás, jenem Ausblickspunkt an der gleichnamigen Kirche. „Wenn die Sonne hinter der Silhouette von Alhambra und Sierra Nevada versinkt, hat man von hier den besten Platz“, schwärmt Maria.

Wenn dann der Duft von Orangenblüten die Luft erfüllt geht man weiter auf die Plaza Charca, wo aus der Bar feurige Gitarrenklänge herüber wehen. Ein Gitarrist spielt voller Leidenschaft auf seinem Instrument. Vielleicht ist es eine Gitarre aus Zypressenholz, die José in seiner kleinen Werkstatt in wochenlanger Feinarbeit erschuf. Dem Konstrukteur würde es gefallen.

Mehr Information
Spanisches Fremdenverkehrsamt Berlin
Telefon: 0 30 – 8 82 65 43
www.e-spain.info
www.turgranada.es

Übernachtung
Hotel Alhambra Palace: Pena Partide 2 4, Granada, 18009 Spanien
www.h-alhambrapalace.es

Rajasthan: Ein Herz für Havelis

Rajasthan ist berühmt für seine prächtigen Paläste und Wehranlagen der Maharadschas. Weniger bekannt sind die Havelis. Manche der schmuckvollen Kaufmannshäuser gleichen Ruinen, andere erstrahlen im frisch restaurierten Glanz.

Von links rattert ein Tuc Tuc, von rechts ächzt ein Rikschafahrer, von vorne knattert ein LKW und dröhnt sein schrilles Horn. In der Mitte der holprigen Straße sitzt eine Kuh und kaut seelenruhig – sie weiß, wie heilig sie ist. Ein Hupkonzert in den unterschiedlichsten Klangfarben begleitet den Besucher auf seinem Weg durch die Stadt. Ein „Angriff auf die Sinne“ nennt Reiseleiter Vipin Agarwal den Spaziergang durch die Straßen von Jodhpur, jener Millionenstadt im Nordwesten Rajastans. „Sie heißt auch die blaue Stadt“, verrät der Maharadscha-Experte. Blau? Damit unterscheide sie sich aufgrund der blau gefärbten Häuser von anderen Städten wie der weißen Stadt Udaipur, der „Pink City“ Jaipur oder dem goldfarbenen Jaisalmer.

Palast- und Havelispezialist Vipin Agarwal lernte Deutsch am Goethe-Institut in Mumbai

Palast- und Havelispezialist Vipin Agarwal lernte Deutsch am Goethe-Institut in Mumbai

Wie sie lebten und welchen Ritualen die Maharadschas huldigten – das demonstrieren die Besuche in den gigantischen Palastanlagen. Doch was den Maharadschas ihre Paläste, war den Kaufleuten ihre Havelis, jene Häuser aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in denen die Kaufleute lebten und ihre Besucher empfingen. Anders als die Paläste verfallen und verrotten die Havelis heute, auch wenn einige wenige ihrer Besitzer sie hingebungsvoll restaurieren und pflegen. „Schon wegen der hohen Kosten bleibt dies aber eher die Ausnahme“, bedauert Vipin, der ein Herz für die Havelis hat.

Kulturschatz von besonderem Wert

Wie es wirklich um die Kulturschätze steht, verdeutlicht die Stadt Navalgarh in der Shekawati-Region. Hier stehen sie: Prachtvolle schöne Bauwerke mit üppigen Innenhöfen und unzähligen Säulen und Fresken mit Tier- und Kolonialmotiven, an denen der Zahn der Zeit seine Spuren hinterlassen hat. „Die Einwohner sind sich des besonderen Kulturschatzes ihres Ortes oft nicht bewußt“, erklärt Vipin. Und tatsächlich liegt eine gewisse Lethargie über dem Ort. Männer sitzen auf den Zufahrtsrampen der Havelis, wo einst die Kamelherden nach langer Reise anheuerten. Sie lesen Zeitung oder beobachten teilnahmslos das Geschehen auf der Straße. Andere sitzen dösend rund um einen Brunnen, der mit seinen vier Türmen inmitten des Ortes emporragt. „Er zeigte den Karawanen, die aus der Wüste kamen, den Weg zur Wasserstelle“, weiß Vipin über das markante Bauwerk zu berichten, das sich wie eine Trutzburg dem Verfall entgegenstellt.

Einst seien die Havelis zu einem niedrigen Preis in die Hände von Käufern gelangt, auf Dauer fehlte ihnen aber das Geld für die aufwändigen Sanierungen, fasst Vipin in perfektem Deutsch das Dilemma zusammen. Auch Denkmalschutzorganisationen hätten bisher wenig erreicht. Einen Lichtblick gibt es aber doch: In dem ehemaligen Haveli und heutigen Museum von Navalgarh sieht der Besucher die typischen Trachten der Kaufleute, macht sich ein Bild vom täglichen Leben in den Havelis, und erfährt wie die Aufgaben zwischen Mann und Frau verteilt waren .

Fassade Haveli in Navalgarh

Einheimische rasten auf der Veranda

Auch in Fathepur, dem nächsten Ort einer Rajasthan-Rundreise, lassen Havelis den Glanz vergangener Tage nur noch erahnen: Bei manchen ragt gerade mal die Fassade mit ihren verblassten Malereien hervor, dahinter nur Geröll und eingestürzte Mauern. Auch hier das gleiche Bild: Die Bewohner leben mit dem Verfall, und wundern sich das Besucher die weite Reise nicht scheuen die verfallenen Häusern zu besichtigen. Immerhin: Ein Haveli ist zum Hindutempel mutiert, Opfergaben der Gläubigen könnten sein Leben verlängern.

Indira Ghandi weckte das Bewusstsein für die Havelis

Überleben können die Havelis am besten in der goldenen Wüstenstadt Jaisalmer, das wegen seiner gold schimmernden Sandsteinbauten so genannt wird. Vielleicht liegt es daran, vermutet Vipin, „dass Indira Gandhi einst per Hubschrauber über der Weltkulturerbestadt kreiste und aus der Luft einen großen fünfteiligen Gebäudekomplex in den Gassen der Stadt entdeckte.“  Selbst aus der Höhe habe sie den maroden Zustand des Havelis erkannt – sie war beeindruckt und besorgt zugleich. Anschließend machte sie die Havelis zur Chefsache: „Sie leitete die Restaurierung ein und sicherte dem indischen Staat Anteile “, berichtet der tiefgläubige Hindu Vipin.

Damit nicht genug. Die Wüstenstadt wartet wohl auch dank der Gandhi-Initiative mit weiteren Glanztaten einzelner auf. Etwa die liebevolle Eigenarbeit von Navneet Vyas: Er verwandelte sein Haveli in das Hotel Suray. Mit zusätzlichen Holzträgern hält er die Statik des Gebäudes aufrecht. Über Spenden finanziert er weitere Maßnahmen. Oder das Beispiel des Diwan Nathmal Ki Haveli, dessen heutiger Besitzer ein Urenkel des einstigen Premiers aus der Kolonialzeit (1885) ist: Nand Kishor Mehta finanziert sein Haveli mit hochwertigen Handarbeiten und Antiquitäten im hauseigenen Shop. „Die Substanz ist gut erhalten“, schwärmt der Besitzer, der mit seiner Familie selbst in dem Haus lebt. Stolz zeigt der geschäftstüchtige Haveli-Liebhaber die Geschenke und Andenken der einstigen Könige und Politiker, die der Urgroßvater in seinem Haus auszustellen pflegte.

Navalgarh: Haveli im Verfallsprozess

Navalgarh: Haveli im Verfallsprozess

Darunter auch ein Porzellanrelief von König Ludwig dem II. aus Bayern. Ihm lag ja ohnehin als leidenschaftlicher Schlossbauherr an gediegenen Bauwerken.  „Sicher hätte er noch eine Idee für die ein oder andere Erweiterung des Havelis gehabt“, meint Vipin schmunzelnd. Nun lebt der Märchenkönig fort in einem Haveli nahe der Wüste, und mit ihm die Granden der damaligen Politik – von King Edward bis Queen Victoria.

Mehr Information
SKR Reisen, Indien /Rajasthan: Auf den Spuren der Maharadschas
Klassische 16-tägige Rundreise durch Rajasthan ab 2.228,– Euro pro Person im DZ inkl. Flug mit Lufthansa ab Frankfurt am Main in kleinen Gruppen bis max. 12 Personen und einheimischem deutschsprachigem Guide. Einige Übernachtungen in Heritage-/Palasthotels. 
http://www.skr.de/laender/indien/indien-rajasthan-2013/

Nützliche Internetadressen
www.indienaktuell.de
www.rajasthantourism.gov.in/Home.aspx
www.auswaertiges-amt.de (Sicherheitshinweise)

Klima
Von Oktober bis April ist die beste Reisezeit. Die Temperaturen übersteigen nur selten 30 Grad, mit Niederschlägen ist kaum bis gar nicht zu rechnen.

Navarra: Der kleine Kontinent

Von riesigen Eichenwäldern im Norden über weite Wüsten im Süden bis hin zu pittoresken mittelalterlichen Dörfern – die nordspanische Region Navarra hat mehr zu bieten als die weltbekannte Fiesta de San Fermin in Pamplona – selbst die begegnet dem Besucher auf Schritt und Tritt.

Ernest Hemingway kam 1923 erstmals nach Pamplona, danach zog es ihn jedes Jahr in die Hauptstadt Navarras, immer zur Fiesta de San Fermin, Anfang Juli. Er quartierte sich im Hotel La Perla ein, Zimmer 217, direkt an der Plaza del Castillo gelegen, dem Hauptplatz mit seinen eigenwilligen Häusern und vis á vis der Bar Iruña, wo der Geist Hemingways noch heute spürbar ist.

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Bronzestatue von Ernest Hemingway in der Bar Iruña


„Hemingway hat sich hier verewigt“, sagt Maite Baines, die Stadtführerin und schreitet an der langen Bar entlang, hält mit José, dem zur Institution gewordenen altgedienten Barmann ein lebendiges Schwätzchen, um dann den mondänen saalähnlichen Raum mit seinen Säulen zu durchqueren. Am Ende rechts durch die Tür, da steht er – der Schriftsteller als Bronzestatue am Tresen in seinem „Rincon de Hemingway“, seiner kleinen Ecke. Weiterlesen

Namibia: Vollklimatisiert durch die Wüste

Auch auf Gleisen lässt sich Namibia in all seinen Facetten erkunden – vom Fish River Canyon über die Namib Wüste bis hin zum Etosha Nationalpark. Die Entdeckung der Langsamkeit im Südwesten Afrikas.

Freudestrahlend schweift ihr Blick über die endlos geraden Schienen gen Horizont, wo sich die Bergkette im afrikanischen Abendrot abzeichnet. Dann blickt sie hinüber nach links – zum Lokführer – lacht, gestikuliert und plaudert aufgeregt. Alice Aademar aus Zürich ist Gast im Desert Express und nicht irgendein Gast; sie ist stolze Gewinnerin des Zug-Quiz und fährt jetzt im Cockpit vorne mit, neben Lokführer und Assistenten. Sie hat errechnet, dass die amerikanische GI Lokomotive in den zehn Tagen ihrer Strecke durch weite Teile Namibias etwa 2200 Kilometer zurücklegt – ganz nach alter Manier mit einem Faden über der Landkarte.

Begrüßungscocktail vor dem Start

Begrüßungscocktail vor dem Start

„Genau die richtige Mischung“, lobt Alice Aademar das abwechslungsreiche Programm zwischen Gleis und Canyon. Nach mehrstündiger Exkursion mit dem Bus zum Fish River Canyon über die Pads, jener naturbelassenen Schotter- und Sandstraßen, freut sie sich auf den vollklimatisierten Zug und seine herzliche Besatzung. Zugmanagerin Angela Doëses sorgt dafür, dass die Crew ihre Aufgaben mit viel Charme bewältigt. Die 38-jährige vom Stamm der Tamara war von Anfang an dabei. Die Wagons Springbok, Oryx, Spitzkoppe, Kokeboom oder Weltwitschia, benannt nach Tieren, Pflanzen und Landschaften Namibias, nahmen am 3. April 1998 nach knapp zweijähriger Bauzeit ihren Dienst auf. Seither befördert der Luxuszug Touristen auf dem 3227 Kilometer langen Schienennetz des Landes.

Bordarzt Bunte kümmert sich um die Wehwehchen

Die Gäste kommen vor allem aus Japan, England, Südafrika und Deutschland. „Deutsche mögen es pünktlich und Südafrikaner feiern gern“, weiß Angela um die Eigenschaften ihrer Passagiere. Und wenn es Probleme gibt, hat die Zugmanagerin gut vorgesorgt. An jedem der Bahnhöfe auf der Strecke stehen Mechaniker in Bereitschaft. „So werden mögliche Defekte an der Klimaanlage oder im Sanitärbereich schnell repariert.“ Auch die medizinische Versorgung kommt nicht zu kurz, dafür ist Bordarzt Horst Bunte zuständig. Der Arzt aus Hannover gehört seit vier Jahren zur Crew des Desert Express und versorgt die Patienten bei Erkältungen, Kreislaufproblemen und Magen-Darm-Krankheiten, den häufigsten Wehwehchen an Bord.

Gelb-braune Gräser zieren den ausgedörrten Boden, ein verlassener Bahnhof mit verwaister Bar zieht am Abteilfenster vorbei, einige 100 Meter weiter spielen Kinder nahe am Gleis – sie starren dem Zug winkend nach. „Im Süden des Landes leben nur sieben Prozent der 1,9 Millionen Namibier“, erklärt Inge Hugo, zuständig für die Landeskunde im Desert Express, die verlassene Gegend südlich der Hauptstadt, „in erster Linie von der Viehzucht.“ Zwei Drittel der Bevölkerung besiedeln den wesentlich fruchtbareren Norden. Und weil die ehemaligen Kolonialmächte die Grenzen willkürlich und quer durch Stammesgebiete gezogen hätten, seien im Land die verschiedensten Ethnien ansässig – „ein Vielvölkerstaat“, sagt die temperamentvolle Südafrikanerin mit österreichischen Vorfahren.

Tote Bäume sind bis zu 800 Jahre alt

Kurz nach Sonnenaufgang, um sechs, erreicht der Sonderzug Mariental, von hier kämpft sich der Bus über die Pads in die älteste Wüste der Welt – die Namibwüste, in der Sprache des Stammes der Nama „große Ebene“. Kurz nach dem Eintritt in den Namib-Naukluft-Nationalpark prägen rote Sanddünen die Landschaft, davor Kameldorn- und Anabäume sowie weitere endemische Sträucherarten, die abgestorben und vertrocknet wirken. „Sie schlagen schon nach geringen Regengüssen wieder aus“, beteuert Inge Hugo. In der Ferne grast eine Herde Oryx-Antilopen, das Wappentier Namibias, vereinzelt sieht man Springböcke, die elegant und grazil das Weite suchen. Nur zu erahnen ist das Flussbett des Tsanchab River, der durch den Sesriem Canyon führt – „im März führte er zuletzt Wasser“, weiß die Reiseleitung.

Nach weiteren Kilometern über die vorübergehend asphaltierte Straße ist die Düne 45 erreicht. Sie gehört zum Sossus Vlei, einer Lehmbodensenke, um die sich die bis zu über 300 Meter hohen Dünen gruppieren. „Numeriert werden sie wegen der besseren Orientierung“, erklärt Wüstenliebhaberin Hugo. Der Anstieg auf die Spitze der Düne lohnt sich: von hier schweift der Blick über die weite Dünenlandschaft bis hinüber zum Dead Vlei. „Eine riesige Mulde mit toten Bäumen, die bis zu 800 Jahre alt sind“, erklärt die engagierte Südafrikanerin. Bizarr und wie gemalt wirken die Baumstämme in der verkrusteten Mulde mit den roten Sanddünen als Kulisse. Ein Bild, das auch beim abendlichen Dinner in der naheliegenden Sossus Vlie Lodge, noch nachwirkt.

In Swakopmund, wegen ihrer kolonialen Architektur die deutscheste Stadt Namibias, steht der Desert Express bereits in den Startlöchern. Mit frischem Brot, Milch, Früchten und Gemüse bestückt, zuckelt der Wüstenzug von hier über die Spitzkoppe, dem Matterhorn Namibias und durch das Otavi-Hochland in Richtung Etoscha-Nationalpark. An Kilometer 74 auf der Bahnstrecke nach Angola verabschiedet der Sonderzug seine 40 Gäste in eine Lodge, diesmal umgeben von Namibias vielseitiger Tierwelt und gelegen an der Pforte zur gigantischen Etosha-Salzpfanne – seit über 100 Jahren ein Wildschutzgebiet mit einer Fläche so groß wie die Schweiz. Auf einer Safari in den frühen Morgenstunden passieren Giraffen den Weg, springen Antilopen über Gräser und Büsche, genießt eine träge Löwenfamilie den Schatten unterm Akazienbaum, badet ein Elefantenpaar im Wasserloch und duzende Zebras weiden in der weiten Savanne.

Vereinzelt ziehen auch auf den letzten gut 15 Stunden Zugfahrt zurück nach Windhoek Antilopen und Strauße am Abteilfenster vorbei – für die meisten eine Entdeckung im Rhythmus der Langsamkeit.

Mehr Infos
Lernidee Reisen: „Sonderzugreise Juwel der Wüste“
Telefon: 030/786 00 00 www.lernidee.de
www.desertexpress.com.na

Etosha Nationalpark
Das bedeutendste Naturschutzgebiet Afrikas mit Hunderten von Tierarten, sehr seltenen Büschen und Bäumen und grandiosen Landschaftsformen. Zentrum des Parks ist die Etosha-Pfanne (129 km lang, bis zu 72 km breit). Insgesamt 114 Säugetier- und 340 Vogelarten sind in Etosha beheimatet. Darunter 3.000 Elefanten, 30.000 Springböcke, 2.000 Giraffen, 2.000 Sträuße, 500 Löwen und 300 Nashörner.

Der Namib-Naukluft-Park:
Das größte Naturschutzgebiet des Landes und das viertgrößte der Welt präsentiert sich mit einer immer wieder wechselnden Landschaft: erhabene Gebirgsmassive, weite Wüstenebenen, hohe Dünen, tiefe Schluchten und eine den Gezeiten ausgesetzte Lagune. Den Höhepunkt bietet die Region im Sossusvlei.

Reisezeit:
Namibia kann aufgrund des angenehmen Klimas das ganze Jahr hindurch bereist werden. Heiß und feucht ist es von Dezember bis Februar.

Geld:
Landeswährung ist der namibische Dollar, der an den südafrikanischen Rand gekoppelt ist: Für 1 Euro erhält man rund 10 namibische Dollar

Italien: Unbekanntes Cilento

Eine Landschaft wie aus einem Guss: mittelalterliche Dörfer, feine Sandstrände und Berge, die bis ans Meer reichen. Und das beste: Unberührt und verlassen ist hier nicht nur ein Wort – im Cilento ticken die Uhren anders.

„Buena giornata“ rufen uns die kartenspielenden Männer vor der Bar La Piazetta freundlich zu und auch der etwas abseits sitzende ältere Herr mit den grauen Haaren und der gegerbten braunen Haut grüßt überschwänglich und sucht gestikulierend das Gespräch. Er spricht von den Karstgrotten in Palinuro, von den vielen Touristen, die im Sommer die Schönheit der Küste zwischen der Punta Licosa und dem Capo Palinuro, der langgestreckten Felszunge, kennen lernen wollen und davon, dass er lange in Deutschland gelebt hat.

Der alte Mann mit dem Stoppelbart hat mehr von der Welt gesehen als Castellabate, das kleine 800-Seelen-Städtchen am Rande des Parco Nazionale del Cilento, Italiens jüngstem Nationalpark und Unesco-Weltkulturerbe. „In den 60ern bin ich mit meiner Familie nach Stuttgart gegangen“, sagt er stolz in gebrochenem Deutsch. So hat es das halbe Dorf gemacht. In den 1990ern seien viele wieder zurück gekehrt. Und seither besinnen sich die Menschen im Süden der Provinz Salerno auf die Schönheit ihres Cilento und setzen ganz auf den Fremdenverkehr – wohlgemerkt in seiner sanften, landschaftsschonenden Form, wie die Gemeindeverwaltung propagiert.

Weltabgeschiedene Ruhe in den Bergdörfern des Cilento

Die Dörfer liefern Idylle auf Schritt und Tritt

Verwinkelte schmale Gassen, die mit Rundbögen überspannt sind, ein tunnelartiges Stadttor, durch das früher das Vieh getrieben wurde, dazu mittelalterliche Fassaden, wohin das Auge blickt – im 1123 gegründeten Castellabate scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Auf steilen Treppenwegen gelangen wir zum Aussichtspunkt Belvedere, der Blick schweift über das Thyrrhenische Meer bis zur Insel Capri, wo abends die Sonne im Meer versinkt. Castellabate thront mit seinen 280 Metern Höhe wie ein Wachtposten über den Küstenstädtchen Santa Maria di Castellabate und den Fischerort San Marco, dabei scheint es förmlich über der Landschaft zu schweben. Eine Lage, die den meisten Orten im Cilento eigen ist. Sie schmiegen sich an einen Berg, hier fühlen sich die Bewohner geschützt vor übermäßiger Hitze und früher vor Raubüberfällen. Die Bewohner sahen von der Ferne den Feind herannahen, der meist über das Meer kam.

Wenn Anfang August vor allem die Italiener aus dem 80 km entfernten Neapel in die Küstenorte strömen, verlieren sie für kurze Zeit ihren weltentrückten Charakter. „Dann verwandeln sie sich über Nacht in geschäftige Touristenzentren“, sagt Claudia Steiner, „nur das Bergdorf lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.“ Die 39-Jährige Münchnerin kam vor zehn Jahren als Kunsthistorikerin in die Region – und blieb. Jetzt lebt sie in Marina di Pisciotta, ein verschlafener Küstenort weiter im Süden, vermietet mit ihrem Mann Roberto Ferienwohnungen und Häuser und organisiert kleine Führungen nach Paestum, den Ruinen einer griechischen Stadt mit drei dorischen Tempeln. „Den besterhaltenen außerhalb Griechenlands“ wie die Cilento-Liebhaberin bemerkt.

Im siebten Jahrhundert vor Christi sei das antike Paestum von griechischen Händlern gegründet worden, um 500 v. Chr. erlebte es seine Blütezeit und 273 v. Chr. wurde es römische Kolonie, klärt die Kunsthistorikerin auf. Und sie hat noch einen Tipp für uns: zwischen den antiken Ausgrabungsstätten von Velia, dem mittelalterlichen Ort Casal Velino und den langen feinen Sandstränden des Golfo di Velia liege das Zio Cristoforo, ein Ferienbauernhof, der durch seine typische Cilento-Küche glänzt.

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In den Morgenstunden hört man nur das Läuten der Glocken

 

Also auf nach Zio Cristoforo. Auf über 70000 Quadratmetern erstreckt sich das idyllisch gelegene Landgut– zwischen Hügeln, Meer und dem Fluß Alento liegen die vier Gebäude der Azienda verteilt. Fruchtbares Land, auf dem die meisten Zutaten der heimischen Küche gedeihen. Familie Crescenzo kocht ganz nach altem Rezept. „Die Küche ist bäuerlich, einfach und sehr gesund“, betont ein Tischnachbar an der langen Tafel auf der Terrasse mit Blick auf’s Meer. „Alles hausgemacht – vom Wein und den Likören über Käse, Wurst und Pasta bis hin zum Olivenöl.“

Wir vertrauen der Empfehlung des Kellners. Als Vorspeise frischgefüllte Auberginenröllchen , als erster Gang Pasta mit Meeressoße aus Tomaten, Muscheln, Garnelen und Tintenfisch und als Hauptgericht gegrillter Fisch mit in Olivenöl gedünstetem Paprika und Auberginen. Den Abschluss bilden Früchte mit einer feinen Ricottacreme. Am liebsten würden wir das Geheimnis der hiesigen Kochkunst selber ausprobieren. „Kein Problem“, sagt Marco, ein langjähriger Gast, „Koch Stefano gibt regelmäßig Kochkurse und führt in die cucina italiana ein.“ Eine gute Idee für’s kommende Jahr.

Am nächsten Tag zieht es uns noch einmal nach Castellabate in die Bar La Piazetta. Kurz nach der Siesta herrscht reges Treiben auf der Piazza. Und der alte Mann sitzt wie immer an gleicher Stelle. Wir erzählen ihm von den Entdeckungen unserer Reise und davon wie schön es in seiner Heimat ist. Diesmal nickt er nur und ist ohne Worte.

Mehr Information:
Reiseveranstalter Italimar, Spezialist für Süditalien und Cilento vermittelt Landgüter, Wohnungen etc. Das komplette Angebot unter www.italimar.com

Weitere Auskünfte: Italienisches Fremdenverkehrsamt, Lenbachplatz 2, 80333 München
Telefon: 0 89/53 45 27

El Rocío: Tanzen bis zum Morgentau

Jedes Jahr feiern die Spanier im kleinen Dorf El Rocío in Andalusien ein buntes Pfingstfest zu Ehren der Heiligen Jungfrau. Fotos von Jörg Wenzel

Stolze Reiter und lachende Frauen auf geschmückten Planwagen: Alljährlich zu Pfingsten ziehen kilometerlange Karawanen durch den Coto Doñana, den größten Nationalpark Spaniens. Ihr Ziel: das 500-Seelen-Dorf El Rocío. Zu Ehren der heiligen Jungfrau wird dort gebetet, gefeiert und geflirtet. Zu erleben sind feuriger Flamenco und tiefe Religiösität – das alles vor einer Kulisse wie aus einem Western.

El Rocio Wallfahrt in Andalusien

El Rocio Wallfahrt in Andalusien

Rötlich schimmert der Horizont. Am Hang unter den riesigen Hochspannungsmasten steht ein alter Holzwagen mit großen weißen Rädern, festlich geschmückt, von Kerzen umrandet, im Zentrum ein Altar mit einer Heiligenfigur. Es ist still, Männer und Frauen jeden Alters bilden einen Halbkreis und starren ergriffen auf die Figur. Über den Gläubigen summt die Stromleitung. Dann ertönt die Stimme einer jungen Frau – ein Klagelied, ein Lobgesang, ein Gebet? Danach wieder Stille. Kurz danach setzt ein Mann mit rauer Stimme zum Gesang an, die Augen geschlossen, mit wogender Brust. Der Reigen abwechselnder Gesänge reißt nicht ab – so geht es bis spät in die Nacht. Weiterlesen

Kuba: Vom Rhythmus gerauchter Zigarren

Kubaner sind Lebenskünstler und die Tabakbauern ganz besonders. In Viñales ticken die Uhren anders – und das steckt an: Eindrücke aus Kubas Westen.

Am Bahnhof von Pinar del Rio herrscht Hochbetrieb – wie jeden Tag, wenn der vollbesetzte Bus die Provinzhauptstadt im Westen Kubas erreicht. Es bleibt kaum Zeit das Gepäck zu suchen, schon umlagert ein Dutzend geschäftiger Männer zwischen 7 und 70 die Reisenden. Sie wollen nur das Beste für ihre Klientel, ein Angebot jagt das nächste. Keine Zeit für lange Entscheidungen. Ein alter Wartburg erhält den Zuschlag. Schnell den Rucksack im Kofferraum verstaut und schon nimmt das betagte Fahrzeug Kurs Richtung Viñales ins Tabakanbaugebiet, Heimat der edlen Havannas. Drei Kubaner eskortieren den Besucher. Sie riskieren Kopf und Kragen bei diesem Transfer: Kubaner dürfen Chauffeurdienste nur mit entsprechender Lizenz ausführen und die ist teuer. Also probieren es die meisten ohne, das Risiko erwischt zu werden ist groß.

Wo der Tabak reift

Casa de tabaco: Wo der Tabak reift

Juan, der ältere, trägt eine Baseballmütze – „das Geschenk eines amerikanischen Touristen“, betont er stolz. Seine raue, sonnengegerbte Haut erzählt von Jahren harter Arbeit auf den Tabakfeldern, die Augen verraten Witz und Charme. Er sprüht vor Neugier, will wissen, wie die Menschen in fernen Ländern leben. Am meisten interessiert ihn das Familienleben. „In Kuba ist die Familie das wichtigste.“ Seine Nichte, erzählt er, habe sich von ihrem Freund getrennt, weil sie sich nicht einigen konnten, wo sie nach der Hochzeit leben werden – bei seinen oder bei ihren Eltern.

Der Wartburg fährt durch eine leicht hügelige Landschaft, sattes grün, wohin das Auge blickt – und immer wieder Königspalmen. Sie ragen majestätisch elegant in den karibischen Himmel hinein und erinnern an die ästhetisch perfekte Haltung der Kubaner, wenn sie Salsa tanzen. Zugleich symbolisieren sie die Kraft und den Stolz der Menschen auf dem Inselstaat.

Autos aus den 50ern prägen das Ortsbild

Autos aus den 1950ern prägen das Straßenbild

Nach wenigen Kilometern stoppt der Viertürer abrupt. Einer der Begleiter will eine Polizeisperre gesichtet haben. Mit den Worten „va andando“, macht Juan dem Fahrgast unmissverständlich klar: Die Reise muss vorerst zu Fuß weitergehen. Nach der Polizeikontrolle nähmen sie ihn wieder auf. Für lange Fragen ist keine Zeit und schon umgibt den Reisenden die Einsamkeit und Stille des kubanischen Westens. Hier entfaltet sich die ganze Schönheit der Landschaft: Tabakfelder und Zuckerrohrplantagen prägen das Bild, vereinzelt sind die kleinen palmgedeckten Holzhütten der Tabakbauern zu sehen. Dazwischen stehen fensterlose Schuppen mit Dächern aus Palmstroh oder aus Blech. Es sind die casas de tabaco, die Trockenschuppen für den Tabak. Hier kochen die Tabakballen tagsüber in ihrem eigenen Hitzedunst und schwitzen ihre Feuchtigkeit aus.

Das Geheimnis der Tabakbauern

In der Ferne werden steil aufragende, schroffe Kegelfelsen sichtbar – die mogotes. Jene älteste geologische Formation Kubas, entstanden vor 150 Millionen Jahren. Auf der kaum befahrenen Straße trifft man immer wieder Menschen: zu Fuß, auf dem Rad oder zu Pferd. Sie grüßen freundlich mit einem Strahlen im Gesicht als wäre man ein alter Bekannter. Sie wirken entspannt, ausgeglichen und viel ruhiger als die Menschen in Havanna. Was ist ihr Geheimnis?

Nach einer scharfen Rechtskurve taucht das Privattaxi wieder auf. Kontrolle überstanden, Glück gehabt. Die Fahrt geht weiter. „Bei Manuel fühlt sich jeder wie zuhause“, verspricht Juan, „gutes Essen, warmes Wasser und nur 15 Dollar die Nacht“. Er erzählt auch, dass die Dorfbewohner fast ausschließlich von den Touristen leben: casas particulares, Privatunterkünfte, paladares, private Restaurants, Chauffeurdienste, Ausflüge und Geschäfte mit Rum und Tabak. „Das funktioniert, weil jeder mitmacht“, sagt er. Das Netzwerk der Leistungen ist lückenlos. Jeder weiß, was der andere zu bieten hat und gegenseitiges Vermitteln und Empfehlen hält alle über Wasser – „so einfach ist das“, sagt Juan.

Auf den Veranden spielt die Musik

Auf den Veranden spielen Salsa und Son

Viñales – kurz vor Sonnenuntergang hebt das gelb-rote Licht die ganze Pracht des kleinen Ortes hervor: Die niedrigen Holzhäuser mit ihren Veranden, die sich entlang der Hauptstraße hinziehen, wirken einladend und lebendig. Selbst die schlichte Dorfkirche aus dem 19. Jahrhundert versprüht Glanz. Chevrolets, Studebaker, alte Chrysler: Oldtimer aus den 1950ern, teils voller Rostflecken, teils aufpoliert rollen gemächlich über die Hauptstraße – Kuba ist ein Museum. Ein paar Musiker packen Bongo, Baß und Gitarre aus und senden die ersten Rhythmen in den jungen Abend, auf den Veranden spielen Männer Domino.

Zigarrenrauchen ist eine Kunst

Was in Viñales wie Feierabendstimmung aussieht, scheint hier den ganzen Tag so zu sein. Zeit für einen mojito – das Nationalgetränk aus frischen Minzblättern, Kokosnusssirup, Eis, Soda und weißem Rum, dazu die verführerischen Klänge von Salsa und Son. Auf der Veranda gegenüber sitzt ein alter Mann in seinem Schaukelstuhl, wippt langsam vor sich hin, genießt das abendliche Treiben, lächelt entspannt und raucht genüsslich. „Zigarrenrauchen ist eine Kunst“, sagt der Barmann, „und in Viñales sind alle Tabakbauern Künstler.“

Manuel ist ein hervorragender Gastgeber, mehr noch: wer bei ihm logiert, wird zum Freund. Er ist Mitte Anfang 50, lächelt warmherzig, und seine ehrlichen braunen Augen enthüllen seinen eigenwilligen Charakter. „Ich bin noch nie aus dem Tal herausgekommen“, bekennt er und doch wirkt er welterfahren und offen. Früher hat er auf den Tabakfeldern gearbeitet, heute lebt er von den Touristen. Er wohnt mit seiner Frau Blanca in einem Haus, das er eigenhändig unter einer Ceiba, auch Kopok- oder Wollbaum genannt, erbaut hat – ein gutes Zeichen, denn dieser Baum galt schon in den indianischen Kulturen als heilig und daran hat sich nichts geändert. „Ein Kubaner würde niemals eine Ceiba fällen“, sagt Manuel, hebt dabei den rechten Zeigefinger und wirft die Stirn in Falten.

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Mogotes, eine über 150 Millionen Jahre alte geologische Formation

 

Am Abend steht die kreolische Küche auf dem Programm: Pollo asado, Brathähnchen, dazu als Beilage Moros y Christianos, das Nationalgericht aus Reis mit Bohnen und plátanos, Kochbananen. „Rindfleisch und Hummer dürfen wir nicht servieren“, klärt Manuel auf. Eine der zahlreichen staatlichen Auflagen für die privaten Restaurants. Gegen einen flan, katalanischer Karamellpudding, hat die Regierung allerdings nichts einzuwenden. Dann die Krönung: Ein Glas vom braunen kubanischen Rum. „Muy rico“, lobt Manuel seinen 15 Jahren alten Tropfen. Dazu darf eine cohiba, Manuels besondere Tabakempfehlung, natürlich nicht fehlen. Irgendwann holt der Gastgeber eine kleine Holzkiste hervor, darin Briefe und Postkarten aus der ganzen Welt. Stolz zeigt er bewegende Zeilen aus Sydney, Tokio, Vancouver, Berlin oder Florenz. Alle wollen nur eines: Bald wieder eine Zeit im Haus von Blanca und Manuel verbringen – und Leben im Rhythmus gerauchter Zigarren, voller Genuss und ganz ohne jeden Plan.

Hiiuma: Die Insel der Frauen

Frauenpower – auf der estnischen Insel spielen Männer keine Rolle

Sie lässt sich Zeit mit der Antwort. Kurz schweift ihr Blick zu der Gruppe Birken am Wegesrand hinüber, die Stirn legt sich langsam in Falten, um den Mund macht sich ein Lächeln breit, ein verschmitztes Lächeln. Und die passenden Worte folgen prompt: „Sagen wir 64 und ein bisschen mehr“, beantwortet sie die Frage nach ihrem Alter mit dieser Mischung aus skurril und lakonisch, die an Filme des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki erinnert. Bis zu den Finnen ist es ja nicht weit – 80 Kilometer über den finnischen Meerbusen. Eng verwandt ist die eigene Sprache mit dem Finnischen ohnehin. Eigentlich ist Anu-Maie Jõgi schon über 70, aber wen interessiert das schon?

Junge Estinnen auf Hiiumaa pflegen die Folklore

Junge Estinnen auf Hiiumaa pflegen die Folklore

Auf Hiiumaa, der zweitgrößten von drei Inseln, etwa 22 Kilometer westlich vor Estlands Küste gelegen, leben 12000 Menschen. Sie nutzen ihre wieder gewonnene Freiheit und sprießen vor Ideen und Tatendrang. Auch Frau Jõgi hat eine Idee gewinnbringend weiterentwickelt. Sie stellt Konfitüre aus Karotten, Orangen, Hagebutten und Waldkräutern her und verkauft sie auf der Insel und in Supermärkten auf dem Festland. Vor 15 Jahren, kurz nach der estnischen Unabhängigkeit, erfand sie ihre spezielle Rezeptur. Wie damals zieht sie auch heute durch die Wälder der Insel und pflückt ihre Zutaten selbst. Pihla Thalu heißt Frau Jõgis alter Bauernhof, der inmitten des Waldes liegt. Vor dem Haus sind die Tische üppig gedeckt. Frühstücksgäste probieren Marmeladen und frischgebackenes Brot, aber auch winzige Schollen, die in ihrer Form der Insel gleichen. „Manche sehen in Hiiumaa die Form eines Kreuzes“, sagt die einstige Top-Langläuferin im Orientierungslauf, andere meinen, sie habe die „Form eines Vogels mit einem langen Hals, der gerade zur Landung ansetzt“. Die Estin lässt offen, wie sie das sieht. Aber an die Legende, dass der Name Hiiumaa vom Wort „hiiud“ – Riesen, Helden – abstammt, daran glaubt sie ganz fest, es ist ihre „Insel der Riesen“.

„Hiiumaa ist auch die Insel der Frauen“, sagt Urve Merendi, die als Reiseleiterin jeden Winkel ihres Eilands kennt. „Die Männer arbeiten auf dem Festland, fahren zur See oder haben neuerdings Jobs in Irland.“ Das habe Tradition, sagt Frau Merendi, deren Urgroßvater mit einer Deutschen verheiratet war. Ein Indiz für die lange Fremdherrschaft – mal wehte über Estland die dänische, schwedische, russische oder eben deutsche Flagge. Die Frauen kamen auf der Insel meist ohne die Männer aus, ob beim Folkloretanz, in den Fischereien, bei der Kindererziehung oder in der Gastronomie: Wie Margit Kääramees, die seit 13 Jahren auf ihrem Bauernhof „Mäeotsa“ in der Nähe des Ortes Orjaku mehrere Zimmer und ein kleines Landhaus anbietet.


In dem großen Garten unter knorrigen alten Laubbäumen steht ein langer Holztisch mit regionalen Köstlichkeiten: Fischsuppe, Brot, Käse, selbst gebackener Kuchen. „Wir lieben unsere Gäste“, sagt die agile Gastgeberin, und wie in Estland üblich spielen Position und Bankkonto der Gäste keine Rolle, alle werden gleich freundlich behandelt, ob Manager oder Arbeiter. Ihre Gäste kommen aus Schweden, Finnland, England, aus Deutschland und vom Festland. Kein Wunder, denn so abgelegen der Ort auch scheint, so modern vernetzt ist Frau Kääramees – dem Internet sei Dank. Wie die meisten ihrer Landsleute: Jedes noch so kleine Unternehmen, jede Unterkunft – alle sind über Google zu finden, bestätigt Urve Estlands Ruf als führendes Hightech-Land.

Von der Halbinsel Kassari aus, das die Insulaner auch „unser Mallorca“ nennen, „weil das Wasser wärmer und der Himmel blauer ist“, erklärt Inselguide Urve, führt die Straße an der mit Schilfgras übersäten und von zahllosen Vogelarten bevölkerten Bucht von Käina entlang nach Süden Richtung Emmaste.

Weiter endlos lang durch dichten Kiefernwald zum westlichen Zipfel der Insel nach Kõpu. 60 Prozent von Hiiumaa sind mit Kiefer-, Laub- und Fichtenwäldern bedeckt – es ist die waldreichste Region Estlands. Kein Wunder, dass sich hier die Tierwelt heimisch fühlt. Einen Bären haben sie zwar nicht mehr, dafür einen Wolf, 250 Elche, 200 Rothirsche, zahlreiche Luchse und Hunderte von Rehen und Wildschweinen. Von Kõpu aus führt kein Weg am 500 Jahre alten Leuchtturm vorbei, dem drittältesten noch betriebenen weltweit und zugleich Symbol der Insel. Wie eine beleibte Dame mit einem roten Zopf und glitzernden Augen sieht der Turm von weitem aus. „Das Meer ist hier sehr niedrig, die Schiffe laufen Gefahr zu stranden“, weiß Urve aus vielen Seemanns-Geschichten, die um den auf einem 68 Meter hohen Hügel thronenden Leuchtturm ranken.


Nahe der Ortschaft Vaemla steht ein langes weißes Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert – Sitz des Familienunternehmens Hiiu Vill. Hier taucht man ein in eine andere Welt, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Über 100 Jahre alte Maschinen, die Wolle in Garn umwandeln, prägen den langen Raum, an dessen Ende ein kleines Podest mit Ehrungen und Insignien aus der Sowjetzeit thront. Seit 1992 betreiben Tiiu und Jüri Valdma ihre Spinnerei, 25 bis 30 Kilogramm Garn stellen sie täglich her. Jüri ist stolz auf die Maschinen. Viel reden tut er nicht, er hat dieses Hiiuma-Lächeln, vieldeutig und anziehend zugleich. So wie seine Frau, die im Laden nebenan Strickjacken, Wollsocken und -handschuhe sowie andere Wollprodukte verkauft. Fast alles selbst entworfen, denn Tiiu ist eine Künstlerin, so wie die meisten Frauen auf Hiiumaa.

 Mehr Information
www.visitestonia.com, www.hiiumaa.ee

Übernachtung:
Pihla Bauernhof, preiswerte Ferienwohnungen mit selbstgebackenem Kuchen und exzellenter Konfitüre
www.pihlatalu.ee,

Mäeotsa Bauernhof bei Frau Kääramees, ein Cottage für fünf Personen und weitere Zimmer, 20 Euro pro Person mit Frühstück
maeotsa.maaturism.ee,

Playa de Bolonia: Afrika in Sicht

Sanft begrünte Dünen, bunte Blumenwiesen und  Gibraltar stets im Blick – im Herbst zeigt sich die Playa Bolonia und Umgebung von ihrer schönsten Seite

Träge weiden die Rinder auf den flachen, leicht begrünten Dünen. Dahinter türmt sich der Sand zu einem Berg empor, bevor er in einen weiten Pinienwald übergeht. Ich sitze auf der Holzterrasse eines „Chiringuito“, einer Strandbar, und genieße fangfrisches Thunfischfilet. Ein Farbenspiel aus kräftigem Blau des andalusischen Himmels, smaragdgrünem Atlantik und goldgelbem Sand begleitet meine Mahlzeit. Zwanzig Jahre sind seit meinem letzten Besuch vergangen. Ob die Playa Bolonia immer noch ein Geheimtipp ist? Weiterlesen

Vietnam: Alles im Fluss

Der Mekong verästelt sich in seinem Delta in ein Meer von Flussarmen und Kanälen – das Boot wird zum wichtigsten Verkehrsmittel und die Märkte beginnen zu schwimmen. Besuch in einem der fruchtbarsten Regionen des Landes.

Endlos lang zieht sich die Ausfallstraße von Ho Chi Minh City nach Südwesten Richtung Mekongdelta. Erst reiht sich Haus an Haus, dann folgen Fabriken, Unternehmenssitze, Lagerhallen – kilometerlang. „Vor zehn Jahren gab es hier nichts als Land“, sagt Nguyen Tien Dung der sympathische Reiseleiter mit DDR-Vergangenheit. Erst nach gut einer Stunde gibt der Ballungsraum Saigon langsam Ruhe, vereinzelt gleiten Schulmädchen in ihren eleganten weißen Seidenuniformen auf Fahrrädern vorbei, Männer transportieren Türen und Glasscheiben auf Mopeds.

Die Landschaft verändert sich, nimmt ihre typischen Züge an: Mango und Guaven, Rosenäpfel, Bananen, Kokospalmen und Reisfelder wechseln einander ab. Immer wieder Reisfelder. Sie breiten sich links und rechts der Nationalstraße 1 wie saftige grüne Wiesen aus. Überall lugen Reishüte aus dem Feld, meist Großfamilien, die vom Reisanbau leben. „Der Reis wächst schnell, bis zu drei Reisernten im Jahr sind möglich und Überschwemmungen begünstigen sein Wachstum“, sagt Dung. Für die Ernte brauche man etwa 100 Tage. Jährlich werden landesweit fünf Millionen Tonnen Reis exportiert, damit rangiere man nach Thailand weltweit an zweiter Stelle.

In der Uferstadt Vinh Long wechseln wir vom Bus aufs Boot und tauchen ein in ein unübersehbares Netz von Flüsschen und Flüssen, die das Mekongdelta durchkreuzen. Nach seiner über 4500 Kilometer langen Reise durch China, Burma, Laos und Kambodscha ist der Mekong die Lebensader der indochinesischen Halbinsel. „Von den Franzosen sind die künstlichen Wasserstraßen eigens für den Transport gebaut worden“, klärt Dung auf. Vorbei an Hütten auf Pfählen und Stelzen, vor denen Frauen kochen und waschen, einer alten Werftanlage, einer katholischen Kirche kommen uns zumeist einmotorige Boote entgegen, in der Regel zu zweit besetzt – vorne die Frau mit Mundschutz und Reishut, hinten der Mann am Ruder.

Manche Orte sind nur mit dem Boot erreichbar

Sie transportieren Säcke mit Reis, Gemüse und Früchten aller Art. Meist kleine Händler, die von den Schwimmenden Märkten kommen, wo sie ihre Ware einkaufen. „Sie versorgen Orte, die man nur per Boot erreichen kann“, sagt der 54-jährige Dung. Und davon gibt es eine ganze Menge, der Verkehr im Delta ist rege. Rund 16 Millionen Menschen leben in der Region auf einer Fläche so groß wie die Niederlande, davon sind etwa 90 Prozent Bauern. Seit dem Einzug der Privatwirtschaft haben sie ein Recht auf Eigenanbau. Der Schlüssel sei die Pro-Kopf-Verteilung, meint Dung. „Je größer die Familie umso mehr Land steht ihnen zu.“

Land, das Herr Tam Ho, der ehemalige Vietcong mit Ho-Chi-Minh-Bärtchen, für den Bau einer Pension für Reisende und einer Baumschule auf der kleinen Insel An Binh genutzt hat. Ein winziger Pfad führt von der Anlegestelle vorbei an blühenden Pflanzen in einen üppigen Garten. Gleich zu Beginn empfangen uns die stark glänzenden gelappten bis zu ein Meter langen Blätter eines Brotfruchtbaums mit ihren mehrere Kilo schweren Früchten, es folgen Manioksträucher und ein Jackfruchtbaum, dessen Frucht zu den größten überhaupt gehört und bis zu 50 Kilogramm schwer werden kann.

Spezialität Elefantenohrfisch

Unter einem mit Palmenzweigen verzierten Dach hat der rüstige 87-jährige einen Früchte-Imbiss vorbereitet, dazu eine Auswahl exzellenter selbstgebrannter Fruchtschnäpse. „Joo, Joo!“ verkündet Tam Ho und kippt das winzige Porzellantässchen mit Hochprozentigem in einem kräftigen Zug hinunter, wir folgen seinem Beispiel. Ein Geschmack aus Zimt und Limonen kitzelt unseren Gaumen. Zusammen mit den Klängen der Folkloregruppe löst der Schub im Blutkreislauf euphorische Stimmung aus.

So euphorisch, dass wir den Weg über die sogenannte Affenbrücke wagen. Eine einfache Konstruktionen aus Holz und Bambus, die einen schnellen Übergang über die Wasseradern ermöglichen. Mit dem Boot tuckern wir weiter in Richtung Can To und gelangen zurück auf einen Hauptarm des Mekong. Auf unserem Weg kosten wir die Küche der Region und kehren ein bei Sau Giao. Auch er bewirtet Touristen – kleine Zimmer im Dschungel mit Frühstück und einer ausgezeichneten Küche. Er serviert Elefantenohrfisch, eine gebratene Delikatesse des Mekongdelta, dazu Reis und Salat. „Viel dran ist nicht, aber er schmeckt hervorragend“, leitet Dung das Menü ein. Als Entree füllen wir hauchdünnes Reispapier mit Salat, Soja und anderen Zutaten, falten es zusammen und genießen die Köstlichkeit.DSC_0362

Das aktuelle Angebot hängt am Bambusmast

In Can To, am Deltaarm Hau Giang gelegen und mit einer halben Million Einwohner die Hauptstadt des Mekongdeltas, passt sich der Rhythmus dem Wasser an – alles ist in ruhigem Fluss. Vereinzelt sitzen Gruppen jeden Alters auf den Bänken am Flussufer und warten auf das kräftige Abendrot nach dem Sonnenuntergang. Gemächlich flaniert ein junges Paar über die Uferpromenade, etwas schüchtern und so unschuldig wie der junge Abend. Eine riesige Statue des Staatsgründers Ho Chi Minh überwacht das Geschehen. Auf der gegenüberliegenden Flussseite flimmern die gewaltigen Reklametafeln multinationaler Konzerne. Ein junger Mann lädt zu einem letzen Flusstörn ein. Am späteren Abend wird die Luft drückend schwül, ein Partydampfer bringt feiernde Gäste an Land.

Am nächsten Morgen schippern wir durch die engen Passagen bei den Schwimmenden Märkten nahe Can To. Es ist Hochbetrieb: Decks werden geschrubbt, Essen zubereitet, Ware sortiert und geladen. Das aktuelle Angebot hängt deutlich sichtbar an einem Bambusmast – Bananen, Kürbisse, Wassermelonen. Die kleinen Händler legen mit ihren Booten vor den großen Kähnen an und laden, was sie später verkaufen können. „Es geht zu wie auf einem Markt in Saigon“, sagt Dung eher beiläufig. Und er hat Recht. Dasselbe Lächeln, dieselbe Leidenschaft schwingen beim Handeln mit – nur: ihre Lebensader ist der Fluss und nicht das Land.

Mehr Information:
TUI Rundreise „Südvietnam Kaleidoskop“, 8 Tage mit Anschlussaufenthalt, ab/bis Frankfurt mit Vietnam Airlines,
Stationen: Saigon, Can Tho, Dalat
http://www.studienreisen.de/studienreise_124426.html
Hotline: 06373-811728

Apulien: Das vergessene Land

Lange Zeit schlummerte Italiens Absatz mit seinem Sporn, dem Gargano, unbeachtet vor sich hin. Langsam entdeckt der Reisende die Fülle seiner Kultur und Geschichte, seine unberührten Sandstrände, und die einzigartige Küche. Eine Entdeckungstour lohnt sich.

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Die Trulli von Alberobello

Männer rufen laut, wiegen Tintenfische, säubern Seeigel, kaufen und verkaufen, verhandeln und lachen. Wie jeden Sonntagmorgen in Bari. „Reine Männersache“ sagt Elke Sciscio, la tedesca, die seit 18 Jahren Touristen ihre Wahlheimat näher bringt. Eine „Hinterlassenschaft der Völker aus dem Orient“, die den Stiefelabsatz lange Zeit prägten.

Die Deutsche mit italienischem Pass liebt dieses Land, das die Römer einst „Finis terrae“, das Ende der Welt, nannten. Nicht allein wegen seiner 820 Kilometer schönster Küstenabschnitte oder seiner reichen Kulturschätze, auch nicht wegen der köstlichen Regionalküche und den guten Weinen. „Die Menschen hier sind so offen und mitfühlend“, sagt Elke Sciscio, „das erlebe ich jeden Tag aufs Neue. Die Apulier lieben ihre Heimat und wer fortzieht kommt bestimmt irgendwann zurück.“

Weisse Stadt Hügel

Die citta bianchi Ostuni

Schon auf der Fahrt entlang der Adriaküste Richtung Süden entdecken wir die ersten Zeugnisse der wechselhaften Geschichte Apuliens. Aus dem rötlich schimmernden Erdreich ragen zeitlose alte casedde, Unterstände und paghiari, Scheunen hervor. Sie gehörten zu den charakteristischen Trulli, jenen runden, weißen Häusern mit schuppenartigen Bruchstein-Schieferdächern, deren Ursprung auf vorgeschichtliche Zeit zurückgeht. In Alberobello, südlich von Bari, gibt es mehr als 1300 dieser zum Unesco-Weltkulturerbe zählenden Rundhäuser.

Region ist reich an hochqualitativem Olivenöl

Im frühen Abendlicht glitzern die endlos scheinenden Olivenhaine silbrig, die rote Erde bildet einen scharfen Kontrast. Manche der knorrigen Bäume sind bis zu 600 und mehr Jahre alt und liefern noch immer eine reiche Ernte. Wie die ganze Region: 40 Prozent des gesamten Olivenöls Italiens stammt aus La Puglia. In der Ferne auf einem Hügel sind die weiß getünchten Häuser eines Dorfes zu erkennen. Aus deren Mitte ragt eine stattliche Kirche empor – eine der vielen „Zeitzeugen“ der unterschiedlichen Einflüsse, die den Stiefelabsatz in seiner langen Geschichte heimgesucht haben. Einst war die Region heiß begehrt: Griechen und Römer, Spanier und Araber kamen, siedelten und wurden wieder vertrieben. Auch Friedrich II, der Stauferkaiser, hat mit zahlreichen Kirchen, Kastellen und Burgen seine Spuren in Apulien hinterlassen.

Spiegelung

Trani mit Hafen und Kirche

Südlich von Leece erstreckt sich die karstige Hügellandschaft des Murge Salentine Wir fahren vorbei an steinigen Feldern, uralten Olivenhainen, niedrigen Weinstöcken, passieren Feigen- und Mandelbäume. Bis dicht an die Küste reichen die Ackerflächen. Noch bis vor zehn Jahren gab es hier nur Fischerorte, heute sind an vielen der mittelalterlichen Torre, den Wachtürmen, die einst zum Schutz gegen Türken und Sarazenen gebaut wurden, Ferienorte entstanden und sie tragen deren Namen. Ferienorte? Auch wenn Apulien als weithin unentdeckt gilt, habe der Tourismus in den vergangenen Jahren in der Region um Gallipoli zugenommen, erzählt uns der nette Herr an der Bar am Corso Roma. „Vor allem Italiener und immer mehr Deutsche entdecken La Puglia“, sagt er lächelnd.

Der belebte Corso führt zur alten Brücke von Gallipoli, welche die Neustadt von der im Meer schwimmenden Altstadt trennt. Auf einer kleinen Insel erhebt sich die „schöne Stadt“, griech.: Kalé-polis, rundherum von einer alten Wehrmauer umgeben. Im Inneren windet sich ein Labyrinth aus eng verschlungenen Gassen, die auf winzige Piazzas münden. Innenhöfe und weiße Häuser erinnern an arabische Architektur. Auch hier thront über allem eine Kathedrale – St. Agatha, ein Meisterwerk des Barock, mit ihrer Fassade aus dem gelblichen Tuffstein der Region.

„Ein Paradies für Vegetarier“

Der gesprächige Verkäufer im Tabacchi-Laden in der Altstadt schwärmt von den traumhaften Sandstränden und dem glasklaren sauberen Wasser seiner Heimat. Und dann erzählt er von seinen Jahren in Mailand und das der Fortschritt früher immer aus dem Norden kam. „Basta“, sagt er abrupt und schlägt mit der rechten Hand auf den Kassentisch, „meine Kinder sollen hier aufwachsen.“ Kurz darauf sitzen wir im Ristorante Il Bastione an der alten Stadtmauer mit Blick auf den Hafen, Fischer flicken ihre Netze, nehmen Kurs aufs Ionische Meer, Möwen begleiten sie kreischend. In ihren geflickten Netzen wird bald La Spigola, Seebarsch, zappeln, denselben lassen wir uns gerade auf der Zunge zergehen – auch das ist Gallipoli. Die Apulier sagen: Es ist der beste Fisch Italiens. Sie sagen auch, dass nirgends im Land so gesund gegessen wird wie in Apulien. „Ein Paradies für Vegetarier“, legt sich Elke fest. Allein bis zu 40 Antipasti gebe es, ganz zu schweigen von den handgeformten orechiette, Öhrchennnudeln mit gekochten Rübensprossen und Sardellen. „Alles basiert auf regionalen Zutaten – Getreide, Gemüse und Olivenöl.“

An der Südspitze der Halbinsel bei Marina di Léuca, wo sich ionisches und adriatisches Meer treffen, beginnt die Küstenstraße nach Otranto. „Atemberaubend, unvergesslich, einzigartig“ sei die rund 40 Kilometer lange Steilküste, so überschlagen sich die Superlative. Und es stimmt. Sie braucht sich vor der Amalfitana nicht zu verstecken. Ihr Vorteil: Kaum einer weiß um ihre Schönheit: Keine Staus, keine Campingplätze, keine überfüllten Buchten. Idylle pur, hier und da der verblichene Glanz herrschaftlicher Adelshäuser. Wie in Santa Cesarea Terme, einem bekannten Badeort mit schwefelhaltigen Thermalquellen: Feudale Villen im muselmanischen Stil säumen auch hier die Küstenstraße. Hinter dem südöstlichsten Punkt Apuliens, am Capo d’Otranto, von wo man an klaren Tagen bis nach Albanien sehen kann, wird die Landschaft karstig und schroff, Kühe weiden auf dem Hochplateau vor dem Horizont des blau schimmernden Meeres.

In Otranto, auch Pforte zum Orient genannt, spüren wir die Geschichte aus Orient und Okzident auf Schritt und Tritt: Hier die romanische Kathedrale mit dem faszinierenden Fußbodenmosaik, dort das Kastell der Aragonesen, das mit seinen Türmen und Mauern die Altstadt umgibt. Und am Hafen eine Gruppe von Männern – redend, gestikulierend, lachend…

Mehr Information
Italienisches Fremdenverkehrsamt ENIT, Kaiserstr. 65, 60329 Frankfurt/Main,
Telefon: 0 69/23 74 34,
www.www.enit.de

Unterkunft
Neben rund 770 Hotels und 150 Ferienhäusern sowie zahlreichen bed&breakfast-Pensionen lässt es sich besonders urig in den historischen Gutshäusern übernachten, den sogenannten Masserien, die in den letzten Jahren in stilvolle Hotels umgebaut wurden.

Myanmar: Beauty aus der Baumrinde

Die zarte Pflanze der Demokratisierung ist in Myanmar überall zu spüren. Das Lächeln der Burmesen steckt an und ihre Lebenskraft ist grenzenlos – Eindrücke aus der ehemaligen Hauptstadt Yangon.

Zwei edel restaurierte Busse aus kolonialer Vorzeit kurven durch Yangon, der ehemaligen Hauptstadt von Myanmar, dem einstigen Burma. Sie bringen Gäste ins Hotel am Inya Lake, dem einzig wirklichen Stadtresort der Metropole. Der Charme sozialistischer Architektur aus den 1960er Jahren empfängt den Besucher – außen wie innen. Die tropische Wärme und der Blick auf den See mit seinen Palmen in Ufernähe verzaubern den Gast. Die untergehende Sonne färbt den Abendhimmel purpurrot. Ein Gefühl wie in einer Oase, jenseits jeglicher großstädtischer Hektik. Und doch ist es nicht weit bis zum Bogyoke Aung San-Market (Scott-Market) oder bis zur über 2000 Jahre alten und 100 Meter hohen Shwegadon Pagode mit ihren tausenden von Edelsteinen.

Mingei rührt Paste an

Mingei rührt die „Beauty“-Paste an

Ob auf den geschäftigen Märkten, den Garküchen, den Hotels, Pagoden oder Tempeln – überall empfängt sie den Besucher: die offenherzige Art der Burmesen und der weiteren 134 Volksgruppen des Landes ist selbst für vielgereiste von beeindruckender Echtheit. Ein Lachen, das nichts erwartet.
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New Orleans: The Big Easy never ends

Straßenleben

Straßenmusik und schrille Typen prägen das Leben rund um die Bourbon Street

Was Hurrikan Katrina alles angerichtet hat, erkennt man nicht auf den ersten Blick. Erst wenn die Bewohner ihre Geschichten erzählen, wird das Ausmaß der Katastrophe greifbarer. Trotz allem huldigt jeder dem alten Lebensgefühl des Big Easy – so als wäre nichts geschehen.

Von den Balkonen aus werfen sie ihre bunten Plastikketten in die Menge. Es ist Freitagabend auf der Bourbon Street, im Herzen des French Quarter, Downtown New Orleans. Eng an eng drängelt sich die feierlustige Schar durch die Amüsiermeile. Aus den Musikkneipen und Clubs dringen Jazz und Blues, Cajun und Zydeco, Soul und Funk in die lauwarme Nacht. Vor den Balkonen bilden sich Trauben von Menschen, sie schreien und kreischen, jeder möchte auserkoren sein, einen Sympathiebeweis erheischen, einen witzigen Dialog führen.

Diese alte Mardi-Gras-Sitte des Anbändelns ist in New Orleans ungebrochen, genauso wie die ganze Stadt feiert als gäbe es etwas nachzuholen. „Immerhin gab es über einen Monat lang keinen Strom, keine Air Condition, nichts dergleichen“, erinnert sich Bonnie Warren, die Chefin vom Brennans, dem traditionellen Frühstücksrestaurant in der Royal Street. „Aber überschwemmt war das French Quarter nicht“, sagt die Mittfünfzigerin und senkt ihren Blick , denn sie hat erlebt, wie es am 19. August 2005 in den stark betroffenen Gebieten zuging, als der Wirbelsturm Katrina über die Stadt fegte. Strommasten knickten um, zerborstene Fensterscheiben auf den Straßen, flüchtende Menschen – „es war wie im Film“, sagt Warren, „einfach unvorstellbar.“

Weit mehr als eine Million ergreifender Geschichten kursieren seit Katrina, bemerkt der Journalist Chris Rose in seinem Tagebuch „One Dead in Attic“, Ein Toter auf dem Dachboden. Und jeder will sie loswerden, wie eine Ware, die es zu verkaufen gilt. „Es hilft den Menschen, nicht an den Bildern zu ersticken“, schätzt Warren die positive Wirkung des Erzählens. Ein Grund, warum jeder der angestellten Kellner im Brennans wieder zurückgekehrt ist. Hier können sie den Gästen von ihren persönlichen Katastrophen berichten. Wie Ron Jader, der Haus und Dach verlor und nach zwei Monaten wieder im Brennans servierte. Er liebt seine Stadt und hofft auf eine bessere Zukunft. Immerhin zählt die Stadt bereits heute knapp 300.000 Einwohner, damit liegt die Quote der Rückkehrer bei über 60 Prozent.

Zurückgekehrt ist auch Christine DeCuir. Nach mehreren Monaten, die sie in Wohnwagen verbrachte, kann sie endlich ihr Haus im Arbeiterviertel Lower Ninth Ward im Südosten der Stadt wieder beziehen – die mit am stärksten verwüstete Gegend. Der Damm eines der Hauptkanäle der Stadt, des Industrial Canal, brach am Rande des Viertels großflächig an zwei Stellen. Die Folge: Das Viertel überflutete vollständig mit Wasserständen von bis zu sechs Metern. „Das Haus war voll mit stinkendem, morastigen Boden, doch dank der vielen Volunteers, den Freiwilligen sowie Nachbarn und Freunden haben wir es wieder bewohnbar gemacht“, berichtet Christine erleichtert.

Brad Pritt Projekt gibt Hoffnung

Anders als viele ihrer afroamerikanischen Nachbarn mit geringem  Einkommen, hatte sie ihr Haus gegen Hurrikan-Schäden versichert. Und die Versicherung zahlte auch. Dagegen warten Zehntausende von Katrina-Opfern weiter in ihren Trailern auf die Zahlungen der Versicherungen oder auf staatliche Leistungen aus dem Hilfsfond. Andere wollen zurück, können aber nicht, weil ihnen die Mittel fehlen. So schlagen sich viele in Houston, Baton Rouge oder Atlanta durch während ihr Viertel weiter verwaist.

Nicht ganz, denn Christine erzählt vom Brad Pitt Projekt gleich in ihrer Nachbarschaft – „Make it Right“ heißt das Wiederaufbauprojekt, bei dem 150 Öko-Häuser für die Opfer von Katrina  errichtet werden sollen. Der Slogan solle alle Mitwirkenden auffordern, die richtigen Schlüsse für die Zukunft des Stadtviertels zu ziehen, erklärt Christine. So werden die Häuser nach ökologischen Kriterien erbaut, resistent gegen Hochwasser und Stürme und vor allem für die Bewohner erschwinglich sein. Je Haus sind 150.000 Dollar zu berappen, Hollywood-Star und bekennender Fan der Südstaatenmetropole Pitt kurbelte das Projekt bereits mit fünf Millionen Dollar an.

Pitt weiß, wie wichtig ein schlüssiges Aufbaukonzept besonders in diesem Viertel ist, betont Christine. Immerhin sei das Lower Ninth Ward seit jeher die Heimat vieler Musiker wie etwa Fats Domino und anderer Vertreter, die die Kultur der Stadt prägten. Bereits Anfang 2006 habe eine Gruppe von Musikern die Initiative ergriffen, einen Teil der Bevölkerung wieder hier anzusiedeln – es entstand das Musicians Village im Upper Ninth Ward. „Nur so können wir unseren unverwechselbaren Charme behalten“,  ist sich die jugendlich wirkende Schwarze sicher.

Kirche am Jackson-Square

Kirche am Jackson-Square

Christine fühlt sich kraftvoll und zuversichtlich, wenn sie über das Engagement des Leinwandhelden spricht, aber sobald sie schweigt, tritt ihre Traurigkeit zutage. „Wir werden die Bilder nicht so einfach los“, bringt Jeff, ein guter Freund, die Situation auf den Punkt. Die Berge von Kühlschränken und elektrischen Geräten, die sich überall zu einem Friedhof häuften, die bis zu 25.000 Menschen im überfüllten Superdome, die auf ihre Evakuierung warteten, die mangelnde Versorgung: „Niemand konnte die Straßen im Bezirk befahren, überall Trümmer, Scherben und Unrat“, manche Gegenden seien schier nicht erreichbar gewesen, erinnert sich Jeff. „Es war wie das Ende der Welt.“

Mardi Grass steht für den multikulturellen Charakter

Umso erstaunlicher wie schnell die Menschen wieder Zuversicht gewonnen haben. „Das ist einzigartig und hat mit der Mentalität der Bewohner zu tun“, weiß Christine. Und mit der Geschichte der Stadt. Nirgends in den Vereinigten Staaten ist der französische, spanische und kreolische Einfluss so stark wie in der Südstaatenmetropole. Straßennamen, Architektur, die kulinarischen Köstlichkeiten und die traditionellen Feste wie Mardi Grass prägen den multikulturellen Charakter der Stadt am Mississippi. Allein im vergangenen Jahr kamen gut 800.000 Menschen und feierten ausgelassen Mardi Grass. In diesem Jahr hat sich wieder ein Ehrengast der Endymion Parade angekündigt – das verspricht noch mehr Andrang. Und anders als sonst in den Vereinigten Staaten darf der Besucher sein Bier auf offener Straße trinken und wer rauchen will, erhält sogar Feuer an der Bar.

Beim Bummel durch das unter Denkmalschutz stehende French Quarter lebt der Charakter der City wieder auf. An den Häuserecken, vor Lokalen auf Plätzen jubiliert die Klarinette, posaunt die Trompete, spielt die E-Gitarre eine Ballade und der Jazz setzt Armstrong ein tägliches Denkmal. Künstler malen ihre Bilder, Kunst- und Designerläden zeigen ihre anspruchvolle Ware, im Café du Monde schlürfen sie auf französische Art Cafe, die New Orleans Saints spielen wieder ihre Football-Games im Superdome, im edlen Commander’s Palace im vornehmen Garden District finden jeden Sonntag wie seit und jeh die Jazzbrunchs statt und auf den schmiedeeisernen Balkonen der meist zweigeschossigen Häuser genießt man das Abendrot – die Leichtigkeit des Seins in ihrer einmaligen Südstaatenmanier.

Mehr Informationen

New Orleans Convention and Visitors Bureau, 2020 St. Charles Avenue, New Orleans, Louisiana 70130
www.neworleanscvb.com

Fremdenverkehrsamt Louisiana/New Orleans 
c/o Wiechmann Tourism Service GmbH, Scheidswaldstr. 73, 60385 Frankfurt,
Tel. 069/25538270, info@neworleans.de
www.neworleans.de

Restaurant
Brennan’s: 417 Royal Street, New Orleans, LA 70130
Telefon: (504) 525-9713
www.brennansneworleans.com

Galatoire’s: 209 Bourbon Street, New Orleans, LA 70130
Telefon: (504) 525 2021
www.galatoires.com

Mardi Gras
Mardi Gras (französisch, wörtlich Fetter Dienstag) ist der Tag vor Aschermittwoch und bezeichnet den Höhepunkt der mehrtägigen Karnevalsveranstaltungen, die mit Umzügen an diesem Tag enden.
www.mardigrasneworleans.com/mardi-gras-2014.html

French Quarter Festival
150 Musik-Veranstaltungen an vier Tagen rund um das French Quarter
Nähere Informationen unter: www.fqfi.com

Aberdeen: Wenn die Häuser silbrig schimmern

Wenige reisen nach Aberdeen nur um die Stadt zu besichtigen. Eher fungiert sie als Basisstation für die nah gelegenen Bohrinseln. Doch wer hinfährt und Zeit mitbringt, wird viel entdecken – Delfine zum Beispiel.

Gemächlich und langsam ziehen die Schiffe am „Silver Darling“ vorbei in Richtung Hafen. Andere passieren den Turm mit dem edlen Fischrestaurant in entgegenkommender Richtung und gelangen kurz darauf in die offene Nordsee. Das Meer der kleinen Schornsteine im nahe gelegenen alten Fischerviertel Footdee wirkt bizarr am rötlich schimmernden frühsommerlichen Abendhimmel. Geht der Blick hinaus auf die See tummeln sie sich vor lauter Vorfreude auf einer Linie vor der Küste – die Delfine.

„Hier ist ihr Lieblingsort“, sagt Ian Hay von der East Grampian Coastal Partnership, einer freiwilligen Küstenschutzorganisation. „Sie fangen in dem klaren Wasser Lachse und Meeresforellen und wissen, dass ihnen von den langsamen Schiffen, die den Hafen ansteuern, keinerlei Gefahr droht.“ Hay liebt die „zutraulichen und intelligenten Meeressäuger“ wie seine Stadt. Er ist überzeugt, dass es nirgendwo leichter ist, Delfine zu beobachten als in Aberdeen.

Alister McDermitt ist sicher: Der Öl-Boom hält noch 40 Jahre lang

Alister McDermitt ist sicher: Der Öl-Boom hält noch 40 Jahre lang

Der drittgrößten Stadt Schottlands, die bisher kaum auf der Agenda von Touristen stand, weiß Beryl Preuschmann, die Berlinerin, die seit vier Jahren für Visit Schottland tätig ist und nun Besuchern „die anderen Seiten Schottlands“ näher bringen will. Zu sehr war die 210.000 Einwohner zählende Küstenstadt im Nordosten des Landes bisher damit beschäftigt, das Kapital auf hoher See zu bergen. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war es das Öl der Walfangflotten, dann machten in den 1960er Jahren die Off-Shore Ölplattformen in der Nordsee die Stadt wohlhabend. Sie wurde zur Off-Shore Capital of Europe.

Maritime Museum zeigt die Schiffsbautradition

Die vielen Hubschrauber am Flughafen zeugen von der permanenten Flugkette vom Festland zu dem Pattformen und im Hafen liegen die Versorgungsschiffe der Bohrinseln. „Gut 30 bis 40 Jahre wird der Öl-Boom noch dauern“, ist sich Alister Mc Dermott, der Scottish Tourist Guide, sicher und er schreitet in seinem schneidigen Kilt, dem Schottenrock, stolz durch die Stockwerke des Maritime Museums, das dem Besucher ein Bild vom Leben auf den Bohrinseln vermittelt. Und daran erinnert, dass ein Aberdeener Werften auf eine lange Tradition des Schiffsbaus zurückblicken.

Langsam bereite man sich im Nordosten schon auf die Zeit nach dem Öl vor, räumt Alister ein, der voller Zuversicht die Strandpromenade entlang in Richtung des legendären „Beach Ballroom“ spaziert, wo die Stones und die Beatles ihre großen Konzerte gaben. Zu bieten habe Aberdeen genug. Besonders wenn die Sonne die Häuser aus Granit silbrig schimmern lässt. Daher stamme ihr Name – Silver City. Dann erhält die Lebensader der Stadt – die Union Street – mondänen Glanz, dann wirkt das nahezu 100 Meter lange aus Granit erbaute Marischal College geradezu royal und der Merchant Cross, der mittelalterliche Handelsplatz mit seinen Marktständen versprüht fast mediterranes Flair.

„Aberdeen ist auch berühmt wegen seiner vielen Blumen“, sagt Beryl. Schon sechs Mal habe die Küstenstadt den landesweiten Wettbewerb als „Stadt in der Blüte“ gewonnen. Danach durfte sie nicht mehr teilnehmen, zu fortgeschritten war ihr Standard. Tatsächlich sind die überall sprießenden Blumen und Pflanzen ein ständiger Wegbegleiter – kaum ein Platz, eine Verkehrsinsel eine Freifläche, die nicht in phantasievoller Weise bepflanzt ist. Der Gipfel der Blumenpracht ist im Duthie Park, im Botanischen Garten mit seinen hunderten und tausenden verschiedener Pflanzen aus aller Welt zu bewundern. Der dazugehörige Rosenpark gilt als einer der schönsten in ganz Europa und die David Welch Wintergärten, benannt nach dem heimischen Parkarchitekten, „sind mit ihrem Tropenhaus und ihrer breiten Ansammlung südamerikanischer Pflanzen einzigartig“, bestätigt Beryl.

Theke und Zapfanlage statt Altar und Gebetbänke

Zu bewundern sind auch die vielen Kirchen der Stadt. Tritt man mit jener für Gotteshausbesuche üblichen Ehrfurcht hinein, ist es der Barmann, nicht der Geistliche, der den verwirrten Besucher freundlich anlächelt. Statt Ruhe und Andacht füllen Musik und Stimmengewirr das einst weite presbyterianische Kirchenschiff, das jetzt auf mehreren Stockwerken einen belebten Pub beherbergt. Gemütliche Sitznischen nahe des mit Glasmalerei versehenen Kirchenfensters, simulierte Bücherwände, hinter denen sich Toiletten verbergen – für deutsche Besucher höchst ungewohnt, für Schotten eine pragmatische Lösung. „Besser als wenn sie verfallen“, meint Alister trocken-pragmatisch. Bei landesweit weniger als 20 Prozent regelmäßiger Gottesdienstbesucher mutieren die Kirchen daher in Großbritannien seit 2002 zu Pubs – eine Kirche in Sheffield machte damals den Anfang.

Noch eine Verwandlung hat die Silver City durchlebt. In den Cottages von Footdee, der gut 200 Jahre alten Fischersiedlung nähe des Hafens, haben jetzt teils Künstler ihre Heimstatt gefunden. Jedes Haus präsentiert sich in anderem Gewand: mal mit Schiffsaccessoires geschmückt, mal mit Figuren und Zwergen verziert oder mit Pflanzen bedeckt. Statt Netze zu reparieren entwerfen die Bewohner nun Glasmalereien und Ölgemälde. Wie Shelagh Swanson, die vor ihrem Giebelhaus sitzt und die Kollektion für ihre neue Ausstellung plant. „Eine tolle Mischung aus jung und alt lebt hier,“ schwärmt sie über das besondere Klima in der Siedlung während im Hintergrund das Rauschen der Nordsee zu hören ist – die Music of the Sea, wie ein kleines Schild in gälischer Sprache an Shelaghs Haus verkündet.

Mehr Informationen
http://international.visitscotland.com/de/

Restaurant
Seafood Restaurant Silver Darling: North Pier, Pocra Quay, Aberdeen.
Tel: 01 224 576229
http://www.silverdarling.co.uk/

Howies Restaurant: 50 Chapel Street, (just off Union-Street), Aberdeen
Tel: 01 224 639 500
http://ww.howies.uk.com/aberdeen.php

Übernachtung
Aberdeen City Centre Hotel: Belmont Street, AB10 1JR Aberdeen
Tel.: 01 224 658 406

Australien: Zum Lunch mit Casanova

Im Northern Territory Australiens gehören Krokodile zum täglichen Leben. Für ein Stück rohes Fleisch werden sie sogar zu Artisten.

Sie wuchtet zwei Eimer mit Büffelfleisch auf das Oberdeck. Mit sicherem Griff befestigt sie anschließend ein saftiges Stück Fleisch mit dickem Bindfaden an einer hölzernen Rute. Keine fünf Minuten vergehen und schon pirscht das erste Salzwasserkrokodil heran an das „Jumping Crododile Cruise“-Boot. Zeit für Kimberley Kerghleys Einsatz.  Gekonnt lässt sie die Rute mit dem Büffelfleisch über dem Wasserspiegel des Adelaide Rivers hin und her baumeln. Nur langsam bewegt sich das gut fünf Meter große Reptil auf die Beute zu. Dann verändert Kimberley die Richtung und zwingt das Tier zum Umdrehen. Immer höher hält sie jetzt die Beute. Das sogenannte Saltie zögert, als überlege es, ob das Ganze überhaupt der Mühe Wert ist. Fast unbeweglich verharrt es für den Bruchteil einer Sekunde.

Kimberley hat eine besondere Beziehung zu ihren Salties aufgebaut

Kimberley hat eine besondere Beziehung zu ihren Salties aufgebaut

Urplötzlich und mit einem jähen Ruck reckt das Krokodil seinen gewaltigen Körper mit der breiten Schnauze empor und schnappt nach der Beute – daneben. So einfach macht es ihm Kimberley nicht. Sie will ihn richtig springen sehen. Wieder ändert sie die Richtung des Köders, wieder verharrt der Jäger im Wasser, scheint unentschlossen. Und diesmal schnellt der goldbraun gepanzerte Rücken einige Meter aus dem brauen Fluss, packt die Büffelspezialität und lässt sie in den Tiefen seines Schlundes verschwinden. Kimberley zieht daraufhin die Rute unbeeindruckt zurück, steckt sie in die vorgesehene Halterung und nimmt Kurs auf die Backbord-Seite des Schiffes.

„Jedes einzelne Krokodil hat seine eigene Persönlichkeit“, sagt die 19-jährige Australierin lächelnd und flechtet dabei ihr dunkelbraunes Haar zu einem Knoten bevor sie ihren Köder wieder auswirft. „Ich mag ihre Wildheit“, gesteht sie weiter ein und man merkt ihr an: Der Job ist mehr als nur Arbeit, es ist reine Hingabe. Doch was macht die Furchteinflößenden Riesen so liebenswert? „Dort drüben hinter der Kurve warte schon Casanova“, sagt Kimberley und zeigt auf die Biegung des Flusses. Casanova? „Weil er bei der Fütterung schon mal den Weibchen den Vortritt lässt“, erklärt die Tierliebhaberin und führt dabei das Büffelfleisch langsam wieder gen Wasser.

Salties können ein Jahr lang ohne Nahrung leben

In den sechs Monaten ihres Jobs an Bord von Jumpin Crocodil Cruises hat sie gelernt, jedes einzelne der Krokodile voneinander zu unterscheiden: an ihrer Schnelligkeit, ihrem Reaktionsvermögen, ihrer Größe oder eben ihrem Sozialverhalten. Jetzt ist Stampi dran, er lässt sich Zeit, genießt es scheinbar, hin und her gelockt zu werden – er spielt mit Kimberley und sie mit ihm. „Es gibt jedes Mal etwas Neues zu entdecken“, erzählt die Krokodil-Dompteurin. Wohl der Grund, warum sie täglich hinausfährt zum Lunch mit Casanova.

Wer die springenden Salties sieht, mag kaum glauben, was der Kapitän über die Bordlautsprecher erzählt. „Sie sind vor allem faul“, tönt es. „Essen müssen sie nicht unbedingt, bis zu einem Jahr lang können sie ohne Nahrung bleiben“, verkündet der Kapitän weiter. Sie seien vor allem „Opportunisten“, die durchaus in der Lage sind, sich gegenseitig zu fressen. Bis zu 85.000 Krokodile tümmeln sich vor der Küste des Northern Territory sowie in den Süßwasserflüssen, den Seen und Sümpfen des Inlandes. Nur einer lebe praktisch in einer Loge, im Crocosaurus Cove mitten im Herzen von Darwin. Er heißt Burt, ist stattliche 85 Jahre alt und bekannt als Moviestar aus der legendären Serie Crocodile Dundee. Er wird von Hunderten Schaulustiger täglich bewundert. Manche wollten seine Zähne von ganz nah betrachten, ist aus den Bord-Lautsprechern zu hören. Sie bezahlen 150 Dollar für die „Death Cage“, eine geschützte gläserne Kabine, die von einem Kran gelenkt wird – so sei der Besucher mit Burt auf Augenhöhe.

Weniger bewundert als vielmehr gefürchtet war die Visite eines Saltie nahe der Strandpromenade von Darwin, wo jeden Donnerstag der legendäre Mindel Beach Sunset Market stattfindet. „Der hatte sich wohl verirrt“, flackst der Kapitän. Denn eigentlich kommen sie den Menschen nicht zu nah, solange man ihren Lebensraum respektiert. Dass dies auch überall eingehalten wird, dafür sorgen die vielen Hinweisschilder und Verbotszonen – „Don’t risk your life“. Sie sind überall im Northern Territory aufgestellt – ob auf Highways, Stränden, den weitläufigen Regionen des nahen Kakadu Nationalparks oder im Lichtfield National Park.

Movie Star aus Crocoile Dundee

Burt, der Movie Star aus Crocoile Dundee

Am Abend auf dem Mindel Beach Market erzählt Robert Mills, ein Aborigine vom Larrakia Stamm über die mythologische Bedeutung, welche die Krokodile seit jeher für sein Volk haben. „I am crocodile“, betont er immer wieder und drückt damit seine Bewunderung für die Tiere aus.  Mills zeichnet ihre weiten Wege in den Sand von Mindel Beach. Sie schwimmen durch den Ozean bis hinauf nach Indochina und Malaysia. „Doch sie kommen immer wieder zurück“, bekräftigt Mills und dann glühen seine Augen, und er sagt: „Wenn du Krokodilfleisch isst, dann isst du mich und meine Familie.“ Es ist der Respekt vor den seit über 240 Millionen Jahren überlebenden Tieren, der den Larrakia diesen besonderen Zugang zu den Salties erlaubt. Auch Kimberley hat ihn.

Mehr Information
Tourism NT / Australia: Darwin (Head Office) 
Level 1
Tel.: + 0061 8 8999 3900
Fax: +0061 8 8999 3888
www.tourismnt.com.au
reception.tourismnt@
nt.gov.au

Jumpin Crocodile Cruise
Tel.: + 0061 8 8978 9077
www.jumpincrocodile.com.au

Attraktion
Burt, das Krokodil aus dem Film Crocodile Dundee befindet sich zusammen mit einer der größten Salzwasserkrokodile in
Crocosaurus Cove, 58 Michell Street, Darwin
Tel: + 0061 8 8941 5522
www.crocosauruscove.com.au

Portugal: Wo die Kraniche nisten

Das Hinterland des Alentejo, der größten Provinz Portugals, hat nicht nur exzellente Weine, knorrige Olivenbäume sowie Orangen- und Zitrusplantagen zu bieten: Auf dem Landgut „Dos Grous“ sind auch Kraniche zuhause.

Als Kind ist sie häufig mit ihren Freunden aus dem nahe gelegenen Dorf auf das Landgut gekommen – zum Schwimmen im nahen Stausee. „Es war ein Abenteuer bis wir endlich dort waren“, er­innert sich Mariana Bexiga an die 1960/70er Jah­re. „Das Gut war komplett verwildert und ver­wahr­lost“, weiß die Verwalterin von Herdade dos Grous. Jenem 730 Hektar großen „Landgut der Kraniche“ inmitten einer hügeligen  Landschaft unweit der Ortschaft Beja gelegen – rund 80 Kilometer nördlich von Portimao entfernt.

Mariana Bexiga ist das Herz von dos Grous - sie kümmert sich auch um den Weinshop

Mariana Bexiga ist das Herz von dos Grous – sie kümmert sich auch um den Weinshop

Die Region des Alentejo ist zwar mit einem Drittel der Fläche des Landes die größte aber zugleich auch einer der ärmsten Regionen Portugals. „Seit 2005 bauen wir auf unseren mineralreichen Böden erlesene Weinsorten an“, erklärt die Mitt-Vierzigerin in akzentfreiem Deutsch. Der Rotwein sei 2011 gar zum besten Wein Portugals gekürt worden, berichtet Bexiga stolz über ihre kleine Oase des Wohlstands. Immerhin: Der gute Tropfen wird in 24 Länder exportiert. Bei 600.000 Liter produziertem Wein pro Jahr ein hartes Stück Arbeit, „besonders bei der glühenden Hitze von bis zu 45 Grad im Sommer“, beteuert Bexiga.

„Eine Hochzeit zwischen Natur und Tourismus“

Die quirlige Verwalterin ist eng mit dem Gut verwoben, auch wenn sie erst vor neun Jahren wieder in ihre Heimat zurückkehrte. „Nach über 30 Jahren Schleswig-Holstein“, sagt Bexiga scheinbar beiläufig mit einem wehmütigen Unterton. Sie setzt sich mit Leib und Seele dafür ein, aus dos Grous ein Schmuckstück zu machen.

So kümmert sie sich auch um das Haupthaus, das auf einem sanften Hügel thront und wie ein prächtiges Herrenhaus erstrahlt. Von hier ist der Blick frei über die weiten Ländereien des Gutes. Die deutsche Eignerfamilie Pohl ersteigerte das Anwesen im Jahr 1996: „Eigentlich nur“, erinnert sich die Verwalterin „um so die Wasserversorgung der familieneigenen Hotelanlage an der Küste mittels eines Staudamms sichern zu können.“ Schon damals erkannten die Pohls das Potenzial des Gutes. „Heute ist es ein Paradies“, schwärmt die Rückkehrerin – „eine Hochzeit zwischen Natur und Tourismus“, nennt sie es.

Und sie hat Recht. Denn in dem umliegenden Moorland, das zum Naturschutzgebiet Campo Branco bei Castro Verde gehört, haben sowohl endemische Vogelarten wie auch Zugvögel ihr zuhause. Besonders Kraniche – Namenspatron des Gutes – mögen das Moorland und nisten auf Häusern, Türmen und Masten. „Ein typisches Bild für die Gegend“, unterstreicht Bexiga. Von der nahen Küste her kommen die Touristen teils nur für einen Tag und lassen sich von der Ruhe und Stille der Umgebung verführen. Zu Fuß, per Rad oder mit dem Pferd erkunden sie das Gut, verfolgen amüsiert das Getümmel der rund 200 iberischen Schweine, und genießen die Tierwelt mit ihren vielen Schafen und Rindern. Oder sie streifen durch die Olivenhaine, an Orangen- und Zitrusplantangen vorbei und lassen sich vom Winzer Luis Duarte von alten Rebsorten wie Trincadeira und Aragonez berichten.

Kraniche fühlen sich rund um das Gut heimisch

Kraniche fühlen sich rund um das Gut heimisch

Wieder andere bevorzugen die Sonnenterrasse, lassen sich von der regionalen Küche verwöhnen und können den Blick von den kleinen weiß getünchten Häusern in ihrem traditionellen Baustil nicht abwenden. Mariana Bexiga hat keine Sekunde bereut in ihre Heimat zurückgekehrt zu sein, wie sie bekennt. Sie gehört jetzt zu den tragenden Säulen des Alentejo – einer Region mit besonderem Charme.

Mehr Information
Herdade dos Grous, 7800-601 Beja
Tel.: +351/284/96 00 00

Ab 125 Euro pro Nacht für zwei Personen mit Frühstück

herdadedosgrous@villavitaparc.com

www.villavitahotels.com