Archiv des Autors: Markus Howest

Chioggia – Juwel vor den Toren Venedigs

Nur 25 Seekilometer von Venedig entfernt liegt eine kleine Hafenstadt, die gerne „klein Venedig“ genannt wird. Dabei ist sie doch so anders als die weltberühmte Schwester. Ein Besuch lohnt sich, besonders im Frühling.

Am frühen Abend füllen sich Tische und Stühle der Bars und Restaurants entlang des Vena-Kanals. Manche stehen im Schutz der Arkaden, andere ganz dicht bei den Bootsanlegern. Ein Aperitif nach dem anderen geht über die Theke, genau das richtige Getränk um das nahende Wochenende einzuleiten. Es wird erzählt, gestikuliert und viel gelacht – in Chioggia sind die Kanalufer das Wohnzimmer des Ortes. Hier schlägt das Herz der kleinen Schwester von Venedig. Ein ganz anderer Pulsschlag als er in der berühmten Lagunenstadt herrscht, wo sich täglich Scharen von Touristen durch die Gassen wälzen.

In Chioggia ist die Anzahl der Touristen, die sich hierhin verirren, überschaubar. Eine Handvoll vielleicht und die verhalten sich anders als die Massen. Die lieben diesen beschaulichen und etwas bescheideneren Ort mit seiner vorzüglichen Gastlichkeit. Schon die Unterkunft in einem kleinen inhabergeführten Hotel hat besonderen Charme – hilfsbereit, fast fürsorglich und wohltuend unkommerziell. Das Frühstück ist mit viel Liebe zubereitet und schnell kommt man mit den wenigen Gästen ins Gespräch. Auf diese Weise erfährt man die besten Tipps bei Cappuccino und Croissant. So etwa, in welchen Gassen man die besten einheimischen Restaurants findet oder wo sich nach Mitternacht noch ein Absacker trinken lässt. Wer sich drauf einlässt alles auszuprobieren, braucht sicher mehr als einen Abend – so reichhaltig ist das Angebot.

Ideal ist der Standort auch deshalb, weil sich von hier aus sehr gut die Region erkunden lässt. Morgens nimmt man das Schiff und fährt in gut anderthalb Stunden bis zum Markusdom und erfreut sich auf der Lagunenpassage an der Watt- und Inselwelt. Am späten Nachmittag erholt man sich vom vielseitigen Kulturgenuss Venedigs, verarbeitet die vielen Eindrücke am Oberdeck der Fähre und freut sich auf die Ankunft in Chioggia, das auf Holzpfählen erbaut wurde und mit einer Steinbrücke mit dem Festland verbunden ist.

Will man einen Strandtag einlegen, läuft man die Via Roma in Richtung Sottomarina und genießt den langen Sandstrand mit seinen vielen Cafés und Restaurants. Besonderes Highlight sind die Trabucchi, die am nördlichen Ende des Strandes, beim Hafeneingang auf Felsen errichtet sind. Dabei handelt es sich um Pfahlbauten, die dem Fischfang dienen. Charakteristisch für ein Trabucco ist ein großes rechteckiges Netz, das gleichmäßig horizontal abgesenkt und nach einiger Zeit wieder heraufgezogen wird. Wie auch andernorts dient eines der Trabucchi in Chioggia als Fisch-Restaurant, mit einem grandiosen Ausblick auf die Adria.

Ein Besuch in Chioggia ist wie ein Eintauchen in die Welt der Lagune. Man versteht die geographische Lage und ihre Einzigartigkeit, man ist ganz nah dran am Leben der Menschen und man lässt sich Verwöhnen von der Kochkünsten der Einheimischen, und das zu akzeptablen Preisen.

Verhüllt wie ein Kunstwerk

Wer sich intensiv mit der Winteraufbewahrung seines Segelbootes beschäftigt, wird schon mal ungewollt zum Verhüllungskünstler. Kommt es doch auf jedes Detail an, damit Wind und Wetter keine Chance haben. Und ganz dicht machen geht auch nicht, sonst wird’s modrig und schimmelig – Hauptfeinde des Bootes.

Gerade mal eine Woche ist vergangen seit die Flensburger Förde ein Rekord-Hochwasser erlebte. Zum Glück blieb die Polaris von Schäden verschont, andere Boote dagegen traf es heftig, selbst ganze Stege in den Häfen brachen weg. Doch das ist vorbei. Jetzt wird gekrant und verhüllt. Eine zwar notwendige Arbeit, doch es fehlt dafür manchmal der Elan. Alles, was man im Frühjahr für sein Boot tut, hat den Geschmack von Aufbruch und Vorfreude auf die neue Segelsaison, da ist kein Handschlag zu viel. Doch jetzt im Hebst an den kurzen kalten Tagen fällt alles umso schwerer, die unmittelbare Nähe auf den baldigen Segeltörn, für den man alles tut ,der fehlt. Und doch macht auch irgendwann diese Arbeit Spaß. Weil es das Boot schützt und pflegt und der erste Schritt getan ist, damit es im April und Mai losgehen kann und es wieder heißt: Kurs nehmen auf fremde Häfen.

Nachdem die Wassertanks entleert, die Schabs und Schränke ausgeräumt, Motor und Batterie winterfest versorgt sind, tritt die Polaris ihre letzte Fahrt des Jahres an, hinüber in den Schwesterhafen, in die Marina Toft, wo es gekrant wird. Dazu müssen wir die Brücke von Egernsund pünktlich um Viertel nach Voll erreichen. Der Motor startet ein letztes Mal und bei frischem bis eisigem Wind gelingt fast eine Punktlandung: Das Signal der Brücke blinkt grün, so dass wir nahezu ungebremst mit zwei weiteren Booten die Klappbrücke passieren können. Schnell ist ein freier Anlegeplatz gesichtet, das Anlegemanöver beginnt. Nicht so geschmeidig wie erhofft, aber mit einige Korrekturen liegen wir sicher und fest im Hafen. Ein heißer Tee an Bord wärmt uns auf und stimmt zugleich ein auf den morgigen Tag, wenn es um 9 Uhr heißt: Kranen.

Die Klappbrücke just in time passiert.

Etwas flau ist mir als es losgeht. Viele Fragen gehen mir durch den Kopf: klappt das Anlegen an der Kaimauer, haben wir alles gut vorbereitet, so dass nicht Unvorhergesehenes den gesamten Betrieb aufhält, wie sieht das Unterschiff der Polaris nach zwei Jahren im Wasser eigentlich aus und wie kriegen wir das Schiff so eingepackt, dass es die kalten Monaten im Freigelände gut übersteht? Doch das beste Mittel gegen zu viel Grübelei ist ganz simpel das eigene Tun. Also nähern wir uns tuckernd bei böigem Westwind der Mole. Ich schippere langsam auf die Hafenwand zu und kann wunderbar längsseitig anlegen. Der erste Part ist überstanden, jetzt arbeiten wir Hand in Hand in enger Absprache mit den Jungs, die den Kran bewegen. Ohne viele Worte laufen die Handlungen einfach und unkompliziert ab und schon hängt die Polaris über mir an den Haltegurten und blickt auf mich herab – eine ganz neue Perspektive.

Vor allem eine, die mir ein Lächeln entlockt, denn das Unterschiff sieht bestens aus. Der letzte Antifoulinganstrich hat sich offenbar gelohnt, auch hält sich die Anzahl an Muscheln und Pocken sehr in Grenzen, selbst die Schiffsschraube ist kaum befallen. Nach intensivem Kärchern ist der Eindruck noch besser – die Seglerseele wird geradezu euphorisch, und die Lust das Schiff rundherum perfekt zu verhüllen wächst.

Praktische Ideen im Minutentakt

Endlich am Parkplatz auf dem Freigelände angekommen, beginnen die Arbeiten an Deck. Frank hat eine geniale Idee: Eine Giebelkonstruktion, durch die sichergestellt ist, dass das Wasser an der Plane gut abperlt und sich keine Lachen bilden. Wir messen, hämmern, sägen und schrauben, bis das Gerüst stabil ist und die schwere Plane darüber gezogen und festgezurrt werden kann. Irgendwann haben wir es geschafft und immer wieder sind es die spontanen Einfälle, die praktischen Ideen, die am Ende das Verhüllungsprojekt voranbringen. Penibel achten wir darauf, dass wir bei aller Verhüllungslust für ausreichend Luftzirkulation an Deck sorgen. Wir öffnen alle Luken und Fächer, und lassen bug- und heckseitig jeweils eine Öffnung, um so die Bildung von Kondenswasser zu verhindern – so bleibt die Polaris frisch. Ich steige ein letztes mal hinauf aufs Deck, checke auch die improvisierten Polsterungen, die wir auf der Reling angebracht haben, damit diese nicht durch die Plane scheuern kann. Alles passt. Wir können dem Winter beruhigt ins Auge blicken und hoffen, dass er schnell vergeht. Denn die nächsten Ziele fürs Ansegeln sind schon ausgemacht.

Foto der Woche: Playa Cangrejo, Mexiko

Restaurant „La Perla“ an der Playa Cangrejo, Pazifikküste, Mexiko

Ein wunderschöner Pazifikstrand, an dem die Bewohner des nahen Dorfes um den Fortbestand der bedrohten Grünen Meeresschildkröte kämpfen, indem sie die frisch gelaichten Eier der Meeresschildkröten einsammeln, um sie danach in einem extra abgezäunten, strandnahen Gehege im Sand wieder einzugraben, bis sie nach 30 Tagen schlüpfen.

Ein letztes Mal die „Leinen los“

Wenn sich die Saison dem Ende naht, zieht es die Segler nochmal hinaus in ihr Revier um die Segel zu hissen und volle Fahrt aufzunehmen, einen Hafen anzusteuern und dabei in jeder Sekunde die Natur in sich aufzusaugen. Und einen Hauch Freiheit mit in die lange Winterperiode zu nehmen. Absegeln in der dänischen Südsee im Oktober.

Noch in der Nacht fegte ein heftiger Sturm über die Förde. Bei jedem Windstoß pfiffen und heulten die Masten, ein regelrechtes Konzert, das zwar laut war, aber zugleich auch eine beruhigende Wirkung hatte. Und dann hörte der Sturm schlagartig auf, Ruhe kehrte ein, das Wasser plätscherte gegen den Bug des Schiffes, vereinzelt hörte man die Möwen kreischen. Am frühen Morgen zeigte sich die See friedlich, keine Wellen und Gichtkämme mehr, eine ruhige See. „Hoffentlich bleibt es nicht so“, dachte ich, denn ohne Wind macht ein Törn keinen Sinn, schon gar nicht, wenn es der letzte der Saison sein soll. Da will man bei ordentlichem Wind nochmal alle Manöver segeln und ein attraktives Ziel ansteuern. Mit der Polaris, jenem Segelboot der Modellreihe Bianca27, das in den 1970er Jahren in einer dänischen Werft gebaut wurde und seit einem Jahr meinen Namen als Besitzer führt.

Frank war die Freude sofort anzumerken, schon beim ersten Anblick, seine Augen strahlten und drückten die unbändige Lust aufs gemeinsame Segeln aus. Eigentlich kennt Frank die Polaris besser als ich – er war der Vorbesitzer und hat sie lange gehegt und gepflegt und zu dem gemacht, was sie heute ist: ein zuverlässiges, gut ausgerüstetes Schiff, das so manchen Festlieger im Hafen immer wieder ein anerkennendes Stauen abringt. „Es ist unsinkbar“, betont Frank immer wieder. Er muss es wissen, hat er doch die Polaris bei diversen Törns mit Sturm und starkem Seegang erlebt und ihr Segelverhalten schätzen gelernt.

Die letzten Vorbereitungen werden getroffen, eine kurze Manöverbesprechung, dann wird der Yanmar-Motor angelassen und das vertraute Tuckern lässt das Herz höher schlagen. Warm eingepackt mit Segeljacke und -hose plus Mütze und Rettungsweste fahren wir aus der Box. Sofort nach Verlassen des Hafens hissen wir Groß- und Vorsegel und erleben verzückt den Moment, indem wir den Motor ausschalten und mit der Kraft des Windes auf Kurs gehen. Fantastisch, wunderbar, göttlich – ach es gibt kein Wort dies zu beschreiben. Frank blickt gen Horizont und lässt den Augenblick auf sich wirken.

Volle Fahrt voraus

Schon hat uns der stramme Südwest-Wind mit Stärken vier bis fünf fest im Griff, die Polaris krängt, die Schaumkronen am Bug spritzen nach achtern, auf der Pinne ist ordentlich Druck. Segeln, wie es schöner kaum sein kann. Der Blick auf die Instrumententafel bestätigt: zwischen 5 und 6 Knoten macht das Schiff. Bei dem Tempo sind wir schneller in Sonderburg als geplant. Doch bis dahin genießen wir jede Böe, jede Seemeile und lassen uns von der Segelleidenschaft treiben. Bei der Einfahrt in den Hafen von Sonderburg sehen wir bereits die wartenden Schiffe, die hoffen, dass die Brücke pünktlich öffnet und ihnen den Weg frei macht in den Kleinen Belt. Wir haben ein anderes Ziel. Erstmal anlegen an der Kaimauer, vis á vis der berühmten Eismanufaktur, auf die Frank bereits ein Auge geworfen hat. Und wirklich: Wer dieses Eis nicht probiert, hat etwas verpasst, ein wahrer Genuss für den Gaumen.

Damit es nicht zu spät wird mit der Ankunft im Hafen von Høruphav, legen wir nach gut eineinhalb Stunden Aufenthalt wieder ab und erleben eine wundervolle Fahrt mit genau passendem Wind, der uns im „Butterfly -Stil“ (sieht Bild unten) ans Ziel bringen wird. Es dämmert bereits als wir den Hafen erreichen. Vom Wasser aus macht der Ort einen einladenden Eindruck, etwas verträumt und abgeschieden, aber nichts ist verbaut, überall sind die Fassaden gut restaurierter alter Villen zu sehen. Das Anlegemanöver ist etwas holprig, weil wir die falsche Box gewählt haben, aber nach etwas Arbeit liegen wir endlich fest und haben uns ein Feierabendbier verdient.

Auch wenn die Temperaturen in der Nacht auf drei Grad sinken, bleibt es an Bord doch warm genug, so dass wir entspannt und müde einschlafen. Beim ersten Morgengrauen setzen wir uns in die Plicht und können es kaum erwarten, das fantastische Schauspiel des Sonnenaufgangs mitzuverfolgen. In der Ferne türmen sich die Wolken, die jetzt mehr und mehr von der aufgehenden Sonne angestrahlt und in ein einzigartiges Rosarot verwandelt werden. Zugleich ziehen Schwärme von Seevögeln auf und begrüßen mit Kreischen und Geschnatter den neuen Tag. Mehr und mehr wird die Kraft der Sonne spürbar, Zeit fürs Frühstück, das an Bord bei dem Anblick des Wassers und der einzigartigen Naturszenerie ganz besonders schmeckt.

Angelegt im Hafen von Sonderburg, im HIntergrund das königliche Schloss

Nach der rasanten Fahrt am Vortag gleiten wir heute bei wolkenlosem Himmel eher gemächlich über die Ostsee. Aber doch mit so viel Wind, um mit drei bis vier Knoten langsam zurück zum Heimathafen zu segeln. Irgendwann greift Frank ins Fall und ändert den Kurs. „Schweinswale“, sagt er und zeigt Richtung Norden. Die Zeit haben wir noch und bei dem schwachen Wind überhaupt kein Problem diesen Schwenker zu machen – da sind wir uns sofort einig. Und es dauert gar nicht lange, bis der erste zu sehen ist und sich gleich zwei bis drei Mal zeigt um dann wieder abzutauchen. Das geht eine Weile so und es macht große Freude zuzusehen, wie die Meeressäuger auf Beutefang sind. Als wir wieder auf Kurs gehen, genießt jeder für sich die letzten Seemeilen bis zur Einfahrt in den Hafen von Marina Minde. Denn nach dem Anlegen wird es mindestens ein halbes Jahr dauern, bis es wieder heißt „Leinen los“.

Segeln im Butterfly-Stil
Barock-Tanzgruppe

Gesang, Spiel und Tanz liegt in der Luft

An zwei Tagen wurde in der Marktgemeinde Altomünster, rund 35 Kilometer vor den Toren Münchens, die Zeit zurückgedreht. Ein Wochenende ganz im Zeichen des Barock: Die vielen Besucher aus nah und fern sorgten allein mit ihren einfallsreichen Kostümen dafür, dass ein Hauch barockes Lebensgefühl durch die Gassen und Plätze der Altstadt zog. Aber auch das üppige Bühnenprogramm und die vielen Attraktionen versetzten die Besucher bei Prachtwetter in eine andere Epoche.

Fantasievoll und „zeitgemäß“ – die Altomünsteraner verstehen sich auf Barock

Nur noch wenige Minuten bis zum Auftritt. Die Sonne brennt vom makellos blauben Himmel, in den aufwändigen Barockkostumen schwitzen die Tänzerinnen und Tänzer der Barocktanzgruppe Barroco schon, ohne auch nur ein Tanzbein geschwungen zu haben. Endlich erfüllen barocke Musikklänge den Marktplatz und die Gruppe stellt sich auf zum ersten Tanz. Schnell ist man wie verzaubert von Klang, Tanz und den altertümlich erscheinenden Bewegungen der Tanzenden. Gute 20 Minuten dauert der Einblick in die Szenerie eines Tanzballs aus dem 17. Jahrhundert. Den Zuschauern, ob jung oder alt, gefällt’s. Staunende Augen, interessiert verfolgen die Besucher jede Formation als wären sie geladene Gäste eines Balls aus einer fernen Epoche.

Genau dieses Gefühl vermittelt das Fest auf Schritt und Tritt. Sei es die historische Zauberkunst, die das junge Publikum magisch anzieht, sei es der Einblick in die historische Holzbearbeitung, ins Töpfern, Messerschleifen, Seildrehen oder Steinschleuderschießen – lauter Attraktionen, die ein Bild von damals zeichnen. Und natürlich ist es vor allem die Kulisse aus Drehorgelspiel, barockem Gesang, Gauklerei und Märchenerzählungen, die genau zum 650. Todestag der heiligen Birgitta, der Klostergründerin von Altomünster sowie dem 250. Weihetag der Pfarrkirche St. Alto, passen. Jenem markanten Gotteshaus, das jeder Besucher bereits aus allen Himmelrichtungen von weiten erkennen kann.

Beeindruckend ist vor allem das große Engagement, das von den Vereinen und Organisationen aus und um Altomünster zu diesem Fest geleistet wurde. Ohne all die ehrenamtliche Arbeit wäre ein solch riesiges und bis ins kleinste sehr gut organisiertes Fest nicht zustande gekommen. So auch der traditionsreiche Ortsverschönerungsverein, der im Altohof, direkt zwischen Rathaus und Pfarrkirche gelegen, einen Stand mit umzähligen Kuchen-, Gebäck-, und Marmaledensorten präsentierte. Alles selbst gemacht von den Mitgliedern des Vereins. Das freut die Vorsitzende, die sichtlich ergriffen und berührt ist von der Hilfsbereitschaft der Mitglieder.

Wer das Barockfest erlebt hat, wird noch eine Weile davon zehren und sich sicher freuen, wenn die heilige Birgitta wieder geehrt wird. Denn ewig lang wird der Birgittenkuchen, der an der Klostermauer entlang aufgereiht und zu kaufen war, nicht vorhalten …

Grenada: Muskat, Rum und eine Münchnerin

Sie gehört zur südlichen Gruppe der kleine Antillen, liegt nördlich der venezolanischen Küste und so mancher verbindet sie mit der Invasion der US-Marines in der 1980er Jahren. Heute ist die karibische Insel ein Paradies für Touristen, die auf der Suche nach dem ganz besonderen Spirit sind. Auf Grenada werden sie fündig.

An jenem Donnerstag vor 19 Jahren hätte sie am liebsten alles wieder rückgängig gemacht. Doch der Weg zurück war kaum noch möglich. Zuhause hatten Andrea Gerstmann und ihr Mann alle Brücken abgebrochen. Also blieben sie in Grenada, auch wenn 85 Prozent aller Gebäude auf der Insel beschädigt, und die Infrastruktur des Landes verwüstet war. Kurz nach dem Hurrikan Ivan, der am 7. September 2004 über die Antilleninsel hinwegfegte und ein Chaos hinterließ.

„Die Einwanderungsbehörde war zerstört“, erinnert sich Andrea Gerstmann. An eine geregelte Einreise war nicht zu denken. Und trotzdem gab es da etwas in den beiden Auswanderern, das ihnen sagte: „Macht weiter, es kann nur besser werden.“ Und so kam es auch. Heute leben die beiden auf der kleinen Nachbarinsel, Carriacou, in ihrem eigenen Häuschen direkt am Meer, sind bei der heimischen Bevölkerung hoch angesehen und haben den Schritt, in die Karibik auszuwandern keinen Tag bereut. „Ich wollte schon immer am Wasser leben, heute nehme ich jeden Tag ein Bad im Meer“, schwärmt die 65-Jährige und schneidet weiter das Gemüse für die Touristen an Bord des gecharterten Katamaran. Ein Job, für den sie sich gelegentlich als Köchin anheuern lässt. Sie freut sich dann besonders über deutsche Gäste. Ein „Servus“ erinnert sie an ihre Heimat München, dann wird es wach – das Heimweh. „Vor allem nach der Kultur“, sagt sie.

Zwar hat sie auf dem Archipel keine Pinakothek, keinen Opernsaal, kein Kabarett oder Theater in der Nähe, aber sie hat die Natur und die Menschen. Und das spürt der Insel-Besucher auf Schritt und Tritt, wenn er das kleine 33 x 19 km große Eiland erforscht. Ob an den einsam gelegenen Palmen gesäumten Stränden mit feinem weißen Sand, dem Regenwald mit seiner Dichte tropischer Pflanzen oder an den alten Produktionsstätten für Muskat, Kakao oder Rum – überall wird der Gast mit fröhlicher Neugier empfangen.

Der Katamaran ankert in einer kleinen Bucht, Schnorchel, Flossen und Unterwasserkamera werden klar gemacht und schon lässt sich die vierköpfige Gruppe ins warme karibische Meerwasser gleiten. Auf der Suche nach den Unterwasserkunstwerken des Briten Jason deCaires Taylor, die hier in der Moliniere Bay vor der Küste im Nordwesten der Insel zu bewundern sind. Insgesamt 65 Figuren verteilt auf einer Fläche von 800 Quadratmetern. „Man kann sie von der Wasseroberfläche aus gut sehen“, sagt Andrea Gerstmann. „Denkt dran, es sind nicht nur um Kunstobjekte“, hatte Skipper Garnet Williams den Tauchern mit auf den Weg gegeben. Ihm ist es wichtig, das die Underwater Art dazu beiträgt, das marine Ökosystem wieder herzustellen. Meerestiere und -pflanzen können sich auf den Skulpturen absetzen – so soll neues marines Leben entstehen, hofft der Skipper. Nach und nach kehren die Schnorchler zurück. Sie sind sprachlos und glücklich zugleich. Die Eindrücke waren noch überwältigender, als Ihnen Skipper und Köchin im Vorfeld erzählt hatten.

Red Snapper wird an der Straße zubereitet

Jetzt wäre Zeit für frischen Fisch und Salat. Essen und Trinken stehen bei den Einwohnern von Grenada ohnehin ganz oben auf der Liste. Die kreolisch geprägte Küche mit ihren Feinheiten ist in jedem noch so kleinen Restaurant zu genießen. „Einfach, gemüsereich und gesund“ schwärmt Garnet in höchsten Tönen.

Doch bevor eine Mahlzeit winkt, wird die Insel vulkanischen Ursprungs per Bus erkundet. Es geht hinauf ins Innere der Insel, wo unterhalb des 840 Meter hohen Mount Saint Catherine zahlreiche kleine Flüsse entspringen und Wasserfälle sprudeln. Die serpentinenreiche Straße ist gespickt mit arbeitenden Menschen, die die Straßenchaussee säubern und neu bepflanzen. „Ein staatliches Programm um Arbeitslose zu beschäftigen“ sagt Roger, der Busfahrer und Guide in einer Person. Er scheint ohnehin jeden auf der Insel zu kennen. Er wechselt ein paar Worte mit Fischern am Straßenrand, die gerade einen Red Snapper ausnehmen und für den Verkauf an der befahrenen Straße präparieren. Oder bei Charlies Bar, wo ein Besuch Pflicht ist. Denn Charlie führt nicht nur eine Bar, er hat vis-a-vis ein riesiges Kunstwerk aus Reifen entworfen. Gestrichen in den Nationalfarben des Landes und versehen mit Sprüchen, die liebevoll den Inselstaat charakterisieren.

Schokoladenprobe

Nach dem Bezirk Saint Patrick nähern wir uns Saint Andrew, der sogenannten „Foodbasket“ der Insel, wie sie Roger nennt. Die Kornkammer Grenadas, nur, dass das Korn die vielen tropischen Früchte sind, hinzu kommen Zuckerrohr und Muskat, das Hauptexportprodukt Grenadas und Symbol der Landwirtschaft des Archipels. Außerdem gedeihen Zimt, Gewürznelken, Ingwer und nicht zu vergessen – die Kakaobohne. Zu Besuch in einer der ältesten Kakao und Schokoladenfarmen der Landes: In kleinen Schalen kann jeder seinen Gaumen testen, welcher Kakaoanteil der richtige für ihn ist, bis 100 Prozent Kakaoanteil reicht das Angebot. Versetzt mit Ingwer oder Muskat ergibt sich eine ganz eigenwillige Geschmacksrichtung. Es ist eine kleine Fabrik, mit überschaubarem Volumen, aber auch hier wie überall auf dem Eiland: die Menschen wirken glücklich, sind stolz auf ihre Arbeit und freuen sich über das Interesse der europäischen Gäste.

Auf der Weiterfahrt kommen uns Männer mit Macheten entgegen. Sie gehen am Wegesrand entlang, erschöpft von der langen Arbeit auf dem Zuckerrohrfeld. Schon früh in den Morgenstunden hat ihr Job begonnen, jetzt freuen sie sich auf ein Mittagessen. „Mancher Tourist, der unterwegs ist zu den berühmten Wasserfällen im Inselinnern erschrickt, wenn er die Macheten-Männer sieht – sie flößen ihnen Angst ein“, sagt Roger und lenkt schon kurz darauf die Aufmerksamkeit auf einen ganz besonderen Ort. La Sagesse, laut Sunday Times eine der zehn schönsten Strände der Karibik. Und wirklich: Vor uns liegt eine Traumbucht samt Restaurant und 12 Cottages. Mike und Nancy Meranski kamen 1987 auf die Insel und suchten einen Ort, wo sie sich mit ihrer Tochter Julia niederlassen können. Hier fanden sie ihn.

Am Beach La Sagesse

Mike Meranski, der Hochschulprofessor für Kunstgeschichte aus Miami, der auch auf Grenada an der St. George’s University seine Lehrtätigkeit weiter ausübt, hat die Bucht zu einem Urlaubsidyll gemacht – ganz leise, authentisch und ohne Eingriffe in die natürliche Umgebung. Geradezu vorbildlich ist das kleine Paradies, Wer einmal hier war, möchte bleiben. Auch das rosafarbene Herrenhaus, das Lord Brownlow, ein Cousin von Queen Elisabeth in der Mitte der 1960er Jahre erwarb, ist wie ein Versuchung. Nach der US-Intervention von 1983 war es völlig verwahrlost und heruntergekommen. Mike hat es eigens wieder hergerichtet, einst ein altes koloniales Herrenhaus, heute das Domizil von Mike und seiner neuen Lebenspartnerin.

Als wir nach Rum-Destillerie und Muskatnussfabrik den Hafen von St. George erreichen, wollen wir zurück an Bord und bei reichlich Fisch und Rumpunsch alle Erlebnisse loswerden und Andrea sagen, wie richtig es doch war, ausgewandert zu sein. Mancher von uns würde ihr am liebsten nacheifern. Aber nicht jeder hat die Kraft sich in der Fremde durchzubeißen, erst recht nicht, wenn das vermeintliche Paradies vom Hurrikan verwüstet wurde.

Grenada im Überblick

  • Klima: mild tropisch maritim
  • Beste Reisezeit: Beste Zeit für einen Besuch auf Grenada ist während der Trockenzeit, also von Januar bis Mai. Zwar kann es auch dann regnen, insgesamt fällt aber deutlich weniger Niederschlag als während der Regenzeit (Juni bis Dezember).
  • Größe: 344 qkm (davon Hauptinsel 310 qkm)
  • Hauptstadt: St. George’s (etwa 34.000 Einwohner)
  • Landessprache: Englisch
  • Religion(en), Kirchen: überwiegend christlich (64% Katholiken, 22% Anglikaner, daneben Methodisten, Presbyterianer, Baptisten)
  • Staatsform / Regierungsform: Konstitutionelle Commonwealth-Monarchie, parlamentarische Demokratie
  • Unabhängigkeitsdatum: 7. Februar 1974

Einmal Rab, immer Rab – nur ein Spruch von Fans?

Viele Besucher kehren immer wieder. Selbst wenn sie schon mit ihren Eltern Jahr für Jahr auf der Insel waren, setzen sie diese Tradition fort und geben sie an ihre Kinder weiter. Warum ist das so? Was macht Rab so besonders? Versuch einer Annäherung.

Wir reisen erst zum zweiten Mal auf die Insel, mit der Fähre von Stinica nach Misnjak, in knapp 20 Minuten erreichen wir unser Ziel und selbst die Fähre um 22 Uhr ist an diesem lauschigen Juniabend noch sehr gut besetzt. Sobald das Schiff angelegt hat, preschen die Autos, Busse, Wagen mit Bootsanhägern aus dem Bauch des Fährdampfers auf die Insel, hin zu ihren individuellen Zielen. Wir werden von Mirjana erwartet. Eine kleine Ferienwohnung mit Terrasse, Garten und Pool soll die nächsten 10 Tage unser Zuhause sein. Trotz vorgerückter Stunde begrüßt uns Mirjana zusammen mit ihrem Mann liebevoll und herzlich, fragt nach dem Verlauf der Reise und geleitet uns zur Wohnung. „Vorsicht, hier kreuzen unsere Schildkröten den Weg“, sagt Mirjana schmunzelnd in gebrochenem Deutsch und zeigt auf eine kleine Schranke auf dem Weg in den Garten.

Mirjana und ihr Mann Jože an einer ihrer Lieblingsstellen im Garten

Kurz darauf stehen wir auf der Terrasse, die umgeben ist von einem Zitronenbaum und weiteren blühenden Pflanzen, in der Mitte ein Tisch mit zwei Sesseln und einer Bank, von wo der Blick direkt auf Garten und Pool wandert. Wir sind sprachlos. Der Anblick ist überwältigend. „Ein Hibiskustee wäre doch jetzt genau das richtige“, schlägt Mirjana vor und lässt uns erstmal allein mit unserem vorübergehenden Zuhause.

Derweil inspizieren wir Küche, Schlafzimmer, Bad und was sich sonst noch findet in der ca. 55 Quadratmeter großen Wohnung. Jede Menge Details schmücken die Wohnung und zeigen, dass Mirjana ihre Ferienwohnungen (sie hat noch weitere in ihrem großen Haus) mit viel Sinn für Gestaltung und Dekoration ausgestattet hat – wir sind begeistert und entdecken mehr: Eine hervorragende Matratze, ein kuscheliges Bad mit Naturfliesen – rundum eine Atmosphäre zum Wohlfühlen. Keine 10 Minuten später erscheint Mirjana mt einem Tablett, auf dem sie uns Tee mit Honig, Nüsse und Pätzchen anbietet. Ihre warme herzliche Art gibt uns gleich das Gefühl, schon immer hier Zuhause gewesen zu sein. „Morgen um 11 Uhr erzähle ich Euch mehr“, sagt Mirjana, die auf der Insel geboren wurde, und verabschiedet sich mit einem Gute Nacht.

Nach der Einführung durch Mirjana ist die Landkarte der Insel voll mit Hinweiskreutzchen. „Dieser Weg ist wunderschön, dort kann man gut essen, das ist meine Lieblingsbucht“, zählte unsere Gastgeberin all die Highlights ihrer Insel auf, nein, sie legte sie uns ans Herz. Man spürte, wie wichtig es ihr war, dass wir möglichst viele Eindrücke von der Insel sammeln und mitnehmen können. Und vielleicht zu denjenigen gehören werden, die irgendwann sagen werden: Einmal Rab, immer Rab. Dass uns die Insel anzog, hatten wir ja schon bei unserem ersten Besuch vor fünf Jahren erfahren, doch uns fehlte damals die Lust zu entdecken, wir wollten einfach ausspannen. Und: es gab niemanden wie Mirjana, die uns mit wertvollen Tipps versorgte.

Keine Frage, die Insel ist schön und äußerst abwechslungsreich: der morgendliche Gang zum Steg mit dem ersten Bad in der Adria, die Entdeckung traumhafter Buchten mit einladendem türkisblauem Wasser, der Blick zu den Segelbooten auf ihrem Törns durchs Revier der Kvarner Bucht, der Besuch eines verwunschenen kleinen Restaurants mit köstlichen einheimischen Speisen oder die Strandpromenade, die unterhalb der Altstadt von Rab Stadt beginnt und bei der Sandbank beim Kloster der heiligen Euphemia endet. Die Liste all der sehenswerten Orte und Stätten ließe sich unendlich weit fortsetzen, doch dies allein klärt nicht das Geheimnis von Rab und beantwortet vor allem nicht die Frage, warum es viele Besucher jahrein, jahraus auf dieses Eiland zieht.

Am besten erklärt es wohl ein typischer Tagesablauf, wie er sicher von vielen Besuchern so oder ähnlich gelebt wird: Nach Sonnenbaden, Standup Paddling oder der Lektüre eines Buches beim Dauergrillen der Zirpen in einer der unzählig malerisch schönen Buchten, nimmt man das Wassertaxi für 3 Euro pro Person und fährt in die Hauptstadt Rab, flaniert durch die engen Gassen, nimmt einen Eiscafé, beobachtet das rege Treiben und landet irgendwann in einem der vielen Restaurants, wo sich bei frisch zubreitetem Fisch und heimischem Weißwein der Tag beim Sunset ausklingen lässt.

Bei der Rückfahrt starrt man auf die entgegenkommende Fähre und freut sich darauf, bald wiederzukokmmen

Ja, es ist diese Mischung aus beeindruckender Natur mit viel Spaß an Land wie auf dem Wasser, jeder Menge Kultur und historischer Architektur, einem Hauch Stadtleben mit Shopping und Verwöhnprogramm und das alles immer sehr bodenständig, nicht abgehoben, kein Jet Set, eher unaufgeregt und nie in Massen. Und das besondere: man hat das Gefühl, Teil des ganzen zu sein. Nicht nur ein Gast, der bald wieder geht. Oder um es mit Mirjanas Worten zu sagen: „Ich möchte gerne etwas mitbekommen von meinen Gästen, nicht nur deren An- und Abreise“, und dafür tut sie sehr viel und das seit mehr als 50 Jahren. Einmal Rab, immer Rab – daran hat sie großen Anteil.

Einmal Rab, immer Rab – ein Update von Juni 2024

Ja, wir haben es wieder getan. Das Fernweh – oder war es doch Heimweh – hat uns auch in diesem Jahr wieder nach Rab geführt, wieder zu Mirjana in ihr schönes Haus, aber diesmal in eine andere Wohnung. Groß und geräumig, geschmackvoll und mit viel Liebe zum Detail fühlen wir uns auch hier sofort heimisch. Das Highlight: eine große Terrasse mit Blick auf das Meer und in der Ferne sieht man die malerische Altstadt von Rab. Eine Terrasse, bei der die alten Säulen an der Frontseite noch erhalten sind – das macht diesen Ort noch authentischer.

Ruzica Ribaric zeigt im Etno-Museum „Kuća Rabske Torte“, wie die traditionelle Mandeltorte, die anlässlich eines Papstbesuches auf der Insel im 12. Jahrhundert von Benediktiner Nonnen erfunden wurde, gebacken wird.

Das besondere an unserem zweiten Besuch bei Mirjana war, dass wir dieses Mal viel mehr erfahren konnten über die Insel. Bei einer „rabska torta“, der traditionellen Mandeltorte mit türkischem Kaffee und einem einheimischen Likör erfahren wir von den Veränderungen, die sich im Laufe der Zeit ergeben haben. Natürlich seit den politischen Umwälzungen nach dem Jugoslawien-Krieg, als viele Einheimische die Insel verlasen haben, aber auch seit Corona. Viele kaufen Immobilien und leben den größten Teil der Jahres auf Rab, mittlerweile ist Mirjanas Haus umgeben von neuen Nachbarn, wie sie sagt. Neben dieser hohen Attraktivität für ausländische Immobilienbesitzer, gibt es aber auch weitere sichtbare Veränderungen. Wie etwa an unserer Lieblingsbadestelle in Sua Punta, wo ein riesiger neuer Hotelkomplex entsteht, der erwartbar eine andere Form des Tourismus auf die Insel bringen wird. Gut, dass es bei Mirjana und ihrem Mann Jože so bleibt, wie es ist. Das schätzen auch die vielen Gäste aus verschiedensten Ländern. Wir sehen einige wieder, die auch im letzten Jahr dort waren und schon teils seit zwölf und mehr Jahren Stammgäste sind.

Das Wassertaxi erfreut sich großer Beliebtheit.

Wir werden im kommenden Jahr wieder dabei sein, dann probieren wir mal den September aus. Zwar sind die Tage dann kürzer, dafür aber viele Früchte reifer. Der Countdown für die nächste Rab-Visite läuft ….

Unbekannte Perle mit S-Bahn Anschluss

Von München aus keine 40 Kilometer Richtung Nordwesten entfernt liegt das kleine Städtchen Altomünster. Kein verschlafenes Nest weit ab vom Schuss. Nein, es bietet für Großstadtmüde alles, was das Leben lebenswert macht.

Immer im Juli findet das Marktfest statt.

Wer sich Altomünster mit dem Auto über die Landstraße nähert, sieht ihn schon von weitem: den Glockenturm von St. Alto und St. Brigitta mitten im Ort. Fast ein bisschen wie in Andalusien, wo die Kirchtürme auch von weitem erkennbar aus dem Umland herausragen. Nähert man sich dem Ortskern der oberbayerischen Gemeinde, fällt auf, dass es für die Größe eines Ortes von 8105 Einwohnern (Stand 31.12.2022) recht betriebsam zugeht. Der Marktplatz mit seinem markanten Brunnen bildet das Zentrum. Von hier aus ist man umgeben von viel Gastronomie. Da ist Massimo der Italiener mit seinen frischen Pasta und Pizzen, schräg gegenüber im Rathaus die Institution im Sommer – das Eiscafé Venezia da Gabriele, mit ausladender Terrasse, auf der sich im Sommer nur schwer ein Plätzchen finden lässt.

Nur wenige Meter weiter und mit Tischen bis zum Brunnen liegt das Barwerk, das für den kleinen Hunger und für Nachtschwärmer eine beliebte Anlaufstelle ist, bis weit nach Mitternacht. Besonders in lauen Sommernächten, wenn die Glocke des Kirchturms läutet, ist es ein besonderes Erlebnis. Doch das war noch längst nicht alles: es folgen zwei Brauhäuser mit Tradition, beide mit lauschigem Biergarten und Hotelbetrieb. Nicht zu vergessen in unserer Liste der Highlights: Katrin’s Früchtekorb, der Bioladen mit seinen 1000 Ideen, denn hier werden nicht nur Obst, Gemüse, Käse und andere Leckerein vekauft, auch geschmackvolle Präsente aus Keramik und Metall bietet der kleine kuschelige Laden an, ach, und natürlich Blumen der Saison vom feinsten. Freundlich und herzlich geht es hier zu, man kennt sich, man nimmt sich Zeit, man ratscht über dies und jenes und duzt sich natürlich.

Bei Gabriele gibt es auch Whisky Eis ….

Das unverwechselbare dieses Ortes ist, dass er sich weit weg von der Großstadt befindet und doch mit derselben durch die S-Bahn verbunden ist. In gut 50 Minuten ist man am Marienplatz, mittendrin in der bayerischen Landeshauptstadt. Für alle, die zuweilen auf einen Großstadtbummel nicht verzichten wollen und dafür nicht gleich das Auto bewegen möchten, ist das eine willkommene Anbindung. Nicht nur das: Auch das schöne sanft hügelige Umland, das sogenannte Dachauer Hinterland, ist von einer besonderen LIeblichlichkeit, die an bestimmten Tagen im Spätsommer und im Frühling an die Toskana erinnert. Mit der Chance an klaren Tagen sogar die Umrisse der Zugspitze erblicken zu können. Dann liegt das Karwendelgebirge zum Greifen nahe. Wandertouren, Fahrradausflüge – dafür gibt es jede Menge attraktive Ziele: Ob nach Schloss Blumenthal oder zur Weilachmühle, ob ins Sissi Jagdschloss nach Aichach oder ins Naturbad nach Vierkirchen, egal, wo man einkehrt, die Gastlichkeit wird groß geschrieben und es geht überall gemütlich und gelassen zu. Wer allerdings glaubt, als Zugereister, der sich schon in München sprachlich zurecht gefunden hat, auch hier ohne weiteres klarzukommen, der wird eines besseren belehrt. Denn der Dialekt ist von ganz besonderem Klang: NIcht immer leicht zu verstehen, aber sehr liebenswert.

Auch Kultur wird in Altomünster großgeschrieben. Ob es Künstler sind, die sich im Sommer an verschiedenen Orten mit Farben und Staffelei niederlassen und Motive der Stadt festhalten oder das Theaterfestival im Sommer, auf dem heimische Laiengruppen Klassiker interpretieren oder eigene Stücke zum besten geben. Es lohnt sich. Auch die Musikszene zeigt ihr Können: ein Mal im Jahr werden die eingangs genannten Lokalitäten zur Bühne für Bands und Musikanten. Was bleibt mehr zu sagen als: Auf geht’s nach Altomünster. Man wird es nicht bereuen.

Ein Leben ohne Boot macht auch nicht glücklich

Eigentlich wollte ich kein Boot mehr. Zu viel Arbeit, zu wenig Zeit, um mich drum zu kümmern und zu selten waren die schönen Momente zuletzt geworden. Doch es kam anders. Aber eins nach dem anderen. Erst als die Rapannte, unser altes Boot, das wir uns zu dritt als Eignergemeinschaft geteilt hatten, verkauft war, wurde mir bewusst, dass es ab jetzt keine Törns mehr geben wird. Und vor allem fehlte mir das Gefühl eines Auswegs, einer Möglichkeit dem Alltag zu entfliehen und zugleich ein zweites Zuhause zu haben.

Also verfolgte ich die Kleinanzeigen bei Ebay und wurde schnell fündig. Ein hübsches Segelboot, das die passenden Maße hatte, gut in Schuss war und zudem in einem attraktiven Hafen lag, denn der Liegeplatz war gleich mit im Angebot dabei. Erste Kontaktaufnahmen per Mail, dann eine Videobegehung über das Schiff und Wochen später eine erste Verabredung in Dänemarkt, genauer gesagt in der Marina Minde an der Flensburger Förde. So arbeitete ich mich nach und nach hin zum Kauf. Viele Fragen wurden beantwortet, Vertrauen entstand und nach einem zweiten Besuch wurde der Deal perfekt. Seitdem bin ich Eigner der Polaris, ein Langkieler, erbaut 1976 und seither äußerst pfleglich behandelt und vom letzten Eigner, Frank, aufwändig und mit viel Liebe zum Detail zu einem Schmuckstück gemacht.

Froh über den passenden Winterplatz in Hafen

Wenn die Polaris im Frühjahr startklar ist und die erste Fahrt ansteht, beginnt langsam eine Beziehung zum Segelboot. Viele neue Details werde ich entdecken, manches wird repariert werden müssen und mit jeder Seemeile wird das Vertrauen in die Segeleigenschaften der Polaris zunehmen. Und sicher wird so mancher Segler anerkennend der betagten Dame nachsehen und ein freundliches Lächeln herübersenden. Ich bin jedenfalls froh auf meine innere Stimme gehört zu haben: Ein Leben ohne Boot macht auch nicht glücklich.

Beaufort oder das Warten auf den Wind

Absegeln steht für das Ende einer Segelsaison, doch meist ist es auch verknüpft mit der Hoffnung auf ein besonderes Segelerlebnis vor der langen Winterpause.

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Was wiird der Tag bringen, zwischen Hoffen und Bangen beim Frühstück
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Die Rapannte im Heimatfafen von Missunde

Noch einmal aufs Wasser, hinaus auf die Ostsee, vielleicht bis in die dänische Südsee, bevor die Rapannte an Land geht. Das war unser Wunsch. Es kam anders. Als wir in Missunde an unserem Liegeplatz  in der Schlei ankamen, herrschte Flaute. An Segeln auf der Ostsee war nicht zu denken. Wäre da nicht diese unverbrüchliche Hoffnung, die in jedem Segler schlummert. Die Hoffnung, dass der Wind doch noch auffrischt und wenn es auch nur für kurze Zeit ist. Wir hofften. Auf den nächsten Tag. Auf ein paar Beaufort.

 Der letzte Törn

Und tatsächlich: Als wir nach dem Frühstück Kurs nahmen gen Osten Richtung Schleimünde, kräuselte erst sanft die Wasseroberfläche, dann huschten nach und nach Böen über die Schlei. Zeit zum Hissen des Großsegels und der Fock. Dann war er da, dieser einmalige Moment, für den jeder Segler so manches auf sich nimmt: Der Motor verstummt, Stille, nur das Geräusch des Bugs, wie er durch das Wasser treibt, das Schiff kränkt leicht und der halbe Wind aus Nordwest lässt die Rapannte zweieinhalb Knoten machen.

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Es tut sich was, der Motor ist aus, der Wind übernimmt …

Immerhin kamen wir so bis kurz vor Kappeln und waren glücklich. Auch wenn am nächsten Tag nur noch wenig Wind die Segel straffen konnte, hatte es sich gelohnt. Jetzt konnten wir die Rapannte klar machen fürs Winterlager. Bei strömendem Regen hing unser Segelschiff am Kran und zeigte sein Unterschiff, uberwuchert von Muscheln und Algen.

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Nach sechs Monaten im Wasser hängt sie am Kran, die Rapannte

Das verhieß jede Menge Arbeit. Abgekärchert und auf Böcken am Winterplatz stationiert machten wir uns ans Werk. Jede einzelne Muschel schabten wir ab, schliffen nochmal fein darüber hinweg und erledigten alle notwendigen weiteren Arbeiten an Bord bis wir die Rapannte mit einer riesigen Plane verhüllen konnten.

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Viel zu tun bis alles gesäubert ist ….

Kärchern und Schaben

Ein bisschen wie ein Kunstwerk, Christo lässt grüßen. Fest verzurrt und alle Seile stramm verknotet war  unsere Segelyacht nun bereit für den Winterschlaf. Mindestens 6 Monate, eine Ewigkeit für uns Segler. Nur zu überstehen in dem Gedanken an das einzigartige Gefühl, wenn im Frühling das Boot wieder Kurs nehmen kann, am liebsten Richtung Dänemark. Dann wird das Zauberwort Ansegeln lauten

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Die letzten Verfeinerungen beim Vertäuen, jetzt ist die Rapannte ein kleines Kunstwerk

Rund um Rügen in sechs Tagen

Ein altes Holzboot, genug Seglerlatein und hilfsbereite Menschen – viel mehr braucht es nicht um in sechs Tagen Deutschlands größte Insel zu umsegeln.

Die Pomeranus II liegt gleichauf mit dem Leuchtturm von Cap Arkona, dem nördlichsten Zipfel Rügens. Glücksgefühle machen sich breit. Nur noch zwei Stunden über den Tromper Wiek, dann haben wir das Etappenziel – den Hafen von Glowe – erreicht. Plötzlich reißt mir eine heftige Windböe die Schot des Großsegels aus der Hand. Der Baum mit dem gesetzten Segel schlägt bedrohlich hin und her, die Wucht ist gewaltig. Es gilt kühlen Kopf zu bewahren. Sonst droht der Baum samt Segel aus der Mastnut zu brechen.

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Bootswerft Freest

Bootswerft Freest – mein Heimathafen an der Peenemündung. Ein altes Fischerdorf, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Unbedingt hinfahren und den besten Backfisch aller Zeiten probieren

Skipper

Der Skipper ist bereit für eine segelintensive Saison – doch leider spielte das Wetter erst im Spätsommer richtig mit. Dann war’s allerdings besonders schön

Romantisch

Die Sonnenuntergänge im Hafen waren immer wieder ein Erlebnis

Im Schilf

Die Pomeranus liegt im Schilfgras – im Sommer wuchert das Gras so sehr, dass die Pomeranus kaum noch zu sehen ist

Rasur an Bord

Rasieren an Bord – kein Problem, denn ein Top-Spiegel ziert die Innentür des Kleiderschranks der Kajüte

 

Segel klar machen

Bei herrlich blauem Himmel und guter Windstärke nehmen wir Kurs auf Rügen

Auf Kurs

Die Tour läuft ganz nach Plan, die Seekarte und der Kompass weisen den Weg

Pomeranus 1

Auf See mit leichter Krängung und 3,6 Knoten Fahrt

Der Trompeter

Das Highlight der Tour: Mathis packt seine Trompete aus und spielt ….

Matthis Trompete

Das klappt schon richtig gut und üben auf See ist allemal schöner als im Wohnzimmer daheim

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Die Crew von manchem vorbei fahrenden Schiff war tief beeindruckt – Applaus, Applaus

Matthis am Ruder

Aber Mathis hat auch Talent fürs Segeln, seinen Job am Ruder erledigte er sehr zuverlässig

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Im Hafen von Gager gönnen wir uns einen Landspaziergang

Frühstück in Thissow

Am Morgen in Thissow stärken wir uns beim Frühstück für die gut 6-stündige Rückfahrt nach Freest

Kroatien: Die singenden Fischer von Rovinj

Sie pellt sich heraus und will das St. Tropez Kroatiens werden – doch Rovinjs wahrer Flair entstammt ihrer Geschichte – besonders spürbar in der Fischertradition.

Josip und Nikola haben soeben ihre flachen Batana-Boote um die Spitze der Altstadt gelenkt –  jene weltweit einzigartigen hölzernen Fischerboote aus Rovinj. Jetzt versorgen die beiden Fischer ihre Passagiere mit hausgemachtem Rotwein und Gebäck aus der Region. Unweigerlich wandert der Blick der Gäste auf die Silhouette der Altstadt mit ihren eng aneinander liegenden Häusern und den schmalen Gassen, die auf die auf einem Hügel thronende Kirche Sveta Eufemija, St. Euphemia,  Rovinjs Schutzpatronin zulaufen.

In die Stille hinein stimmt Josip eine Bitinade an, eines jener Fischerlieder, die einst die Arbeit auf dem Meer begleiteten – aus einer Zeit, als die Fischer noch allein vom Fang ihre Familien ernährten. Nikola nimmt die Melodie auf, jetzt singen beide von der Liebe und vom Meer, stellenweise melancholisch, dann sehnsuchtsvoll und stets in italienisch. Weil sie beim Fischfang ihre Instrumente nicht nutzen konnten, entdeckten die Fischer die Kraft ihrer Stimme, die wie ein Chor auf See wirkte.

Josip auf seiner Batana
Josip auf seiner Batana

„Die Stadt hat ihre Fischertradition wieder entdeckt“, sagt Angela, die Fremdenführerin. Vor zehn Jahren habe es kaum noch Batanas gegeben, viele seien mit den Jahren in Schuppen und Hinterhöfen verfault. Inzwischen würden Jahr für Jahr immer mehr zu Wasser gelassen. Dank einiger „Enthusiasten“, denen ein Licht aufging, erzählt Angela. Sie machten den Bewohnern von Rovinj klar, wie wichtig die Boote für das Überleben vieler Familien einst waren. Seither tauchen Batanas aus allen erdenklichen Ecken und Winkeln auf, werden restauriert und zu Wasser gelassen. „Einige nehmen sogar an der alljährlichen Regatta in Venedig teil“, sagt Angela begeistert und weist damit auf die jahrhundertlange Verbindung zu den Venezianern hin.

„Ihr Einfluss wird besonders am istro-veneto Dialekt spürbar“, sagt die quirlige Stadtführerin in perfektem Deutsch. Noch heute ein Dialekt, der selbst in den benachbarten Dörfern oft nicht verstanden wird. Italiener hingegen werden sich in der 15.000 Einwohner zählenden Küstenstadt jederzeit heimisch fühlen.  Die Namen von Straßen und Gebäuden sind zweisprachig und selbst die einheimischen Kinder lernen bereits in der Grundschule italienisch. Ganz zu schweigen von St. Euphemia, die nicht nur den italienischen Besucher sofort an den Campanile in Venedig erinnert.

Istrisch pur ist hingegen ein Strich in der Mitte des feinen kopfsteingepflasterten Marmors, der den Weg vom Hauptplatz hinauf zum Kirchenturm weist. „Eine Markierung, die in allen istrischen Altstädten an der Küste üblich ist“, erklärt Angela.  Doch aufgepasst: Der Weg über den edlen Marmor der Region ist durch die vielen Passanten rutschig wie frisch gebohnertes Parkett. „Da hilft auch regelmäßiges Abrauhen mit der Flex kaum etwas“, gibt die gebürtige Slowenin lächelnd zu.

Kurs auf den Campagnile von Rovinj
Kurs auf den Campagnile von Rovinj

Eher geglättet wird hingegen das Image der Stadt. Der Busbahnhof wurde schon an die Peripherie verbannt und alle neuen Hotels müssen fünf Sterne tragen, so das angestrebte Ideal. Denn erklärtes Ziel der Stadtoberen ist es aus Rovinj das „St. Tropez von Kroatien“ zu machen, bestätigt Angela. Schon jetzt zieht die Küstenstadt mit einer Reihe ausgewählter Festivals und Veranstaltungen internationales Publikum an. Berühmt sind die Kunstausstellungen, die sich im Sommer vom Stadttor bis zur Kirche durch die Gassen mäandern, die Foto und Barock Days und das Fest des Heiligen St. Lorenz: „Ganz ohne elektrisches Licht, nur von Fackeln und Kerzen erleuchtet, präsentiert sich dann die Stadt“, strahlt Angela begeistert. Und wer glaubt Rovinj blüht nur im Sommer auf, der irrt, meint die werdende Mutter. Dank der milden Winter spielt sich das leben auch im Winter auf den Plätzen und Gassen ab.

Doch sein wahres Gesicht zeigt Rovinj besonders an den „Abenden der Fischertradition“, wenn die Stadt sich am Hafen versammelt und beim Stapellauf den Bau von Batanas feiert. Wenn Netze, Reusen und Körbe geflickt und geflochten werden und die Menschen ihre Herkunft zelebrieren. Dann wissen sie, was sie den Fischern zu verdanken haben.

Mehr Information

Das Haus der Batana (Museum)
Infotelefon: 805-266; 098/923-4505; 091/505 83 02
E-Mail: batana@rv-batana.htnet.hr

Kroatische Zentrale für Tourismus
Hochstr. 43
60313 Frankfurt am Main
Tel: 069/238 53 50
E-Mail: info@visitkroatien.de

Anreise:
Flug mit TuiFly und Air Berlin von Köln nach Rijeka oder mit Ryan Air ab Frankfurt Hahn bis Pula. Weiter mit dem Mietwagen bis Rovinj.

Übernachtung
Designhotel Lone
Luje Adamovića 31
55210 RovinjKroatien
www.lonehotel.com
www.maistra.com

Ferne Kulturen zieren heimische Türen

In 6. Generation stellt die Kunsttischlerei Roloff die berühmten Darßer Türen her – ganz nach alter Überlieferung. Doch auch moderne Einflüsse prägen die Kunst der Türmanufaktur. Ein Werkstattbesuch.

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Tür aus dem Jahr 1931, als die Darßer Türenmanufaktur wieder belebt wurde

Es riecht nach Holz, nach antiken Schränken, Holzspänen, Farbe und viel Handarbeit. Etwas verstohlen empfängt René Roloff seine Gäste, sein jüngerer Bruder Dirk bleibt am Eingang stehen. Dann legt der gelernte Tischlermeister, Holzbildhauer und Restaurator los. Er spricht von der Darßer Kultur und davon, dass sie unbedingt erhalten bleiben muss. Ein Gebilde für sich, etwas ganz eigenes, so nennt er seine kleine Halbinsel – den Darß. Das wohl bekannteste Symbol jenes Gebildes sind seine Türen, die man vornehmlich in der Ortschaft Prerow antrifft.

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Der Darß – jene kleine Halbinsel an der Ostseeküste im Verbund mit Fischland und Zingst – über lange Zeit ließ seine geographische Lage wenig Austausch zu. Doch seit die Darßer im 18. Jahrhundert in ferne Meere aufbrachen, ja bis nach China und Japan segelten, wurden sie welterfahrener und wussten, dass es jenseits ihres Horizontes noch jede Menge weiterer kultureller Schätze zu entdecken gibt. Auch wenn die Zeit ihres Aufbruchs zu anderen Kulturen nur rund zehn Jahre andauerte, sind heute die Türen ein Zeugnis jener Zeit. Sie spiegeln die Eindrücke ihrer Reisen wider: „Man war stolz darauf erfolgreich zur See gefahren zu sein”, sagt René Roloff. „Dies hat man auch zeigen wollen.” Zugleich dokumentieren die Türen auch die tiefe Verwurzelung mit der Heimat. Die Landschaft, das bäuerliche Leben und die maritimen Symbole – auch sie prägen die Motive ihrer Haustüren.

Eigentlich wurde die Kunst der Türmanufaktur erst 1931 wiederbelebt. Es war der damalige Bürgermeister, der die alte Darßer Tradition wieder zum Leben erweckte, erzählt Roloff. Er setzte durch, dass ein Haus mit Rohrdach erbaut und mit einer typischen Darßer Tür geziert wird. Damals war es das Gemeindeamt, die heutige Kurverwaltung. Es war die erste Tür im 20. Jahrhundert und gleichzeitig der Anfang vieler weiterer. Denn: „Wenn der Bürgermister das gut findet, kann es nicht so schlecht sein“, dachten wohl die Darßer.

Inzwischen sind es über 150 solcher Türen, die überwiegend aus der Manufaktur der Roloffs stammen. Und sie sind keineswegs nur als dekorativer Schmuck gedacht, wie Tischlermeister Roloff erklärt. „Ein gewisser Aberglaube schwingt immer mit.“ Zunächst einmal soll die Tür einladend und freundlich wirken, die Sonne ist daher als Motiv oft mit dabei. Häufig ist auch ein Kreuz als Motiv in der Tür vertreten.

Roloff bei der Arbeit
Roloff bei der Arbeit

„Es schützt die Kühe davor, behext zu werden“, erklärt der Werkstattchef. Schutz gegen alles mögliche sei ein durchgängiges Motiv, weiß Roloff. So bedeutet ein Sockel mit einem Schuppenmuster und nach oben zeigenden Spitzen die Abwehr gegen Blitzeinschlag. Auch sind Lebensbaummotive aus Tulpen ein gerne verwendetes Symbol.

Und wie muss das Haus beschaffen sein, damit das Design der Tür auch richtig komponiert wird? Die Beschaffenheit der Fassade, die Himmelsrichtung der Tür, Wetter oder Meeresseite – all das gilt es zu beachten, damit der hohe Anspruch auch erfüllt werden kann: „100 Jahr soll die Tür halten“, erklärt Roloff.

Und das nicht nur auf dem Darß. Die Hälfte seiner Kunden stammen mittlerweile aus ganz Deutschland und Österreich, erzählt der Meister. Natürlich muss hier etwas passendes angefertigt werden. „Wir verpflanzen nicht einfach eine Darßer Tür nach Baden-Württemberg“, sagt Roloff. Andere Lösungen, bei denen die Hausherren oft ihre eigenen Vorschläge mit einbringen, gebe es immer, versichert der Fachmann. So liegt es auch am Export, dass man nicht bei den alten Motiven verharrt und immer wieder neue Ideen einfließen und verarbeitet werden. Motive aus der Jetztzeit: So tauchenetwa Kraniche auf, auch Fische sind heute wieder salonfähig, früher passten sie nicht zum sozialen Status. Selbst humorvolle Varianten prägen die Motivwelt, wenn etwa die Biene auf der Blüte sitzt.

Der Katalog führt alle möglichen Designvarianten auf
Der Katalog führt alle möglichen Designvarianten auf

Der sympathische Restaurator ist nach den vielen Erzählungen rund um sein Gewerbe ganz in seinem Element. Er spürt mit jeder Frage seiner Besucher, wie außergewöhnlich sein Handwerk ist. Dabei war es gar nicht sein erster Berufswunsch, gesteht Roloff ein. Eigentlich wollte er Architektur und Kunst studieren, ging dann aber drei Jahr zur Armee und am Ende hat es sich einfach so ergeben, sagt Roloff mit einem Lächeln in die Runde. Viele Möglichkeiten gibt es auf dem Darß ja sonst auch nicht.

Mehr Information

Dauer der Anfertigung: 12 bis 16 Wochen von Auftragserteilung bis zur Fertigstellung
Preis: Je nach Aufwand: von 3.500 bis 10.000 Euro
Ein gibt einen Motivkatalog, aus dem man wählen kann

Kontakt
Kunsttischlerei Roloff GbR:
Lange Str. 30
18375 Ostseebad Prerow
Telefon: 038233 465
E-Mail: kontakt@kunsttischlerei-roloff.de
kunsttischlerei-roloff.de

Museum mal anders: In Dublin erzählen die Bewohner ihre Stadtgeschichte selbst

Adam
Adam bereitet die Gruppe vor – auf seine Art …

Besucher aus sechs Nationen und zwei Dubliner sind schon gespannt auf die Führung durch den ersten Stock des „Little Museum of Dublin„. Gerade erst hat Guide Adam die rund 30 Teilnehmer ganz unkonventionell gefragt, woher sie denn eigentlich stammen – USA, Taiwan, China, Italien, England und Deutschland sind heute mit dabei.

„There is no room for politeness“, ruft er den Zuhörern entgegen und spätestens jetzt ist klar, dass diese Führung tatsächlich etwas anderes ist als Touristen dies sonst von Museen her kennen. Lebendig, schrill, auffordernd und hochgradig interaktiv – so versteht der ehemalige Theatermanager seinen Job als Guide. Und er rüttelt jeden wach, eben auch die vielen aus Übersee, die bisher eher wenig von der Geschichte Dublins und Irlands wissen.

Denn das erklärte Ziel des Museums vis-á-vis des St. Stephens Green Park ist: Die Geschichte der irischen Hauptstadt im 20. Jahrhundert zu erzählen. Nicht einfach so, sondern mit Hilfe von Exponaten der Dubliner Bevölkerung selbst. Sie liefern die Geschichten für die Geschichte der Stadt. Und Adam geleitet durch die Dekaden und ihre Ereignisse.

Eingang
Eingangsportal des Museums gegenüber von St. Stephens Green

Von der ersten englischen Ausgabe von James Joyce’s Ulysees aus dem Jahr 1904, über ein Foto von Kindern der Henrietta Street aus dem jahr 1911, das die beengten Lebensverhältnisse der 835 Menschen in 15 Häusern zeigt, bis hin zur Kunst des Dubliners Jim Fitzpatrick, der das legendäre Che Guevara Porträt erschuf.

Besucher
Auch Dubliner lieben die Führungen …

Der 20-minütige Rundgang durch die beiden erhabenen Kaminräume hat es in sich. Vermittelt werden nicht nur historische Ereignisse und Anlässe, sondern all die Kuriosiäten und skurillen Nebengeschichten öffnen den Blick für die besondere Mentalität der Dubliner.
Rührendes gibt es zu sehen und zu hören, wie die Postkarte von Samuel Beckett an einen kleinen Jungen, der in demselben Haus lebt, in dem der Autor seine Kindheit verbrachte. „Wenn Du meinen Geist in dem Haus antreffen solltest, bestell ihm einen Gruß von mir“, schrieb er dem Jungen.

Verrücktes findet natürlich zuhauf statt – wie das Wappen der 1000-Jahr Feier Dublins im Jahr 1988. Jenes Milennium, das von den Bewohnern der irischen Hauptstadt viel zu spät erkannt und organisiert wurde, getreu ihrer Haltung, Zeit ist ohnehin dehnbar und der Schöpfer hat genug davon gemacht. Auch der Celtic Tiger findet im Little Museum seinen Platz. Es ist die Zeit in den 1990er Jahren als die Stadt am Liffey einen ungeheuren Aufschwung erfuhr und das Stadtbild veränderte.

Stephens Green
Der Park St. Stephens Green im Herbstlicht

Nach der Führung will man mehr, und kriegt es auch. Denn auch im zweiten Stock des gregorianischen Hauses ist Kultur made of Dublin zu sehen – hier sieht man die Geschichte der Pop-Band U2 in beeindruckenden Bildern und die legendäre Irish Times gibt Einblicke in ihre Sicht der Stadt. Beim Café im Basement fragt sich der Besucher allerdings, wie sich all das erhellende und faszinierende nun finanzieren lässt.

Es sind Geschenke, Spenden und Sponsoring, die das Museium seit der Gründung vor vier Jahren über Wasser halten. Getragen von dem Engagement seiner Bürger, die allzu gern dazu beitragen, ein authentisches Bild ihrer Hauptstadt zu vermitteln. Wichtig ist Kurator Simon O’Connor, dass sein Museum weiter wächst. Hierzu lädt er alle Freunde seines Projekts dazu ein, ihre Eindrücke auf TripAdvisor, Facebook etc. zu teilen.

Bootswerft Freest: Von Schwalben, Schiffsbau und Jane Bond

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Frisches Holz für die Bootswerft

Ganz im Nordosten, wo die Ortsnamen immer unbekannter werden und das ganz große Touristengetümmel weit weg ist – dort liegt das Hafenstädtchen Freest am Greifswalder Bodden. Hier kann man sie noch erleben, jene Geschäftigkeit eines Hafens, in dem die Fischerboote und Krabbenbkutter dicht an dicht liegen. Fischer reparieren die Netze, gestikulieren, lachen und verkaufen ihre Waren. Ansonsten hat der Ort ein paar Restaurants, ein Hotel, einen Lebensmittelladen, die Dorfstraße natürlich und jede Menge Fischbuden. Vor allem aber gibt es eine Werft – eine ganz besondere.

In der großen Werfthalle flitzen die Schwalben kreischend kreuz und quer durch die Lüfte, haben unter dem Dach ihre Nester gebaut, sind Teil der Werft geworden. Damit es nicht noch mehr werden hat die Werftcrew ein Tonband aufgenommen mit Stimmen von Kauzen und anderen Vögelarten. „Das soll die Schwalben ein wenig abschrecken“, erklärt Kirsten Dubs, Besitzerin von Bootsbau Freest die eingeleitene Maßnahme. Jetzt wird das Band alle paar Minuten abgespielt, fast fühlt man sich wie im Urwald.

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Ein paar Segelyachten haben in der Werft ihren Heimathafen

Doch es ist die ehemalige Traditonswerft mit über 100-jähriger Geschichte. Die Bremerin Kirsten Dubs hat das Gelände und die dazugehörigen Geböude im Jahr 2007 komplett übernommen und der Bootswerft Freest seither neues Leben eingehaucht. Wer ein paar Tage in der Halle und auf dem Areal der Werft am eigenen Boot arbeitet, kann sich ein Bild von dem neuen Leben machen. Festangestellte wie Azubis aus der Region erlernen hier ein traditionelles Handwerk in all seinen Facetten: Sie erneuern Spanten und Planken, bauen verschiedene Rundholzer für Masten, dichten die Außenhaut alter Fischkutter, um nur einige der Tätigkeiten zu nennen. Doch das kreative Aushängeschild der Werftcrew ist ihr Projekt Y-DS 650 „Day- Weekendsailer“, ein Segelboot, das von der Auswahl und Bearbeitung des Holzes bis zur Endfertigung von der Mannschaft in Eigenarbeit neu konstruiert wird.

Die Zeit scheint stehen geblieben
Die Werft, direkt an der Dorfstraße und vis-á-vis des Hafens gelegen ist eine Welt für sich. Überall in der Halle sind die Zeugnisse langer Geschiche gegenwärtig. Alte Maschinen und Werktische, Mechanik, die sich über viele Dekaden bewährt hat. Die Crew weiß damit umzugehen und sie für moderne Restaurations- und Reparaturanspüche einzusetzen.

Charaktervolle Boote in der Werft
Charaktervolle Boote in der Werft

Etwas verloren fühle ich mich anfangs in dieser mir fremden Welt. Also starte ich mit meiner Arbeit, alles weitere wird sich ergeben, sage ich mir. Mundschutz besorgt, passendes Schleifpapier und einen Schleiklotz organisiert – schon beginne ich mit den Arbeiten am Schiffsrumpf meines über 50 Jahre alten Volksbootes, das Anfang der 1960er Jahre in der ehemaligen DDR gebaut wurde. Das Unterschiff muss komplett abgeschliffen werden, bevor ich eine neue Antifouling-Schicht darübersteiche. Der Scheiß tropft mir von der Stirn, der Mundschutz macht mir das Atmen schwer und viel Ausdauer habe ich als gelernter Schreibtischarbeiter auch nicht gerade. Doch mit jedem Meter bearbeiteter Fläche werde ich sicherer und zuversichtlicher. Crewmitglieder kommen vorbei, fragen nach, bestärken mich in meiner Arbeit. Auch zwei weibliche Azubis passieren freundlich grinsend mein Boot. Dazwischen in regelmäßigen Abständen die Aufnahmen von Kauzen & Co. .

"Jane Bond" kriegt den letzten Schliff ....
„Jane Bond“ kriegt den letzten Schliff ….

Ab und an gehe ich hinaus ans Wasser, sehe mir die Segelyachten und Schiffe an und entdecke in jedem einzelnen einen besonderen Charakter. Ob die Pomeranus das stolze Folkeboot oder Lili, der in die Jahre gekommene Kutter oder Jane Bond, die im neuen Gewand erstrahlt. Mein Blick schweift auf die Peenemündung, wo ein Ausflugsschiff Kurs Richtung Peenemünde nimmt. Frische Luft getankt, mache ich wieder an die Arbeit. Mit jeder Stunde macht es mehr Freude, wird der Stolz eigens das Boot für die Saison zu richten immer größer.


Nach intensiver Schleifarbeit ist der Rumpf endlich bereit für den Anstrich. Eine Nacht getrocknet und am nächsten Tag ins Wasser gekrant, so der Plan. Doch es kommt anders. Das Wetter spielt nicht mit – immer wieder prasseln kräftige Regenschauer über die Werft und machen das Kranen unmöglich. Als sich das Wetter endlich beruhigt und kein Schauer mehr in Sicht ist, hebt der „17.Oktober“, der alte DDR-Kran, meine SeeQ über die umstehenden Boote hinweg. Danach wird der Mast gerichtet, die Wanten eingestellt und alles notwendige eingeräumt.

Wenn Untiefen lauern
Nun muss nur noch der Motor anspringen. Tut er aber nicht. Etwas orgeln ja, doch der entscheidende Funke will nicht überspringen. Und ausgerechnet jetzt brauen sich am Horizont die nächsten Wolkenungetüme zusammen. Jeder aus der Crew versucht sein Glück, alles wird ausprobiert und tatsächlich – irgendwann stottert sich der Motor in einem rythmische Umdrehung. Erleichtert winke ich der Crew, die aufgereiht an der Kaimauer steht, zum Abschied und mache mich auf den Weg in den Heimathafen, in gut 35 Minuten müsste ich es schaffen, rechne ich mir aus. Sonst wird es dunkel.


Die Rechnung geht natürlich nicht auf. In der Aufregung des Abschieds habe ich die Worte der Crew überhört: „Pass auf die Untiefen auf, bleibe nah am Schilf“, so ihre eindringliche Mahnung. Doch ein fuliminanter Sonnenuntergang lenkt mein Interesse in eine andere Richtung – ein Handyfoto muss her. Und schon macht es rums und die SeeQ läuft auf eine Sandbank. Ich sitze fest, alle Versuche mich selbst zu befreien sind vergeblich.

Zum Glück erreiche ich die Freester Mannschaft noch, die sofort ein Boot klar macht und mich zu viert von der Sandbank zieht. Am Hafenkai verfolgt bereits eine Handvoll Schaulustiger ein Spektaktel, das man hier eher selten zu sehen bekommt.
„Bleib immer hart steuerbord“, geben mir meine „Retter“ mit auf den Weg. Ahoi, alles klar.

Mehr Information
Übernachtung und gutes Essen:
Hotel und Fischrestaurant Leuchtfeuer

Hotel und Gaststätte
An der Waterkant

Münster: Warum der Wochenmarkt das Herz der Stadt ist

Man kennt die „Leetze“ als Aushängeschild für die Fahrradstadt, die Käfige der Wiedertäufer am Lambertikirchturm, den Friedenssaal des Rathauses und sogar die TV-Kommissare der Stadt. Doch eigentlich ist es der Wochenmarkt, der die Westfalenmetropole in besondere Weise prägt. Einmal seinem Flair erlegen, kommt man nicht mehr davon los.

Samstag, 4. Juli 2015. Wenn ich wie heute morgen um halb sieben in aller früh über das Kopfsteinpflaster des Wochenmarktes schreite, überwältigen mich die Erinnerungen an meine Heimatstadt. Schon als Schüler schlug das Herz höher, wenn ich mich dem Platz vorm Dom näherte und bereits aus der Ferne die Rufe der Marktleute hörte, ihre oft witzigen Anpreisungen von Obst, Gemüse, Blumen, Käse oder Kuchen. Immer originell, selten langweilig und die Ware nie zu teuer.

Doch ich verband mit dem Wochenmarkt mehr als nur das reine Marktgeschehen. Das Herz schlug auch höher, weil es ja sein konnte, dass ich sie wieder traf. Meine heimliche Liebe vom Mädchen-Gymnasium. Seit unserem ersten Treffen, rein zufällig entstanden und im benachbarten Cafe Kleimann geendet, hoffte ich sie wiederzusehen. Seither war der Wochenmarkt eine echte Herzensangelegenheit.

Die gute Stube Münsters - der Prinzipalmarkt
Die gute Stube Münsters – der Prinzipalmarkt

Und so war es auch heute, mehr als 30 Jahre später. Immer noch ist es prickelnd – vergangenes vermischt sich mit neuem. Der Wochenmarkt schafft es immer wieder besondere Stimmungen zu erzeugen. Hier entstehen sie, werden gehegt und gepflegt, nehmen ihren Lauf und kehren in irgendeiner Form immer wieder zurück. Ein Magnet, ein wenig Droge. Ein ganz eigener Ort der Begegnung. Man trifft sich, spontan oder verabredet, man redet mit der Marktfrau, mit den Wartenden am Stand, tauscht sich aus, erkennt sich wieder, findet sich neu – damals wie heute.

Eigentlich gehöre ich ja schon lange nicht mehr dazu, und trotzdem bleibe ich immer ein Teil dieses Marktes. Das ist mir heute wieder klar geworden. Vielleicht auch deshalb: Da stand er immer noch – der schon in die Jahre gekommene Käseverkäufer mit seinem verschmitzten Grinsen, der mich einst mit ein paar Scheiben frischem Gouda nach einer Partynacht verköstigte, als wisse er genau, wie es heute um mich bestellt ist. Seine Kinder und Enkelkinder verkaufen jetzt die Käsespezialitäten aus nah und fern. Aber dabei sein wird er weiterhin, weil auch er dazu gehört und stolz darauf ist, Teil dieser einzigartigen allsamstäglichen Szenerie zu sein. Eine Szenerie, die an kaum einem anderen Stand so stimmungsvoll ist wie an diesem. Nirgens ist die Menschentraube so riesig, das Verkaufsgespräch so unkonventionell.

Schon um 6 Uhr öffnet der Münsteraner Wochenmarkt
Schon um 6 Uhr öffnet der Münsteraner Wochenmarkt

Ob beim Reibekuchen-, beim Backfisch-, beim Lakritz- oder beim Kaffeestand – gequatscht wird überall und schnell ist man auf dem neuesten Stand: „Marktschreierei“ sei neuerdings nur noch „in der letzten Stunde“ erlaubt, so wird gemunkelt. Andere schwärmen von den tollen mediterranen Dips, die es natürlich zum Probieren in Hülle und Fülle gleich hinter den Kräuterständen gibt. Und der Capuccino direkt vorm Dom – sein Aroma ist schon ziemlich klasse, da sind sich die meisten einig …

Ich weiß nur eins: Wäre ich bei einem Münster-Besuch nicht dort gewesen, der Besuch wäre nur halb so intensiv. Der Wochenmarkt ist nämlich eine Herzensangelegehenheit.

Das Cafe Kleimann hat nach wie vor Kultstatus...
Das Cafe Kleimann hat nach wie vor Kultstatus…

Hündeleskopfhütte: Vegetarische Berghütte in den allgäuer Alpen eröffnet

Oberhalb des Pfrontener Ortsteiles Kappel liegt die Hündeleskopfhütte, die erste vegetarische Berghütte der Alpen. Die neue Pächterin Silvia Beyer eröffnete Anfang Juni 2015 die Türen zu der neuesten Pfrontener Einkehrmöglichkeit und freut sich auf die erste Sommersaison. Statt Schnitzel, Speck und Wurst kommen hier Spinatnocken, Schlutzkrapfen, Kässpatzn und viele weitere fleischlose Allgäuer Gerichte auf die Teller der Wanderer.

Panoramablick von der Hütte; Foto Pfronten Tourismus

Panoramablick von der Hütte; Foto Pfronten Tourismus


In einer knappen Stunde erreichen Wanderer auf direktem Weg die Hündeleskopfhütte – ein beliebtes Wanderziel, mitten in der Allgäuer Landschaft. „Die besondere Atmosphäre der Hündeleskopfhütte hat mich schon immer angezogen“, schwärmt die neue Pächterin der auf auf 1.180 Meter Höhe gelegenen Hütte. Von allen Seiten ist sie gut zu Fuß zu erreichen und biete ein „phantastisches Bergpanorama von der Voralpenlandschaft bis zu den Allgäuer, Tannheimer und Ammergauer Alpen“ bescheibt die Nesselwangerin Silvia Beyer von ihrer neuen Wirkungsstätte.
Hüttenpächterin Silvia Beyer; Foto: Pfronten Tourismus

Hüttenpächterin Silvia Beyer; Foto: Pfronten Tourismus


„Viele der typischen Allgäuer Gerichte sind traditionell fleischlos, ich biete ganz typische Heimatgerichte aus gesunden Zutaten an.“ Ob die Hütte geöffnet ist, erkennen Besucher an der gehissten Hüttenfahne, die von vielen Punkten im Pfrontener Tal aus gesehen werden kann.

Anlaufstelle für Wanderer, Radfahrer und Rodler
Die Hündeleskopfhütte ist ein Ganzjahresbetrieb, im Sommer legen hier sowohl Wanderer als auch Radfahrer gerne eine Pause ein. Mit dem Drahtesel lässt sich die nur wenige hundert Meter neben einer beliebten MTB-Strecke gelegene Hündeleskopfhütte gut erreichen: Vom Ausgangspunkt in Pfronten-Kappel am Waldseilgarten geht es über knapp zwei Kilometer steil bergauf. Etwa 250 Höhenmeter muss ein Radfahrer bezwingen, bevor die Hütte erreicht ist. Zu Fuß gelangt man nach einer kurzen Wanderung über die gleiche Route zur Hütte.

Eine Spezialität: Der Dinkelzopf; Foto: Pfronten Tourismus

Eine Spezialität: Der Dinkelzopf; Foto: Pfronten Tourismus


Wanderfans finden in der Region zahlreiche Wanderwege. Eine Route führt auf 13 Kilometern vom Pfrontener Ortsteil Kappel über gut 800 Höhenmeter rund um den Edelsberg, hier laden mit der Hündeleskopfhütte nicht nur insgesamt vier Berghütten zur Einkehr ein, vor allem eröffnet sich ein spektakulärer Rundblick auf die Voralpenlandschaft mit den zahlreichen Seen.

Im Winter dient die Hütte zugleich als Ausgangspunkt einer beliebten Rodelstrecke, dann kann der Rückweg der aussichtsreichen Winterwanderroute von Pfronten-Kappel bis zur Hündeleskopfhütte oder noch weiter bis zur Kappeler Alp mit dem Rodel zurückgelegt werden.

Mehr Information
Jan Schubert
Pfronten Tourismus
Vilstalstr. 2, 87459 Pfronten
Tel.: +49 (0)8363-698-38
www.pfronten.de

Mecklenburg-Vorpommern: Schloss Bothmer öffnet seine Pforten

Es ist die größte barocke Schlossanlage Mecklenburg-Vorpommerns. Sie liegt im Klützer Winkel unweit der Boltenhagener Bucht bei Wismar. Nach siebenjähriger Restaurierung wird Schloss Bothmer zu Pfingsten erstmals als Schlossmuseum mit einem Gartenfest eröffnet. Erst im Februar 2008 gelangten Schloss und Park Bothmer in den Besitz des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen das Leben des Bauherrn, Reichsgraf Hans Caspar von Bothmer und die Errichtung der Schlossanlage zwischen 1726 und 1732.

Lindenallee zum Schloss; Foto: Bernt Hoffmann
Lindenallee zum Schloss; Foto: Bernt Hoffmann


Denn der Bauherr Hans Caspar von Bothmer hatte eine bewegte Geschichte: Als Kurfürst Georg Ludwig von Hannover vor über 300 Jahren als Georg I. den Königsthron von Großbritannien bestieg, wurde das Fürstenhaus der Welfen zu einer der mächtigsten Dynastien Europas. Die Karriere Hans Caspars war eng damit verknüpft. Er stand als Diplomat in den Diensten der hannoverschen Kurfürsten und hat bei deren Aufstieg eine entscheidende Rolle gespielt. Georg I. überließ ihm aus Dank 1720 ein Wohnhaus am Londoner St. James‘s Park, das heute als Amtssitz des britischen Premierministers bekannt ist: Hans Caspar lebte bis zu seinem Tod in der berühmten 10 Downing Street, die früher sogar „Bothmar House“ hieß.

Mit einem Gartenfest öffnet am 23. Mai das Schlossmuseum; Foto: Dr. Carsten Neumann
Mit einem Gartenfest öffnet am 23. Mai das Schlossmuseum; Foto: Dr. Carsten Neumann


Weil er deutscher Herkunft war, dürfte Hans Caspar von Bothmer jedoch in Großbritannien keinen Grundbesitz erwerben. „Zwischen 1726 und 1732 ließ er sich das Schloss im Klützer Winkel erbauen. Er investierte in Mecklenburg“, erkärt Dr. Friederike Drinkuth, Kuratorin der Staatlichen Schlösser und Gärten Mecklenburg-Vorpommern.

In die Restaurierung von Schloss und Park flossen insgesamt 36,5 Millionen Euro; Foto: Bernt Hoffmann
In die Restaurierung von Schloss und Park flossen insgesamt 36,5 Millionen Euro; Foto: Bernt Hoffmann

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Anlässlich der Eröffnung laden die Staatlichen Schlösser und Gärten Mecklenburg-Vorpommern am 23. Mai 2015 zu einem großen Gartenfest ein. Ab 12.00 Uhr können Besucher bei freiem Eintritt das Schlossmuseum erkunden sowie das kulturelle und kulinarische Rahmenprogramm genießen. Höhepunkt ist ein Konzert der Mecklenburgischen Staatskapelle Schwerin ab 20.00 Uhr mit anschließender Lichtshow. Zudem warten ein Theaterstück, ein „BothmerTalk“ zur Bedeutung des Schlosses, Konzerte oder eine Whiskey- und Teeverkostung im Park auf die Besucher. Für Kinder gibt es ein Märchenprogramm, eine Mal- und Bastelstraße sowie eine barocke Schminkstation.

Mehr zu Schlössern und ihren Veranstaltungen in M-V lesen Sie hier

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Mecklenburg Vorpommerns Schlösser

Dass es zwischen Ostseeküste und Seenplatte mehr als 2.000 Schlösser, Guts- und Herrenhäuser gibt, wissen die wenigsten. Schon eher dürfte manchen Fan Mecklenburg Vorpommerns geläufig sein, dass rund 300 der historischen Gebäude vornehmenlich in der Saison touristisch genutzt werden. Ob „MittsommerRemise“, Schlossfestspiele in Schwerin oder Schlösserherbst Mecklenburg-Vorpommern – die Auswahl ist groß. Eine neue Broschüre des Tourismusverbandes zeigt jetzt die Schlässer und Parks des Nordostens mit ihren kulturellen Leckerbissen. So findet der Leser alles über Konzerte der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern auf Schloss Ulrichshusen, von Heiratsmöglichkeiten im Jagdschloss Granitz oder vom Festival der Künste im Schloss Mirow.

Gutshaus Grammelin mit Kunstinstallation; Foto: Andre Hamann

Gutshaus Grammelin mit Kunstinstallation; Foto: Andre Hamann


Zu finden sind in der Broschüre auch die ganz neuen Juwele unter den Schlössern und Gutshäusern: Das Schluss Bothmer ist so eines: Eine barocke Schloßanlage, die erst am 23. Mai 2015 offiziell durch die Staatlichen Schlösser und Gärten Mecklenburg-Vorpommern der Öffentlichkeit übergeben wird. Erst im Februar 2008 gelangten Schloss und Park Bothmer in den Besitz des Landes. In die Restaurierung des Schlosses und die denkmalgerechte Wiederherstellung des Parks flossen insgesamt 36 Mio. Euro, die das Land Mecklenburg-Vorpommern mit Unterstützung der Europäischen Union hierfür bereit gestellt hat.
Schloss Klink an der Müritz, Mecklenburgische Seenplatte; Foto Dirk Topel

Schloss Klink an der Müritz, Mecklenburgische Seenplatte; Foto Dirk Topel


Dass man in den historischen Juwelen des Nordostens auch Übernachten kann – hierzu stellt die Broschüre für jeden Geschmack geeignete Beispiele vor.
Ich empfehle das Schloss Ulrichshusen: Das Besondere des Renaissance-Schlosses ist die Glaskuppel im Turmhaus. Hier frühstückt man und blickt von dort auf die „Konzertscheune“, wo man am Abend zuvor noch den Berliner Philharmonikern gelauscht haben mag. Bis zu 24 klassische Konzerte mit namhaften Orchestern und Solisten locken im Sommer und zur Adventszeit in das ehemalige Wirtschaftsgebäude.
Schloss Bothmer; Foto Wolfhard Molter

Schloss Bothmer; Foto Wolfhard Molter

Mehr Information
Schloss Ulrichshusen

Die Broschüre „Schlösser, Parks und Herrenhäuser“ ist kostenlos bei Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern unter der Rufnummer 0381 40 30 500 zu bestellen oder kann hier heruntergeladen werden

Frühlingserwachen auf Mallorca ….

Der Frühling ist nach einem langen kalten Winter nun auch auf der Baleareninsel Mallorca ausgebrochen. Emsig arbeiten die Restaurant- und Barbesitzer daran rechtzeitig fertig zu sein, wenn die Saison richtig losgeht. Hier schon mal ein paar Impressionen, die Lust machen auf mehr ….

Die Cala Gat, nahe der Cala Ratjada, benannt nach den vielen Katzen, die rund um die Bucht verstreut sind
Die Cala Gat, nahe der Cala Ratjada, benannt nach den vielen Katzen, die rund um die Bucht verstreut sind
Neuer Anstrich für den Chiringuito in der Cala de Gat ...
Neuer Anstrich für den Chiringuito in der Cala de Gat …
Fischer im Hafen von Cala Ratjada
Fischer im Hafen von Cala Ratjada
Manches Schiff wartet noch auf den Krantermin
Manches Schiff wartet noch auf den Krantermin
Morgenstimmung an der Promenade von Cala Ratjada
Morgenstimmung an der Promenade von Cala Ratjada
Die Cala Agulla ...
Die Cala Agulla …
Die Cafes auf den Plätzen von Pollenca sind vor allem voll mit Radlern, die hiier ihre Pause einlegen
Die Cafes auf den Plätzen von Pollenca sind vor allem voll mit Radlern, die hiier ihre Pause einlegen
Wer die 365 Stufen hoch auf die Spitze des Kalvarienberges in Pollenca steigt, sollte sich eine kleine Stärkung gönnen
Wer die 365 Stufen hoch auf die Spitze des Kalvarienberges in Pollenca steigt, sollte sich eine kleine Stärkung gönnen
Gin Tonic und Eiscafe schmecken in der Hafenbar bereits köstlich
Gin Tonic und Eiscafe schmecken in der Hafenbar bereits köstlich
Die Tapabar im Hafen von Cala Ratjada wartet schon auf erste Gäste
Die Tapabar im Hafen von Cala Ratjada wartet schon auf erste Gäste
Manche Ecken wirken noch etwas verschlafen
Manche Ecken wirken noch etwas verschlafen
Das Meer schafft es fast in die Bar
Das Meer schafft es fast in die Bar
Naturschauspiel ....
Naturschauspiel ….
Die Familie und das Meer
Die Familie und das Meer
Die Bar Sa Cova ist ein Muss - schon wegen der tollen Tapas
Die Bar Sa Cova ist ein Muss – schon wegen der tollen Tapas
Bar Sa Cova mit Tauchschule
Bar Sa Cova mit Tauchschule

Metamorphose eines Klosters: Vom Kreuzgang zum Sternerestaurant

Mitten im Weingebiet Ribera del Duero eröffnet am 2. März das Luxushotel Abadía Retuerta LeDomaine nach dreimonatiger Pause seine Pforten. Das unter Denkmalschutz stehende historische Klostergebäude aus dem 12. Jahrhundert hat die Winterpause genutzt um sein Angebot zu erweitern. Ab Juli dieses Jahres stehen Gästen in den ehemaligen Stallungen des Gebäudes das luxuriöse „El Santuario“ Spa sowie acht neue Suiten zur Verfügung. Zusammen mit dem im November letzten Jahres verliehenen Michelin Stern lockt das ehemalige Mönchkloster nun nicht nur Weinliebhaber und Freunde der Kunst an, sondern auch Gourmets und Wellnessfans.

Das Kloster aus dem 12. Jahrhundet inmitten des Weinanbaugebietes
Das Kloster aus dem 12. Jahrhundet inmitten des Weinanbaugebietes; Foto: Abadía Retuerta LeDomaine

Wenn das Luxusspa im Juli öffnet können Wellnessfreunde dort entspannen, wo sich vor 900 Jahren die alten Stallungen des Klosters befanden – mit großer Rücksichtnahme auf das denkmalgeschützte Gebäude gelang eine Transformation, bei der die wohltuende Wirkung der Weinrebe und der Weintrauben im Mittelpunkt steht. Der erste Spa-Butler der Wellnessindustrie gibt Auskunft zu Vinotherapie und berät Gäste bezüglich ihrer Anwendungen. Das Spa wurde als Kraftort konzipiert, in dem schlichte, aber edle Materialien wie Stein und Holz dominieren. Acht großzügig geschnittene neue Gästezimmer mit direktem Zugang zum Spa sind Teil der baulichen Umsetzung.

Der historsiche Kern blieb erhalten: so wurde das Kloster zum Luxusresort umgestaltet
Der historsiche Kern blieb erhalten: so wurde das Kloster zum Luxusresort umgestaltet; Foto: Abadía Retuerta LeDomaine

Und allen Gourmets sei gesagt: Kurz bevor sich LeDomaine in die Winterpause verabschiedet hat, gab es noch einen Stern zu feiern. Im November 2014 wurde das Hotelrestaurant Refectorium, in dem Küchenchef Pablo Montero Regie führt, mit einem Michelin Stern geadelt. Monteros kulinarische Kreationen verbinden traditionelle Speisen mit hochwertigen, häufig selbst angebauten Zutaten. Und seine Menüs sind auf die Weine aus dem hauseigenen Weingut Abadía Retuerta abgestimmt.

Mehr Information

Das Fünf-Sterne-Hotel Abadía Retuerta LeDomaine befindet sich rund zwei Autostunden nordwestlich von Madrid, mitten in den Weinreben des Anbaugebietes Sardón del Duero

Tel.: +34 983 680 368

11 Köln-Impressionen zur Narrenzeit: „In unserm Veedel ….“

In diesen Tagen feiert Köln sich selbst. Neues und altes Liedgut dröhnt aus den vollen Kneipen, die Phantasie der Verkleidungen kennt keine Grenzen, in den U-Bahnen wird der Zug zum Schunkelwagen, und in jedem Stadtteil gibt es Umzüge, ganze Straßenzüge haben sich gemeinsam vorbereitet – in unserem Veedel eben ….

Narrentourismus gibt es reichlich, hier ein Spanier voller Vorfreude ...
Narrentourismus gibt es reichlich, hier ein Spanier voller Vorfreude …
"Wenn et Trümmelche jeet" - überall in der Stadt sind kleine und große Trommlergruppen unterwegs
„Wenn et Trümmelche jeet“ – überall in der Stadt sind kleine und große Trommlergruppen unterwegs
Das Handy ist fürs Verabreden geradezu existenziell, manche warten drei Stunden bis sie in die begehrte Kneipe rein kommen.
Das Handy ist fürs Verabreden geradezu existenziell, manche warten drei Stunden bis sie in die begehrte Kneipe rein kommen.
Die Döner-Läden am Chlodwigplatz in der Kölner Südstadt sind auf den Ansturm der Jecken gut vorbereitet.
Die Döner-Läden am Chlodwigplatz in der Kölner Südstadt sind auf den Ansturm der Jecken gut vorbereitet.
Auch in diesen Tagen kann aus einem Flirt die große Liebe werden - dann hängt bald ein weiteres Schloss im Schlössermeer der Hohenzollernbrücke
Auch in diesen Tagen kann aus einem Flirt die große Liebe werden – dann hängt bald ein weiteres Schloss im Schlössermeer der Hohenzollernbrücke
Zu empfehlen ist auch mal einen anderen Blick auf die Stadt zu werfen .... von dort, wo beim Kölner Tatort immer die Würstchenbude steht!
Zu empfehlen ist auch mal einen anderen Blick auf die Stadt zu werfen …. von dort, wo beim Kölner Tatort immer die Würstchenbude steht!
Oder ein Blick auf das moderne Köln mit seinen Kranhäusern, davor die Severinsbrücke.
Oder ein Blick auf das moderne Köln mit seinen Kranhäusern, davor die Severinsbrücke.
Manche gönnen sich auch einen Panoramablick vom 103 Meter hohen LVR-Hochhaus in Deutz.
Manche gönnen sich auch einen Panoramablick vom 103 Meter hohen LVR-Hochhaus in Deutz.
Der Klassiker!
Der Klassiker!
Bis zum nächsten Jahr in Kölle ....
Bis zum nächsten Jahr in Kölle ….

Abruzzen: Gitarrennudeln, Wein und eingelegte Köstlichkeiten

Die Landschaft am Fuße des Gran Sasso hält für Genießer so manche Überraschung bereit

Der Blick ist eine wahre Pracht: sanfte Weinfelder wohin man schaut, in der Ferne die Silhouette des Adriatischen Meeres, nach Süden hin durchsetzen Getreide- und Gemüsefelder die fruchtbare Weinlandschaft. Von der Montagna di Maiella her weht eine frische Brise, der majestätische Gran Sasso, mit 2912 Metern höchstes Massiv der Abruzzen, liegt vis à vis. „Kleines Tibet nennen wir den Garten“, sagt Marina Cvetic, „wegen der Stille“, fügt die gebürtige Kroatin und Witwe des im Jahr 2008 verstorbenen Winzers Gianni Masciarelli hinzu. Sie leitet seither mit Tochter Miriam die Geschicke des Weingutes. Es ist der Garten des mittelalterlichen Castello, das der Winzer und Gründer des Weingutes 2005 erworben hat, unweit von San Martino sulla Marrucina gelegen, einem kleinen 800-Seelen Dorf in der Provinz Chieti und zugleich Sitz des Weinguts Masciarelli.

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Der Garten des mittelalterlichen Castello

Wo einst die sizilianische Baronenfamilie Semivicoli die Räumlichkeiten des Schlosses bewohnte, entstand ein exklusives Hotel. Während im unteren Geschoss die Räume der Adelsfamilie unverändert sind und den Besucher in eine vergangene Epoche entführen, sind im übrigen Anwesen die Zimmer üppig restauriert. Es war das Herzensprojekt des Bauherrn Masciarelli, der schon während der Bauphase die Vorzüge und Details des Anwesens hervorhob. Vom Original-Holz aus dem 16. und 17. Jahrhundert, dem klassischen Kamin, den Steinen aus der Region, der in die Wand integrierten Heizung und natürlich dem Yacuzzi – ein idealer Ort, um sich von der umliegenden Landschaft berauschen zu lassen. Das sanierte Schlosses trägt die Handschrift von Masciarellis Vision. Eine Vision, in deren Mittelpunkt die Liebe zu den Abruzzen, die Leidenschaft für gute Weine, eine vorzügliche Küche sowie eine Art gediegener Luxus standen. „Alles Negative sollte vom Gast fern gehalten werden“, so lautete das Credo des Unternehmers. Auch geparkte Autos gehören dazu – sie gehören in die Tiefgarage verbannt.

Ebenso engagiert wie sein touristisches Konzept hat der Abruzzer die Pflege und Erweiterung seines Weingutes seinerzeit vorangetrieben. Mit gerade mal zwei Hektar begann der self-made-man im Jahr 1981 seine Winzer-Laufbahn. Er borgte sich dazu Anteile von seinem Großvater – einem ebenso enthusiastischen Winzer – die er sodann erfolgreich bewirtschaftete. Dabei verließ er sich nicht auf staatliche Fördertöpfe oder EU-Zuwendungen. Zu tief war sein Misstrauen gegen die Politiker.

Gründer Gianni Masciarelli verstarb im Jahr 2008

Gründer Gianni Masciarelli verstarb im Jahr 2008

Mit dem Bus geht es vom mittelalterlichen Städtchen Guardigrele in die nördlich gelegene Provinz Teramo. In allen vier Provinzen der Abruzzen liegen Masciarellis Weinfelder verteilt, der Großteil befindet sich in Teramo und Chieti – zu 70 Prozent Vini Rosso, der Rest Weißwein. Die Produktlinien Masciarelli Classico d’Abruzzo, Villa Gemma und Marina Cvetic sind die bekanntesten und sie bestehen jeden Vergleich: Der reinsortige Montepulciano d’Aruzzo Villa Gemma erhielt bereits die begehrte Auszeichnung „Tre Bichieri“ und wurde im Jahr 2000 schon zum besten Rotwein Italiens gekürt. Ebenso mit „drei Gläsern“ ausgezeichnet wurde der nach seiner Ehefrau benannte rubinrote Montepulciano d’Abruzzo Marina Cvetic, der in 200 bis 400 Meter Höhe angebaut und Mitte Oktober geerntet wird.

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Der Wein begleitet die Natur

Die Reben auf den ausgedehnten Weinfeldern sind meist zwischen zehn und 40 Jahre alt und allesamt in höchst gepflegtem Zustand. Es ist die Mischung aus Leidenschaft und fundierter Sachkenntnis, die Masciarellis Weine auszeichnen und heute von Ehefrau und Tochter in seinem Sinne weitergeführt werden. Apropos Qualität: Sein Qualitätsbewußtsein hat Masciarelli in Frankreich entwickelt – allein sieben Jahre lang lebte er bei Winzern in der französischen Bourgogne. Seither gilt die Devise: „Was ist Wein, wenn nicht die Kunst, die Natur zu begleiten?“ So hat das Weingut Masciarelli damals wie heute höchst aufmerksam den genauen Zeitpunkt für die manuelle Lese und gewählt die zu verarbeitenden Trauben exakt ausgesucht.

SchlossAbendessen

Bei einem Abendessen im Castello lassen sich auch die kulinarischen Vorzüge der Region genießen

Zum Wein gesellt sich die erlesene Küche mit Produkten aus der hiesigen Landwirtschaft. Im Ristorio di Campagna in Colonnella in der Provinz Teramo wird die regionale Kochkunst zelebriert. Den Auftakt machen vier verschiedene Sorten Olivenöl, ebenfalls aus der Produktion des Weingutes – gereicht mit frischem Brot wecken sie den Appetit. Ganz zu schweigen von den Ravioli mit Ricotta und Zimt gefüllt den hausgemachten „chitarrina abruzese“, Gitarrennudeln und dem delikaten Safraneis zum Dessert. Dazu ein Blick auf die sanften Weinberge – und das Glück scheint perfekt.

Mehr Information
Azienda Agricola Masciarelli,
San Martina sulla Marrucina,
I-66100 Chieti,
Tel. 0039/0871/85241/82333,
www.masciarelli.it

Wallis: Den Kräutern auf der Spur

Dem Matterhorn ganz nah, vom Rhone-Tal geprägt und reichlich sonnenverwöhnt präsentiert sich der Schweizer Kanton Wallis. Dass er zugleich auch eine wichtige Kräuterkammer ist und Basis für ein berühmtes Schweizer Bonbon, ist weniger bekannt. Ein Besuch bei den Kräuterbauern im südlichen Schweizer Bundesland.

Von Sion aus führt die Straße durch ein lang gestrecktes Tal Richtung Verbier, steil erheben sich die mächtigen Hänge zu beiden Seiten hin. Verschwindend klein wirken die winzigen Dörfer, selbst die Kirchen erscheinen im Miniaturformat. „Das Wallis hat ein eigenes Mikroklima mit geringen Niederschlägen im Sommer“, sagt Fabien Fournier, Betriebsleiter der Genossenschaft Valplantes, einem Zusammenschluss von walliser Gewürz- und Heilkräuterbauern. „Beste Voraussetzungen für den Kräuteranbau.“

Thomas  Aeschlimann bei der Kräuterernte

Thomas Aeschlimann bei der Kräuterernte

Bis in 1.500 Meter Höhe können die verschiedenen Kulturen angebaut werden, allen voran Spitzwegerich, Minze, Zitronenmelisse, Thymian und Salbei. Seit 30 Jahren bauen die 60 Betriebe seiner Genossenschaft auf jährlich 40 Hektar über 50 Pflanzensorten an und beliefern mit ihren Produkten zu 65 Prozent Ricola, das Schweizer Familienunternehmen aus Laufen bei Basel. Seit 1940 produziert das Unternehmen sein viereckiges geriffeltes Kräuterbonbon auf der Basis von 13 Kräuterarten nach einer wohl gehüteten Rezeptur. „Jedes Kraut existiert in unzähligen Varianten“, erklärt Thomas Aeschlimann, Leiter des Kräuteranbaus beim Laufener Produzenten. Nach langjährigen Erfahrungen wisse man, welche die Beste ist.
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Andalusien: Siesta unter Palmen

Maurisches Erbe und christliche Symbole, Fiestas zwischen Feiern und Frömmeln, kilometerlange goldgelbe Strände und Bars mit Wohnzimmercharakter – unterwegs zu den Schätzen Andalusiens.

Warme Luft weht durch die engen, verwinkelten Gassen, Wüstenluft aus der Sahara. Unter den Absätzen klackert der Asphalt, nur noch vereinzelt kommen Passanten entgegen, eine Kirchturmuhr schlägt drei Uhr nachmittags. Aus der Ferne erklingt die schneidende Stimme eines Losverkäufers der staatlichen Blinden¬lotterie. Der süße Duft von Jasmin und Orangenblüten vermischt sich mit dem Geruch von Espresso und hochkonzentriertem Putz¬mittel. Siesta in Ayamonte, einer Kleinstadt direkt an der Grenze zu Portugal und an der Mündung des Flusses Guadiana in den Atlantik gelegen.

Blick auf die Silhouette Cordobas

Blick auf die Silhouette Cordobas

Wie vor zwanzig Jahren hatte ich die Fähre über den Grenzfluss Guadiana genommen, statt, wie neuerdings üblich über die Autobrücke zu fahren. In alten Erinnerungen schwelgend wählte ich die außergewöhnliche Route von Faro an der Algarve, um mit dem Mietwagen in mein geliebtes Andalusien einzureisen. „So erlebe ich am intensivsten den Mentalitätsunterschied“, sagte ich mir. Hier die eher melancholisch und ruhig anmutenden Portugiesen, dort die temperamentvoll-feurigen Andalusier. Der Fluss trennt zwei Welten.

Die Mezquita von Cordoba

Die Mezquita von Cordoba

Der Mittvierziger ist wie immer pünktlich. Um vier vor der Kirche Parroquia del Salvador, so hatte ich es mit Juan Perez Martinez vereinbart, dem waschechten Sevillano und Freund aus gemeinsamen Kölner Tagen. Zusammen wollen wir erkunden, ob die Playa Bolonia, jener Strand an der 250 Kilometer langen Costa de la Luz, der Küste des Lichts, noch immer so goldfarben leuchtet und nahezu unberührt ist wie vor 20 Jahren. Bis zum Küstenstädtchen Isla Christina ist es nicht weit – es ist bekannt für seine hervorragenden Fischspeisen und wie geschaffen für eine erste Rast.

Die Bar gehört zum Alltag der Andalusier

Die Bar gehört zum Alltag der Andalusier

Dass der Fischfang noch heute neben dem Tourismus zu den wichtigsten Einnahmequellen des Pueblos gehört, ist täglich bei der Fischversteigerung in der Fischhalle La Lonja zu bewundern, meint Juan. „Ein besonderes Spektakel“, sagt er begeistert. Doch es sind auch die zwölf Kilometer feiner Sandstrand und das kristallklare Wasser des Atlantiks, die den Ort nahe des Naturparks Marismas de Isla Christina, so attraktiv machen. Vom Chiringuito, der kleinen Strandbar, die es überall an Andalusiens Stränden gibt, wandert der Blick gen Horizont, wo zwei Schiffe Kurs auf die Straße von Gibraltar nehmen.

Die Virgin de .... als Schutzheilige

Die Virgin de …. als Schutzheilige

„Apropos Naturpark“, erinnert sich Juan und verweist auf den nahen Coto Doñana, Spaniens größten Nationalpark und zugleich eines der weltweit wichtigsten Feuchtgebiete. Etwa sechs Millionen Zugvögel legen hier eine Pause ein, wenn sie im Frühjahr und im Herbst ihre Lebensräume in Afrika und Europa wechseln, manche überwintern auch. „Eine einzigartige Landschaft“, schwärmt Juan, der auch zehn Jahre nach seiner Rückkehr in die Heimat nahezu akzentfrei Deutsch spricht. Er erzählt gestenreich, wie alljährlich zu Pfingsten kilometerlange Karawanen aus geschmückten Planwagen, begleitet von stolzen Reitern in andalusischer Tracht, durch Pinienwälder, Korkeichenhäine und Sumpfland bis zu den Wanderdünen ziehen.

Ihr Ziel sei das 500-Seelen-Dorf El Rocío. Zu Ehren der heiligen Jungfrau, die im 7. Jahrhundert in den nahen Sümpfen gefunden worden sein soll, werde dort tagelang gebetet, gefeiert und geflirtet. Zu erleben sind feuriger Flamenco und tief verwurzelter Glaube. „Das alles vor einer Kulisse wie aus einem Western“, ist Juan jetzt ganz in seinem Element.

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Die begehrten Paradores, staatliche Hotelketten, liegen meist im Zentrum vis á vis historischer Bauten

Die Gedanken fließen während wir auf der Autopista del Quinto Centenario, einer Schnellstraße, die 1992 zum Gedenken an den 500. Jahrestag der Entdeckung Amerikas fertig gestellt wurde, in nur einer knappen Stunde bis in die Hauptstadt Andalusiens – nach Sevilla – fahren.

Ich kann es kaum erwarten endlich den Alcázar wieder zu sehen, jenen Königspalast, der auch die kleine Alhambra genannt wird. Auf Schritt und Tritt sind im Palast die Symbole des christlichen Spanien – die Burg und der Löwe – zu sehen, aber ebenso Lobpreisungen Allahs auf kufischen Spruchbändern. Maurische und christliche Symbole vermischen sich, „weil maurische Baumeister aus Granada den Königspalast auf Weisung des christlichen Königs Peter des Grausamen errichtet haben“, weiß Juan, der im Nebenjob als Cityguide deutsche Gruppen durch seine Heimatstadt führt. Für Juan ist es das perfekteste Werk des Mudéjar-Stils, jener Verschmelzung des christlichen Baustils mit der maurischen Baukunst.

Die Alhambra von Granada

Die Alhambra von Granada

Viele der prunkvollen Bauwerke aus der Zeit der maurischen Herrschaft, die im 8. Jahrhundert begann, sind noch heute in ganz Andalusien verstreut, ob ganz berühmt wie die Alhambra von Granada und die Mezquita von Córdoba oder versteckt in Kirchen und Palästen im ganzen Land. Ganz Andalusien ist unter der Herrschaft der Araber kulturell, geistig und wirtschaftlich aufgeblüht. Von allen spanischen Gebieten, welche die Mauren eroberten, blieb Andalusien am längsten in den Händen der Araber. Erst 1492 wurde es im Rahmen der Reconquista von christlichen Herrschern zurückerobert. Für Juan einer der Gründe, warum die Uhren zwischen der Levanteküste im Osten und der Costa de la Luz im Westen anders ticken als im übrigen Spanien.

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Typisch sind die Alcázares, die Prunkgärten

Nicht weit von den Mauern des Alcázar entfernt liegt die Giralda, der 76 Meter hohe Glockenturm der weltweit größten gotischen Kathedrale, dem Wahrzeichen Sevillas und zugleich ein weiteres Beispiel für den Stilmix. Denn das ehemalige Minarett der Hauptmoschee ist bis heute Teil der Kathedrale.

Nach den ersten kultuerellen Leckerbissen ist Zeit für Chocolate con Churros, dem typisch spanischen Gericht zur Kaffeezeit, bestehend aus dickflüssiger Trinkschokolade mit länglichem Krapfen. Die schmecken am besten am Ufer des Rio Guadalquivir vis-á-vis des erhabenen Torre de Oro, dem Goldturm. Und nach einem Gang durch das alte Judenviertel Barrio Santa Cruz und einem Besuch bei den Bauten der Weltausstellung mit dem riesigen Spannarm der Alamillo-Brücke des Stararchitekten Santiago Calatrava, drängt Juan mehr und mehr in sein Wohnzimmer – in die Bar.

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Barmänner sind wahre Künstler hinterm Tresen

Besonders am frühen Abend um acht beginnt die Stunde der Tapas. Das Rinconcillo, die älteste Bar Sevillas aus dem Jahr 1670, nahe der Kirche Santa Catalina gelegen, lädt ein zur ersten Rast. Denn: „Man zieht mindestens in drei bis vier Bars seiner Wahl“, erklärt Juan, „in einer allein bleibt man selten.“ Dicke Schinken hängen von der Decke, rustikale Holzregale mit Whisky, Schnaps und Wein zieren die Wände im Thekenbereich, um die runden Tische aus riesigen Weinfässern stehen jung und alt, Einheimische und Touristen, Handwerker und Juristen. „Una de Espinaca“, ruft einer der vier flinken Barmänner den schwitzenden Kollegen in der Küche zu und schon steht eine kleine Portion, höchstens Untertellergröße – die Spezialität des Hauses, Spinat mit Kichererbsen – bereit.

Bars liegen meist in Sichtweite der Kirchen

„Tapas lenken vom Alkohol ab“, klärt der Camarero, der Barmann auf, „sättigen müssen sie nicht.“ Er addiert flugs die Rechnung mit Kreide auf dem Holztresen und hat stets noch ein offenes Ohr – wahre Artisten in weißem Hemd und schwarzer Hose. Weiter geht’s durch die teils mit Segeltuch überspannten Gassen, die so vor der Hitze schützen, in die nächste Bar – die Bar Eslava nahe der Plaza San Lorenzo. Maite, Juans Frau wartet hier schon mit den beiden Kindern José und Blanca. Die flitzen schon in jungen Jahren zwischen den Gästen hin und her, kennen jeden und fühlen sich hier pudelwohl Küsschen links, rechts und wieder links – das ist so üblich im Süden.„Die Bars gehören zu Sevilla wie die Kaffeehäuser zu Wien und die Kölschkneipe zu Köln“, muss Juan noch los werden. Wenn in der Semana Santa, der Karwoche vor Ostern, Tausende von Menschen Straßenränder und Plätze säumen, erst leidenschaftlich trauern und anschließend wild feiern – dann müsse eine Bar in der Nähe sein. „Ein Grund dafür“, mischt sich Maite ein, „dass die Bars meist in Sichtweite der Kirchen liegen.“

Innerhalb der Alhambra

Innerhalb der Alhambra

Und das ist nicht nur in Sevilla so. Auch in den folgenden malerischen Orten und Städten unserer Reise liegt die Bar vis-á-vis der Gotteshäuser. Den Anfang macht Sanlucar de Barrameda an der Mündung des Rio Guadalquivir in den Atlantik gelegen. Hier wird der Manzanilla, ein trockener mit Alkohol angereichter Weißwein der Region, aus Holzfässern gereicht. Zusammen mit ein paar Gambas al ajillo, Garnelen in Knoblauch, ist der Genuss perfekt. Beim Blick auf die Plaza, wo jung und alt unter Palmen flanieren und jeder mit jedem zu reden scheint, fällt es auch den beiden Entdeckungsreisenden schwer, ihre Tour fortzusetzen.

Doch zu verlockend ist die Aussicht auf die weiteren Juwele Andalusiens. Am nördlichen Zipfel der Bucht von Cádiz liegt Rota, ein verträumtes Fischerdorf, das sich seinen ureigenen Charme erhalten hat. Schon vom Auto aus lockt das tiefe Blau des Ozeans und die Strände halten, was Juan bereits in höchsten Tönen angekündigt hatte. Erstklassige feine Sandstrände, von denen der Playa la Costilla bereits als schönster Strand in Spanien ausgezeichnet wurde.

Die Altstadt von Granada - das Albayzin

Die Altstadt von Granada – das Albayzin

Weniger mit offiziellen Auszeichnungen glänzt Cádiz, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Seine etwa 3000 Jahre alte Geschichte spricht für sich. „Wir nennen es la tacita de plata“, plaudert Juan aus dem Nähkästchen. Das bedeute Silbertässchen und beziehe sich auf seine Lage auf einer Felshalbinsel, die in die Bucht hineinragt um vom Atlantik umgeben ist. Juans kurze Beschreibung muss reichen, die Carretera Nacional verläuft weiter Richtung Süden auf die Ruta de los pueblos blancos, die Route der weißen Dörfer. Für den Andalusier ist es ein Heimspiel. Er hat in Conil de la Frontera eine kleine Wohnung, wo er mit seiner Familie – wie viele Spanier – einen Großteil der Sommermonate verbringt. Bis zu 80.000 Touristen erwecken dann das sonst eher verschlafene 20.000-Seelen Städtchen, das einst vom Thunfischfang lebte.

„Die gekalkten Wände reflektieren die Sonne“

„Überfüllt ist es trotzdem nicht“, erzählt Juan. Wer die kilometerweiten Sandstrände sieht, weiß, dass es stimmt. Mehr noch: Hinter dem kleinen Hafen von Conil liegen die berühmten Felsbuchten von Roche. „Sie wirken verlassen und abgeschieden, sind teils nur über Steintreppen erreichbar, was ihren besonderen Reiz ausmacht“, verweist der kundige Andalusier, den es zum Sonnenuntergang nach Vejer de la Frontera zieht. Wie ein weißer Klecks auf grauem Hintergrund schmiegt sich Vejer an das Felsgestein, neun Kilometer von der Küste entfernt auf einem Hochplateau gelegen. Fast perfekt erscheint das Weiß der Häuser. „Die gekalkten Wände reflektieren die Sonne“, erklärt Juan, „so heizen sich die Wohnräume nicht zu Glutöfen auf.“

In der Markthalle von Malaga

In der Markthalle von Malaga

Die historische Altstadt umgibt eine lange Stadtmauer, unterbrochen von vier Stadttoren und drei Türmen. Ein Bummel durch die engen Gassen führt vorbei an kleinen Läden mit Handwerksarbeiten aus der Region – Leder¬taschen und Schnitzereien in reicher Auswahl. Auf der Plaza de Espana, die früher als Stierkampfarena diente, lockt ein von Palmen umgebener Brunnen zur Rast. Vejer sei nicht nur schön, es heiße auch so, sagt die alte Frau auf der Parkbank mit einem Lächeln: „El pueblo mas bonito“ – das schönste Dorf. Diesen wohlklingenden Titel trage Vejer schon seit 1978, erzählt sie stolz. Zu Recht, denn neben der Schönheit glänzt Vejer auch durch seine lange Geschichte. Einst besiedelten es die Römer, dann kamen die Westgoten bis es über 600 Jahre in maurischer Hand war. Aus dieser Zeit stammt auch das Castillo, die ehemalige maurische Burg aus dem 11. Jahrhundert. Auf dem höchsten Punkt der Altstadt angelegt, bietet sie alle strategischen Vorteile einer Weitsicht auf Küste und Hinterland. Im Jahre 1250 eroberten die Christen Vejer zurück, seither heißt es Frontera, es bezeichnet die damalige Frontlinie gegen die Araber.

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Churros con Chocolate als Spezialiät

Weiter auf den Spuren der maurischen Vergangenheit führt am nächsten Morgen die Straße durch fruchtbares Acker- und Weideland weiter landeinwärts über die ruta de los toros, die Stierroute, nach Medina Sidonia. Entlang der Straße grasen dutzende schwarzer Kampf¬stiere auf sattgrünen Wiesen.

Marktverkäufer in Malaga

Marktverkäufer in Malaga

Wie Vejer wurde die uralte Siedlung Medina Sidonia strategisch auf einem Hügel angelegt, oft war sie umkämpft. Durch das Hufeisentor Arco de la Pastora führt der Weg vorbei an Holz- und Tonwerkstätten zur höchsten Stelle des Ortes: Hier liegen die Reste der einstigen Burg und die Kirche Santa María aus dem 15. Jahrhundert mit ihrem eigenwilligen Stilmix aus Gotik und verspielt wirkender isabellinischer Renaissance. In den Gassen ist es ruhig, kaum ein Tourist scheint Medina auf der Agenda zu haben. Nur aus den vereinzelten Bars dringt das typische Zischen der Kaffeemaschine und die hektischen Stimmen der Gäste. Von den Ruinen der alten Festung schweift der Blick über die ausgedehnten Getreidewiesen – am Horizont flimmert das Wasser des Atlantiks. Wie ein Lockruf für meine Sehnsucht nach Bolonia.

Doch bevor ich den Ozean an meiner Lieblingsstelle wiedersehen werde, verläuft die Tour weiter ins Hinterland der Sierra de Cádiz. Die kurvenreiche Straße windet sich Richtung Ubrique kilometerweit durch Korkeichenwälder – 160.000 Hektar mediterraner Wald erstrecken sich in Richtung Ronda – in die Stadt der Stierkämpfer und Banditen, wie sie genannt wird. Über einer 120 Meter tiefen Schlucht, die der Fluss Guadalévin in die Felsen geschnitten hat, thront sie auf einem Hochplateau. Eine Brücke aus dem 18. Jahrhundert überspannt die tiefe Schlucht. Sie verbindet zugleich die beiden Stadtteile miteinander: Das alte arabische Viertel mit zahlreichen historischen Bauten und dem Königspalast und auf der anderen Seite den Mercadillo, der neuere Stadtteil. Der Blick von der Brücke in die Weite der umliegenden Serrania ist umwerfend, lässt alles andere vergessen. „Schon Hemingway zog es hierher“, unterbricht ein Tourist in breitem US-amerikanisch die meditative Stille, dreht sich um und zeigt auf die Stierkampfarena. „Wohl eine der ältesten Spaniens“, sagt der glühende Corrida-Fan aus den Staaten. und führt die beiden Freunde in die Arena auf den Spuren des alten „Aficionados“ Hemingway.

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„Von der Carretera nach Tarifa geht es irgendwann rechts ab“, so hatte meine Gedächtnis es abgespeichert. Dann führte die Straße durch hügeliges Weideland gen Westen. Hier und da eine kleine Finca, in der Ferne die Ausläufer der Sierra de la Plata und irgendwann folgten die ersten Häuser einer Siedlung – sprudelt es aus meinen Erinnerungen. Juan fährt wie beschreiben – und es ist als wäre die Zeit stehen geblieben: Träge weiden die Rinder auf den flachen, leicht begrünten Dünen. Dahinter türmt sich der Sand zu einem Berg empor, bevor er in einen weiten Pinienwald übergeht. Die Ursprünglichkeit der alten Siedlung nahe den römischen Ruinen von Baelio Claudia, der lang gezogene endlos weite Strand und die Aussicht sind gleich geblieben. Vom Playa aus klettere ich die felsige Landzunge hinauf, und ich bin vom Anblick so ergriffen wie damals: Die nahe Küste Afrikas und die fernen Berge des Atlas senden einen stummen Gruß nach Europa.

Auch das alte Standlokal führt noch immer fangfrisches Thunfischfilet auf der Karte. Selbst Rosa, die Besitzerin kann sich dunkel an damals erinnern. Ein Farbenspiel aus kräftigem Blau des andalusischen Himmels, smaragdgrünem Atlantik und goldgelbem Sand begleitet die Mahlzeit. Rosa spendiert eine Flasche Tinto vom Besten – das hilft der Einnerung auf die Sprünge. Die Schönheit Andalusiens überwältigt – auch nach 20 Jahren.

Mehr Information

Top-Tipp
– Die Mezquita von Córdoba (ca. 120 Kilometer nordöstlich von Sevilla) zählt zu den beeindruckendsten Bauwerken der Welt. Die so genannte Heilige Kathedrale (ehemalige Moschee) ist die bedeutendste Attraktion von Córdoba. Der imposante Bau vereint zahlreiche Stilrichtungen und religiöse Elemente des Islam und der christlichen Kultur.

Restauranttipp
Das „Carmen Mirador de Aixa“ liegt inmitten des historischen Viertels Albayzin von Granada, direkt gegenüber den Nasridischen Palästen der Alhambra. Das Restaurant mit seinem außenliegenden Patio und dem für Granada typischen Ambiente bietet ein anspruchvolles Speisenangebot mit Produkten der mediterranen Küche. So zaubert der Koch etwa Kabeljau vom Holzkohlegrill auf einem Ibérico-Bett oder Entenleberpastete mit Quittengelee. www.miradordeaixa.com

Strände
-„Playa de los Genoveses im Nationalpark Cabo de Gata bei Almeria ist ein 1,2 Kilometer langer Naturstrand
– Playa de Matalascanas nahe des Donana Nationalparks bietet 5 Kilometer langen familienfreundlichen Sandstrand
– Playa de Zahora und el Palmar an der Costa de la Luz. Die kilometerlangen Strände eignen sich hervorragend um die Stille zu genießen, auch ideal zum Kite- und Windsurfen.

Piemont: Auf den Spuren der Savoyer

Im Piemont und seiner Hauptstadt Turin hinterließ die Dynastie der Savoyer vielseitige Zeugnisse ihrer Herrschaft – allein 17 Schlösser gehören zum Unesco Weltkulturerbe.

„Die blauen Trikots der italienischen Fußball-Nationalmannschaft erinnern noch heute an die Savoyer“, stellt Alessandra Palombo klar. Im Zeitraum zwischen 1861 und 1946 waren die Savoyer Italiens Könige – und etablierten königsblau als Farbe ihrer Dynastie stellvertretend für das ganze Land. Daraus sei die weltbekannte „squadra azzurra“, die blaue Mannschaft Italiens entstanden, erklärt die kundige Turinerin.

Doch damit nicht genug. Besonders in der Region Piemont findet man heute Zeugnisse der Savoyer auf Schritt und Tritt. Am auffälligsten ist die markante Achse entlang des Corso Francia in Turin, jener mit 20 Kilometern längsten Prachtallee Europas, die einst von den Römern angelegt und später von den Savoyern weiter ausgebaut wurde. „Sie verbindet das Castello di Rivoli, den Geburtsort der Könige mit dem Palazzo Reale, dem Zentrum der Macht und der Basilica di Superga, wo sie begraben sind“, klärt die Turinerin auf. Ein Aufstieg mit der Zahnradbahn auf den östlich des Stadtzentrums liegenden 700 Meter hohen Hügel hinauf zur Basilica lohnt sich allein schon wegen der fesselnden Aussicht über die Stadt. Hinzu kommt die opulente Ausstattung der Basilica des Architekten Filippo Juvarra. Führungen durch die Grüfte der savoyischen Könige machen die Visite zusätzlich attraktiv.

Arkaden nahe der Piazza San Carlo in Turin

Arkaden nahe der Piazza San Carlo in Turin

Ein Besuch im Palazzo Reale, das vom herzöglichen Architekten Amedeo di Castellamonte erbaut wurde und bis 1865 offizielle Residenz der Savoyer im Herzen der Stadt war, bringt dem Besucher die privaten Gemächer des Königs und der Königin sowie deren Repräsentationssäle näher. Umgeben von prunkvollem Dekor – allen voran der Thronsaal mit seinen königlichen Insignien, den Spiegel- und Gemäldegalerien, den Kristalllüstern, bemalten Kassettendecken und der Sammlung chinesischen Porzellans, fühlt man sich wie in eine andere Welt versetzt. Schließlich durchschreitet man den Salone da Ballo, den Ballsaal mit seinen 20 Säulen, in dem einst bis zu 2000 Personen tanzten. Über die meisterhaft gestaltete Treppe Scala delle Forbici von Filippo Juvarra gelangt man wieder hinaus auf die Piazetta Reale.

Palazzo Reale in Turin

Palazzo Reale in Turin


„Das Castello Rivoli wurde nie ganz vollendet“, sagt Palombo und zeigt dabei auf die Nahtstellen der baulichen Fragmente. Auf einer Moränenanhöhe über dem Suzatal thront das Castello und wirkt wie ein Vorposten der pulsierenden Metropole Turin. Einst bewachte es den Eingang zum strategisch wichtigen Suzatal. „Für die Savoyer war es ein Lebensmittelpunkt“, weiß Palombo, „heute ist es ein Museum.“ Alle drei Monate finden in den Sälen des Schlosses wechselnde Ausstellungen zeitgenössischer Kunst statt. In den mit grotesken Deckenmalereien von Juvarra ausgestatteten hohen Schlossräumen erzielen die neuzeitlichen Exponate ihre besondere Wirkung. Wandteppiche, die einst ein Zeichen von Reichtum darstellten, sowie Vries mit Malereien steigern den Kontrasteffekt noch zusätzlich.

Jedem Besucher wird klar: Die Zeugnisse dieser fast 1000-jährigen Dynastie sind doch weit vielschichtiger als ein blaues Trikot ….

Mehr Information
Piemonte Turismo Srl
Via A. Avogadro, 30
10121 Torino
Tel. +39 011 4326210
www.piemonte-turismo.it

„Mir war einfach nach Horizont“

Eigentlich kann ich ja von überall aus arbeiten, sagte ich mir und zog für fünf Tage in ein Schwimmendes Haus an die Ostseeküste nach Rügen, genauer gesagt nach Lauterbach bei Putbus. Mir war einfach nach Horizont zumute. Haus Nr. 4 „Hornfisch“, an Steg 1, 49 Quadratmeter mit Küche und kleinem Schlafzimmer. Eine kuschelig-wohnliche Atmosphäre mit dezenter Weihnachtsdeko empfing mich, der angenehme Geruch der Bodendielen aus Ahornholz ließen mich gleich zuhause fühlen, während draußen der eisig-kalte Ostwind über das Meer strich und das Bodden-Wasser zu kleinen Wellen kräuselte.

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An Steg 1 liegen sie – Wassermann, Nixe, Hornfisch etc. ….

Ich sah die Hafenarbeiter die letzten Segelyachten aus dem Wasser kranen, das Unterschiff kärchern um es von Algen zu befreien und sah, wie sie dem immer eisigeren Wind trotzten. Ich hingegen recherchierte nach Inhalten für meine Berichte, telefonierte, solange es das schwache Netz auf dem Wasser zuließ – und versuchte der ständigen Mailflut dank funktionierendem Wlan Herr zu werden.

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Die meisten der Segelyachten stehen in Reih und Glied an Land

Schnell ist der Vormittag verflogen, es folgt ein kurzer Spaziergang zum Hafen, hin zur Fischerei-Genossenschaft. Brathering mit Zwiebeln lautet das heutige Angebot. Zu wenig, ein Mattjes-Brötchen kommt noch hinzu. Während ich den frischen Fisch genieße, fegt eine Handvoll Gelegenheitsarbeiter das restliche Herbstlaub zusammen und häuft kleine Hügel an, die sogleich vom Wind zerstoben werden. Der Weihnachtsbaum inmitten den gepflasterten Hafenplatzes wirkt deplaziert, bei jeder Böe schwankt er hin und her. Nach der Mahlzeit zieht es mich schnell wieder zurück an den Schreibtisch.

Eine Entenfamlie zieht an meinem Fenster vorbei auf der Suche nach einem sicheren Plätzchen. Eisschollen bilden sich rund um das auf einem Photon liegenden Haus. Ein Baggerschiff vertieft die Fahrrinne im Hafen. Der Wind pfeift unablässig und laut. Schon bald ist es kurz nach vier und um halb fünf ist es dunkel. In der Ferne tuckert der Motor des Schiffes, das wie jeden Tag pünktlich loslegt und Kurs nimmt auf die gegenüberliegende Insel Vilm, um die Klimawissenschaftler der Internationalen Naturschutzakademie abzuholen.

Zeit für mich, durch etwas Bewegung neue Inspiration zu tanken. Eingepackt in die warme Daunenjacke laufe ich über den Steg zur Rezeption, richte ein paar grüßende Worte an Robby, den Segellehrer, der gerade eine neue Kabelwinde in die Lenkung eines Bootes schraubt. Am anderen Ende der Bucht erstrahlt das Badehaus Goor in vorweihnachtlichem Glanz, bis zur Bäckerei im Hafen ist es noch ein gutes Stück zu laufen.

Vorbei an dem Mastenwald der aufgebockten Segelyachten, die im Wind einen heulend-kreischenden Ton von sich geben. Peter Pan, Eisbär, Marmalade – sie alle können es wohl kaum erwarten bis sie wieder hinaus aufs Meer und ihre Segel in den Wind stellen können.

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In der Bäckerei scheint die Zeit stehen geblieben zu sein

In der Bäckerei ist die Zeit stehen geblieben. Die frischen knusprigen Brötchen gibt es aus einem Wäschekorb aus Plastik, den Gewürzkuchen vom Blech. Gesprochen wird kaum, keine Schnörkel, kein Getue. Ich muss an mein Thema denken: Personalisierung im Onlinehandel – warum der Service im E-Commerce so wichtig ist.

Der Service in Lauterbach ist jedenfalls anders, und wird es vorerst wohl auch bleiben, so viel steht fest. Nach Kuchen und Kaffee fühle ich mich gestärkt für weitere zwei bis drei Stunden Schreibtischarbeit. Im Hafen bei dem großen Kran ist es jetzt still geworden, überhaupt schlummert die Bucht nun einsam und winterverschlafen vor sich hin. Nur wenige Gäste bewohnen die übrigen Häuser.

Wie gut, dass ich hier auf meiner schwimmenden Insel arbeiten kann, sonst schlüge mir vielleicht irgendwann das unablässige Pfeifen des Windes aufs Gemüt. Morgen soll der Wind ohnehin abflauen, sagt der Wetterbericht. Oder fehlt er mir dann etwa?
Wie auch immer, es war eine willkommene Abwechslung vom immer gleichen Büroblick in München. Sicher komme ich bald wieder, doch dann dürfen die Tage ruhig etwas länger sein und die Natur etwas erwachter.

Sans Souci Inn: Lehmziegelbauten mit mediterranem Charme

Serpentinenreich windet sich die Straße hinauf auf den Takaka Hill im Norden der Südinsel Neuseelands, genauso kurvenreich geht’s auf der anderen Seite wieder hinunter – aber die 40 Kilometer lange Fahrt von Motueka aus in die Golden Bay lohnt sich.

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Die Golden Bay bei Pohara

Immer wieder möchte man anhalten in den kleinen Parkbuchten für die slow vehicles, den Bussen und LKWs, und staunen oder fotografieren. Von Takaka aus genießt man auf der Straße nach Pohara bereits die Ahnung des nahen Meeres. In einer Nebenstraße unweit des langen einsamen Sandstrandes liegt das Sans Souci Inn, ein Juwel, das bewusst diesen Namen trägt.

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Freiwillige arbeiteten beim Bau des Chalets mit

Kurz nach der Wende im Jahr 1990 zog es die Schweizer Vera und Reti nach Berlin. Auf ihrem Weg dorthin besuchten sie das Potsdamer Schloss. Nachhaltig beeindruckt gab das Paar später ihrer Lodge den Namen des brandenburgischen Prunkschlosses. „Auf einer Weltreise lernten wir Neuseeland kennen und lieben“, erinnert sich Vera. Also machten sie ihre Fähigkeit mit Lehmziegeln zu arbeiten zu ihrer Lebensgrundlage. Sie kauften Land in Pohara und begannen mit dem Aufbau einer Lehmziegel-Lodge. Über zwei Jahre lang habe es gedauert bis das Haupthaus und die ersten Zimmer fertig waren, erzählt Vera. Alles in Eigenarbeit mit der Unterstützung von volunteers, Freiwilligen, die für Kost und Logis tatkräftig mithalfen. „Wir wussten nicht, ob es funktioniert“, meint Vera. Doch für große Zweifel blieb keine Zeit, die Kunde von Sans Souci an der Golden Bay machte schnell die Runde.

Heute sind die Zimmer im mediterranen Stil, die für Single-Gäste wie für Familien konzipiert sind, um einen drei Hektar großen Garten mit subtropischen Pflanzen gruppiert. Die weiß gewaschene Fassade in Verbindung mit den Pfeilern aus Lehmziegeln zum Innenhof schafft eine warme häusliche Atmosphäre. Jedes der Zimmer verfügt über eine Terrasse mit Gartenzugang. Und das besondere Highlight sind die Öko-Toiletten basierend auf einem speziellen Kompost-System, das keinem konventionellen Bad in Design und Hygiene nachsteht.

Sans Souci Inn

Nicht nur die Räume des Resorts haben besonderen Charme, auch die kulinarische Seite ist vom feinsten

Im Restaurant mit Blick in den üppigen Garten kredenzt Reti am Abend Fleisch- und Fischgerichte nach Art des Hauses. Beim reichhaltigen Frühstück kursieren unter den Gästen, die im Sans Souci schnell ins Gespräch kommen, erste Planungen für das Tagesprogramm. Die Auswahl ist groß: Von Tagestouren in den nahen Abel Tasman National Park über das Vogelreservat am Cape Farewell bis hin zur Dünenwanderung am legendären Warakiki Beach.

Sans Souci Inn
Richmond Rd, Pohara,
Golden Bay, New Zealand

Tel./Fax: + 64-3-525-8663

Helsinki: Zwischen Teppichwäsche und Edeldesign

Eine wohltuende Balance aus Tradition und Moderne – garniert mit einer Portion Selbstironie – prägt die finnische Hauptstadt. Sie trägt auch den Titel World Capital of Design – zu Recht, wie ein Besuch der Metropole verdeutlicht.

Inbrünstig schmettert der Straßensänger die Strophen einer deutschsprachigen Oper in den abendlichen Himmel. Darauf folgt ein Stück in russischer Sprache.

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Straßenmusikant singt seine Oper

Als beschwöre er die Geschichte, richtet der stadtbekannte Musikant seine Melodien in Richtung Zar Alexander II, der auf einem Sockel inmitten des Senatsplatzes gebieterisch posiert.

Dahinter ragt das neoklassizistische Bauwerk des Domes empor – ein Werk des deutschen-finnischen Architekten Carl-Ludwig Engel, einem Mitstudenten des berühmten Berliner Architekten Karl Friedrich Schinkel. Russen wie Deutsche prägen die Architektur der finnischen Hauptstadt, doch am längsten war der Einfluss der Schweden. Ganze 700 Jahre dauerte ihre Herrschaft. Noch heute sind alle Straßennamen der Hauptstadt zweisprachig aufgeführt.

„Wir wollen die trendigste und modernste Stadt Nordeuropas sein“, beschreibt Kari Halonen, Marketing Direktor vom Helsinki Tourismus Büro, das wichtigste Ansinnen seiner Landsleute, insbesondere der Hauptstädter. Immerhin hat es Helsinki schon zur Auszeichnung „Welthauptstadt für Design“ gebracht. Kein Wunder, denn als Stadt an der Nahtstelle zwischen Ost und West lebt sie mit ihren kontrastierenden Einflüssen und profitiert davon.

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Die alte Engelsgasse mit Blick auf den Dom

So wie es die Einwohner mit ihren vielen ausländischen Besuchern tun – allein 250 Kreuzfahrtschiffe bringen pro Saison mehr als 300.000 Touristen ins Land. „Auch wenn du kein Englisch kannst, nehmen sie dich bei der Hand und zeigen dir den Weg“, erzählt Kari Halonen schmunzelnd über die heimische Mentalität. Er ist heute eigens aus seinem Urlaubshaus am See angereist. Etwas Farbe klebt noch an seinen Händen. „Das Haus braucht einen neuen Anstrich“, sagt er unkompliziert und seine Augen leuchten die deutschen Gäste an, das es nur so ansteckt.

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Samstags ist Teppichwaschtermin

 

Etwas ähnliches wie Anstrich hatten auch die beiden Frauen im Sinn, als sie die Uferstelle auf der kleinen Halbinsel Tervasari aufsuchten. Jetzt, nach verrichteter Arbeit, sitzen sie entspannt auf der Holzbank mit Blick auf die Silhouette der Uspenski-Kathedrale im russisch-byzantinischen Stil. Wie jeden Samstag im Sommer kommen sie her, um ihre gewobenen Flickenteppiche im Meerwasser zu reinigen. „Manchmal nehmen sie auch ihre Männer mit“, ergänzt Kari Halonen. „Aber nur, wenn die Teppiche zu schwer sind“, entgegnen die Frauen kichernd. Sehr praktisch gedacht und geradezu eine nationale Tugend: Denn nicht nur im täglichen Leben auch im Design bevorzugen Finnen die funktionale Lösung: „Design muss bei uns immer auch praktisch sein“, betont Kari Halonen, „reiner Luxus reicht nicht.“

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Eingang in die Schuhwelt von Minna Parikka

 

Dies offenbart ein Blick auf das Werk finnischer Designer, die sich im Viertel zwischen Esplanade und Observatoriumsberg niedergelassen haben, einer Art Design-Distrikt. Ausgangspunkt ist das Design Forum in der Erottajankatu 7. Wechselnde Ausstellungen zu aktuellen und historischen Designs vermitteln ein Bild der finnischen Design-Vielfalt. Formschön, qualitativ hochwertig und in jedem Fall funktional: Accessoires, die den Alltag veredeln.

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Ein neu designtes Kleid ist fertig geworden

 

In den umliegenden Straßen und Plätzen des Viertels zeigen Boutiquen und Läden ihr reichhaltiges Angebot. Zum Beispiel im stilvoll gestalteten kleinen Shop von Minna Parikka in der Bulevardi 24. Mit ihren glamourösen Schuhen und praktischen Handtaschen hat die junge Designerin bereits internationale Preise gewonnen. „Ihre Schuhe erscheinen sogar auf nationalen Briefmarken“, weiß Kari Halonen. Oder in der Boutique „Coture Noir“, wo die junge Tiia Vanhatapio mit dem Kleopatra-Gesicht ihre viel beachteten Kleider zur Schau stellt.

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Tiia Vanhatapio ist Modedesignerin

 

Doch nicht nur die Welt der schönen Form und Gestalt, auch im kulinarischen Sinn hat das aufstrebende Stadt-Viertel verlockendes zu bieten – ein Besuch im Restaurant „Juuri“, bringt dem Besucher die finnische traditionelle Küche nah. Auch hier regiert der innovative Geist: Kredenzt werden die Speisen als so genannte „sapas“, kleine Appetizer, die nach dem „grünen Gold“, den heimischen Wäldern schmecken – Kräuter, Beeren, Pilze, Wild verwöhnen den Gaumen.

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Kasse im Schuhladen von Minna Parikka

 

Besitzer Jarkko Myllymäki ist stolz auf seine Kreationen und ziert sein Lokal mit Kreationen benachbarter Künstler. Sein verschmitztes Grinsen verrät scharfen Humor und wohltuende Leichtigkeit – sicher auch einer der Gründe, warum das kleine 48-Sitze-Lokal bei Touristen und Einheimischen Kultstatus genießt.

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Besitzer Jarkko Myllymäki vor seinem Juuri

 

Nach dem Verzehr köstlicher Flusskrebse wartet schon das Taxi zu einer Tour durch Helsinkis Nachtleben. „Wie praktisch“, meint ein Fahrgast beim Einstieg. Denn in einem Karaoke-Taxi kann man in Helsinki die Fahrzeit singend überbrücken.

Mehr Information
Helsinki City Tourist & Convention Bureau
Pohjoisesplanadi 19
Telephone +358 (0)9 3101 3300
fax (+358 (0)9 310 13301
e-mail:tourist.info(at)hel.fi
www.visithelsinki.fi

Adressen
Design Forum Finland: www.designforum.fi
Minna Parikka: www.minnaparikka.com
Tiia Vanhatapio Coture Noir: www.vanhatapio.fi
Restaurant Juuri:
Korkeavuorenkatu 27
00130 Helsinki
Tel. +358 9 635
www.juuri.fi

Irland: Ein Abend im Pub

Samstagabend in Lorrha, ein kleiner Ort im County Tipperary. Zeit für den Pubbesuch. The Friars Tavern direkt an der Hauptstraße kommt mit ihren knallroten Türen und den einladenden Bänken vor dem Eingang wie gerufen. Schon beim Eintreten schallt die Musik entgegen. Es klingt wie Country und ist doch irgendwie anders, mit mehr Schwung, ein Hauch von Amy Mc Donald.

Ferienhaus bei Lorrha

Ferienhaus bei Lorrha

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Eine kleine Segelgeschichte

Abfahrt

Die erste Probefahrt mit der SeeQ

Angefangen hat alles im Kormoran. Jenem kleinen Fisch-Restaurant in Lauterbach auf Rügen, nahe den Schwimmenden Häusern. Wir saßen direkt unterhalb eines großen Bildes, das ein Segelschiff in stürmischer See zeigt. Passender Anlass für ein paar Worte über die Faszination des Segelns und darüber, dass in Lauterbach regelmäßige Kurse stattfinden, die das Segel-ABC innerhalb einer Woche vermitteln.
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Vom Fischkutter zum Ausflugsboot

Vom Fischfang allein lässt es sich zwar nicht mehr leben aber Eddy Stoll fährt noch immer leidenschaftlich gern hinaus auf die Ostsee. Er ist der letzte Fischer von Bansin.

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Eddy Stoll ist stolz darauf: vor Usedom gibt es Süß- wie Salzwasserfische gleichermaßen

Der Fischkutter liegt auf Holzrollen im Dünensand und steht zum Verkauf. Streichen, schrubben, waten, dann wechselt BAN 7 irgendwann den Besitzer. „Wohl kaum ein Fischer“, meint Eddy Stoll, der als einer der letzten auf Usedom noch regelmäßig hinausfährt aufs Meer. Für die Fischer sei das „nicht mehr finanzierbar“, bringt er die Realität auf den Punkt. „43 Cent pro Kilo Hering reichen einfach nicht aus.“ Die Kapitänsmütze auf dem Kopf, Sonnenbrille und Vollbart, Blaumann und die Stiefel über die Schenkel gezogen, befestigt er ein paar Seile an der Reling und hofft, dass sich ein Liebhaber findet für den edlen Kutter aus Eichenholz, der mit hochwertigen Kupfernieten verarbeitet ist. „Alles Handarbeit“, beteuert Eddy Stoll, „drei Mann haben ein halbes Jahr daran gearbeitet“ Heute sei vielleicht noch ein Viertel des ursprünglichen Kaufpreises herauszuholen, mutmaßt er.

In Bansin liegen die wenigen Fischerboote oben in den Dünen, einen Hafen gibt es nicht. „Es dauert fast einen halben Tag, bis man das Boot im Wasser hat“, sagt der 46-jährige Stoll. Ganze 15 mal müssten die Rollen vorgelegt werden bis man unten ist, dann noch über zwei Sandbänke hinweg bis der Kutter in See stechen kann. „Jeder Handgriff muss sitzen.“ Zu zweit oder zu dritt werde der Kutter bewegt. Allein? Nein, keine Chance. Hier mache man ohnehin alles gemeinsam. Das kennt man nicht anders. Eddy Stoll erinnert sich noch genau, wie zu DDR-Zeiten teils bis zu fünf Tonnen Heringe am Tag in den Netzen hingen. Die Heringe „von den Netzen loszupulen war eine große Nummer. Da hat jeder mitgeholfen“, sagt der Bansiner. Die ganze Familie sei von morgens um vier bis abends um zehn auf den Beinen gewesen.

Eddy Stoll ist Fischer mit Herz und Seele

Eddy Stoll ist Fischer mit Herz und Seele

Heute fischt er ein bis zwei Kisten aus dem Gewässer vor den Kaiserbädern – gerade mal so viel wie die Gaststätten im Ostseeheilbad brauchen, etwa 20 bis 50 Kilogramm. Der Fisch kommt jetzt eher aus Lettland oder aus Weißrussland. „Wo die Preise stimmen“, sagt Eddy Stoll realistisch. „Im Moment fischen wir Flunder und ein bisschen Steinbutt“, erzählt der gutgelaunte Usedomer, der an der Bansiner Strandpromenade ein eigenes Hotel mit Restaurant betreibt. Je nach Wetter fährt er entweder täglich oder alle zwei Tage hinaus. Im Hochsommer, wenn es warm ist, steht Aal auf der Fangliste. Dann geht es nachts um eins raus und um sechs zurück. „Damit der Aal frisch bleibt“, erklärt Eddy Stoll, „Eis gibt’s an Bord nicht.“

Stolz ist der Bansiner Fischer darauf, dass es vor Usedom Süß- wie Salzwasserfische gleichermaßen zu fangen gibt. Die Brackwassereinspeisung der Flüsse Swine und Peene mache hier aus der Ostsee Mischwasser. Das sei zwar nicht so klar, aber dafür sei die Ostsee bei der Oderbank „so türkis wie die Karibik“, weiß der weit gereiste Stoll. Acht Meter tief könne man auf den Grund gucken. „Aber das kennt ja keiner“, fügt er lapidar hinzu. Genauso wenig bekannt ist die „enorme Überpopulation an Kormoranen“, die den heimischen Fischbestand bedroht. Früher habe es vielleicht 20 auf der ganzen Insel gegeben, heute sind es hunderttausende. „Und jeder der Vögel frisst ein Pfund Fisch am Tag.“ Grund seien die milden Winter der letzten 20 Jahre – so konnten die Kormorane überleben. In benachbarten Ländern wie Dänemark habe man Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Kormorane entwickelt. Doch hier hätten die Fischer keine Lobby, merkt Eddy Stoll kritisch an.

Der Kutter steht zum Verkauf

Der Kutter steht zum Verkauf

Das mit den Essgewohnheiten weiß auch kaum einer, spannt Eddy Stoll den Bogen. Jeder glaube, ereifert sich der kräftige Fischer, Italiener und Franzosen seien die Gourmetkönige. „Irrglaube“, hält der Usedomer fest. „Die benachbarten Polen sind es.“ Sie gäben rund 17 Prozent ihres Einkommens für’s Essen aus und seien die wahren Genießer. Die Deutschen hingegen „dümpeln mit gerade mal sieben Prozent dahin.“ Ernsthaft besorgt zeigt sich der Usedomer um die Esskultur seiner Landsleute, bei denen fast food in allen Variationen nach wie vor hoch im Kurs stehe. Fischstäbchen nimmt er dabei ausdrücklich in Schutz. Die würden bereits auf See schockgefrostet, weiß der Experte.
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Sorgen macht sich Eddy Stoll auch um das Aussterben seines Jobs. Das sei für die Urlauber „kein schönes Bild, wenn es keine Boote mehr gibt.“ Fischer zu sein sei eine „Berufung“ und dabei funkelt die Leidenschaft in seinen Augen. Das Gros der Fischer auf Usedom hätte die Kleinkapitänspatente ohnehin an Abendschulen erworben. Jeder habe auch einen handwerklichen Beruf erlernt. Die Eltern hätten dafür gesorgt – sie wussten, was es heißt, wenn die Fischbestände abnehmen. „So kommt ihr trotzdem über die Runden“, war ihre Devise. Eddy Stoll hat Hochbau gelernt.

Jetzt lernt er auch noch Schiffsverkäufer und hofft, dass er einen Liebhaber findet für seinen stolzen Kutter. Vielleicht einer, der ein Ausflugsboot mit Segel draus macht. Die Zeiten ändern sich eben.

Mehr Information
Tourismusverband Mecklenburg Vorpommern e.V.
Platz der Freundschaft 1
18059 Rostock
Tel.: +49 (0)381 40 30-550 Fax -555
www.auf-nach-mv.de

Hotel Dünenschloß, Restaurant Blauer Stein
Eddy Stoll
Strandpromenade 32
17429 Seebad Bansin
Tel./Fax 0049 (0) 38378/30818
eddystoll@aol.com

Myanmar: Fischen wie die Artisten

Das bergige Shan-Plateau im zentralen Hochland von Myanmar ist eine eigene Welt für sich. Rund um den lang gezogenen Inle See lebt das Volk der Inthas – sie bestellen schwimmende Gärten und fischen einbeinig.

Am Steg stehen sie in Reih und Glied und lächeln: Einheimische des Stammes der Pa-O und Palaung mit ihren dunklen Longys und hellen, meist türkisfarbenen Turbanen verabschieden ihre Gäste für den Abend. Die Boote tuckern durch die schwülwarme Luft über den See hin zu einer kleinen Siedlung. Die achtköpfige Gruppe folgt einer Einladung zu einem Fest der einheimischen Bevölkerung. Weiterlesen

Vietnam: Cu Chi – vom Leben unter der Erde

Ende der 1960er Jahre spielten sich hier die entscheidenden Kämpfe im Vietnamkrieg ab. Heute pilgern Tausende von Besuchern aus aller Welt zu den Tunneln von Cu Chi.

„Die Amerikaner verzweifelten daran, dass der Gegner für sie unsichtbar war“, sagt Dung Cheng. „Da halfen auch die modernsten Waffensysteme nicht“, bemerkt er stolz. Und er weiß wovon er spricht. Als knapp 20-jähriger kämpfte Dung auf Seiten der Vietcong gegen die US-Streitkräfte. Wenn er heute deutsche Touristen über das Terrain führt, wird die Erinnerung immer ein Stück lebendig. Dungs Stimme verändert sich, sein Blick verrät Trauer. Nach einer kurzen Pause erzählt er weiter. Davon, wie er und seine Mitkämpfer damals überlebten.

200 Kilometer umfassendes Tunnelsystem

„Wir lebten unter der Erde“, sagt Dung, „teils monatelang.“ In den Tunneln rund 40 Kilometer nordwestlich von Saigon, dem heutigen Ho Chi Minh City gelegen, entstand ein gigantischer unterirdischer Lebensraum. Hier wurde geschlafen, gekocht, gearbeitet, versammelt und operiert. Dank des lehmigen festen Bodens sei das weit verzweigte Netz von Wegen immer weiter ausgebaut werden – bis zu 200 Kilometer erstreckte sich das System aus 80 Zentimeter hohen und 60 Zentimeter breiten Röhren. „Und wir haben an alles gedacht“, bemerkt der heute 61-Jährige Dung. An den Rauch in den Küchen, der zerstäuben sollte, damit er die Stellungen nicht verrät. An die Eingänge, die mit Falltüren verschlossen und getarnt waren. Hinter Attrappen verbargen sich dort angespitzte Bambusrohre, die Eindringlinge aufspießen konnten. An die Wasserversorgung, die durch alle zwei Kilometer errichtete Brunnen organisiert war. „Durch Klapptüren, die mit Laub und Gras bewachsen waren, gelangten wir nach draußen.“

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So eng ist der Einstieg in die Tunnel von Cuchi

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Melbourne ist lebenswerteste Stadt der Welt

Bereits zum vierten Mal in Folge freut sich das australische Melbourne im Bundesstaat Victoria über die begehrte Auszeichnung als lebenswerteste Stadt der Welt. Platz zwei geht an die österreichische Hauptstadt Wien, Platz drei an Vancouver in Kanada. Auch die Westfalen-Metropole schmückte sich mal mit diesem Titel, wenn auch in einem anderen Wettbewerb.
Fotos: Tourism Victoria
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Eine unglückliche Verkettung ….

…. wie ein harmloser Dublin-Flug zur Odysee werden kann

Es ist ein sonniger Septembermorgen. Der Planmäßige Start des Linienfluge von München nach Dublin sollte um 9.10 Uhr sein. Ordnungsgemäß eingecheckt warten die Fluggäste in freudiger Erwartung vor dem angewiesenen Gate auf ihr Boarding. Dann ertönt die Lautsprecherdurchsage und kündigt eine Verzögerung des Abfluges um gut 45 Minuten an. So weit, so normal, harmlos, denken wir, kann vorkommen. Hauptsache wir schaffen es bis um 16 Uhr Dublin zu erreichen, weil dort die Reisegruppe wartet. Weiterlesen

Der Strandkorb: Vom Waschkorb zum High Tech Cockpit

Er gehört zu Deutschland wie das Auto, das Bier und das dunkle Brot. Aber ein Exportschlager ist er deshalb nicht. Im Gegenteil: er wird heute zu großen Teilen aus Vietnam und Indonesien importiert. Und trotzdem bleibt er des Deutschen liebstes Stück.

Besonders in einem Sommer wie diesem ist er Gold wert. Egal ob bei böigem Wind, gelegentlichen Schauern oder plötzlichen Gewittern – der Strandkorb bietet Schutz. Mehr noch: Er ist eine kleine Oase der Ruhe und Abgeschiedenheit. Jeder kennt die Bilder vom deutschen Nord- und Ostseestrand: wenn die Sonne vom blauen Himmel scheint, lümmelt der deutsche Urlauber sorgfältig eingeölt umgeben von einem Meer aus Zeitungen und Zeitschriften, ausgestreckt und selbstzufrieden in seinem kleinen Rückzugswunder. Er genießt den eigenen Schatten und die Windstille, hört in der Ferne das Meer rauschen. Und nimmt wie aus einer anderen Galaxy das Geschrei der Kinder beim Burgen- und Deichbau wahr. Bei durchwachsener Witterung klammert er sich an sein Buch oder sucht von seinem Korb aus den Horizont nach Schiffen ab und überlässt sich seinen Träumen.

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Soweit das gewohnte Bild. Doch es gibt immer weniger Strände, wo man des deutschen „liebtes Kind“ mit dem Stempel „Made in Germany“ bewundern kann. „Bei dem Geschäft lohnt es sich kaum noch“, klagt Andreas F. vom Strandkorb-Verleih auf der Insel Usedom. Die Gewinnmarge werde immer kleiner, vor allem wenn der Sommer seine Kapriolen schlägt, gesteht der Usedomer. Auf der Ostseeinsel stehen sie aber noch, mal kreuz und quer, mal in Reih und Glied – die Körbe der Strandkorbmanufaktur Heringsdorf, jener ältesten Strandkorbwerkstatt, die 2007 auch durch den G8-Strandkorb in Heiligendamm auf sich aufmerksam machte. Weiterlesen

Australien: Wenn Süßwasserkrebse ihren Turbo einschalten

In Australiens Outback laufen Krebse für einen guten Zweck um die Wette

In Kürze steht so manches verschlafene Outback-Städtchen von Queensland mal wieder richtig Kopf. Denn einmal im Jahr finden hier eine Reihe skuriller Veranstaltungen statt, die im ganzen Land für Aufmerksamkeit sorgen.

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Der Erlös des Wettrennens geht zum Teil an die Flying Doctors

So gibt der Cherax destructor, ein australischer Süßwasserkrebs, der in down under besser bekannt ist als „Yabby“ und hauptsächlich in Flüssen und Kanälen verbreitet ist, eine Vorstellung der besonderen Art. Am 3. September können Yabbies in einer ungewöhnlichen Umgebung beobachtet werden: auf einem speziell eingerichteten Parcours bei den „Windorah International Yabby Races“ im Outback von Queensland, rund 1.200 Kilometer westlich von Brisbane.

Jeweils zehn Yabbies treten pro Rennen an, von denen jeder einzelne einen Namen bekommt und vor dem Rennen versteigert wird. Die Einnahmen des Abends gehen zu einem Teil an die Gemeinde – ein großer Teil wird an den Royal Flying Doctor Service, einen gemeinnützigen ärztlichen Versorgungsdienst für die Menschen in weniger besiedelten Gebieten Australiens, gespendet. Weiterlesen

Vilnius: Stadt der Kreuze und Metamorphosen

Einen einzigartigen Architekturmix aus Renaissance, Klassizismus, Backsteingotik und Barock macht die litauische Hauptstadt aus. Dazu verwinkelte Kopfsteinpflastergassen, unzählige Kirchen, eine alte Universität, das Tor der Morgenröte und die Burg von Gediminas – Vilnius Palette der Sehenswürdigkeiten kann sich sehen lassen, aber nicht nur das…

Dass die litauische Hauptstadt im Jahr 2009 nicht nur Kulturhauptstadt Europas war, wissen vor allem die Einheimischen selbst. Vilnius feierte auch das 1000-jährige Bestehen seiner Namenserwähnung – und machte damit zugleich auf eine lange Tradition als Stadt verschiedener Kulturen und Einflüsse aufmerksam.

Laima Andrikyte mit Palmwedel

Laima Andrikyte mit Palmwedel

„Es ist die Stadt vieler Konfessionen und Nationalitäten“, sagt Laima Andrikyte, die eloquente Uni-Lektorin in lupenreinem Deutsch. „Klein Europa“ nennt sie ihre Stadt, die noch bis zum Jahr 1387 heidnisch war und erst dann zur „Stadt der Kreuze“ wurde. Es sei auch die „Stadt der Metamorphosen“, fährt Laima Andrikyte fort, als Pole sei man geboren, aufgewachsen in der Sowjetunion und schließlich sterbe man in Litauen. Weiterlesen

Paris: Sixième Sens

Eine große Herausforderung für Guillaume Poupard. Seit Dezember 2013 hat der aus der Normandie stammende Küchenchef in der Rue de la Roquette Nr. 43, im elften Arrondissement von Paris, sein neues Restaurant installiert: Das Sixième Sens.

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Poupard kocht nach Stimmung und Saison. Seine kleine Karte hat nur vier Vorspeisen, vier Hauptgerichte und Desserts, die jeden Monat variiert werden.

Dies ist seine fünfte Pariser Institution nach dem Relais Croix-Nivert, dem Molière in Boulogne, dem Guillaume und dem Miel & Paprika. In schlichtem Ambiente vereint Poupard Tradition und Moderne und bietet eine einfache, aber raffinierte Küche mit Gerichten inspiriert aus der ganzen Welt. Er heißt seine Gäste persönlich willkommen und garantiert sowohl die Zubereitung der Gerichte als auch die Bedienung.

Geleitet von seiner kulinarischen Leidenschaft, lädt Poupard zur Entdeckung seiner ausgeklügelten Küche ein. Von Auslandsreisen und seiner Erfahrung als Koch auf Kreuzfahrtschiffen in der Karibik inspiriert, dekliniert der Küchenchef seine Küche mit Köstlichkeiten, die aus aller Welt stammen. Er schmückt sie mit saisonalen Produkten und Aromen, die er auf dem Pariser Markt Aligre findet. Filigrane Kochkunst und überraschende Geschmacksrichtungen stehen auf einer Speisekarte, die sich jeden Monat ändert.

Offene Küche zelebriert die Geselligkeit
Die helle und zum schönen Gastraum geöffnete Küche bietet bereits Geselligkeit, denn sie lässt den Koch bei der Zubereitung der Speisen sehen, der sich dabei mit seinen Gästen unterhält.

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Lebenskunst, Kochkunst und Geselligkeit vereinen sich im Gastraum

Das „Esszimmer“ verbindet authentisches und zeitgemäßes Design. Der schlichte Raum kultiviert die Kunst, nicht zu viel zu tun und harmonisiert die Variation der Farben Vanille und Schokolade. Ein Interieur, das sowohl modern als auch klassisch ist, und eine Palette von hellen Farben vermitteln wirklichen Komfort. Die gemütliche Atmosphäre wird durch die Mischung aus Holz und den modernen in Vanille und Schokolade gehaltenen Lederbänken hervorgehoben.
Für lange Winterabende laden die von Kerzen beleuchteten Tische zu einem ruhigen Abend abseits des Tumults von Paris ein. An sonnigen Tagen bietet die sich öffenende Fassade den Komfort einer überdachten Terrasse.

Die weichen Farben der Tische kombiniert Poupard mit den alten Steinmauern des Restaurants. Diese vereinen sich passend mit dem zeitgenössischen Interieur. Die Balken komplettieren den Charme dieses Restaurants.

Ab dem Betreten geben die Holzbalken den Ton für das „Esszimmer“ an, da sie dem Restaurant Magie verleihen und sein Inneres bestimmen. Die Kombination von Holz und Zeitgenössischem vermittelt eine Atmosphäre modernen Landlebens.

Der Küchenchef zur Motivation für das Restaurant:
Der Ort gefiel mir sofort. Die Größe des Restaurants (16 Plätze), nur ein wenig größer als das Miel & Paprika, stimmt eher mit dem Projekt überein, das ich immer realisieren wollte: gleichzeitig der Koch und der Gastgeber meines Restaurants zu sein. Freunde und Kunden kommen, weil die einen meine Gastfreundschaft, die anderen meine Küche wünschen – häufig ist es beides. Im Miel und noch weniger im Guillaume konnte ich nicht (wie es heißt) „zwischen Baum und Borke leben“. Als Perfektionist litt ich darunter, nicht in der Lage zu sein, sowohl zu kochen als auch zu servieren. Darüber hinaus ist es eine schöne Adresse und sie befindet sich nur wenige hundert Meter von meinen früheren Restaurants.

Mehr Information
RESTAURANT SIXIEME SENS
43 rue de la Roquette
75011 PARIS
Tél : 09 83 88 63 52
www.restaurant-sixieme-sens.fr
Métro Bastille (Lignes 1, 5, et 8)
Parking Vinci Bastille

Fotos: 6ième sens

Peru: Mit der Delfin II den Amazonas entlang

Links und rechts des Ufers erstreckt sich endlos weit der Regenwald. Dazwischen fließt breit und mächtig der Amazonas. Mit Delfin II auf Luxus-Kreuzfahrt in eine der faszinierendsten Tier- und Pflanzenparadiese der Welt.

Er fühlt sich noch immer als Mann des Dschungels. Stolz zeigt er seine kurze Hose aus Bambus mit Zeichnungen darauf. Seine Hose von damals, bevor er mit 14 Jahren in die USA ging. Er erzählt von den Ritualen seines Heimatstammes, den er bis heute regelmäßig besucht. Doch er begleitet auch Touristen auf der Delfin II, einem Luxusschiff. Er zeigt ihnen die reiche Pflanzen- und Tierwelt links und rechts des Amazonas.

Die Delfin II

Die Delfin II

„Ich liebe den Amazonas“, sagt Jesús Mesia, der Amazonas-Kenner und fügt in perfektem Englisch und Spanisch hinzu: „Ich will die Menschen sensibilisieren für seine Schönheiten.“ Dann wendet sich der Regenwald-Experte wieder der Amazonaskarte auf dem Oberdeck des Schiffes zu, er erklärt die Route des Tages. Sein Zeigefinger wandert von der Hafenstadt Nauta zum Zusammenfluss des Rio Marañon und des Rio Ucayali, dort, wo der Amazonas entspringt und von hier 4.000 Kilometer bis zu seiner Mündung zurücklegt, 700 davon in Peru. Weiterlesen

Wenn Malmö singt und tanzt

Jedes Jahr im August verwandelt sich die südschwedische Stadt Malmö für acht Tage in eine riesige Bühne: Konzerte schwedischer und internationaler Musikgrößen, ausgefallene Kunstinstallationen, schweißtreibende Tanzveranstaltungen, Theater, Filme sowie kulinarische Feinheiten aus allen Ecken der Welt locken jährlich 1,4 Millionen Besucher. In diesem Jahr findet das Malmö Festival vom 15.-22.8. zum 30. Mal statt.

Das Festival startet traditionell mit einem riesigen Krebsessen auf dem Platz Stortorget. Wer den Schalentieren nichts abgewinnen kann, wird sicherlich an einem der vielen wohlduftenden Essenstände mit kulinarischen Genüssen aus allen Ecken der Welt fündig werden. Weiterlesen

Rom: Wenn der Papst die Carabinieri empfängt

Ist der Petersplatz überfüllt und die Kathedrale geschlossen, dann schlägt die Stunde der vielen Stadtführer rund um den Vatikan.

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Manchen geht die Szenerie auf dem Petersplatz sehr ans Gemüt

Für Giancarlo hat es sich gelohnt, dass er zweisprachig aufgewachsen ist. Sein akzentfreies Deutsch kommt in jeder Touristengruppe gut an. Doch es ist nicht nur sein gutes Deutsch. Der gebürtige Römer versteht es, trotz Massenansturm in den Vatikanischen Museen, die Besucher mit Leidenschaft, Charme und fundiertem Wissen zu begeistern. Er hält ihre Aufmerksamkeit und Konzentration auf hohen Niveau, bis er sie nach gut 2,5 Stunden endlich in die Sixtinische Kapelle führt.

Eigentlich haben wir für heute einen Besuch der Basilica de San Pietro, dem Petersdom fest eingeplant. Doch schon an der Metrostation Ottaviano wird das Durchkommen schwer. Zäh zieht sich der Besucherstrom gen Vatikan. Alle paar Meter tönt es von den Kontaktanbahnern der Stadtführungsagenturen: „The Church ist closed today“. Um gleich im nächsten Satz ihr eigenes Altenativangebot feilzubieten. Weiterlesen

Lanzarote: Feuerberge im Atlantik

Die östlichste Insel der Kanaren pflegt ihr Image als Kunst- und Kulturinsel. Nicht allein die Kunstwerke Cesar Manriques machen einen Besuch zum Kunstgenuss, auch der Blick auf die Lavafelder in den Montañas de Fuego versetzt den Besucher in eine andere Welt.

„Mensch und Natur in Einklang bringen“, so lautete die Vision von Cesar Manrique. Am besten dokumentiert ist dies am Beispiel der Arbeitsstätte des 1992 verstorbenen Inselkünstlers. In seinem Haus im Lavastrom errichtete Manrique auf mehreren Ebenen eine Wohnwelt inmitten einer durch den Vulkanausbruch geschaffenen Naturlandschaft. Die Architektur des Hauses – sie wirkt endlos, alles scheint im Fluss. Offene Wendeltreppen aus weiß gestrichenem Lava-Gestein verbinden die Etagen. In den so genannten Lava-Blasen schmiegen sich kunstvolle Wohnoasen. Eine rote Sitzgarnitur fügt sich in dunkles Vulkangestein, röhrenförmige Gänge verbinden die einzelnen Räume.

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Vulkanlandschaft im Nationalpark Timanfaya

Manriques Atelier ist heute Sitz der Stiftung Cesar Manrique. Sie soll das Werk Manriques erhalten, erforschen und zugleich verbreiten. Zugleich ist seine ehemalige Arbeitsstätte der Auftakt einer kleinen Kulturreise über die Vulkaninsel. Denn der Einfluss des Künstlers wird überall sichtbar. Gen Norden führt die Route über Teguise, der früheren Inselhauptstadt. Auf jedem kleinen Kreisverkehr thront ein Windspiel. Mal sind es Spiralen mit hütchenförmigen Windblättern, mal rechteckige Windblätter oder runde Metallschaufeln auf einem Turm aus Lavasteinen – je nach wechselnder Stärke und Richtung hält sie der Passatwind in Bewegung. Und irgendwann taucht es auf – das Monumento al Campensino, das Manrique den Bauern der Insel zum Gedenken an ihre harte Arbeit widmete. Weiterlesen